Anhang III.

19 Briefe von Beethovens Bruder Karl (Kaspar) an

Breitkopf und Härtel aus den Jahren 1802–1805

nebst einigen ergänzenden Briefen

L. van Beethovens.

[610] Das Vorhandensein dieser fast ausnahmslos bisher ungedruckten Briefe im Archiv des Hauses Breitkopf und Härtel wurde dem Herausgeber erst bekannt, als der Satz der Neuauflage des zweiten Bandes abgeschlossen war, Da dieselben eine ganze Reihe für die Biographie und besonders für die Chronologie der Werke wichtiger Aufschlüsse enthalten, so erscheint ihre Mitteilung in extenso geboten.


1.


»Hochwohlgeborne!


Sie hatten uns neulich mit einem Schreiben beehrt und den Wunsch, geäusert etwas von meines Bruders Komposition zu haben, aber damals war es uns nicht möglich Ihren Wunsch zu erfüllen, denn wir hatten nichts fertig. Jetz aber ist es uns ein Vergnügen wenn wir Ihnen mit einem neuen grosen Quintet für 2Violini 2 Viole et Violoncello dienen können, welches wir, aber nicht anders als 38 Ducaten Wienerwährung geben können.

Ferner werden wir in 3 bis 4 Wochen eine groseSimpfonie, und ein Konzert für das Klavier haben. Ueber diese beyden letztern Stücke bitte ich mir gelegentlich Ihre Meinung, aber über das erstere bitte ich Sie etwas zu eilen, indem wir es gern bald in Druck sehen möchten,

Weil es eins von meines Bruders vorzügligsten Werken ist.

Uibrigens müsen Sie meinem Bruder nicht üebel nehmen, das er nicht selbst an Ihnen geschrieben, indem ich alle seine Geschäften besorge.


Wien am 28 März 1802

(angekommen 6 April)

ihr

unterthänigster

Karl v. Beethoven

k. k. Kassenbeamter.


Unter beyliegender Adresse bitte ich künftig Ihre Briefe zu schicken


[610] A

Charles v Beethovn

k. k. Kassenbeamter

abzugeben am Universitätsplatz in k. k. Bancohauß

No 796 beym Portier

in Wien.«


Darauf von Breitkopf und Härtel Berechnung:


3. Anhang

Der erhaltene Verlagsschein über das Quintett lautet:


»Ich endesunterzeichneter überlasse andurch das ausschließende Eigenthums- und Verlagsrecht meines Quintetts für 2 Viol. A. & B. wovon das Thema hierunter bemerkt ist, den H. Breitkopf & Härtel in Leipzig und bescheinige andurch das dafür stipulirte Honorar von Einhundert Ein und Siebenzig Guldendato richtig von denselben durch Kunz & Co hier empfangen zu haben. Wien am 1803.


3. Anhang

richtig empfangen

Ludwig v. Beethoven

GD 38 ⌗ oder f 171 W


Das Datum ist nicht ausgefüllt. Die Jahrzahl 1803 scheint aber zu erweisen, daß es ein nachträglich (in der Zeit des Streites mit Artaria) ausgefertigtes Duplikat ist. Oder das Honorar ist trotz des fehlenden Verlagsscheins (vgl. Nr. 2) von Kunz und Co gegen Quittung ausgezahlt worden und das formelle Verlagspapier nachträglich um die Zeit des Erscheinens des Werks anfangs 1803 Beethoven zur Unterschrift vorgelegt worden. Jedenfalls war schon im April 1802 der Vertrag perfekt, da Nr. 2 nicht mehr von demselben spricht.


2.


»Wien am 22 Apr. 1802


H. Härtl!


Wir haben Ihren Brief vom 5ten dieses erhalten und das Quintet fortgeschickt. Keinen Schein haben wir unterschreiben können, weil Sie vergessen haben einen einzulegen, die Preise von andern Musikstücken werden [611] wir Ihnen nach und nach bestimmen und nachdem wir hierüber einig sind, jedesmal wenn wir ein Stück haben, es an den Banquier den Sie uns bestimmen werden, abgeben, z.B. für eine grose Sonate für Klavier 50 ⌗ für 3 Sonaten mit oder ohne Begleitung 130 ⌗. Gegenwärtig haben wir 3 Sonaten fürs Klavier wenn sie Ihnen gefällig sind, so werden wir sie schicken.

Mein Bruder würde Ihnen selbst geschrieben haben, aber er ist jetzt zu nichts aufgelegt, weil ihm der Theater-Direktor Baron v. Braun, der bekanntlich ein dummer und roher Mensch ist, das Theater zu seiner Akademie abgeschlagen und es anderen äuserst mittelmäsigen Künstlern überlasen hat und ich glaube, das es ihn recht verdriesen muß, sich so unwürdig behandelt zu sehen, besonders da der Baron keine Ursache und der Bruder seiner Frau mehrere Werke gewidmet hat.

Wegen der Simphonie und dem Konzert bitten wir Sie noch etwas zu warten weil wir sie noch in einer Musik zu gebrauchen denken.


ich bin mit vieler Hochachtung


Karl v. Beethoven.


Als ich meinem Bruder sagte daß ich an Euer wohlgebohrnen geschrieben, so hat er mir beiliegendes an Sie gegeben1


Diese beiden ersten Briefe erweisen, daß das Quintett Op. 29 nicht erst im Oktober, sondern bereits im April 1802 an Breitkopf und Härtel verkauft wurde (vgl. S. 363).


3.


»Euer Wohlgebohrner


habe ich ohngefähr vor 6 Wochen wegen Klaviersonaten geschrieben, und keine Antwort erhalten, woraus ich schliefe das mein Brief Sie nicht gefunden hat, denn ich glaube wenn auch der Antrag für Sie nicht vortheilhaft gewesen, Sie uns doch eine Antwort ge schickt hätten. Ich wiederhole daher denselben, das mein Bruder glaubt für eine grose Sonate 50 für 3db 130 ⌗ wäre nicht zu Viel.

Denn mache ich Ihnen eine andere Proposition, mein Bruder ward schon öfter angegangen mehrere von seinen Klaviersonaten und andere Werke arangiren zu lassen er wollte aber nie, endlich habe ich ihn dennoch dahin, das ein geschickter Komponist unter seiner Aufsicht schon mehrere Werke z.B. Sonaten für Klavier, in Quartetten und Instrumentalstücke für Klavier arangirt hat. Alle brauchbare werden nach und nach kommen und durchaus von meinem Bruder nachgesehn und wo es nötig ist geändert werden.

Gegenwärtig haben wir schon eine Anzal fertig die Sie Stück für Stück um 181 ⌗ haben können. Alle haben 3 Abtheilungen manche für Klavier, 5 auch 6.

Nutzen hat hier mein Bruder nicht, denn derjenige welcher sie arangirt wird gut bezahlt, er aber wird für seine Zeit, die er hieran verwendet nicht hinlänglich entschädigt, und thut es nur aus Vaterliebe.

