Krabben

[8] Wie eben berührt, besteht eine Unterabtheilung unserer Ordnung aus den Krabben, bei welchen der uns beim Flußkrebse als Schwanz (postabdomen) bekannte Körperabschnitt kurz, plattenförmig und unter das Kopfbruststück eingeschlagen ist. Die Weibchen unterscheiden sich durch die größere Breite dieser Schwanzplatte von den Männchen, und sie bildet sich nicht selten zu einer Art von Schüssel aus, mit welcher, mit Hülfe der fadenförmigen Beinanhänge, die Eier bis zum Ausschlüpfen der Jungen getragen werden. Das Kopfbruststück ist kurz, oft breiter als lang und gibt den Thieren oft durch seine allerhand Auswüchse und Stacheln ein sehr sonderbares Aussehen. Die meisten Krabben gehen von der Seite und gewähren dann, besonders wenn sie schnell und behend laufen, einen komischen Anblick.


Jugendform der Krabben (Zoëa), stark vergrößert.
Jugendform der Krabben (Zoëa), stark vergrößert.

Die deutschen Soldaten, welche ich in Dalmatien traf, nannten sie, ein Kommandowort auf sie anwendend: »Zieht-Euch-rechts«. Obgleich die ausgewachsenen Krabben einen so verkümmerten Schwanz besitzen, ist derselbe doch bei ihren Jungen wohl entwickelt vorhanden und hat Veranlassung gegeben, daß man diese übrigens auch den meisten anderen Zehnfüßern zukommende Jugendform als ein ganz anderes Thier mit besonderem Namen (Zoëa) belegt hat. Das Aussehen ist allerdings fremdartig genug; der lange, schnabelartige Fortsatz, der mächtige Rückenstachel, der Schwanz müssen theils ganz verschwinden, theils verkümmern, das Kopfbruststück eine ganz andere Gestalt annehmen, ehe der Krabbenkörper herauskommt. Man kann also sagen, daß die kurzschwänzige Krabbe in der Jugend ein langschwänziger Krebs ist, und zwar ist diese Jugendform in der ganzen Ordnung der Dekapoden vorherrschend. Während die meisten Krabben und langschwänzigen Krebse am Boden leben – nur die Garneelen machen hiervon als Familie eine Ausnahme –, sind die eben als Zoëa bezeichneten Larven Freischwimmer. Sie tummeln sich, wenn auch meist in der Nähe der Küsten, doch an der Oberfläche des Meeres oder einige Fuß darunter umher, nicht etwa, wie es scheinen könnte, einsam, sondern mit unzähligen, meist mikroskopischen Geschöpfen vergesellschaftet, von denen uns viele in der Folge begegnen werden. So voll von Individuen und verschiedenartigem Gewimmel auch Landseen und Teiche mitunter sind, die Einförmigkeit ihrer Bewohner läßt sich nicht entfernt mit der ganz unglaublichen Mannigfaltigkeit des Lebens unter dem Spiegel des Meeres vergleichen. Mit den meisten ihrer Verbreitungsgenossen theilen die Krebslarven die Eigenschaft einer so vollkommenen Durchsichtigkeit, daß sie ihre Anwesenheit entweder gar nicht oder nur durch die im Verhältnisse zum Körper auffallend großen, oft glänzenden Augen verrathen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Zweiter Band: Die Niederen Thiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1887., S. 8.
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