[392] Die erste Sippe der einzigen Familie unserer Ordnung, welche man im besonderen unter dem Namen der Seekatzen (Chimaeridae) begreift, wird vertreten durch die Spöke, auch Seeratte und Königs fisch genannt (Chimaera monstrosa, argentea, cristata, borealis und mediterranea, Callorhynchus atlanticus und centrina), einen Fisch von einem bis anderthalb Meter Länge und eigenthümlicher Schönheit. Der Körper ist lang gestreckt und endet in einen fadenförmig ausgezogenen Schwanz, welcher zu dem Namen »Seeratte« Veranlassung gegeben hat.
Die Schnauze tritt kegelförmig vor; die hintere Rückenflosse ist sehr lang und kaum oder nicht von der ebenfalls gestreckten Schwanzflosse getrennt. Bei den Männchen erhebt sich zwischen den Augen ein dünner, knochiger, vorwärts geneigter Auswuchs, wegen dessen die Norweger die Spöke »Königsfisch« benennen. Die Färbung der glatt erscheinenden Haut spielt in den verschiedensten Schattirungen von Goldgelb, Braun und Weiß; die Regenbogenhaut der großen Augen ist weiß, der Stern grün.
Geßner war der erste Naturforscher, welcher die Spöke beschrieb und eine, wenn auch keineswegs gute, so doch nicht zu verkennende Abbildung lieferte. Linné gab ihr den wissenschaftlichen Namen. Sie bewohnt das Mittelländische Meer sowie den nördlichen Theil der Nordsee und das Eismeer, soll sich am liebsten zwischen schwimmenden Eisinseln aufhalten und die Tiefen selten verlassen, jedoch mit den Häringen aufsteigen und dann zuweilen gefangen werden. Die Nahrung besteht aus Muscheln, Krebsen und kleinen Fischen der tiefen Gründe. Die Fortpflanzung geschieht durch Eier, von denen die Eierstöcke des Weibchens zur Zeit der Fortpflanzung [393] eine erhebliche Anzahl in verschiedenen Zuständen der Entwickelung enthalten; die am meisten ausgebildeten sind mit einer hornigen Schale umgeben. Das Fleisch ist zäh und ungenießbar, die Eier hingegen gelten als Leckerbissen. In Norwegen wird mehr als alles andere die Leber geschätzt. »Wenn sie«, sagt Pontoppi dan, »in einem Glase auf eine warme Stelle gesetzt wird, so zerfließt sie von selbst nach und nach in Oel, da denn diese Salbe in allerhand Wunden und Schäden so vortrefflich ist, daß ein wohlerfahrener Apotheker mir gesagt hat, er ließe alle seine Medikamente stehen und ergriffe dieses Mittel, wenn er selbst einen oder den anderen äußerlichen Schaden hätte.«