[612] Ist Ihnen der Vorschlag anständig, so bitten wir Sie um baldige Antwort und Verschwiegenheit (auch wenn Sie kein Gebrauch davon machen wollen) bitten wir Sie niemand etwas zu sagen.


ihr unterthänigster

K. v. Beethoven.«


Wien am 1 Juny 1802


Für den »geschickten Komponisten« kommt in erster Linie Ferd. Ries in Frage; vergleiche aber auch die Briefe Karls Nr. 10 (Fr. X. Kleinheinz) und Nr. 14 (Moser). Der Brief bestätigt einerseits Beethovens Abneigung gegen »Übersetzungen« (S. 110, 328, 405) wie auch anderseits, daß er sie schließlich doch zuließ und kontrollierte. Die auch schon in Nr. 2 angebotenen 3 Klaviersonaten sind die durch Beethoven an Nägeli versprochenen Op. 31, welche Karl nach Ries' Bericht (S. 355) lieber anderweit unterbringen wollte.


4.


»An den Redacteur der Leipziger

Musikalischen Zeitung


Abzugeben an

Breitkopf und Härtel

per Prag

a Leipzig


Meine Herrn!


Ich bin durch Ihr Schreiben womit Sie mich beehrten ganz erstaunt, indem ich gar nichts von dem Brief den Sie unter meinem Nahmen erhalten weiß, und folglich untergeschoben ist. Es ist bekannt, das ich alle Geschäfte meines Bruders besorge, und man hat das benuzt. Ich selbst finde Vergnügen an der Musick, spiele auch einige Instrumenten, suche aber besonders darin meinen Bruder nachzuahmen, über Musik kein Urtheil zu fällen.

Uiberhaupt ist im Punkte der Musik nichts neues von einiger Bedeutung erschienen, wohl aber bessern sich einige Instrumentenmacher, worunter besonders Joh. Bohak der jetzt auf der Landstrafe wohnt sowohl wegen seiner guten dauerhaften netten Arbeit, als auch wegen seinen äuserst mittelmäsigen Preisen zu empfelen ist. Uibrigens wird es mir ein Vergnügen seyn, wenn ich Ihnen wo dienen kann.

Wien am 23 Juny 1802«

weggeschnitten.


Wegen Bohak (Pohack) s. Nr. 14. Über die versuchte Mystifikation der Redaktion der Allg. Mus. Zeitung ist näheres nicht bekannt.


5.


»Wien am 18 8ber 802


Euer wohlgebohrnen habe ich die Ehre zu benachrichtigen, das wir gegenwärtig zwey Werke Variationen haben, die dadurch den Werht eines Werkes erhalten, weil es eine ganz neue Erfindung ist, Variationen auf diese [613] Art zu machen, wie gewiß bis jetz noch keine erschienen sind. Eine Partie kann man zu 8 die andere zu 30 Variationen rechnen, dann haben wir noch 2Adagios für Violin, mit ganzer Instrumentalbegleitung. Die beyden ersten sind um 50 die beyden andern um 24 ⌗ und von jedem Stück (auch was Sie in der Folge noch von uns stechen werden) 6 Exemplar zu ihren Diensten. Dann bitten wir Sie um die Gefälligkeit beiliegende Kundmachung in die Leipziger musikalische und Hamburger Zeitung auf unsere Rechnung einrücken zu lassen.

In Erwartung einer baldigen Antwort hab ich die Ehre mich zu nennen

ihr unterthän.

K. v. Beethoven.


Künftig haben Sie die Güte ihre Briefe nach beiliegender Adreße zu schicken.

//// Mit einer Beilage von meinem Bruder2 der sich Ihnen emphielt.«


Dieser Brief datiert die beiden Violinromanzen noch einen Monat weiter zurück als der S. 358 und 378 angezogene an Andre. Die »Kundmachung« ist natürlich der S. 110 mitgeteilte Protest in der Wiener Zeitung vom 20. Oktober 1802 bezüglich der Quintett-Arrangements von Op. 20 und 21.


6.


»Wien 5 Xber 1802


P. P.


Sie haben an meinen Bruder einen Brief geschrieben, der allenfalls an einen Schulknaben aber nicht an einen Künstler wie Beethoven past; Sie werden an H. Haiden keinen solchen wagen und wenn Sie nur in der Folge eine Note erwarten, so suchen Sie ihn zu besänftigen, denn ich habe schon die 50 ⌗ an Hr. Kunz und soll Sie unverzüglich abführen. Ich habe schon 2 heftige Stürme wegen Ihnen gehabt, weil ich ihm vorstellte, daß, das, was Sie geschrieben nur in der ersten Hitze geschehen wäre und nicht so überlegt sey, werde aber wahrscheinlich noch den H. Hofmeister vom Grf. Schönfeld3 zu ihm schicken müssen (den er gut leiden kann), um ihn einigermasen etwas zu besänftigen.

Endlich werde ich Ihnen auch die Art wie mein Bruder seine Werke verhandelt bekannt machen. Wir haben bereits 34 Werke und gegen 18 Nro heraus, diese Stücke sind meistens von Liebhaber bestellt worden und mit [614] folgendem Kontrakt: derjenige, welcher ein Stück haben will bezahlt dafür, daß er es ein halbes oder ganzes Jahr oder auch länger allein hat eine bestimmte Summe und macht sich verbindlich keinem das Manuskript zu geben, nach dieser Zeit steht es dem Autor frei damit zu machen was er will. Dieses nämliche Verhältniß war bey Grf. Frieß. Nun hat Hr. Grf. Frieß einen gewissen Conti zum Geigenmeister, an diesen hat sich Artaria gewendet und dieser hat zu Grf. Frieß (wahrscheinlich um 8 oder 10 ⌗) gesagt, das Quintett wäre schon gestochen und überal zu haben. Jezt hat Grf. Frieß geglaubt, daß nichts mehr damit zu verliehren sey und hat es ohne uns etwas davon zu sagen, gegeben. Uibrigens mein Hr. nehmen Sie mir es nicht uibel, das ich es Ihnen sage, wie ich es finde, denn ein offenes Herz zeigt einen offenen Sinn, war die Art, wie Sie sich beliebten auszudrücken für einen Handwerker aber noch mehr beleidigend für einen Beethoven, Sie hätten ohne ihr Recht zu beeinträchtigen immer den höflichen Ton statt einen groben erwählen können, denn Beethoven hat bis jezt auch Unter Verlegern einen Unterschied gemacht, wobey er Sie sehr von andern auszeichnete. Jezt ist der Grf. Frieß nicht hier, wird aber in 6 Tagen wiederkommen, dann werde auch Ihre Entschädigung auf eine oder die andere Art besorgen und gleich bekannt machen. Dann schicke ich Ihnen beyliegenden Revers von Artaria unterschrieben zur Einsicht, den Sie mir gelegentlich zurückschicken werden. Dieser Revers kostete meinem Bruder 7ben Tage, wo er gar nichts thun konnte, mich unzählige Gänge und Unannehmlichkeiten, und den Verlust meines Hundes, wobey mein Bruder wohl einen Dank aber keinen solchen Brief verdient hätte, denn wer kann für Zufälle und schlechte Leute? er ist kein Gott, der alles vorauß wissen kann.

