1803 Wien. Concerte

[75] Wenig bedeutsamer war, in jenem Jahre gerade, Wiens Musikleben im Concertsaal und Kirche. Die einzigen, in regelmäßiger Folge etscheinenden Concerte, wo größere Orchesterwerke zur Aufführung kamen, waren die vom Vice-Präsidenten von Knees gestifteten Wittwen-Fonds-Concerte. Wranitzky und Schuppenzigh leiteten dieselben, letzterer,[75] der ein vortrefflicher Quartettspieler, aber sehr mittelmäßiger Dirigent war, mit so wenig Glück, daß sie dadurch in Mißkredit kamen; die Virtuosenconcerte konnten den Verlust, den der gute Geschmack durch den Wegfall tüchtiger Orchesterconcerte erlitt, nicht ersetzen, obwohl Kalkbrenner, Klengel, Thiriot, die Romberg's, die Kurzböck etc. gespielt hatten. Wahrhaft gute, Wiens würdige Kirchenmusik hörte man in den Jahren 1803 und 4 nur in zwei Kirchen zu St. Michael und St. Peter.

Trotz dieser verhältnißmäßig dürftigen öffentlichen Musikthätigkeit der großen Stadt in jenen Jahren, war doch der Sinn für diese heitere und dem Naturell der Wiener so congruente Kunst, dem Volke so in Fleisch und Blut gegangen, ein ausgezeichnet geleiteter, von guten Lehrern unterwiesener Dilettantismus fesselte den Sinn für gute Musik so fest an jeden Familienkreis, daß Wien, trotz der augenblicklichen Depression seiner Musikzustände, die Stadt der Tonkunst kat' exochen war und blieb, und den Uneingeweihten, der ihr goldenes Zeitalter nicht gesehen hatte, mit der Fülle der ihm entgegentretenden und gebotenen Herrlichkeiten immer noch blenden konnte.

Solchen Eindruck mögen auch die Weber's bei ihrer ersten Umschau in Wien erhalten haben, und der Glanz der neuen Erscheinungen hat, wahrscheinlich, besonders auf Franz Anton's sehr dafür empfänglichen Sinn, den Einfluß gehabt, daß sein Wunsch, den Sohn in diesem Getreibe als Stern aufgehn zu sehn, ihn zu einer Aenderung des Planes, den er für seinen Unterricht in Wien hatte, bestimmte.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 75-76.
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