»Abu Hassan« dem Großherzoge von Darmstadt dedicirt

[240] Nach Darmstadt zurückgekehrt, beschäftigte Weber, in der jetzt für ihn immer öder werdenden Stadt, neben der Abfassung des oben gegebenen Artikels über die Mannheimer Capelle, die Niederschrift der Ouverture zu »Abu Hassan«, welche, nun ganz vollendete Oper, er, auf Vogler's Rath, dem Großherzog dedicirte und überreichte. Er schreibt über diese Angelegenheiten an Gottfried Weber am 8. und 15. Januar.


Darmstadt, den 8. Januar 1811.


»Lieber Bruder!


Ich schreibe Dir blos, um zu schreiben, denn eigentlich weiß ich Nichts, als daß ich eine verflucht langweilige Reise gemacht habe; pro. 1mo mußte ich noch bis 1/2 10 Uhr auf meine Madame2 warten, die noch nicht eingepackt hatte, worüber ich unterschiedliches geflucht habe; pro. 2do fuhren noch ein paar Juden mit. Dazu noch meine vortreffliche Stimmung und Du hast ein Amalgama von Unannehmlichkeiten, daß man des Teufels werden möchte.

Ich fand einen Brief von Gänsbacher vom 12ten December. Es war eine Notiz über Spontini's Vestalin darin, die will ich Morgen in die Eleg. Z. schicken und mein Wiegenliedchen dazu.

Wie ist denn Kreuzer's Concert abgelaufen? Hat das Orchester darin gespielt. Schreibe mir dies doch sogleich wegen weiterer Maßregeln.

Heute habe ich den ganzen Tag Visiten gemacht und werde nun bald ersehen, ob mein Concert hier zu Stande kommt. Ich werde den ›Abu Hassan‹ dem Großherzog dediciren, vielleicht speit er da etwas Ordentliches. Deswegen arbeite ich auch an der Ouverture über Kopf und Hals. Einlage bitte ich zu besorgen. etc.[240]

Meiner lieben Frau Baas, dem kleinen Herrn Vetter, Houth's, Dusch etc. alles Liebe und Schöne.


Ewig Dein treuester Freund Weber.«


Den 15. Januar 1811.


»Deinen Gedanken-Zettel habe ich heut erhalten und daraus ersehen, daß ich Nichts daraus ersehen kann. Ist das eine Antwort auf alle meine Fragen, Du Seehund? Ich weiß noch nicht, ob das Orchester den Kreutzer accompagnirt hat oder nicht. Den Brief an Fräulein von Blosberg hast Du auch nicht abgegeben, denn ich habe noch keine Antwort erhalten. Besorge doch dies Alles gleich. Daß der Herr Vetter Friedrich wieder wohl ist, freut mich herzlich, dergleichen Uebergänge kommen alle Augenblicke vor. Der Kerl ist so kernfest in seiner Gesundheit, daß es ihm Nichts anhaben wird. Hättest auch's Maul aufthun können und mir sagen, was die Frau Baas macht, aber an so was denkt er nicht, wenn er sie herzen und küssen kann, ist er zufrieden. Also richt nun wenigstens mein gehorsamstes Kompliment aus und ich ließ mich schön empfehlen.

Der Abu Hassan nebst Ouverture ist fix und fertig, und habe ich den Kerl gestern, in saubern rothen Saffian gebunden, dem Großherzog dedicirt und überschickt. Was er dazu sagen wird, das weiß man nicht, ich wünsche aber, er möchte sagen: ›Musje, je tien bocup de ce!‹3

Der Stockhorn aus Carlsruhe hat mir geschrieben wegen meiner 2 Opern und bietet mir wegen Armuth seiner cassa nur 100 fl. für beide. Das ist schofel und ich kann sie dafür nicht geben.

Fleißig bin ich wie ein Thier, sitze den ganzen Tag und schreibe, möchte mich gern aller Arbeit hier entledigen, daß ich auf der fernen Reise etwas Neues anfangen könnte. Schreibe mir nur gleich wegen †rs Concert, daß ich losbrechen kann über das verruchte Orchester.[241]

Jetzt lebe wohl, antworte bald ordentlich, grüße alle meine Lieben bestens und vergiß nicht Deinen Bruder


Weber

Darmstadt, den 15. Januar 1811.


Da brummt auch noch der Bär.«

(Folgt Nachschrift von Meyerbeer.)


Mit Durchsicht der Partitur dieses kleinen, reizenden Werkes brach das Eis, welches den Großherzog bisher so kühl gegen Weber gehalten hatte und ganz unerwartet ertheilte er ihm, nicht allein nun plötzlich die Genehmigung zum Concert im Schlosse, sondern übersandte ihm auch, gleichzeitig mit einem sehr anerkennenden Handbillete, durch den Capellmeister Mangold, 40 blanke Carolin, die, wie eben so viel goldene Lichtstrahlen, in Weber's Bedrängniß fielen.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 240-242.
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