Wegen Grf. Braun verlange ich, das Sie sich an die Kunst- und Industriehandlung in Wien um Auskunft wenden, denn mir ist es zu unbedeutend mich hierüber weiter auszulassen. Uiberhaupt aber haben Sie sich ganz in meines Bruders Karackter und in meiner Ehrlichkeit geirrt. Denn durch mich gehen ganz allein Geschäften meines Bruders, er überläst mir alles was Merkantill ist zu meiner Disposition.

Ich glaube gern das Sie oft Ursach mögen haben bey manchen Kompositeur das schlechteste zu denken, weil es in diesem Fache auch welche giebt die mehr aus Geitz als Noht mehreren zugleich ein Werk verkaufen, aber bey uns ist dies wirklich nicht der Fall.


ihr

K. v. Beethoven.«


Der in Frage stehende Brief von Breitkopf und Härtel war natürlich die Antwort auf Beethovens Mitteilung von dem Nachdrucke des Quintetts durch Artaria (S. 263). Die 50 Dukaten für Kunz und Co., welche das Honorar des Quintetts gezahlt hatten (vgl. Nr. 1), sollten wohl Breitkopf und Härtel für die Kosten des Stichs entschädigen und den Vertrag rückgängig machen. Karls Bemühungen, einen Bruch zu vermeiden, waren aber von Erfolg gekrönt. In einem zwischen Nr. 6 und Nr. 7 fehlenden Briefe hat dann Karl oder Beethoven selbst die Rückzahlung der Hälfte des Honorars für das Quintett als Entschädigung angeboten, [615] was aber nicht angenommen wurde. Die Korrespondenz hat also keinerlei Unterbrechung erlitten.


7.


»An Hrn. Härtel in Leipzig

Wien am 22 Jan. 1803


Euer Wohlgeborner!


hab ich vor einiger Zeit versprochen diejenigen Werke anzuzeigen welche ich zum Druck befördern werde.

Für jetzt eine grose Simphonie und ein groses Klavierkonzert, ich glaube wenn ich Ihnen beide Werke für 600 fl. überlasse, Sie nicht zu überhalten, wünschte aber (wenns Ihnen möglich wäre) beide Werke bis Ende May 1803 gestochen zu sehen. Dann habe ich noch eine Overture aus dem Ballet Prometeus, dann aus eben demselben eine Martzialische Szene, einPastorale und Finale, welche Stücke in den hiesigen Augarten Konzerten sehr oft als Musikstücke mit ungemeinem Beyfall sind aufgenommen worden, eine Ehre welche noch keiner Balletmusick wiederfahren ist, als Musikstück aufgeführt zu werden. Ich glaube nicht nöthig zu haben etwas anderes davon zu sagen, als das diese Stücke auch in späteren Jahren meinem Bruder noch Ehre machen werden.

Sie könten die Overture und die Martzialische Szene alein, dann das Pastorale mit dem Finale auch alein geben und auf diese Art 2 Theile daraus machen oder auch alle 4 Stücke zusammen herausgeben. Diese 4 Stücke kann ich Ihnen um 60 ⌗ überlassen, um Ihnen auch einigermassen Ihren Schaden zu ersetzen, weil Sie die Hälfte des Honorars ausgeschlagen haben Sollten Sie aber auch keine Luft zu diesen 4 Stücken haben, welche zwar ebenso gehen würden wie Simphonien, so werde ich bey einer andern Gelegenheit nicht auf Ihnen vergessen, wiewohl ich es zu Ihrem Vortheil und meines Bruders Ruhm wünsche diese 4 Stücke, welche wirklich schön sind, bald gestochen zu sehen.

Dann hätte ich noch ein Geschäft, ich werde nemlich in längstens 6 Wochen eine Pränumeration auf 3Sonaten Ankündigen, jetzt wünschte ich zu wissen unter welchen Bedingungen Sie diese Auflage (wenn Sie nachher die Platten für sich verwenden können) übernehmen wollten.

Auch ist hier H. Anton Reicha gerade von Paris angekommen und hat mich (weil ich ihn schon lange kenne) gebeten, Ihnen einige von seinen Werken anzutragen, welche auch recht schön sind und wo ich Ihnen etwas um einen billigen Preis geben kann: 3 Quartettenp 2 violi. viola et violonc. um 50 ⌗, 3 Simphonie um 60 ⌗, 1 Sonate p. Clavicemba. et Flauto um 20 ⌗, 1 Trio p. 2 Violii et Violonc: 15 ⌗ 1 Konzert fürViolin 20 ⌗ 3 Solo Sonaten p. Clavi: 60 ⌗ 3 Sonaten p: Clavi: et violi: 60 ⌗ diese Kompositionen sind recht fleisig gearbeitet.

Sonst ist mein Bruder so wie das ganze Publikum mit Ihrer schönen Auflage des Quintetts sehr zufrieden und mein Bruder dankt Ihnen besonders für die Sorgfalt, welche Sie auf die Richtigkeit desselben verwendet haben.

Bey nächster Gelegenheit haben Sie die Güte mir zu schreiben wie hoch die Original Auflage von wielands und Schillers Werken nach jezigen


[616] Kurs hier seyn könne, Ich habe diese Meisterwerke schon in meiner kleinen Bibliothek, aber es sind ältere und schlechtere Auflagen und möchte ich Sie nach der letzt erschienenen ankündigung haben. Sehen Sie meine Ankündigung des Quintetts in dem WienerDiarium vom 22 Januar nach.


Ich bin mit wahrer Hochachtung

ihr

K. v. Beethoven.


NB. Wenn Sie künftig an mich oder meinen Bru der schreiben, so bitte ich Sie nur unter meiner Adresse, denn ich und mein Bruder wohnen zusammen und unter der Adresse wo Sie schreiben dauert es so lang ehe wir etwas erhalten, weil mein Bruder unter dieser nicht zu finden ist.«


Von den Transportkosten bitte ich Sie

nichts mehr zu erwähnen.


Die Zweifel daran, daß Reicha schon Mitte 1801 in Wien angekommen (S. 242, 285 ff.), werden durch diesen Brief verstärkt. Doch war er sicher seit Oktober 1802 in Wien. In Beethovens Brief vom 18. Oktober 1802 (S. 363) ist unter dem übergeschriebenen »fr. Komponist« noch der radierte Name Reicha erkennbar; außerdem ist Reicha erwähnt in einem Zettel an Zmeskall vom November 1802 (S. 336). Die offerierte Symphonie ist die D-Dur, das Konzert das in C-Moll, beide erschienen im Industriekontor; die Ouvertüre und die martialische Szene aus Prometheus brachten Hoffmeister und Kühnel. Die Schlußbemerkung (NB.) scheint zu ergeben, daß Beethoven schon die Wohnung im Theater bezogen hat (vgl. S. 398). Auf alle Fälle erweist der folgende Brief (Nr. 8), daß er schon vor dem 12. Februar für die Komposition einer Oper engagiert war.

