Barracuda (Sphyraena Picuda)

[79] In dem Meere um die Antillen wird der Pfeilhecht vertreten durch die Barracuda (Sphyraena Picuda oder Barracuda, Essox Barracuda), einen riesigen Sippschaftsverwandten, welcher drei Meter an Länge erreichen soll und oberseits grünlich bleigrau, unterseits silberig gefärbt, oft auch seitlich mit großen braunschwarzen Flecken gezeichnet ist.

Dieser Fisch wird, falls die Angaben dortiger Schriftsteller richtig sind, nicht minder gefürchtet als der Hai, weil er seine Raubsucht sogar am Menschen bethätigt, frech in die Häfen eindringt, badende Leute ergreift und auffrißt; Dutertre behauptet sogar, daß er gefährlicher sei als der Hai, da Lärm ihn nicht abschreckt, sondern herbeilockt.


Pfeilhecht (Sphyraena vulgaris) und Angler (Lophius piscatorius). 1/12 natürl. Größe.
Pfeilhecht (Sphyraena vulgaris) und Angler (Lophius piscatorius). 1/12 natürl. Größe.

Das Fleisch soll dem unseres Hechtes einigermaßen ähneln, aber zu Zeiten giftig sein. Hierin stimmen verschiedene Schriftsteller vollständig überein. Rochefort erzählt, daß man sich, bevor man [79] davon esse, stets überzeuge, ob der Fisch vergiftet worden sei oder nicht. Zu diesem Zwecke untersuche man die Zähne und die Galle, erstere bezüglich ihrer Weiße, letztere hinsichtlich ihrer Bitterkeit. Worin die Ursache der Verderbnis des Fleisches begründet ist, weiß man nicht, glaubt jedoch allgemein, daß der Fisch zu Zeiten von den Früchten des Manzanillobaumes frißt und dadurch jene Eigenschaft erhält: eine Annahme, welche schon durch das eine in Frage gestellt wird, daß stark gesalzenes Fleisch nicht mehr schadet. »Viele Leute«, sagt Cuvier, die Angaben eines gewissen Plee benutzend, »fürchten sich, von diesem Fische zu essen, weil es Thatsache ist, daß der Genuß seines Fleisches oft Krankheiten erzeugt, welche zuweilen sogar tödtlich werden. Diese Eigenschaft hängt ab von dem Zustande des Thieres und scheint sich nach der Jahreszeit zu richten. Nach Versicherung aller Sachkundigen gibt es aber ein untrügliches Kennzeichen der Giftigkeit des Thieres; wenn man nämlich einen Pfeilhecht aufschneidet, so fließt, falls sein Fleisch giftig wirkt, ein weißes, eiteriges Wasser heraus. Del Norte machte mit solchem Fleische Versuche an Hunden, welche die Richtigkeit jener Behauptung bestätigten. Die Anzeichen der Vergiftung bestehen in [80] allgemeinem Zittern, Ekel, Erbrechen und heftigen Schmerzen in den Gelenken der Arme und Hände. Wenn der Tod nicht eintritt, was glücklicherweise nur selten der Fall ist, entstehen oft sehr sonderbare Zufälle: die Gliederschmerzen werden stärker, die Nägel der Hände und Füße fallen ab, die Haare aus. Solche Erscheinungen wiederholen sich oft viele Jahre nach einander. Von dem Genusse eingesalzener Fische dieser Art hat man nie üble Zufälle bemerkt, weshalb denn auch manche Leute die Barracuda vor der Zubereitung stets erst salzen lassen.«


*


Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 79-81.
Lizenz:
Kategorien: