Musikentwicklung in Darmstadt

[195] Schon die Vorfahren Ludwigs I., die Landgrafen Ludwig VIII. und Ludwig IX., waren, nachdem bereits im Jahre 1670 Ludwig VI. das ehemalige Reithaus zu Darmstadt zum Theater hatte umgestalten lassen, und Lafosse es unter Ernst Ludwig 1710 in ein prächtiges Opernhaus verwandelt hatte, große Liebhaber der Musik gewesen und hatten, sowohl zu Darmstadt, als im Hoflager zu Kranichstein Capellen unterhalten, bei denen ausgezeichnete Instrumentalisten und Vokalisten fungirten, obwohl Ludwig IX. mehr Freund gellender Militärmusik, als der edleren Zweige der Tonkunst war. Der Minister dieses Fürsten, Geheimerath von Hesse, hatte in Darmstadt Liebhaber-Concerte zu begründen gewußt, die bis zum Jahre 1776, wo der Erbprinz Ludwig von seinen Reisen zurückkehrte, den Mittelpunkt des nicht dramatischen Musiklebens der Stadt bildeten. Ludwig I., dessen Lehrer in der Musik Portmann, Enderle, Sartorius und Schön[195] gewesen waren, und der nicht allein Partituren geläufig las, sondern auch mit Fertigkeit Violine, Klavier, Flöte und Waldhorn spielte, begründete mit Hülfe des genannten Sartorius eine eigene Hofcapelle und bildete zu gleicher Zeit, nicht ohne einige Gewaltsamkeit in freundlichen Formen, ein Hof-Concert-Dilettanten-Chor aus jungen Staatsdienern, Gymnasiasten, Offizieren und den Töchtern von Offizieren, Staatsdienern und Bürgern. Mit diesem Chore, das er, in oft sehr anstrengender, Uebung erhielt, leistete der Großherzog Ungewöhnliches.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 1, Leipzig: Ernst Keil, 1864, S. 195-196.
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