Makak (Macacus cynomolgus)

[126] Wohl die bekannteste Art der Gruppe ist der Makak oder Javaneraffe, Monjet der Javaner, Vertreter der Unterabtheilung Cynomolgus, welche sich von den übrigen durch verhältnismäßig gestreckten Leib, langen dünnen Schwanz und gescheiteltes oder perückenartiges Kopfhaar unterscheidet. Die hierher gehörigen Affen haben mit den Meerkatzen noch große Aehnlichkeit und scheinen gleichsam einen Ersatz für dieselben zu bilden.

Der Makak (Macacus cynomolgus oder Cynomolgus cynocephalus) erreicht eine Länge von 1,15 Meter, wovon der Schwanz 58 Centim. wegnimmt, und eine Schulterhöhe von etwa 45 Centim. Der Backenbart ist sehr kurz, das Kopfhaar beim Männchen flach niedergedrückt, beim Weibchen kammartig in der Mitte aufgekrempelt; der übrige Pelz hat auf der Oberseite olivenbräunlichgrüne mit Schwarz untermischte, auf der dünner behaarten Unterseite weißlichgraue, die Innenseite der Gliedmaßen graue, Hände, Füße und Schwanz schwärzliche Färbung; das Gesicht sieht bleigrau, zwischen den Augen weißlich aus; die Ohren sind schwärzlich; die Iris ist braun.

Der Verbreitungskreis des gemeinen Makaken erstreckt sich über ganz Ostasien; namentlich die großen Sundainseln beherbergen ihn in Menge. Aus den Berichten der Reisenden geht hervor, daß er überall, wo er vorkommt, zu den häufigsten Arten seiner Ordnung zählt. Gleichwohl besitzen wir, so viel mir bekannt, eine eingehende Schilderung seines Freilebens noch nicht. Der Eine oder Andere erwähnt beiläufig, daß der Makak und andere Affen in größeren Gesellschaften sich in der Nähe von Flußufern aufhalten, läßt es hierbei aber auch bewenden, und es will fast scheinen, als ob Jeder glaube, daß die Lebensweise eines so bekannten Thieres längst ausführlich geschildert sein müsse, es sich daher auch gar nicht lohne, über dasselbe noch etwas zu sagen. Wie häufig der Makak in seiner Heimat sein muß, geht am besten daraus hervor, daß unsere Thierhändler selten mehr als [126] acht Thaler für ihn fordern, auch jederzeit im Stande sind, ihn in fast beliebiger Menge zu liefern, weil beinahe jedes von Indien ankommende Schiff eine größere oder geringere Anzahl dieser Affen an Bord hat. Wie mir Schiffer erzählen, bieten die Eingeborenen ihnen in jedem Hafen des Festlandes und der Inseln gezähmte Javaneraffen zum Kaufe an und verlangen für dieselben in der Regel so niedrige Preise, daß sich jeder Matrose entschließt, einen oder mehrere zu erwerben.

Die ausführlichsten, mir bekannten Bemerkungen über den Monjet verdanken wir Junghuhn. Nachdem er die Thierarmut der Urwaldungen Java's hervorgehoben und erwähnt hat, daß unser Affe hiervon eine Ausnahme mache, fährt er fort: »Der Monjet ißt gern die Früchte von Feigen- wie von vielen anderen Bäumen und kommt daher in den Urwäldern bis zu einer Höhe von 1600 Meter ebenso häufig vor wie in den Rhizophorawaldungen des Seestrandes, wo man ihn oft genug umherspazieren sieht, um die Krabben und Muscheln aufzulesen und zu verzehren, welche die Flut auf dem Gestade zurückließ. Er ist ein guter Gesellschafter, liebt die Einsamkeit nicht, sondern hält sich stets in kleinen Trupps von zehn bis fünfzig Stücken zusammen. Oft kann man sich an den Kapriolen dieses fröhlichen, auch in der Wildnis durchaus nicht scheuen Affen belustigen, wenn man die Weibchen mit ihren Jungen, welche sich fest an die Brust der Mutter angeklammert haben, dort in den Bäumen umherspringen sieht, oder wenn man andere erblickt, welche, unbekümmert um den zuschauenden Reisenden, sich auf den weit über den Spiegel eines Baches herüberhängenden Zweigen schaukeln«.