8.


»Herrn Härtel in Leipzig

Wien am 12 Febr. 1803


Hochzuverehrender Herr!


Zu unserer Freude hat Mollo das Quintett bis jetz noch nicht angekündigt und wird es auch vielleicht nicht ankündigen weil ich bei der Hofstelle ein Dekret erwürkt habe, das künftig vom Bruder nichts mehr darf gedruckt werden wenn es nicht von mir unterschrieben ist (nemlich in der Zeitung) auf diese Art wird es wahrscheinlich unterdrückt werden. Die Industrie Handlung und Träg haben beyde, aber Cappi hat es noch nicht angekündigt, wahrscheinlich weil er auf seinen Kollegen Mollo wartet. Beyliegend werden Sie auch meine Ankündigung finden. Die kleinenVariationen widmen Sie der Fürstin, die großen ausE ~ dem Abbee. Wenn Sie künftig Klavier oder sonst andere Instrumenten brauchen, so machen Sie mir es nur bekannt, ich habe auch vor 2 Monaten Einige nach Paris geschickt, es kostet Ihnen nichts und wird mir ein Vergnügen seyn Ihnen zu dienen. Wenn Ihnen daran gelegen ist werde ich die Klavier, wenn Sie einige brauchen durch meinen Bruder aussuchen lassen. Sie werden schon gehört haben, daß mein [617] Bruder bey dem Wiedener Theater engagiert ist, er schreibt eine Oper und hat das Orchester unter sich, kann dirigen, wenn es nöthig ist, weil für alle Tage schon ein Direktor da ist. Er hat die Oberdirektion deswegen mehrentheils genommen damit er ein Chor für seine Musick hat.

ich bin mit der größten

Hochachtung

K. v. Beethoven.


(Beilage-Zettel)

24 Variations

An Hr. Abt Stadler.

7 Variations

Dedies A Madame la

Princesse Odescalchi née Contesse

de Keglevics


Hier ist bemerkenswert die Reduktion der Anzahl der Variationen in beiden Werken, die aber doch noch nicht der definitiven Zählung der ersten Ausgabe (Op. 34 VI, Op. 35 XV) entspricht. Bezüglich des Dekrets der Polizeihofstelle hat sich Karl mit vergeblichen Hoffnungen getragen, da Artaria (natürlich nicht Mollo) am 28. Februar 1802 zu Protokoll gibt (S. 593), daß er seine Auflage des Quintetts »bereits in der Zeitung zum Kauf öffentlich angekündigt« habe.


9.


»P. P.

Wien 26 März 1803.


Hochgeehrtester Herr!


Nachdem ich Ihnen den äußerst mittelmäßigen Preiß von 609 Gulden für beyde Werke angesezt habe und Ihnen dennoch diese Werke zu theuer waren und kaum des Ballets erwähnten, So habe ich hieraus geschlossen, daß Sie dermalen von Werken dieser Art überhäuft sein würden und habe daher Ihr anerbietenper 500 fl als ein bloses Gebot Ihrer Gefälligkeit Angesehen. Da ich nun weit entfernt bin Ihnen Werke zu überlassen, die bey Ihnen nicht diesen wert hatten indem ich Sie Ihnen um einen Preiß angesezt hatte, wofür ich sie niemand anderster gelassen hätte, so habe ich daher diese 2 Werke einem ihrer Hr. Collegen um 700 Gulden überlassen.

Den Antrag den Sie mir für mehrere Werke meines Bruders gemacht haben z.B. für Sonaten ist so gering, daß ich Ihnen Sachen dieser art nicht geben kann, weil Ihre Hr. Collegen schon bereits 260 bis 220 ⌗ für drey Sonaten bezahlen und wir folglich noch weit auseinander sind. Ich werde Ihnen in 3 bis 4 wochen einige anträge machen, die Sie hoffentlich besser Honoriren werden. Indem ich wünsche mit Ihrer Handlung recht viel zu thun zu haben. Was die Variationen betrift, so haben sie nur die güte und sehn sie nur besser durch so werden sie finden, daß sie mehr als die angegebene Zahl haben oder lassen Sie nachsehen. Die ersten haben Oeuvre 34 die andern 24 haben Oeuvre 35. Ich lasse Ihnen diesen Brief[618] Schreiben, da ich schon 18 Tage an einem sehr heftigen reumatischen Fieber darniederliege.


Bin mit wahrer Hochachtung Ihr Ergbster

Karl van Beethoven.«


Der ganze Brief, auch die Unterschrift, nicht eigenhändig.


10.


»P. P.

Wien 21 May 1803

Hochgeehrtester Herr!


Wenn Sie mit den Variationen fertig und von der richtigen Auflage derselbenüberzeugt sind, auch nicht für nöthig finden eine Korrecktur hierhin zu schicken so haben Sie die Güte die Hälfte der Exemplare bey Hr. Träg und die andere Hälfte bey Hr. Sonnleitner ihrem Paket einzuschlagen weil es uns bequemer ist und nicht so viel Umstände macht wie auf der Maut. Dann haben Sie auch die Güte in Ihrer Zeitung vorläufig anzukündigen daß die Sonaten von Beethoven, welche soeben in Zürch erschienen aus einem Versehen ohne Korrecktur versendet worden sind, und folglich sind noch viele Fehler darin. Das Verzeichniß der Fehler werd ich Ihnen in einigen Tagen schicken, um Sie auch anzuzeigen. Jetz hab ich eine Overture kostet 25 ⌗ auch eine neue Simphonie wo Sie mir Ihre Meinung über schreiben können, dann hat Hr. Kleinheinz unter Leitung meines Bruders mehrere von seiner Klaviermusick zu Quartetten und einige Instrumentalmusik für Klavier mit Begleitung arangirt, Sie können eins ums andere um 20 ⌗ haben.

ihr ergebenster

K. v. Beethoven.«


Die Fehler (II, 366), von denen L. van Beethovens Brief vom Juni (wahrscheinlich Ende Mai, gleich nach dem Briefe Karls vom 21. Mai, angekommen 1. Juni) spricht, beziehen sich also nicht auf die Breitkopf und Härtelsche Ausgabe von Op. 34, sondern auf Nägelis Ausgabe von Op. 31 I–II, und die Monita des Briefes vom 22. Oktober (II, 367) auf Op. 34 und nicht Op. 35. Ferner gibt der Brief Gewißheit, daß der von Th. Held genannte »Kleinhals« wirklich Kleinheinz war (vgl. S. 388). Die offerierte neue Symphonie ist die Eroica (vgl. Nr. 18); die signalisierte Ouvertüre kann kaum eine andere sein als eine für Schikaneders Oper geplante, für die sonst kein Zeugnis existiert. An die erste Leonoren-Ouvertüre zu denken, geht doch wohl nicht an.


