Brief des Prinzen Friedrich an Caroline Schlick

[369] Mit welcher Freundlichkeit man seiner in Gotha gedachte und im Voraus für ihn sorgte, dafür giebt ein Brief des Prinzen Friedrich an Caroline Schlick (jetzige Hofräthin Ruppius) Zeugniß, den wir hier, als sehr charakteristisch für den liebenswürdigen Fürsten, welcher folternder, fürchterlicher Starrkrämpfe wegen die Bäder in Spaa brauchte, ganz folgen lassen.


»Spa, d. 12. Aug. 1812.

No. 2.


Schon heute morgen schrieb ich dir einen großen gewaltigen Brief, in welchem ich alles mögliche erschöpft zu haben glaubte, und siehe, dein lieber Brief vom 6. August kömmt mir eben, da ich vom Tisch aufstehe und giebt mir eine so hübsche Gelegenheit mit dir zu plaudern, daß ich, ohngeachtet des langen Gewäsches von heut morgen, nicht widerstehen kann und schon heut Abend wieder des Baron riche sourçe Feder in Thätigkeit setze. Die Hauptnachricht in diesen lieben Zeilen, daß deine guten Aeltern sich besser befinden, freut mich innig, denn so kannst du deines Lebens wieder froh sein, und, dem Stürmen deines eigenen ichs mit Ruhe und Ergebenheit entgegen[369] sehen, du hast deinen Aeltern so treue Beweise deiner strengen Pflichterfüllung gegeben, daß sie sicherlich deiner Opfer eingedenk, alles thun werden dir dein Leben und deine Existenz, wie es vernünftigerweise möglich ist, so froh angenehm und leicht zu machen als es in ihrem Vermögen stehen wird; grüße die guten Aeltern und wünsche Ihnen in meinem Namen Glück zu ihrer Wiederherstellung. Deine Reise nach Erfurt billige ich sehr und zu deinemdebut auf dem Theater der Steinmühle, en bonne societé, gebe ich meinen vollkommenen Consenz. Ich finde es sehr hübsch dieses Theater auf eine elegante Art, mit einem hübschen Stücke wie Max Helfenstein, quoique Kotzebue und mit einem seinen Prolog wie der von Bertuch ist, zu eröffnen, ich glaube daß die Rolle des jungen Mädchens in Max Helfenstein dir zufallen wird, et cela vaut mieux que Singstimmen im jüngsten Gericht in Erfurt, zum wenigsten bin ich überzeugt du würdest dich lieber dem Studium der Rolle, als dem Studium der Sing Parthie unterwerfen. vergiß doch nicht Bertuchen mit vielen Grüßen von mir, zu sagen er solle das Exemplar der Corespondance litteraire des Baron Grim in meinem Namen der Madame Ettinger einhändigen und Sie bitten es als ein Andenken von mir zu behalten, da ich dieses selbe Buch in Achen eben kaufte und in diesem Moment beschäftigt bin, es zu lesen. Der Doctor Hamster, der heute bey mir aß, versicherte mich, die Königin von Holland, welche die Bäder hier braucht, freue sich auf meine Bekanntschaft, und ich freue mich auf die Ihrige, da sie gut, liebenswürdig, und sehr musikalisch sein soll, morgen fange ich die Cur an, grüße doch ja Jeanette recht herzlich in meinem Namen, und kömmt Weber (Er logirt in meinem Hause, ich schrieb es ihm heute), sei freundlich und freundschaftlich gegen ihn, auch die guten Aeltern fordere ich dazu auf, ce qui ne vous coudera pas de peine, deine Mutter wäre wohl so gut, Webern auf meine Kosten in die Kost zu nehmen, bitte Sie ja die guten Aeltern hierüber nicht la petit de bouche zu machen, sondern Geutebrück zu sagen was sie täglich für ein Couvert an ihrem Tisch verlangen, ich gönne es doch wahrhaftig den lieben Aeltern lieber, als dem Herrn Mohrenwirth, auch bitte doch den Herrn Geutebrück wegen Webers déjeuner, Kaffee, Butter und Brot, was er sehr gefüglich von[370] Kunzens bekommen kann in meinem Namen anzusprechen, auch bitte ich Geutebrück die blaue Stube in der Ecke nach der Straße prepariren zu laßen, und daselbst auch Sorge für die Besorgung eines piano forte zu haben, welches ich füglich werde miethen müßen, womöglich recommandire Geutebrück eins in Flügelform anzuschaffen, es versteht sich von selbst, daß Dinte, Feder, und Papier, auch Licht nicht fehlen dürfen. Sieh mein geliebtes Lingen, ich mache dich auf einmal zu Webers charge d'affaires bei meinem ministerio, das giebt dir den Rang eines fremden Minister und vielleicht mit der Zeit die Excellenz, Herda und maestro erneuern die Empfehlungen von heut morgen, auch ich grüße dich recht freundlich und innig heut Abend recommandire dir Muth und Selbstüberwindung und versichere dich der Aufrichtigkeit meiner treuen Freundschaft.


