Helix hortensis

[235] Es schien mir anfangs vollkommen unglaublich, daß es den Schnecken möglich sein sollte, diese Löcher zu bohren. Eine Folge der Verwitterung können diese aber unmöglich sein, schon ihrer Lage wegen; außerdem sind sie aber auch innen vollkommen glatt. Für eine zufällige Erscheinung treten sie zu häufig und zu regelmäßig auf, und ihre Dimensionen entsprechen genau denjenigen ihrer Bewohner. Es bleibt also nur die Annahme übrig, daß die Schnecken sich selbst im Laufe vieler Generationen diese Löcher gebohrt haben und noch immer bohren. Wenn ich nicht irre, hat auch ein französischer Konchyliologe an der französischen Westküste ähnliche, von Helix hortensis gebohrte Löcher beobachtet.

Ich möchte noch bemerken, daß sich die in den Löchern lebenden Exemplare durch eine mehr verlängerte, kegelförmige Gestalt vor den freilebenden auszeichnen. Man kann getrost behaupten, daß Helix Mazzullii nur durch diese Lebensweise zu einer von H. aspersa verschiedenen Art geworden ist. Die freilebenden Exemplare treten dieser ihrer Stammart wie der sehr bedenklich nahe und lassen H. Mazzullii als eine lokale Varietät erscheinen, die aber durch ihre veränderte Lebensweise konstante und bedeutende Unterscheidungsmerkmale gewonnen hat.« Da haben wir also wieder einen Beleg zu Goethe's Ausspruch:


Die Weise des Lebens, sie wirkt auf alle Gestalten mächtig zurück.


Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 235.
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