Stöcker (Caranx trachurus)

[114] Der Stöcker (Caranx trachurus, symetricus, declivis und Cuvieri, Scomber trachurus, Trachurus europaeus und symetricus, Seriola picturata, Selar japonicus – Abbildung auf Seite 93) gleicht in seiner Gestalt den Makrelen und hat einen spindelförmigen Leib, spitzigen Kopf und dünnen Schwanz mit starker Flosse wie sie. Seine Länge beträgt etwa dreißig Centimeter. Die Färbung ist oben blaugrau, unten silbern; die Flossen sehen graulich aus. Acht Strahlen spannen die erste, ein halber und zweiunddreißig ganze die zweite, einundzwanzig die Brustflosse, einer und fünf die Bauchflosse, zwei stachelige, ein halber und sechsundzwanzig ganze die Afterflosse, siebzehn die Schwanzflosse.

Hinsichtlich der Verbreitung kommt der Stöcker ungefähr mit der Makrele überein. Auch er findet sich ebensowohl im Mittelmeere wie im Atlantischen Weltmeere, einschließlich der Nordsee, kommt dagegen in der Ostsee nur sehr selten vor. An den Küsten von Cornwall und Devon gehört er, laut Couch, zu den regelmäßigen Erscheinungen, wird zwar gewöhnlich nur einzeln bemerkt, tritt aber zuweilen in außerordentlichen Massen auf. Vor April trifft man ihn selten, von dieser Zeit an häufig und überall. Sein Lieblingsaufenthalt ist das Wasser unmittelbar am Gestade, zuweilen kommt er so nahe an das Land, daß man ihn von hier aus mit Händen greifen kann. An einem Abende im August wurden etwa zehntausend Stück mit einem Handnetze gefangen. Am folgenden Tage erschien ein anderes Heer am Strande, und Männer und Weiber, alt und jung wadete in das Wasser, um Fische zu fangen, während andere am Ufer beschäftigt waren, die erbeuteten und die ihnen zugeworfenen in Sicherheit zu bringen. Im Jahre 1834 näherte sich, laut Bicheno, ein unzählbarer Schwarm der irischen Küste. So weit das Auge reichte, schien die See in Gährung begriffen. Der Schwarm kam ebenfalls bis unmittelbar an das Ufer heran, und diejenigen Leute, welche auf einem etwas hervorspringenden Felsen Fuß fassen konnten, brauchten nur ihre Hände ins Wasser zu halten und zuzugreifen; ja, jeder geschickte Griff brachte nicht bloß einen, sondern drei bis vier dieser Fische in ihre Gewalt. Badende wurden an allen Stellen ihres Leibes durch die Stöcker belästigt; denn die Oberfläche der See schien mehr aus Fischen als aus Wasser zu bestehen. Man sah die dunkle Masse der ersteren bis weit hinaus auf das Meer die oberen Wasserschichten erfüllend. Jede Art von Netz wurde hervorgesucht und in Anwendung gebracht; nur die wenigsten aber konnte man aufnehmen, weil die Last der gefangenen Fische viel zu groß war, als daß man sie bergen konnte. Mehrere Netze mußte man bis an den Strand ziehen, um sie hier zu entleeren. Ein Häringsnetz mit weiten Maschen erwies sich besonders erfolgreich; jede Masche hielt einen Fisch, so daß eine förmliche Mauer entstand, welche ebenfalls bis zum Strande geschleppt werden mußte. An ein Zählen oder Schätzen der gefangenen Stöcker war gar nicht zu denken: man rechnete nach Karrenladungen. Dieses massenhafte Auftreten unserer Fische währte eine Woche lang, und dabei zeigte sich, daß die Morgen-und Abendstunden ihre Futterzeit sein mußten, weil sie gerade dann erschienen, junge Häringe verfolgend und mit ihnen den Magen sich [114] füllend. Ob solches Streichen auch mit der Laichzeit zusammenhängt, vermag ich nicht zu sagen, da ich über die Fortpflanzung überhaupt keine Angabe finde. Die Beobachtung aber, daß der Stöcker gewöhnlich nahe dem Grunde in tieferem Wasser sich aufhält und nur zeitweilig in so großen Massen auftritt, scheint für die angedeutete Annahme zu sprechen.

Leider läßt sich das Fleisch des Stöckers mit dem seiner Verwandten, der Makrele, nicht vergleichen. In Großbritannien nennt man den Fisch »Roßmakrele«, um die Ungenießbarkeit oder doch Schmacklosigkeit seines Fleisches anzudeuten. Selten nur bringt man ihn zu Markte; an vielen Stellen der Küste verschmähen ihn selbst die Aermsten. Doch versichert Yarrell, dem ich vorstehendes entnommen, daß das Fleisch wohl etwas von dem Geschmacke des Makrelenfleisches habe, nur nicht so fein sei. Die Ansicht der Küstenbewohner war übrigens die der Alten; bereits Geßner erwähnt, daß die Bastardmakrelen, wie er sie nennt, »ein trocken Fleisch vnd härter dann die Macrellen haben: darvmb sie nicht leicht zu dävwen sind vnd die Italiäner, Griechen vnd Frantzosen sie nit anderst dann eingesaltzen essen«.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Achter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Zweiter Band: Fische. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 114-115.
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