Lamellaria perforatum

[269] Wenn Lamellaria perspicua unter wie Granit gefleckten Steinen sich aufhält, zeigt das Thier eine graue Färbung mit weißen, braunen und schwärzlichen Flecken. Findet man sie aber auf der rothen Ascidie Leptoclinum fulgidum, so ist auch die Schnecke schön einfarbig roth, und es bedarf einiger Aufmerksamkeit, sie von der Unterlage, auf der sie sich wenig erhebt, zu unterscheiden. Auf anderen, anders gefärbten Ascidien sah Giard die Schnecke entsprechend umgewandelt. Ein Gleiches gilt von der anderen Art, die namentlich auf L. perforatum fast nicht zu entdecken ist.

Vergleichen wir die Farbenanpassung der Lamellaria mit dem Farbenwechsel der Sepie (S. 207) und anderer Kopffüßer, so ergibt sich im Wesen derselben ein bedeutender Unterschied. Wir haben es zwar in beiden Fällen mit der sogenannten Maskirung (mimicry, mimetisme) zu thun; aber die Sepie maskirt sich und macht sich unkenntlich, um ihre Beute zu täuschen, wobei sie nur in zweiter Linie zugleich für ihre eigene Sicherung sorgt. Die in Rede stehende Schnecke besitzt dagegen in der Farbenanpassung lediglich ein Sicherungs- und Vertheidigungsmittel. Denn obschon die zusammengesetzten Ascidien, auf denen sie sich gern aufhält, einzelnen Raubschnecken als Nahrung dienen, so ist die Zahl ihrer direkten Feinde doch nicht groß, während das Fleisch der Lamellaria ohne Zweifel viel anziehender ist. Noch ungestörter ist letztere natürlich auf Pflanzen und Felsen, indem sie sich ihnen in der Farbe anbequemt. Die Erklärung aller dieser Erscheinungen, das heißt darzulegen, wie diese mehr oder weniger willkürlichen Anpassungen allmählich zu Stande gekommen und möglich geworden sind, ist schwierig. Doch reicht in den meisten Fällen das Princip Darwins von der natürlichen Zuchtwahl aus.


Janthina fragilis mit dem Floß, die Unterseite nach oben gekehrt schwimmend; von der Seite und von oben gesehen. Natürl. Größe.
Janthina fragilis mit dem Floß, die Unterseite nach oben gekehrt schwimmend; von der Seite und von oben gesehen. Natürl. Größe.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 269-270.
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