Wahrscheinlich bezieht sich auch folgende Bemerkung Junghuhns auf unseren Affen: »Wir kamen durch ein Dorf (auf Java), dem sich ein kleiner, rings von angebauten Gegenden umgebener Wald anschließt. Es scheint ein übriggebliebenes, absichtlich geschontes Stückchen eines größeren Waldes zu sein, den der Feldbau vernichtete. Besonders Feigenbäume sind es, welche sich hoch emporwölben, und deren Zweige mit Rotangarten durchschlungen sind. Man führte uns auf ein kleines rundes Plätzchen im Walde, wo man einige Stühle für uns niedergesetzt hatte. Hier wurde auf ein großes Stück Bambusrohr geschlagen, was einen hohlen Ton hervorbrachte. Die Javaner sagten uns, das sei die Trommel für die Affen. Kaum war die Trommel geschlagen, als es auf einmal im Walde anfing zu rauschen, und von allen Seiten her mehr als hundert graue Affen herbeisprangen. Groß und Klein, alte bärtige Väter, flinke Junge und Mütterchen mit dem an ihrem Leibe angeklammerten Säuglinge – alle kamen aus dem Baumdickicht herab auf das Plätzchen, wo sie sich an unsere Gegenwart wenig kehrten, sondern wie alte Bekannte um uns herumsprangen. Sie waren so wenig scheu, daß sie Reis und Pisang, Geschenke, welche wir für sie mitgebracht hatten, aus unseren Händen nahmen. Zwei sehr schöne und große männliche Stücke zeichneten sich durch ihr dreistes Betragen besonders aus. Sie öffneten ohne weitere Umstände die Körbe, welche sich in den Händen der Javaner befanden, und nahmen dasjenige heraus, was ihnen am besten gefiel. Wie Kavaliere stolzierten sie zwischen den anderen Affen umher, welche einen hohen Grad von Achtung vor ihnen zu erkennen gaben. Freilich war ihre Art, sich in Achtung zu setzen, etwas handgreiflich. Wurde ihnen das Gedränge um sie herum zu groß, so packten sie einige ihrer Kameraden mit den Händen, andere mit den Zähnen, weshalb die übrigen unter Angstgeschrei und mit solcher Bestürzung zur Seite flohen, daß sie erst von den Zweigen der Bäume aus zurückzusehen wagten, und sich dem Reise erst dann wieder näherten, wenn die großen Herren gesättigt sich zurückgezogen hatten. Sich selbst jedoch wichen diese beiden Despoten, welche ihre Unterthanen durch Furcht in Respekt zu halten schienen, sehr sorgfältig aus. Als wir uns entfernten, zerstreuten sich die Affen wieder im Walde. Die Javaner tragen ihnen öfters, um sich an ihren Sprüngen zu ergötzen, Futter zu; doch würde das vielleicht nicht geschehen, wenn bei den Javanern nicht alle alten Gebräuche, deren Ursprung sie öfters selbst nicht mehr anzugeben wissen, geheiligt wären«.

Diese Schilderung paßt vollkommen auf das Wesen unseres Affen; denn genau so benehmen sie sich auch im Käfige: der Stärkste behält unter allen Umständen Recht. Durch Martens erfahren wir, daß die Europäer in Java oft Affen und Papageien halten, und daß der Affe, welchen man [127] am häufigsten zu sehen bekommt, eben unser Makake ist. »Auch im wilden Zustande ist er einer der gemeinsten im Indischen Archipel. Ich sah ihn als solchen außer auf Java in Banka und auf den Philippinen; wenigstens vermag ich vorläufig nicht, die neuerdings wegen etwas hellerer oder dunklerer Färbung davon getrennten Arten zu unterscheiden. Man hält ihn oft in Pferdeställen, wie bei uns Böcke und Kaninchen, wohl aus ähnlichen Gründen. Die Javaner sagen, die Pferde langweilen sich dann nicht so sehr und gedeihen dadurch besser.«