11.


»H. Breitkopf in Leipzig

Wien am 27 Aug. 1803


Hochwohlgeborner Herr!


Schon längst würde ich Ihnen auf ihr letztes Schreiben geantwortet haben, wenn ich hier gewesen wäre, aber meine Gesundheit nöhtigte mich einige Zeit auf dem Lande zuzubringen, wo ich Ihren Brief erst spät erhielt.

[619] Gegenwärtig hab ich 3 kleine Sonaten für Klavier, dann Variationen für Klavier Violin et Violocello mit Introduzzion und grosem letzten Stück, dannVariationen für 2 Oboen und Englisch Horn, auch kann statt einem Englischen Horn von einer Klarinet geblasen werden, dann ein Solo für die Violin mit einiger Begleitung. Um mir hier nicht den Vorwurf zu machen, daß Sie nicht die meistbietenden seyn sollen, glaube ich Sie durch den mittelmäßigen Preiß von 150 ⌗ für alle benannte Stücke zu überzeugen.

Die Variationen mit Violin und Violoncello machen ein Werk, die andern mit 2 Oboe etc. deren 10 oder 12 sind laufen nach dem Nro.

Uibrigens glaube ich nicht nothig zu haben, die Werke anzurühmen, weil Sie sich selbst empfehlen werden.

ich bin mit wahrer Hochachtung

ihr ergebenster K. v. Beethoven.


Ich glaube daß Sie bey diesen Stücken gewiß viel Absatz finden werden besonders bey den Sonaten welche leichter sind wie die anderen von meinem Bruder.«


Auf Seite 3 Berechnung, wohl Geschäftsnotiz:


3 Sonat.St. D 60–150 ⌗ Th F 450

Var. p. Pf. V. & VIIo.St. D 40 –Curs 1/4 112

– 2 Ob.St. D 20 – 338

Solo p. Viol.St. D 20 – 169

–––––––

140 –


Die Werke sind die Klaviertrio-Variationen Op. 44 (S. 410), die über La ci darem für 2 Oboen und Englisch Horn (S. 43), die »3 kleinen Sonaten« wohl Op. 49, das möglicherweise drei statt der zwei hat erhalten sollen. Trotz der aufgestellten Berechnung reflektierte die Firma nicht auf diese Werke.


12.


»Hr. Härtel in Leipzig.

Wien am 14. Okt. 1803


Hochwohlgebohrner Herr!


Ich habe Ihren letzten Brief erhalten worin Sie eine Simpfonie und Konzert verlangen, diesen Wunsch kann ich Ihnen zum Theil erfüllen. Sie können eine oder zwey Simpfonien oder eine Simpfonie und Konzertant für alle Instrumente für Klavier, Violonzello und Violin, diese beyden Stücke sind um 709 fl. mit der Bedingung das Sie bis Ostern beide erscheinen

Dann bitte ich mir den Namen des Rezensenten welcher den Aufsatz in Ihre Zeitung im July im zweyten Stück einsendete bekannt zu machen, denn ich mögte gar zu gern den Richter über das Oratorium kennen.

Im Grunde liegt nichts daran ob in Ihrer Zeitung über meinen Bruder geschimpft wird oder nicht, denn der größte Beweiß, daß die Sachen sich anders verhalten, ist die Menge Bestellungen, die wir von allen Orten [620] haben. Aber sehr auffallend ist es mir, daß Sie solchen Mist in ihre Zeitung aufnehmen. Mein Bruder weiß nicht, daß ich den Hr. Rezensenten kennen will, daher haben Sie die Güte in Ihre Antwort ein kleines Zettel an mich einzuschliessen.

Wegen der Prenumerazion des mainzer Verleger haben wir schon Vorkehrungen getroffen.

ich bin mit vieler Hoch.

K. v. Beethoven.«


Dieser Brief korrigiert die Darstellung der Vorgeschichte des Tripelkonzerts (S. 497 f.) dahin, daß bereits im Oktober 1803 die Form des Werkes zweifellos bestimmt war. Damit gewinnt aber auch die Vermutung, daß Erzherzog Rudolph bereits vor Ende 1803 Beethovens Schüler geworden (S. 544), eine starke Stütze. Der Mainzer Verleger ist natürlich Zulehner (S. 407). Daß das Tripelkonzert im Sommer 1804 fertig war, beweist der unten zu Nr. 15 angeschlossene Brief Ludwig van Beethovens an Breitkopf und Härtel vom 26. August 1804.


13.


Wien am 23. 8ber 1803


»Hr. Breitkopf u. Haertel

in Leipzig

P. P.


Ich ersuche beiliegendes soviel wie möglich bekannt zu machen u. auf unsere Rechnung in die Hamburger Zeitung einrücken zu lassen.

Dann bitte ich Sie nicht auf die Namen der Rezensenten zu vergessen.

ihr ergeb.

K. v. Beethoven.«


Das Beiliegende war zweifellos die »Warnung« vor Zulehners Gesamtausgabe in der Wiener Zeitung vom 22. Oktober 1803 (S. 407).


14.


»Hr. Härtl in Leipzig

Wien am 23 9ber 803


Hochwohlgebohrner Hr.!


Ihren letzten Antrag mit 500 fl kann ich für diesmal nicht annehmen mir ist es leid, doch dürfte es Sie in der Folge auch gereuen, denn entweder sind dieseSimphonien das schlechteste was mein Bruder geschrieben oder das beste.

Das Oratorium können Sie haben, Sie können daraus den Klavierauszug machen auch ein Quartett arangiren lassen und der Druck der Partitur bleibt Ihnen auch noch. Der Preis ist 1509 fl. Hierbei folgen einige Klaviermacher


ihr ergebenster

K. v. Beethoven.«


[621] Dem Briefe liegt bei das folgende Preisverzeichnis (nicht von Karls Hand):


Mahoni bis in C80 Du. gl.

dito in G.70 Du. gl.

Rothalbene in C65 Du. gl.

dito in G.60 Du. gl.

von Nußbaum in C60 Du. gl.

dito in G50 Du. gl.

Kerschbaum in C50 Du. gl.

dito in G.40 Du. gl.


