Amerikanische Waldlaus (Amblyomma americanum)

[686] Koch vereinigte die zahlreichen Arten unter dem Gattungsnamen Amblyomma und gibt als Kennzeichen für das Weibchen einen fast einfarbigen, dehnbaren Leibestheil, aber ein mit weißem oder gelbem Schmelze bedecktes und dabei dunkelfarbiges Rückenschild an. Dahin gehört unter anderen die amerikanische Waldlaus (Amblyomma americanum), welche, den volksthümlichen Namen »Nigua, Tigua, Pique« nach zu schließen, vielfach mit dem Sandflohe verwechselt worden zu sein scheint, eine der gemeinsten und bekanntesten Zecken Amerikas ist und nach Art unserer Holzböcke Menschen und Thiere plagt und namentlich den Pferden in der Weichengegend viele Schmerzen verursacht; diese lassen sich die Quälgeister daher gern von den Hühnern ablesen. Die 2,25 bis 3 Millimeter messende Zecke ist kurz eiförmig im Umrisse, schmutzig rothbraun von Farbe, auf der Oberfläche sehr fein punktirt und von einer Furche ringsum eingefaßt. Das Weibchen hat eine hellgelbe Schildchenspitze, welche dem Männchen fehlt. Gewiß gehören auch die beiden Arten hierher, welche Bates in der Nähe von Villa Nova in Nieder-Amazonien so zahlreich antraf. Die höher gelegenen und trockeneren Länderstriche jener Gegend sind überall sandig, und hohe grobe Gräser bilden den Saum der breiten Wege, die man durch das junge Holz geschlagen hat. Diese Stellen wimmeln von Carapátos, häßlichen Zecken, welche auf den Spitzen des Grases sitzen und sich an die Kleider der Vorbeigehenden anhängen. Bates gebrauchte täglich eine volle Stunde, um diese lästigen Thiere von seinem Körper abzulesen, wenn er von einem Ausfluge zurückgekehrt war. Er unterscheidet zwei Arten, die jedoch beide in einem kurzen, dicken Rüssel und einer hornigen Körperbedeckung wie in der Lebensweise übereinstimmen. Sie setzen sich auf die Haut, versenken ihren Rüssel in dieselbe, um Blut zu saugen und verwandeln dadurch ihren platten Körper in einen kugelrunden, jedoch gebrauchen sie mehrere Tage dazu, bis sie sich vollgesogen haben. Man fühlt weder Schmerz noch Jucken, bekommt aber durch das unvorsichtige Losreißen derselben, weil dann der Rüssel stecken bleibt, schmerzhafte Geschwüre. Um sie zum Losreißen zu bewegen, betupft man sie gewöhnlich mit Tabaksaft. Sie klammern sich nicht mit den Beinen an das Fleisch fest. Beim Herumkriechen an den Grashalmen und Blättern brauchen sie nur das vorderste ihrer Fußpaare, während die übrigen ausgestreckt und immer bereit gehalten werden, ein vorbeistreifendes Opfer zu erfassen. Die kleinere Art ist gelblich und so zahlreich vorhanden, daß sie nicht selten dutzendweise dem Wanderer sich anhängt. Wenn sie sich vollgesogen hat, erreicht sie ungefähr die Größe eines Schrotkornes Nr. 8. Die größere findet sich seltener und wird so groß wie eine Erbse. Aus diesen Mittheilungen geht [686] zur Genüge hervor, daß sich die amerikanischen Zecken durch ihre Lebensweise in nichts von unseren heimischen unterscheiden.

Wieder andere, meist afrikanische, kleinasiatische, darunter aber auch einige südeuropäische Arten zeichnen sich durch glänzende, halbkugelig heraustretende Augen und eine große, dreieckige Chitinplatte für die ritzenförmigen Luftlöcher aus und sind zu der Gattung Hyalomma vereinigt worden, während noch andere durch kürzere und von der eben beschriebenen Form etwas abweichend gebildete Mundtheile weitere Trennungen nöthig gemacht haben.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 686-687.
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