1. Sippe: Acineten

[558] Das Lückenhafte der Kenntnisse auf unserem Felde findet auch darin seinen Ausdruck, daß wir oft einzelne Gattungen oder größere Gruppen als »Anhang« zu sonst wohl umschriebenen Klassen systematisch unterbringen müssen. Wir sagen damit, daß die aus Entwickelung und Anatomie zu nehmenden Gründe nicht ausreichen, um eine gemeinschaftliche Abstammung als sicher erscheinen zu lassen, daß eine solche aber mehr oder minder wahrscheinlich sei.


Knospenzeugende Podophrye (Podophrya gemmipara). Stark vergrößert.
Knospenzeugende Podophrye (Podophrya gemmipara). Stark vergrößert.

In dieser Lage befinden wir uns den Infusorien gegenüber mit der Ordnung der Acineten. Diese mikroskopischen Wesen sind mittels eines Stieles festgewachsen, und sie wählen zum Orte ihrer Fixirung oft andere Wasserthiere, im Süßwasser die Flohkrebse und Asseln, im Meere verschiedene Bryozoen und Polypen. Der keulenförmig gestreckte oder rundliche, vorn oft eingesenkte Körper enthält ein dichtes Protoplasma mit einem gewöhnlich ansehnlichen Kerne und einem oder mehreren blasigen Stellen, welche sich mit den kontraktilen Blasen der Infusorien vergleichen lassen. Auch wegen des Kernes schien die Verwandtschaft mit den Infusorien annehmbar. Weiter geht aber an dem ausgebildeten Thiere die Aehnlichkeit nicht, welche ohnehin auf ziemlich schwachen Füßen steht.

Die Acineten besitzen nämlich nur während eines kurzen Schwärmzustandes in der ersten Jugend Wimpern. Diese verschwinden, sobald sie sich festgesetzt haben, und nun erhalten sie höchst eigenthümliche feine Fortsätze des Protoplasma, durch welche, bei Abwesenheit eines Mundes, die Nahrungsaufnahme in das Protoplasma geschieht. Dieselben befinden sich als vorstreckbare und zurückziehbare Strahlen am Vorderkörper, endigen mit einem Knöpfchen, das gleich einem Saugnapf an die zu bewältigende Beute angesetzt wird, und leiten die aufzunehmende Flüssigkeit in die Acineten hinein.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 558.
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