Auf der Rückseite steht die Adresse


»wohnt auf der Landstrasse No 35 im golden Engel in Wien«


Das ist jedenfalls die Adresse des auch schon in dem Briefe vom 23. Juni 1802 empfohlenen Joh. Bohak. Ein zweiter Klaviermacher ist auf einer zweiten Beilage verzeichnet »Joh. Moser wohnt in der Josephstadt No 54«; auf der anderen Seite steht aber statt eines Preisverzeichnisses eine Empfehlung beider Klaviermacher von Ludwig van Beethovens Hand (zuerst gedruckt bei La Mara »Klassisches und Romantisches« Nr. 58, auch bei Kalischer »Sämtliche Briefe« I 129):


»Da Sie wünschen noch von andern Instrumentenmachern Instrumente zu haben, so schlage ich ihnen hier noch den H. Pohack dessen Arbeiten brav dessen Preise und Arten Instrumente hier beygefügt sind vor nebst diesem noch den H. Moser dessen Verzeichniß seiner Preise und Instrumente ihnen nächstens soll geschickt werden und dessen Arbeit auch brav ist und hoffen läßt, daß er sie mit der Zeit den ersten Instrumentenmachern gleich oder ihnen noch zuvor machen wird.

ihr

L. v. Beethoven.«


15.


»Hr. Härtel in

Leipzig

Hochwohlgebohrner Herr!


Wien am 10ten 8ber 1804


Geschäften welche ich im Reich hatte und dorten 3 Monate beschäftigten, hinderten mich an Ihnen zu schreiben. Aus Ihrem letzten Brief an meinen Bruder sehe ich daß Ihnen das Oratorium unter der gemachten Bedingung nicht annehmlich scheint: Ich werde indessen Ihren Vorschlag in betreff des Orat. überlegen. – –

Was die übrigen 5 Stück betrift nemlich die Simfonie, Concertant und die 3 Sonaten (wovon aber vermög ihrer einrichtung jede allein Erscheinen muß), so glaube ich daß 1100 fl. nicht zu theuer wäre. Doch müßten wir bestimmt wissen, wann sie erscheinen könnten; dieses ist mit eine Bedingung; denn ich kann Sie versichern daß mein Bruder viel [622] mehr für ähnliche Kompositionen bekömmt. Es sind auch noch viele unter der Presse, welche unter so vielerley Vorwand noch nicht erschienen sind, daß mein Bruder entschlossen ist lieber etwas zu verliehren als des Vergnügens beraubt zu seyn, seine Kompositionen so lange nicht zu sehen. Dann könnten Sie mir auch Ihre Meinung wegen Quartetten für Violin sagen, und wie hoch Sie wohl 2 oder 3 annehmen können. Ich kann Ihnen diese zwar nicht gleich geben, aber ich würde selbe für Sie bestimmen.

ihr ergebenster

K. v. Beethoven.«


Vgl. hierzu den zuerst bei Kalischer, Sämtliche Briefe I 139, gedruckten Brief Ludwig van Beethovens an die Firma vom 26. August


»Win am 26. August 1804


Mehrere Ursachen veranlassen mich, ihnen mein Hochgeehrter Hr. Härtel zu schreiben – vermuthlich wird es auch vieleicht ihnen zu Ohren gekommen seyn, als wenn ich einen Kontrakt auf alle meine Werke (mit Ausschluß aller andern Verleger) mit einer in Wien befindlichen Handlung geschlossen hätte, durch die Anfrage mehrerer auswärtigen Verleger hierüber sage ich ihnen auch unaufgefordert, daß dem nicht so ist – da sie selbst wissen werden, daß ich eine Aufforderung deshalb von ihnen ebenfalls nicht anneh men konnte – wenigstens jetzt noch nicht – eine andere Sache, die mir am Herzen liegt, ist, daß mehrere Verleger mit Kompositionen von mir so erschrecklich lang zögern, bis dieselben ans Tageslicht kommen, die Ursache davon giebt jeder bald dieser bald jener Veranlassung schuld – ich erinnere mich recht wohl, daß sie mir einmal schrieben, daß sie im stande wären, eine ungeheure Menge Exemplar in wenigen Wochen zu liefern – ich habe jetzt mehrere Werke, und eben deswegen, weil ich gesonnen bin, alle ihnen zu überlassen, würde mein Wunsch dieselben bald ans Tageslicht kommen zu sehen vieleicht um desto eher erfüllt können werden – ich sage ihnen daher nur kurz, was ich ihnen geben kann: mein Oratorium; – eine neue große Simphonie; – ein Konzertant fürViolin Violoncello und pianoforte mit dem ganzen Orchester – drey neue Solo Sonaten, sollten sie darunter eine mit Begleitung wünschen, so würde ich mich auch darauf einlassen – wollten sie diese Sachen nun nehmen, so müsten sie mir gütigst genau die Zeit angeben, die sie brauchen solche zu liefern, da es mein gröster Wunsch ist, daß wenigstens die drey ersteren Werke, so bald als möglich erschienen, so würden wir die Zeit schriftlich oder kontraktmäßig (nach ihrer Angabe) bestimmen, worauf ich dann freylich, ich sage es ihnen offen, streng halten würde. – Das Oratorium ist bisher noch nicht herausgekommen, weil ich einen ganz neuen Chor dazu noch beygefügt, und einige Sachen noch verändert habe, indem ich das ganzeOratorium in nur einigen Wochen schrieb und mir wohl hernach einiges nicht ganz entsprach – deswegen hatte ich es bisher zurückbehalten, diese Änderungen datiren sich erst nach der Zeit, als ihnen mein Bruder davon geschrieben – Die Simphonie ist eigentlich betitelt Ponaparte, außer allen sonstigen gebräuchlichen Instrumenten sind noch besonders 3 obligate Hörner dabey – ich glaube sie wird das [623] Musikalische Publikum interessieren – ich wünschte daß sie dieselbe statt der gestochenen stimmen in Partitur herausgäben. über die anderen Sachen habe ich nichts beyzufügen, obschon ein Konzertant mit solchen drey konzertirenden Stimmen doch auch etwas Neues ist. – wollten sie nun wohl diese bey diesen Werken vorgeschlagenen Bedingungen in Ansehung des Herausgebens eingehen, so würde ich ihnen dieselben um ein Honorar von 2000 (zwei Tausend) fl: überlaßen – doch versichere sie auf meine Ehre daß ich in Ansehung einzelner Werke wie z.B. Sonaten, verliehre indem man mir wohl an 6011 für eine einzige Solo Sonate giebt, glauben sie ja nicht daß ich Wind mache – weit von mir sey so etwas – nur um eine geschwindere Ausgabe meiner Werke zu veranstalten will ich gern etwas verlieren – ich bitte sie mir nun aber hierüber gleich eine Antwort zu geben – ich hoffe Hr Wiems wird wohl meinen Brief empfangen haben; ich hatte mir die Freyheit genommen ihn an sie zu adressieren. in Erwartung einer baldigen Antwort bin ich ihr Ergebenster

Ludwig van Beethoven.«


Die hier offerierten drei Solo-Sonaten sind Op. 53, 54 und 57 (S. 448).

16.


»H. Heertel in Leipzig

Wien am 24 9ber 1804


Hochwohlgeborner Herr!