In unseren Thiergärten und Thierschaubuden bildet der Makak einen wesentlichen Theil der Bewohnerschaft, und hier wie dort erwirbt er sich Freunde. Wie in seiner Gestalt, ähnelt er auch in seinem Wesen den Meerkatzen. Ich habe im Verlaufe der Zeit sicherlich gegen hundert dieser Affen gepflegt und vielleicht die zehnfache Anzahl gesehen und beobachtet, fühle mich aber außer Stande, etwas Wesentliches anzugeben, wodurch der Makak von den Meerkatzen sich unterscheidet. Seine Bewegungen sind entschieden plumper als die der letztgenannten Affen, immer aber noch behend genug. In Gebaren, Eigenheiten und Charakter dagegen stimmen beide Gruppen vollständig überein. Auch er ist ein ununterbrochen munterer, gutmüthiger Affe, verträgt sich ausgezeichnet mit Seinesgleichen und den ihm verwandten Arten, weiß ebenso mit größeren Affen trefflich auszukommen und sich sogar in die Laune der Paviane zu fügen oder ihren Grobheiten zu begegnen, wenn er in die Lage kommt, mit ihnen sich abgeben zu müssen. Daß er seinerseits Hülflose nach Kräften bemuttert, kleinere aber ebenso schlecht behandelt, als er von größeren sich behandeln läßt, eine zuweilen widerwärtige Selbstsucht, und zuweilen wiederum eine hingebende Aufopferung an den Tag legt, unterscheidet ihn nicht von den Meerkatzen, da diese ja ebenfalls genau in derselben Weise verfahren. Ueberhaupt bekundet er dieselbe Wetterwendigkeit des Wesens wie die eben genannten Affen. Eben noch äußerst gemüthlich und gutmüthig, ist er im nächsten Augenblicke einer Kleinigkeit halber höchst entrüstet, erzürnt und boshaft; eben noch überfließend vor lauter Zärtlichkeit gegen einen Mitaffen oder seinen Wärter, maulschellirt er in der nächsten Minute jenen und versucht, diesen zu beißen. Doch muß ich zu seinem Ruhme sagen, daß auch er für gute Behandlung in hohem Grade empfänglich sich zeigt. Es verursacht deshalb seine Zähmung kaum nennenswerthe Mühe. Derjenige, welcher ihn einige Male fütterte oder ihm einen Leckerbissen zusteckte, erringt bald seine vollste Freundschaft und zuletzt eine wirklich dauernde Anhänglichkeit. Denn wenn auch kleine Zerwürfnisse zwischen ihm und dem Pfleger an der Tagesordnung sind, stellt sich das alte Verhältnis doch sofort wieder her, sobald irgend eine andere Einwirkung von außen sich geltend macht und unseren Affen in einige Verlegenheit setzt. Neugierig in vollem Maße, der Langenweile entschieden abhold, und für jede Aenderung der Lage äußerst empfänglich, läßt der Makak leichter noch als die in dieser Hinsicht gleichgearteten Paviane durch Erregung seiner Aufmerksamkeit nach Belieben sich leiten und lenken und selbst im höchsten Zorne sofort versöhnen, so daß seine Behandlung auch in dieser Hinsicht zu einer sehr leichten wird.

Im Freileben wird sich der Makak wahrscheinlich von eben denselben oder ähnlichen Pflanzenstoffen ernähren wie seine Verwandten; in der Gefangenschaft nimmt er mit dem einfachsten Futter vorlieb, wie er sich beim Fressen überhaupt als ein höchst anspruchloser Gesell zeigt, obgleich seine Ansprüche vielleicht nichts weniger als bescheiden sind. Ein Stück Brod, im rechten Augenblicke ihm dargebracht, erscheint als ein ausgezeichneter Leckerbissen, während es, wenn er sich gesättigt hat, achtlos fortgeworfen wird; eine Hand voll Körner, vor ihn auf den Boden gestreut, erregt ihn zum eifrigsten Aufsuchen derselben und zum schleunigsten Anfüllen der Backentaschen, selbst wenn er den Futternapf eben verlassen hat; ein Zweig mit grünen Blättern, Knospen oder Blüten, vom ersten besten Baume gebrochen, wird mit Behagen entblättert und Blatt und Blüte, Knospe und Zweigspitze anscheinend mit demselben Vergnügen verzehrt. Milch trinkt der Makak, so lange er jung ist, leidenschaftlich gern; Milchbrod genießt er noch im Alter mit Vorliebe. An Fleischkost läßt er sich gewöhnen, überhaupt bald dahin bringen, die Gerichte der menschlichen Tafel zu theilen. Auch geistigen Getränken ist er keineswegs abhold, und einmal an dieselben [128] gewöhnt, zieht er sie allen anderen vor. Je reicher man ihm seine Tafel beschickt, um so wählerischer zeigt er sich. Trotzdem kann man ihn kaum verwöhnen, weil er im Nothfalle sich wiederum mit dem einfachsten Futter begnügt und dasselbe scheinbar mit demselben Behagen verspeist wie die beste Leckerei.

