Brandts Zangenassel (Scolopendra Brandtiana)

[622] Zangenasseln, Skolopender, Bandasseln (Scolopendra) im engeren Sinne nennt man gegenwärtig diejenigen Arten, welche von den vorigen sich durch weniger Fühlerglieder, weniger Augen und zahlreichere Körperringe unterscheiden. Die Fühler sind aus fiebzehn bis zwanzig Gliedern zusammengesetzt; die übrigen Hauptmerkmale bestehen in vier Paar Augen, einundzwanzig Beinpaaren und ebensoviel Körperringen, von denen der zweite immer merklich schmäler als die folgenden ist. Die Giftzange entwickelt sich bei ihnen kräftig. Im einzelnen bieten die sehr zahlreichen Arten wieder so viele Besonderheiten, daß sich die Systematiker genöthigt gesehen haben, die ursprüngliche Gattung in mehrere zu zerspalten. Alle sind räuberische Thiere, welche vorherrschend den heißen Ländern angehören und öfter eine beträchtliche Größe erlangen. A. von Humboldt sah indianische Kinder 47 Centimeter lange und mehr als 13 Millimeterbreite Bandasseln aus der Erde ziehen und – – verzehren. In Deutschland kommt keine einzige Art vor, wohl aber mehrere im südlichen Europa. Die Lucas-Bandassel (Scolopendra Lucasi, S. borbonica Blanchard) möge in einem dreifach verkleinerten Bilde die Gattung hier vergegenwärtigen. Der etwas herzförmige Kopf und der Körper sind rostfarben, auf dem Rücken der einzelnen Glieder bemerkt man mit Ausnahme der beiden letzten je zwei auseinandergehende Linieneindrücke, ähnliche auf der Bauchseite, welche jedoch keine zusammenhängenden Linien bilden. Die Körperseiten sind gerandet und die Seitentheile der hinten schwach gerundeten Afterklappe laufen in einen einfachen Dorn aus. Die unmerklich zusammengedrückten, verhältnismäßig schlanken Hinterbeine sind am Schenkeltheile nach oben nicht gekantet, nur mit zwei bis drei Dörnchen bewehrt, auf der Unterfläche mit zwei [622] dergleichen; die Platten der beiden vordersten, dem Munde dienenden Fußpaare, sind je fünfzähnig. Dieser Skolopender findet sich auf Ile de France, Bourbon und auf anderen Inseln des Indischen Oceans. – Eine ähnliche Art aus Südamerika, wahrscheinlich Scolopendra Brandtiana, kam mir vor Zeiten lebend in die Hände, indem sie durch Farbholz eingeschleppt worden war.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. 622-623.
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