Erst heute habe ich Ihren Brief erhalten, er war vertragen und daher kam es daß es so lange dauerte bis ich ihn bekommen konnte. Die Terminen sind meinem Bruder auf diese Art anständig: wir schicken Ihnen binnen 12 oder 14 Tage 1 Sonate und das Konzertant, die folgenden 14 Tage 2 Sonaten und wieder in 14 Tagen die Simpfonie. Auf diese Art können die Sachen ohne sich und Ihnen zu schaden nacheinander herausgegeben werden und es ist immer ein Zeitraum von einigen Wochen dazwischen. Sie brauchen mir aber auch Ihren Wechsel nicht eher zu geben, wenn Sie einigen Anstand haben, bis Sie alle Werke haben. Mein Bruder ist jetzt so sehr mit seiner Oper beschäftigt, daher ist es unmöglich, daß er die fünf Stücke auf einmal übersehen soll und wir haben nur einen Kopisten, dem man solche Sachen anvertrauen könnte.

Wenn es Ihnen so recht ist, so werde ich Ihnen auf Ihren nächsten Brief die Sicherheitspapiere samt Sonate und Konzertant schicken.

Wegen der Quartetten kann ich Ihnen noch nichts bestimmtes sagen, sobald als sie fertig sind, werde ich Ihnen gleich schreiben.

ihr ergebenster

K. v. Beethoven.«


Die »Oper« ist nunmehr zweifellos Fidelio (vgl. S. 475).


17.


»Hr. Heertel in Leipzig

Wien am 1 Febr. 1805


Euer Hochwohlgebohrnen


kann ich die Partitur von dem Oratorium nicht mitschicken, weil wir nur eine davon haben.

[624] Im Falle Sie keine Partitur machen, habe ich einige Bemerkungen beygefügt, welche die Produktion erleichtern werden.

Ihr ergeben.

K. v. Beethoven.«


Zwischen Nr. 17 und Nr. 18 gehört der kleine Brief L. van Beethovens vom 16. Januar 1805, den zuerst Kalischer 1906 in der Musik veröffentlicht hat (im Besitz von Karl Meinert in Frankfurt a. M.). Wie Nr. 18 beweist, irrte aber Kalischer, wenn er in der Symphonie die IV.

(B-Dur) vermutete:


»Wien am 16ten Jenner 1805


Soviel ich sehe, ist mein von mir an Sie abgeschicktes Paquet noch nicht angekommen – sie erhalten darin die Simphonie und zwei Sonaten, das andere wird sobald als nur immer möglich nachfolgen – nur durch Mangel an guten Kopisten – ist alles und muß alles verzögert werden – da ich nur zwei habe, wovon der eine noch obendrein sehr Mittelmäßig schreibt, und dieser ist nun jetzt eben krank geworden – – so hats freilich für mich Schwierigkeiten – dazu kommt noch, daß im Winter meine Gesundheit schwächlicher, ich daher mich weniger Nebenarbeiten widmen kann, als im Sommer – und das übersehen – ist – oft eine wirkliche Anstrengung, die dem wirklichen schreiben gar nicht beykommt – ein Kleines Lied habe ich ihnen mit beigefügt – wie und warum werden sie aus meinem Brief – den Musikalien beygefügt ersehen – Fürst Lichnowski wird ihnen nächstens wegen meinem Oratorium schreiben – er ist wirklich – was in diesem Stande wohl ein seltenes Beispiel ist – einer meiner treuesten Freunde und Beförderer meiner Kunst – leben sie wohl.


Mit wahrer Achtung

bin ich

ihr ergebenster Diener

L. v. Beethoven.«


18.


»H. Breitkopf und Härtl

in Leipzig

Wien am 12 Febr 1805.


Euer wohlgebohrener!


Auf Ihren Brief an den Fürsten Linowsky werde ich Ihnen in 8 bis 14 Tagen umständlich antworten, jetzt habe ich Sie an etwas wegen der Simpfonie erinnern wollen – – Mein Bruder wünscht, das wo die blasenden Instrumenten die Bratschen, Violin Secund oder auch die Bässe etwas zu thun haben, dieses in die Violin prim müße eingetragen werden wie bey der Simpfonie aus C dur, welche bei Hofmeister ist gestochen worden. Beyliegendes Blatt muß am Ende des 1ten Theils des ersten Allegro eingelegt werden. Es muß also gleich beim dritten Takt des ersten Allegro das Wiederholungszeichen angezeigt werden nemlich


3. Anhang

[625] das andere zeigt das beygefügte Blatt, welches ein Musickverständiger Ihnen leicht zeigen wird.

Mein Bruder glaubte anfangs, ehe er die Simpfonie noch gehört hatte, sie würde zu lang seyn, wenn der erste Theil des ersten Stücks wiederholt würde, aber nach öfterer Aufführung derselben fand es sich, das es sogar nachtheilig sey wenn der erste Theil nicht wiederholt würde. Auch glaubt mein Bruder es würde vortheilhaft für Sie seyn wenn Sie diese Simpf. wie die Heydnischen in Paris in einem kleinen Format in Partitur druckten, indem wohl jedem Kenner daran gelegen seyn dürfte sich selbe anzuschaffen.

Der Bruder hat Ihnen das Lied geschickt und überläßt es Ihnen ob Sie ihm etwas von Ihren Partituren dafür schicken wollen. Lassen Sie auch dieseSimpfonie in Klavierauszug machen und in Quintett, sollten Sie für letzteres niemand haben, so könnte ich Ihnen den Hr. Moser hier empfehlen, welcher auch die Schöpfung in Quintetten arangirt hat und dem ich Ihren Brief geben werde.

Säumen Sie nicht mit dem arangiren, denn wenn dieSimpfon. heraus ist möchte Hr. Cappi sie sonst zu Leibe nehmen.

Mit nächstem werden wir Ihnen die anderen Stücke schicken.

ihr ergebenster

K. v. Beethoven.


Das Oratorium werde ich Ihnen bis den 22ten dieses schicken, das ist auf den Postwagen geben.«


19.


»P. P.

(ohne Datierung)


Mein Bruder läßt Ihnen sagen Sie möchten dieses Lied gleich stechen lassen, das nähere wird er Ihnen mit ehestem schreiben.

Ihr ergebenster

K. v. Beethoven.«


Die Firma setzt dieses Brief-Postskriptum ins Jahr 1810 (Notiz: Jan. und Febr.), wohl kaum mit Recht. Vielmehr gehört dasselbe wohl zu dem vorhergehen den Briefe (vor denselben) und zu dem Briefe Beethovens vom 16. Januar 1805. 1810 war Karl nicht mehr der Korrespondent seines Bruders.

Das »Lied«, an dessen Stich Beethoven so viel gelegen war, mag Tiedges »An die Hoffnung« gewesen sein, da dasselbe bald nachdem Beethoven es von Breitkopf und Härtel zurückgefordert, im Industriekontor erschien (angezeigt am 18. September 1805). Zur Ergänzung der bezüglichen Korrespondenz mag auch der im Text (S. 373) nur gestreifte Brief Beethovens vom März 1805 hier folgen (zuerst gedruckt bei La Mara »Klassisches und Romantisches No. 60« und bei Kalischer, Sämtliche Briefe I 150), nach dem im Besitz der Firma befindlichen Original:


[626] (Ohne Datum.) Geschäftsnotiz:

1805

März

21. Juny [Beantwortung?]


»P. S.


