Mermis albicans und nigrescens

[137] Von der zweiten Gattung der Saitenwürmer, Mermis, leben die beiden am häufigsten beobachteten Arten, die Mermis albicans und nigrescens, in der feuchten Gartenerde. Die größeren Weibchen werden 10 bis 11 Centimeter lang. Sie erscheinen besonders im Sommer nach nächtlichem, warmem Regen an der Oberfläche (Wurmregen) und kommen mitunter zu Hunderten und Tausenden zum Vorscheine.


Eier und Larven von Mermis. Vergrößert.
Eier und Larven von Mermis. Vergrößert.

Daß auch ihr Verhalten für die Beobachter eine Geduldprobe ist, kann man erwarten. Sie liegen gewöhnlich zusammengerollt ruhig in der Erde, entweder einzeln oder zu mehreren in einen Knäuel verwickelt. Benetzt man die Erde, in der man sie hält, so pflegen sie sich langsam in Bewegung zu setzen und einige Zeit an der Oberfläche zu verweilen. Gegen Berührungen wehren sie sich durch raschere, ausweichende Bewegungen. Auch im Wasser halten sie sich tagelang.

Von sehr auffallender Form sind ihre Eier, nämlich linsenförmig, mit zwei in Quasten endigenden Anhängen. Bei Mermis albicans kriechen aus den im Sommer gelegten Eiern die Jungen erst im nächsten Frühjahre aus. Nach einem kurzen Aufenthalte in der Erde suchen sie Insektenlarven auf, in deren Leibeshöhle sie sich einbohren. Dabei können sie im Verhältnisse zu ihrer Größe von zehn Millimeter weite Wanderungen unternehmen, auch Bäume besteigen. Denn die Larven finden sich nicht selten in der im Inneren von Aepfeln und Birnen lebenden Raupe von Carpocapsa pomonana. Gewöhnlich aber finden sich die Mermis-Larven am häufigsten in den Raupen von Schmetterlingen, dann auch bei Geradflüglern, Käfern, Zweiflüglern und Heuschrecken. In diesen Thieren verleben die Mermis ihre Larvenzeit, ohne sich einzukapseln; endlich durchbohren sie die Haut ihres Wirtes, gelangen in die feuchte Erde, häuten sich und pflanzen sich fort.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 137-138.
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