Vierauge (Anableps tetrophthalmus)

Vierauge (Anableps tetrophthalmus). 1/2 natürl. Größe.
Vierauge (Anableps tetrophthalmus). 1/2 natürl. Größe.

[260] Dieser Zahnkarpfen, das Vierauge der Ansiedler (Anableps tetrophthalmus, surinamensis, lineatus und Gronovii, Cobitis anableps), Vertreter einer nur drei bekannte Arten zählenden Sippe (Anableps), welche wir zum Unterschiede mit dem Namen Doppelaugen bezeichnen können, hat im Baue Aehnlichkeit mit den Bartgrundeln. Der Leib ist lang gestreckt, spindelig, der Kopf platt, die Schnauze stumpf, der querstehende Mund mit vorspringenden Lippen umschlossen und nicht vorschiebbar, die Rückenflosse sehr klein, hinter die Afterflosse gestellt, die Schwanzflosse ungetheilt, die Brustflosse zum Theile beschuppt, das Kleid aus unregelmäßigen, rundlichen, vom Mittelpunkte aus strahlig gestreiften, in Längsreihen geordneten Schuppen zusammengesetzt, die äußere Zahnreihe beweglich und aus Sammetzähnen gebildet, während in den Schlundknochen spitzige Hechelzähne stehen. Viel auffallender als alle diese Merkmale ist der Bau der Augen. Diese nämlich quellen unter einem vom unteren Stirnbeine jederseits sich [260] erhebenden Gewölbe hervor und werden durch einen fast wagerecht liegenden, aus der Bindehaut des Augapfels gebildeten Streifen getheilt, so daß Hornhaut und Regenbogenhaut in zwei fast ganz gleiche Hälften zerlegt zu sein scheinen; es ist jedoch nur eine Linse und nur ein Glaskörper vorhanden. Dieser Bau kommt im ganzen Thierreiche nicht wieder vor.

Die Grundfärbung des Vierauges ist ein schmutziges Grünlichgelb, auf welchem jederseits fünf schmale schwarzbraune Streifen verlaufen. In der Rückenflosse zählt man neun, in der Brustflosse zweiundzwanzig, in der Bauchflosse sechs, in der Afterflosse neun, in der Schwanzflosse achtundzwanzig Strahlen. Die Länge schwankt, nach Schomburgk, zwischen funfzehn bis zwanzig Centimeter.

Man hat das Vierauge schon kurze Zeit nach der Entdeckung Amerikas kennen gelernt, über seine Lebensweise jedoch noch wenig berichtet. Es bewohnt Guayana und Nordbrasilien, laut Schomburgk, hauptsächlich die Schlammbänke der Küste und die Mündungen der in das Weltmeer sich ergießenden Flüsse, einzelne Stellen in zahllosen Scharen, am liebsten solche möglichst nahe am Strande, »so daß gewöhnlich eine große Anzahl, von der eintretenden Ebbe überrascht, auf dem flachen Strande zurückbleibt und dem immer mehr zurückweichenden Wassersaume durch gewaltige Sprünge nachzueilen suchen muß, in welchem Bestreben ein ansehnlicher Theil von den gefiederten Räuberscharen erreicht wird«. In den Dörfern und Städten längs der Küste werden Vieraugen sehr häufig zu Markte gebracht, obgleich ihr Fleisch nicht als schmackhaft gilt. Von früheren Forschern wissen wir, daß das Weibchen lebendige Junge zur Welt bringt, und zwar solche von fünf Centimeter Länge, welche bis auf die Fortpflanzungswerkzeuge vollkommen ausgebildet sind. Der Sack, in welchem sie bis zur Geburt sich ausbilden, ist groß, dünnhäutig und scheint in zwei Hälften getheilt zu sein. In beiden liegen die jungen Fischchen, jedes in einer besonderen Haut eingeschlossen, in ansehnlicher Menge; denn die Vermehrung ist eine ziemlich starke. Hierauf beschränkt sich, was ich über die Lebensweise habe in Erfahrung bringen können.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 260-261.
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