Vierte Familie: Schienenechsen (Ameivae)

[176] In Amerika werden Warane und Eidechsen vertreten und in gewisser Beziehung ersetzt durch die Schienenechsen (Ameivae). Diese kommen ihren altweltlichen Verwandten zum Theile an Größe gleich, ähneln ihnen auch in ihrem Baue, sind aber durch Be zahnung und Beschilderung hinlänglich unterschieden. Die auf dem Kieferrande stehenden, nicht ausgehöhlten Zähne richten sich schief nach außen; die Schuppen sind glatt, denen der Eidechsen ähnlich, die des Kopfes zu Schildern vergrößert, die des Bauches und Schwanzes in Querreihen geordnet. Bei den meisten finden sich zwei Querfalten an der Kehle, bei vielen Drüsenöffnungen an der Oberseite der Schenkel, sogenannte Schenkelporen. Die lange, zweispitzige Zunge ist mit dachziegelartig sich deckenden Schuppen bekleidet, ihre Wurzel zuweilen leicht einstülpbar. Ein Trommelfell ist vorhanden; die Augenhöhlen werden mit Haut bedeckt; die Schläfengruben sind offen, das heißt nicht durch Knochen geschlossen.

Alle Arten dieser Familie, mehr als siebzig an der Zahl, hausen in den wärmeren Gegenden Amerikas, die größten, wie erklärlich, in den Gleicherländern. Einzelne leben bloß auf heißen, sandigen Flächen, andere zwischen hohen Gräsern der Wiesen, andere in Wäldern, einzelne wenigstens theilweise im Wasser. Ihre Wohnstätte ist eine natürliche oder von ihnen erbaute Höhle, welcher sie bei Gefahr regelmäßig zuflüchten. In ihrer Lebensweise und in ihrem Wesen erinnern sie ebenso an die Warane als an die kleineren Eidechsen. Sie sind sehr schnell und lebhaft, die größeren Arten tüchtige Räuber, welche nicht bloß auf Kerbthiere, Würmer und Schnecken, sondern auch auf kleinere Wirbelthiere Jagd machen, also sogar schädlich werden können; einzelne sollen auch Früchte fressen. Vor größeren Feinden, namentlich vor dem Menschen, ziehen sie sich zurück, so lange sie können; in die Enge getrieben und gereizt, gehen sie ihrem Angreifer muthig zu Leibe und wissen selbst große Hunde in Achtung zu setzen. Die Eier werden in hohle Baumstämme gelegt. Einige Arten, namentlich die größeren, gelten als schmackhaftes Wildpret und werden wenigstens hier und da regelmäßig gejagt; die übrigen behelligt man nicht.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 176-177.
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