Gefangene Makaken pflanzen sich ziemlich regelmäßig im Käfige fort, paaren sich zuweilen auch mit Verwandten und erzeugen dann lebenskräftige Blendlinge. Die Dauer ihrer Trächtigkeit beträgt ungefähr sieben Monate; genauer kann die Zeit nicht bestimmt werden, weil man nicht im Stande ist, ein Pärchen nach der befruchtenden Begattung zu trennen. Ich selbst habe von den Makaken, welche ich pflegte, wiederholt Junge erhalten. Einmal wurde einer in einem Käfige geboren, in welchem sich außer der betreffenden Mutter noch ein anderer Makak und das Weibchen eines Mantelpavians befanden. Letzteres hatte geraume Zeit vorher ebenfalls geboren, das Junge aber bald eingebüßt. Wenige Minuten nach der Geburt des Makaken bemerkten die Wärter das Junge in den Armen des gedachten Hamadryasweibchens und schlossen daraus, daß dieses ein nachgeborenes Junge zur Welt gebracht habe. Aus diesem Grunde ließen sie auch der anscheinenden Mutter das Junge. Erst in den Nachmittagsstunden fiel ihnen auf, daß sich die Pflegemutter wenig mütterlich betrage, daß Junge oft auf das Stroh lege und sich zeitweilig kaum um dasselbe kümmere. Nunmehr erst sahen sie, daß der alte Makak, die wirkliche Mutter, sehr abgefallen war, fingen dieselbe, untersuchten sie, und fanden ihre Brüste strotzend von Milch. Jetzt erhielt die Alte ihr Kind; letzteres saugte auch, war aber doch schon zu lange ohne Pflege und Nahrung gewesen; denn am anderen Morgen fand man es todt.

Wie innig Makaken an ihren Kindern hängen, mag aus einer anderen Beobachtung von mir hervorgehen. Gelegentlich der Wintereinrichtungen sollten einige Affen aus ihrem Käfige entfernt werden, und es wurde deshalb Jagd auf sie gemacht. Unter der Gesellschaft jenes Käfigs befand sich auch das Junge eines Makakenweibchens, welches von der Mutter bereits seit Monaten getrennt worden war. Letztere bewohnte einen anderen Käfig, von welchem aus sie jenen übersehen konnte, und war von ihrem Kinde getrennt worden, weil sie eine bessere Pflege erhalten sollte. Als die Jagd auf die Affen begann, folgte die Alte mit ängstlichen Blicken jeder Bewegung des Wärters und schrie laut auf, so oft dieser ihrem Kinde sich näherte. Das fiel auf, und sie erhielt infolge ihrer Theilnahme das Kind zurück. Augenblicklich ergriff sie es, nahm es in die Arme und liebkoste es auf das zärtlichste. Sie hatte also das Junge niemals aus den Augen verloren, und dieses, wie es schien, auch die Mutter im Gedächtnis behalten.

In unseren Affentheatern spielt der Makak eine bestimmte, nicht allzu eng begrenzte Rolle, gewöhnlich als Aufwärter, Diener usw., seltener als Reiter. Einzelne bringen es zu einer bemerkenswerthen Künstlerschaft. Ihre Abrichtung erfordert, nach mündlicher Versicherung Sachkundiger, größere Mühe als die Abrichtung der Paviane, aber weniger Mühe als die Einschulung des Magot. Doch behält letzterer das einmal Erlernte besser als unser Makak, dessen reger Geist verschiedenartige Beschäftigung verlangt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. CXXVI126-CXXIX129.
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