Capellmeister Peter Ritter

[233] Weber ließ sich sofort eine Guitarre reichen und sang, stehend, seine rührendsten und seine schelmischsten Lieder vor einem ihm gleichfalls stehend umgebenden, kleinen, aber aus Personen von Gewicht zusammengesetzten Kreise, der, wie es der Sänger in der Mitte wollte, die Prinzessin an der Spitze, lachte und süße Thränen weinte, aber das Fortgehen ganz vergaß. Als sich Stephanie endlich, nach noch lange mit Weber gepflogenem Gespräche, entfernt hatte, eilte Alles auf ihn zu, um ihn zu beglückwünschen, und als nun gar der Kammerherr, Freiherr von Berstett, auf Befehl der Prinzessin zurückkehrte, um Weber zu fragen, unter welchen Bedingungen er sich entschließen könnte, in Mannheim zu bleiben – da umarmte ihn selbst Gottfried mit Glücksthränen in den Augen, denn Alle betrachteten ihn als für Mannheim gewonnen. Er allein schüttelte, bitter lächelnd, den Kopf und sagte: »Ich kenne meinen Stern! Es wird Nichts daraus. Das Glück wäre zu leicht errungen!« Man hätte nun wohl Weber's junge Kraft und sein Talent in Mannheim brauchen können, denn der Capellmeister Peter Ritter, gegen dessen Befähigung sich zwar in keiner Weise etwas einwenden ließ, die Carl Maria, wie die von ihm geschriebene (im III. Bande gegebene) Besprechung von Ritter's reizender Oper »Der Zitherschläger« beweist, in vollstem Maße anerkannte, war, obwohl noch in der Kraft der Jahre, sehr träge und im Leiten des Orchesters und der Oper ungemein fahrlässig, so daß man ihn, um der Kunstanstalt willen, möglichst bald durch eine rührigere Natur ersetzt zu sehen wünschte. Unter die, welche die Hebung der Mannheimer Oper auf diesem Wege am eifrigsten und einflußreichsten anstrebten, gehörte die Erbgroßherzogin Stephanie. Sie selbst nahm die Verhandlungen in die Hand und Weber hatte fast täglich Conferenzen, theils mit der Oberhofmeisterin von Walsch, theils mit dem Oberhofmeister Herrn[233] von Wöllwarth oder dem Kammerherrn von Berstett, der sich als Weber's aufrichtiger Freund zeigte. Der Inhalt der Conferenzen war solcher Art, daß er auch einem solchen Zweifler am Glück, wie Weber war, Hoffnungen erwecken mußte. Die Prinzessin lud ihn überdieß manchmal zu sich, ließ sich von ihm Lieder accompagniren und sang mit ihm Duette, und endlich wurden ihm für den Fall, daß Ritter's Stelle für ihn unerreichbar sei, aus der Privatschatulle der Prinzessin 1000 Gulden Gehalt, Quartier und Holz geboten, so daß sein Bleiben in Mannheim eine ausgemachte Sache schien.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 233-234.
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