Raps-Erdfloh (Psylliodes chrysocephala)

[188] So lebt der Raps-Erdfloh (Psylliodes chrysocephala, Fig. 1, 2, S. 189) nicht bloß an der Pflanze, die ihm den deutschen Namen gab, und an welcher seine Larve bedeutende Verwüstungen anrichten kann, sondern an sehr verschiedenen anderen Gewächsen. Ich beobachtete seine Lebensweise an den Winter-Oelsaaten und will sie in der Kürze erzählen. Im ersten Frühjahre, wenn die überwinterten Pflanzen beginnen, neue Lebenszeichen von sich zu geben, bemerkt man einzelne oder zahlreiche unter ihnen, deren noch kurzer Stengel mit seinen Blättern gebräunt, statt grün, oder da, wo der Hauptstengel ganz fehlt und durch kümmerliche Nebentriebe ersetzt wird, die Blätterrosette gleichfalls braun gefärbt erscheint. Bei näherer Untersuchung finden sich dort im Stengel, hier im Inneren des Wurzelstockes 2 bis 6 und mehr Millimeter lange Larven. Viele Wochen später, wenn die Hauptblüte vorüber und die Schoten so angesetzt haben, daß sie eine reichliche Ernte versprechen, trifft man dieselben Larven immer noch, aber größer und höher oben, am sichersten in umgeknickten Stengeln, deren Zahl sich mitunter so mehrt, daß die Felder den traurigen Anblick bieten, als wenn Menschen oder Vieh rücksichtslos darin umhergelaufen wären. In dergleichen Stengeln haben die Larven nach und nach das Mark verzehrt und sie widerstandslos gegen den Wind gemacht. Stellenweise, besonders unter den Aesten, bemerkt man auch Löcher, aus denen sich die zur Verpuppung reifen herausgefressen haben.

Die in Rede stehende Larve ist schmutzigweiß, schwach niedergedrückt, sechsbeinig; der hornige Kopf, das hornige Nackenschild und das schräg abgedachte, am Hinterrande gerundete, vor ihm mit zwei Dornspitzchen bewehrte Afterglied sind gebräunt, und eine lichtere braune Farbe führen auch die Hornfleckchen, welche reihenweise über die dazwischen liegenden Körperglieder gehen. Am Kopfe unterscheidet man deutlich kurze, kegelförmige Fühler, je ein Auge hinter ihnen und drei Zähne an der Spitze der kräftigen Kinnbacken. Erwachsen hat die Larve eine durchschnittliche Länge von 7 Millimeter, verläßt den Stengel und verwandelt sich in der Erde, ohne zu spinnen. Ungefähr von Mitte Mai an zeigt sich der Käfer, der, wie bereits erwähnt, an den verschiedensten, nicht bloß kohlartigen oder schotenfrüchtigen Pflanzen angetroffen wird. Seine Körpertracht und die Einlenkung der Hinterfüße vor der Spitze der Schienen zeigt die Abbildung; zur weiteren Charakteristik sei hinzugefügt, daß am schwarzblau oder schwarzgrün glänzenden Körper die Vorderhälfte des Kopfes, selten die ganze Fläche desselben, die Wurzel der Fühler und die Beine mit Ausnahme der Hinterschenkel, die der Vorder- und Mittelbeine in der Regel etwas dunkler als die zugehörigen Schienen, rothgelb gefärbt sind. Die Stirn ist glatt, ohne Eindrücke, das Halsschild sehr fein und seicht punktirt, die Flügeldecken dagegen deutlich punktstreifig. Wenn die Wintersaat [188] der Oelfrüchte aufgegangen ist, stellen sich die Käfer ein, um zu fressen und an die Blätter die Eier einzeln abzulegen, was wochenlang fortgesetzt wird; denn die nach der Ueberwinterung in so verschiedenen Größen angetroffenen Larven beweisen die großen Zwischenräume zwischen ihren Geburtstagen. Nach etwa vierzehn Tagen wird die Larve geboren, frißt sich in die Mittelrippe und arbeitet sich von da weiter in das Herz der jungen Pflanze. Der Käfer hatte seine Bestimmung erfüllt und starb vor Winters; ich fand von dieser Art nie einen in den gewöhnlichen Schlupfwinkeln für die kleinen winterlichen Schläfer.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 188-189.
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