Herr v. Lüttichau in Berlin

[631] Bei den Generalproben wurde Weber durch die Ankunft seines Chef, des Kammerherrn von Lüttichau, überrascht, der mehreren derselben anwohnte. Der Cavalier war im höchsten Grade befremdet von der allgemein offen und laut Weber entgegengebrachten Verehrung, der wahrhaften Huldigung, mit dem sich ihm nicht allein geistige, sondern auch höchste Vornehmheiten der Geburt, näherten. Als er mit Weber und Lichtenstein das Theater nach der zweiten Generalprobe verließ und sah, daß nicht allein das Personal allenthalben vor dem Meister ehrerbietig den Hut zog, sondern sogar das Publikum, das sich, um Weber zu sehen, vor dem Ausgange versammelt hatte, das Haupt entblößte, rief er aus: »Weber, sind Sie denn wirklich ein berühmter Mann?!! – –«[631]

Weber lebte auf Krankendiät, durch die Anstrengungen der Proben, Anordnungen etc., sehr ermattet, fast unfähig zu sprechen, höchst zurückgezogen in Berlin. Die Hindernisse, die ihm seine Krankheit in seiner Thätigkeit bereitete, machten ihn oft so reizbar, daß er dann in Zorn gerieth, wenn man ihn nach seinem Befinden fragte.

So antwortete er Holtei, dessen »alter Feldherr«, den er im Königstädtischen Theater sah, ihn sehr gerührt hatte und dem er überhaupt gewogen war, auf seine wohlmeinende Frage nach seiner Gesundheit ziemlich barsch: »Wie mir's geht? Sehr gut! Nur daß ich die Halsschwindsucht habe; aber das macht weiter Nichts, mein theuerster Gönner!«

Zu Gubitz, der es anzweifelte, ob die Reise nach England, von der ihm Weber erzählte, seiner Gesundheit vortheilhaft sein werde, sagte er im bittern Tone verzweiflungsvollen Spottes: »Lieber Freund, ich erwerbe in England ein gut Stück Geld, das bin ich meiner Familie schuldig, aber ich weiß sehr gut – ich gehe nach London, um da – zu sterben. Still, ich weiß es! –«

Wo war der frohe, frische Weber hin, der hier mit dem »Freischütz« Victoria schoß.

Quelle:
Weber, Max Maria von: Carl Maria von Weber. Ein Lebensbild. Band 2, Leipzig: Ernst Keil, 1866, S. 631-632.
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