Kleiner Eichelbohrer (Balaninus turbatus)

[148] Der Haselnußrüßler (Balaninus nucum) und seine Gattungsgenossen sind diejenigen heimischen Arten, welche den längsten Rüssel aufzuweisen haben. Der Wurm in den Haselnüssen ist ja allgemein bekannt, noch mehr das Wurmloch, aus dem er entschlüpfte, um in der Erde seine Verwandlung zu bestehen; denn wie jedermann weiß, findet sich in einer »wurmstichigen« Nuß kein Thier mehr, sondern in dem zur Hälfte oder gänzlich ausgefressenen Kerne und den Kothkrümchen nur die Spur seiner früheren Anwesenheit und zerstörenden Thätigkeit. Das befruchtete Weibchen zwickt bis ins Herz der halb erwachsenen Haselnuß, um die Mitte des Juli oder auch früher, legt ein Ei in das Loch und schiebt es mit dem Rüssel tief hinein. Dies geschieht in einer Zeit, die ausreicht, um die Wunde vernarben zu lassen, soweit wenigstens, daß man genau hinsehen muß, um die einstige Verletzung wahrnehmen zu können. Vom Mai antreibt sich der Käfer auf Haselbüschen und Eichen umher, aber nicht aus vorjährigen Larven entsprossen; denn diese liegen nach den gemachten Erfahrungen bis zum Juni des nächsten Jahres, verwandeln sich dann erst zur Puppe, aus welcher der Käfer im August ausschlüpft und noch zum Vorscheine kommt, oder versteckt bleibt bis zum nächsten Frühlinge. Er hat einen sehr langen, borstenartigen, an der Wurzel verdickten, daselbst gestreiften und punktirten Rüssel von rothbrauner Farbe, welcher sich beim Männchen schwach, beim Weibchen stärker krümmt und etwas vor seiner Mitte die schlanken, geknieten Fühler trägt. Dieselben passen mit ihrem Schafte gerade in die bis zu den Augen reichende Grube und enden in eine fast geknopfte Keule, indem die letzten der sieben Geiselglieder kaum länger als breit sind. Der eiförmige, schwarze Käfer ist über und über gelbgrau behaart, [148] am erhabenen runden Schildchen, an den Schultern und auf der Fläche der herzförmigen Flügeldecken würfelartig lichter. Die Schenkel verdicken sich nach vorn und zeigen hier an der Unterseite einen dreieckigen Zahn, die Schienen enden in einen Haken, das dritte Fußglied ist zweilappig und der Grund der Klauen gezähnt. In Deutschland kommen noch zwei außerordentlich ähnliche Arten vor, deren Fühlerkeule dadurch bedeutend dünner erscheint, daß das letzte Glied wenigstens doppelt so lang als breit ist, der große Eichelbohrer (Balaninus glandium oder venosus), dessen Halsschild an den Seiten von der Mitte an steil nach der Flügeldeckenwurzel verläuft, mit ihr fast einen rechten Winkel bildend, und der kleine Eichelbohrer (Balaninus turbatus), dessen Rüssel sich stark krümmt, besonders beim Weibchen, und dessen Halsschildseiten mit der Flügeldeckenwurzel, wie bei dem Nußbohrer, einen stumpfen Winkel bildet. Sie beide leben als Larven in den Eicheln und werden für dieselben in gleicher Weise verderblich, wie jener für die Nüsse. Die Balaninen breiten sich mit ihren der Gleichförmigkeit wegen zum Theil sehr schwer zu unterscheidenden Arten fast über die ganze Erdoberfläche und besonders zahlreich über Europa aus und haben die Gewohnheit der vorigen, mit angezogenen Beinen sich fallen zu lassen, sobald sie eine Gefahr im Anzuge vermuthen.


1 Apfelblütenstecher (Anthonomus pomorum) nebst Larve und Puppe; alles vergrößert. 2 Birnknospenstecher (Anthonomus pyri), a vergrößert, b natürliche Größe, c von der Larve bewohnte Knospe.
1 Apfelblütenstecher (Anthonomus pomorum) nebst Larve und Puppe; alles vergrößert. 2 Birnknospenstecher (Anthonomus pyri), a vergrößert, b natürliche Größe, c von der Larve bewohnte Knospe.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 148-149.
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