E.T.A. Hoffmann in Bamberg

[251] Ein kleines reizendes, auf einem Maskenballe angeknüpftes Abenteuer hielt den jungen Künstler gegen seine Vorsätze, mehrere Tage länger in Würzburg fest, als es die Wünsche der ihm gewogenen Freunde vermocht hatten, so daß er erst am 3. März nach Bamberg abfuhr, wo ihn das, in seiner kurzen Glanzperiode stehende, Großherzoglich Würzburgisch-Bambergische Theater einige Tage fesselte. Der geistvolle Dichter und Schauspieler Franz von Holbein, den Carl Maria schon von Frankfurt aus kannte, hatte die Leitung desselben im verflossenen Jahre von dem Dichter Julius von Soden übernommen, es durch praktische, künstlerische und sachgemäße Leitung binnen wenigen Monaten, ungeachtet der beschränkten Mittel zu einem der besten Theater Deutschlands erhoben und dadurch einen neuen Beweis geliefert, daß alle Fachinstitute, mögen sie künstlerischer oder industrieller Natur sein, nur in den Händen von Fachmännern, die Früchte bringen, die sie zu tragen im Stande sind. Das recitirende Schauspiel, getragen von den vereinten Talenten des finsteren Leo, des jungen Karl Lebrün und Holbein's selbst, stand in voller Blüthe und vor allen bezauberte Weber die hinreißende Naivetät und der Humor der anmuthvollen Frau Renner, vielleicht nicht ohne Reminiscenz an ihre talentvollste Schülerin, Caroline Brandt, die liebliche Frankfurter »Sylvana«. Gewiß ist, daß diejenige Form der weiblichen Liebenswürdigkeit, die Gretchen Lang, Frau Renner, Caroline Brandt und später Doris Böhler gemeinsam hatten, jederzeit, als die gleichsam in's Weibliche übersetzte Form seiner eigenen Individualität, auf Weber unwiederstehliche Anziehungskraft übte. In »der Rose« zu Bamberg saß Weber Abends beim kühlen Frankenwein mit zwei Personen zusammen, die in seinem spätern Leben nicht unbedeutsam auftreten. Es war dieß zunächst der, damals als Musildirektor und Theatermaler zugleich bei Holbein's Unternehmen fungirende, nachmals so berühmt gewordene Verfasser der »Phantasiestücke in Callot's Manier« E. T. A. Hoffmann, der damals phantastisch vagirte und Weber durch das diabolische Blitzesleuchten in seinem genialen Wesen so höchlich interessirte,[251] daß später, bei wiederholter Berührung auf dem romantischen Kunstfelde, auf dem sie ja Beide, wenn auch in sehr verschiedenen Richtungen stritten, eine nahe Bekanntschaft, die, so weit es die Heterogenität der Charaktere zuließ, sogar Freundschaft war, sich anspann, welche beide Künstler wirksam anregte.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 251-252.
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