Blödauge (Typhlops vermicalis)

[292] Vertreter der Familie in unserem Gebiete ist das Blödauge (Typhlops vermicalis, Anguis lumbricalis, Typhlops flavescens). Beide Leibesenden sind gleich dick und Schnauze und Schwanz wirklich schwer zu entscheiden, da der Mund mit dem After verwechselt werden kann, falls man nicht auf die größeren Schilder achtet, welche die abgerundete Schnauze bekleiden. Das Auge schimmert als kaum sichtbarer Punkt durch die Haut. Der Kopf ist klein, die Schnauze halbkugelig zugerundet, besonders vorn und unten sehr stark gewölbt, ihr oberer Theil über den unteren allseitig vorgezogen, der fast drehrunde Leib gegen den Schwanz hin deutlich verdickt, letzterer sehr kurz, kegelförmig zugespitzt, breiter als der Kopf, mit einem kleinen Dorn bewehrt und leicht nach unten gekrümmt. Die Anzahl der Schuppenreihen schwankt zwischen zwei- und vierundzwanzig. Ein mehr oder weniger glänzendes Gelbbraun, welches oberseits dunkelt, unterseits [292] sich lichtet, bildet die Färbung, ein schwärzlicher Punkt vor dem Ende jeder Rückenschuppe die Zeichnung des höchstens dreißig Centimeter langen Thieres.

Bis jetzt hat man das Blödauge in Griechenland und auf mehreren griechischen Inseln, in Syrien, dem Steinigten Arabien, Kleinasien und den Kaukasusländern bis zum Ostufer des Kaspischen Meeres gefunden, über seine Lebensweise aber irgendwie eingehende Beobachtungen nicht veröffentlicht. Dagegen berichtet der treffliche Cantor über Auftreten und Wesen indischer Arten der Familie, wie folgt. »Alle Blindschlangen haben ähnliche Sitten und Gewohnheiten. Sie leben meist unter der Oberfläche der Erde, erscheinen jedoch gelegentlich auf schattigen Plätzen, namentlich während der Regenzeit, nach kurz vorher gefallenen Schauern, auch über derselben. Ihre Lebhaftigkeit ist groß, und die hornige Spitze ihres Schwanzes dient ihnen, wie es scheint, als kräftiges Bewegungswerkzeug; wenigstens drücken sie dieselbe, wenn man sie aufnimmt, und sie zu entrinnen streben, oft gegen die Hand. Wenn sie auf dem Boden liegen, kann man sie leicht für Regenwürmer ansehen, bis man sie an ihren schlangenhaften Bewegungen, dem Aufheben des Kopfes und Züngeln erkennt. Gefangene verweigern Futter und Trank; in dem Magen der untersuchten Stücke aber wurden etwas Erde und einige Reste von Kerbthieren, zumal Tausendfüßlern und Ameisen, gefunden. Ein junges Weibchen hatte eine Kette von sechs walzigen, weichschaligen, gelblichweißen Eiern im Leibe.« An der Westküste Afrikas werden, laut Falkenstein, die dort lebenden Arten noch heutigentages von den Negern und den dort angesiedelten Europäern allen Ernstes als zweiköpfige Schlangen bezeichnet. Dies ist, soviel mir bekannt, alles, was wir über das Leben der Blindschlangen wissen.

In der zweiten Unterordnung vereinigen wir alle Schlangen, welche in beiden Kiefern undurchbohrte Zähne tragen: die Kernzahnschlangen oder Kernzähner (Azemiophidia). Sie bilden den Haupttheil der Gesammtheit und verbreiten sich über alle Gebiete.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Siebenter Band, Dritte Abtheilung: Kriechthiere, Lurche und Fische, Erster Band: Kriechthiere und Lurche. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 292-293.
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