Wrackfisch (Polyprion cernuum)

[43] Ein Vertreter der Riesenbarsche (Polyprion) ist der Wrackfisch (Polyprion cernuum und Couchii, Serranus Couchii, Amphibrion americanus, Epinephelus oxygeneios, Scorpaena massiliensis. – Abbildung auf S. 38), ein Meerfisch von zwei Meter Länge und über funfzig Kilogramm Gewicht. Die Kennzeichen der Sippe liegen in den zahnartigen Dornen am Vor- und Hauptdeckel der Kiemen, einem scharfen, gabeligen, längs des Hauptdeckels verlaufenden Kamme, dem durchaus rauhen Kopfe, den kleinen, rauhen Schuppen und Bürsten- und Sammetzähnen, welche die Kieferknochen und den Gaumen, insbesondere den Vordertheil des Pflugscharbeines, bewehren.

Der Wrackfisch ist dreimal länger als hoch und einfarbig braungrau, in jüngerem Alter auf braunem Grunde dunkler gefleckt, gewölkt und gemarmelt, die Schwanzspitze weißlich gerandet. Seine Rückenflosse besteht aus elf harten und zwölf weichen, die Brustflosse aus sechzehn, die Bauchflosse aus einem und fünf, die Afterflosse aus drei und neun, die Schwanzflosse aus siebzehn Strahlen.

Die Alten, welche sich eingehend mit den Fischen beschäftigten und über viele von ihnen ebenso unterrichtet waren, als wir es heutigen Tages sind, erwähnen den Wrackfisch nicht, obgleich er an den Küsten Italiens und Südfrankreichs keineswegs selten vorkommt. Erst Risso, welcher seine Beschreibung lieferte, theilt uns mit, daß er in Italien hauptsächlich an felsigen Küsten lebt, hier aber in Tiefen von tausend Meter sich aufhält, von Weichthieren und kleinen Fischen, beispielsweise Sardellen, sich ernährt, von feinen, langen, röthlichen Eingeweidewürmern geplagt wird, ausgezeichnetes Fleisch liefert und deshalb zu den geschätztesten Fischen jener Gegenden gehört. Durch neuere Forscher haben wir in Erfahrung gebracht, daß er sich viel weiter verbreitet, als man früher annahm, unter anderem auch gar nicht selten an den englischen Küsten vorkommt. »Der Wrackfisch«, sagt Couch, »nähert sich den Küsten Cornwalls unter eigenthümlichen Umständen, als Begleiter der Holztheile eines in südlichen Gegenden gestrandeten Schiffes nämlich, welche mit der Strömung angetrieben werden. Um ein solches Wrack sieht man ihn lebhaft mit seinesgleichen spielen, und zuweilen geschieht es, daß einer bei der Verfolgung des anderen sich auf das Holzwrack wirft und hier im Trockenen liegt, bis eine Welle ihn wieder flott macht. Da man nun die Wrackfische regelmäßig in der Nähe solcher Wracktheile findet, welche mit Entenmuscheln besetzt sind, muß man annehmen, daß ihre Nahrung vorzugsweise in Weichthieren und Muscheln besteht. Demungeachtet fand man in vielen, welche man untersuchte, nur kleine Fische; es ist also möglich, daß letztere eigentlich dem treibenden Holze nachziehen und jene ihnen folgen.« Jedenfalls steht so viel fest, daß die Wrackfische ihren Namen verdienen, wenigstens an einem mit Entenmuscheln besetzten Holze sich einfinden. So bemerkte die Besatzung des Schiffes »Providence« einen großen Stamm von Mahagoniholz, an welchem sich jene sogenannten Entenmuscheln angesetzt hatten, umgeben von einer Menge unserer Fische, und fing deren vier oder fünf Stück, und ebenso beobachtete der Schiffer Nicholls während einer Windstille in der Nähe der portugiesischen Küste, daß sein altes, mit Entenmuscheln dichtbesetztes Schiff zwei Wochen lang von Riesenbarschen umlagert wurde. Zwölf bis vierzehn Tage lang nährten sich die Matrosen hauptsächlich vom Fleische der bei dieser Gelegenheit von ihnen gefangenen Fische.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 43.
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