dein Papa

Friedrich.«


Weber traf in Gotha am 6. September ein und fand von Caroline und den Dienern des Prinzen alles nach dessen Befehl bestellt.

Am 12. schreibt er an Rochlitz:


»Gotha den 12. September 1812.


Glücklich kam ich den 4. huj.12 wieder in Leipzig an, und erfreulicher wurde mir noch der Tag als ich geglaubt hatte. Sie wissen wie viel wir über den Starrsinn Kühnels und H.'s sprachen. Nun da ich Abschied von Kühnel nahm, verlangte er selbst Einiges zum Verlag, und ich wurde mit ihm einig daß er sogleich verlegen wollte: die Ouvertüre vom Beherrscher der Geister, ein Concertino für Clarinette, und daß ich ihm noch liefern wollte ein neues Clavier Concert und Variationen. Sie sehen wir kommen nun in Zug, und zwar gleich in hellen Haufen. Es ist mir aber sehr lieb, und deshalb schreibe ich es Ihnen gleich, denn Sie haben sich nun einmal die Last auf den Hals geladen mein Freud und Leid mit mir[371] tragen zu müssen. Unsern guten Fink konnte ich nicht mehr zu sprechen bekommen. Er war bei mir und ich bei ihm, es that mir herzlich leid. Ich habe die 2. Lieferung seiner häuslichen Andachten zur Rezension mitgenommen wenn Sie nicht schon darüber disponirt haben. Ist dies nicht der Fall, so wünschte ich wohl die Rezension des ersten Heftes zu sehen. Hierbei folgt ein Trompeter von Kaufmann's Trompeter13. Sie haben noch das Manuscript von Rezensionen von mir: z.B. über Fink's Lieder, das bitte ich mir gelegentlich zurückzuschicken weil ich es nicht mehr besitze und auch noch andere Dinge darauf stehen. Es geht fleißig an die Hymne. Ich trage sie im Herzen und brüte darüber. – In Weimar kam ich den 5. um 1 Uhr an, und fand Müller ziemlich wohl. Die Großfürstin wünscht mich in ein paar Wochen auf 6 bis 7 Tage bei sich zu sehen, und hat mich vor der Hand dringend um die Sonate gebeten, die denn auch im saubern Saffian Ueberrock künftige Woche hinüber spazieren wird. Den 6. kam ich hier an, wurde vom Herzog mit ausgezeichneter Liebe empfangen, bezog ein sehr liebliches Stübchen mit Aussicht in's Grüne im Palais des Prinzen Friedrich, und ging den 8. mit dem Herzog nach Reinhardtsbrunnen, wo mein Lungenflügel und Hände sich schön in Bewegung setzen mußten. Nun ist Er auf ein paar Tage verreist, und ich benutze die Muße zum Arbeiten. Wegen der bewußten Dresdner Geschichte habe ich noch nicht mit ihm sprechen können; erstlich wollte ich ihm nicht gleich damit auf den Leib fahren, und zweitens scheint er selbst ein gar zu großes Lüftchen zu haben mich zu behalten. Ich glaube, vielleicht Alles frei und 1000 Thlr. das ginge wohl an, nebst gehörigem Urlaub – –!??

Es ist schon spät in der Nacht, ich muß schließen, und habe nur noch so viel Zeit, wozu ich immer Zeit finden werde, zu fragen, wie es Ihrer theuren lieben Gattin geht, und ob Sie Beide noch bisweilen des wandernden Musikanten gedenken, an dem alles wandelbar ist nur nicht seine Liebe und Achtung für Sie.


Ihr


Weber.«

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 369-372.
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