4. Sippe: Delphinula

[293] Von den eigentlich kreiselförmigen Schnecken kann man mit Oken die Gattung Turbo, Rundmund, nennen. Das Thier hat den Kopf in eine Schnauze verlängert. Auf der äußeren Seite der langen Fühler stehen die gestielten Augen, und zwischen den Fühlern ragen zwei Stirnlappen hervor. An jeder Seite des Fußes finden sich meist drei Fäden und häufig noch eine gefranste Haut. Der Umfang des Gehäuses ist stets abgerundet, die Oeffnung beinahe kreisförmig, der Deckel dick und kalkig. Früher waren die Deckel des Turbo rugosus und mehrerer tropischen Arten als sogenannte »Meer-Nabel« (Umbilicus marinus) in den Apotheken gebräuchlich, namentlich gegen Sodbrennen. Abgesehen davon, daß manche Arten dieser pflanzenfressenden Schnecken den Menschen zur Nahrung dienen, sind die dicken Gehäuse der größeren wegen ihrer technischen Verwendung nicht unwichtig. Namentlich werden sie von den Chinesen benutzt, um mit den prächtig perlmutterglänzenden Stücken die lackirten Möbel und Schränke zu belegen. Rumph nennt als eine solche Art den gro ßen Oelkrug, Turbo olearius, die sich an den felsigen Küsten der mollukischen Inselwelt in der Brandung gesellig aufhält und daher schwer zugänglich ist. Zu den oben bei den Clausilien (S. 238) angeführten Beispielen von Lebenszähigkeit gesellt sich der ebenfalls in Ostindien heimische Turbo pagodus, die Pagode oder der papuanische Kreisel. Das Thier hält sich oberhalb des Wasserspiegels an den Klippen auf, wo es nur von der Brandung bespritzt wird. Rumph erhielt die am Strande von Nussanive gesammelten Exemplare über sieben Monate ohne Wasser und Nahrung lebendig, ein anderes Exemplar lebte nach einem Jahre Einsperrung noch. An diese Zähigkeit knüpfte sich der sonderbare Gebrauch der Eingeborenen, diese Schnecken in ihre Kleiderkästen zu legen, um, wenn das Thier vor der gewöhnlichen Zeit starb, ein Zeichen zu haben, daß etwas aus den Behältnissen gestohlen sei. – Ohne mit dem trefflichen Rumph und seinen Zeitgenossen die kleinen Arten von Turbo, wie aller der Gattungen, zu denen [293] ansehnliche Arten gehören, für Quisquiliae, das heißt unnütze Kleinigkeiten, zu halten, mit denen sich abzugeben nicht die Mühe verlohne, stehen wir doch auch hier von weiteren Aufzählungen ab, um Delphinula als eine benachbarte Gattung anzureihen. Es ist eine Kreiselschnecke von flach kegelförmiger Gestalt mit tiefem Nabel und kreisrunder Mündung. Unsere Species zeichnet sich am Gehäuse durch Querbinden mit kurzen Stacheln sowie lappigen Höckern oben an der Windung aus. Das Thier weicht von den übrigen Kreiselschnecken nicht wesentlich ab, besitzt jedoch weder Stirnlappen noch Seitenfäden. Der kreisrunde dünne Deckel ist hornig.


Delphinula laciniata. Natürliche Größe.
Delphinula laciniata. Natürliche Größe.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 293-294.
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