Rauhe Seidenbiene (Colletes hirta)

[230] Die rauhe Seidenbiene (Colletes hirta), welche den beiden vorigen Gattungen sehr nahe steht, baut ihr Nest in eine Erdhöhle, welche sich, mehr wagerecht verlaufend, irgendwo im Lehmboden anbringen läßt. Die Zellen bestehen aus einer derben Haut, der einer Schweinsblase ähnlich, und liegen wagerecht eine hinter der anderen. Man denke sich eine Reihe von Fingerhüten gleicher Weite, den folgenden mit seinem Boden in die Oeffnung des vorigen geschoben, und man hat ein Bild von der Anordnung dieser Zellen, welche außerdem noch durch einen Ring aus derselben Masse an der Verbindungsstelle je zweier zusammengehalten werden. Der Querdurchmesser einer Zelle beträgt etwa 7,18 Millimeter, die Länge ist nicht immer genau dieselbe und schwankt zwischen 15 und 17,5 Millimeter. Es bedarf wohl nicht erst der Erwähnung, daß die erste mit Futter (Honig und Blütenstaub) gefüllt und darauf ein Ei gelegt sein muß, ehe die Biene zur Anlage der zweiten fortschreiten kann. Die verpuppten Larven, oder vielleicht schon die entwickelten Bienen, bleiben über Winter in ihren Zellen und werden im Mai durch die schöne Witterung hervorgelockt. Die Zellen, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, waren an der[230] Seite auf regelmäßige Weise geöffnet, woraus ich schließe, daß jede einzelne Biene unabhängig von der anderen ihre Klause verläßt.

Unsere Biene hat die Größe und Körperform einer zahmen Arbeitsbiene, durchaus ein graubraunes Haarkleid, welches jedoch auf dem Hinterleibe dünn genug ist, um die schwarze Grundfarbe durchleuchten zu lassen. Während beim Weibchen der obere Theil des Kopfes und die Unterseite des ganzen Körpers mehr schwarz erscheint, theils durch so gefärbte Haare, theils durch die Sparsamkeit der lichten, hat das etwas kleinere Männchen hier einen weißlichen Anflug, einen ebensolchen Haarschopf im Gesichte, und auf dem Rücken sind die Hinterränder der Leibesringe bei frischen Stücken gleichfalls etwas lichter. Die Behaarung der Hinterbeine ist bei dem Weibchen nur spärlich. Von den Sandbienen unterscheidet sich die Seidenbiene durch die vorn erweiterte, schwach ausgeschnittene Zunge und die damit im Einklange stehende Verkürzung der übrigen Mundtheile.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 230-231.
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