Erst gestern erhielt ich ihren Brief vom 30 Jenner datiert – die hiesige Postexpedition kann auf Verlangen mir's bezeugen, indem ich mich über eine so lange Zurückhaltung natürlich anfragen mußte und man mir dann die Ankunft des Briefes und alles deutlich angab, woraus erhellet, daß der Brief auch nicht im mindesten aufgehalten wurde – was ich jeden Augenblick auf Verlangen schriftlich erhalten kann – obschon der Zu sammenhang ihres Pariser Briefes und das lange Ausbleiben des ihrigen mir ganz begreiflich ist, so ist das ganze Verfahren zusammengenommen viel zu erniedrigend für mich als daß ich nur ein Wort drum verliehren sollte – ohnehin hat man ihnen die Ursache der Verzögerung bekannt gemacht – ist ein Fehler vorgefallen, so lag es darin, daß mein Bruder sich in der Zeit des Abschreibens irrte. – Das Honorar ist weit geringer als ich es gewöhnlich nehme – Beethoven macht keinen Wind und verachtet alles, was er nicht gerade durch seine Kunst und sein Verdienst erhalten kann – daher schicken sie mir alle von mir erhaltenen Manuscripte das Lied4 auch mit eingeschlossen zurück – ich kann und werde kein geringeres Honorar annehmen, nur um dieses schon mit mir eingegangene können sie die Werke erhalten – Da das oratorium schon abgeschickt ist, so mag es nun bey ihnen bleiben, bis sie es aufgeführt haben, welches letztere ihnen ganz frey steht, selbst wenn sie es nicht für sich behalten wollen – nach der Aufführung desselben können sie mirs zurückschicken und ist ihnen alsdann das Honorar von 500 fl. Wiener Währung recht, mit der Bedingung dasselbe nur in Partitur herauszugeben und daß mir das Recht den Klavierauszug es hier in Wien herauszugeben bleibt, so belieben sie mir darüber eine Antwort zu geben – Es giebt keine Zwischen-Personen und hat nie deren gegeben, die das Zusammentreffen von ihnen und mir gehindert hätten – nein – die Hindernisse liegen in der Natur der Sache – welche ich weder verändern kann noch mag. –

Leben sie wohl

Ludwig van Beethoven.«


Ob die Datierung dieses Briefes (»März«) genau ist? Der Vermerk der Beantwortung (21 Juny) möchte den May statt März wahrscheinlich machen. Dann gehört aber der hier folgende Brief (gedruckt daselbst, verglichen mit dem Original im Besitz der Firma) vor denselben, wie sein Inhalt wahrscheinlich macht (nur Unterschrift eigenhändig):


»Wien d. 18. April 1805


P. P.


Ich bedaure selbst recht sehr, daß ich Ihnen die beyden noch für Sie bestimmten Stücke bis jetzt nicht schicken konnte, allein nicht zu ändernde [627] Umstände, nämlich der Mangel eines Vertrauten Kopisten und sehr starke Beschäftigung des einzigen, dem ich jezt solche Sachen übergeben kann, verhinderten mich, und machen es mir auch noch in dem jetzigen Augenblick unmöglich. – Ich werde die beste Sorge tragen und hoffe es zu bewirken, daß Sie dieselben nun in 4 bis 6 Wochen ganz sicher erhalten. – Indessen muß ich, da ohnedem Sie durch nichts gehindert sind, den Stich der bereits empfangenen Werke sogleich anzufangen, mit Nachdruck darauf bestehen, daß die Simpfonie und die 2 Sonaten ganz sicher im Verlauf von zwey Monaten erscheinen. – Die verzögerten Erscheinungen meiner Werke haben für meine Verhältnisse als Autor schon oft nicht unbedeutende Nachtheile gehabt und es ist daher mein fester Entschluß, künftig solche Zeitpunkte zu bestimmen und davon keineswegs mehr abzugehen. In Beziehung auf die Bezahlung wird für beyde gewiß das billigste seyn, wenn Sie, da bereits drey Werke in ihren Händen sind, hierfür einstweilen die Summe von 709 fl. und nach Empfang der beiden andern Stücke erst den Rest mit 409 fl. übermachen. – Die Berichtigung der Sache wird am leichtesten vor sich gehen, wenn Sie, wie ich Ihnen hierdurch vorschlage, das Geld jedesmal an Ihren hiesigen Kommissionair schicken, dem ich alsdann bey der Zahlung sogleich den von Ihnen verlangten Eigenthums Schein in gehöriger Form einhändigen werde. – Sollten Ihnen, wider Vermuthen, diese Bedingungen sowohl in Rücksicht der baldigen Herausgabe als der Modalität der Zahlung, nicht ganz passend seyn und können Sie mir ihre Erfüllung nicht ganz bestimmt zusichern, so bleibt mir, obschon es mir unangenehm sein würde, nichts übrig, als das Geschäft abzubrechen und die unverzügliche Zurücksendung der Werke, die Sie bereits erhalten haben, zu verlangen. –

Die Partitur des Oratoriums wird Ihnen der Fürst Lichnowsky selbst bis Ende dieses Monats geben; wenn die Stimmen vorher schon ausgetheilt sind, wird es desto eher zur Aufführung gebracht werden können. – Für den Fall, daß Sie die Simpfonie behalten, wäre es vielleicht gut, dieselbe mit dem Oratorium aufzuführen; beide Stücke füllen einen ganzen Abend sehr wohl aus. – Wenn keine andere Einrichtung entgegensteht, so ist es alsdann meine Gesinnung und mein Wunsch, daß der Madame Bach die Einnahme zugewendet werden möge, der ich schon lange etwas bestimmt habe.

Ludwig van Beethoven.«


Fußnoten

1 Beilage der S. 344 abgedruckte Zettel Beethovens.


2 Der Brief Beethovens vom gleichen Datum (S. 363), dessen Inhalt Karl exzerpiert.


3 Der auch in dem Briefe Ludwig van Beethovens vom 8. Juni 1868 als ihm nahestehend hervortretende »Hofmeister des jungen Grafen Schönfeld« ist bisher noch nicht identifiziert. Da derselbe somit mindestens 4–5 Jahre Beethoven befreundet gewesen, sollte sich seine Persönlichkeit doch wohl noch feststellen lassen. Die S. 397 genannte Therese Schönfeld war jedenfalls eine Verwandte des jungen Grafen.


4 Hier ist durchstrichen »auf den Ges«.

Quelle:
Thayer, Alexander Wheelock: Ludwig van Beethovens Leben. Band 2, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1910..
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