Biber (Castor Fiber)

[317] Der Biber (Castor Fiber, C. communis) ist einer der größten Nager. Bei erwachsenen Männchen beträgt die Leibeslänge 75 bis 95 Centim., die Länge des Schwanzes 30 Centim., die Höhe am Widerrist ebensoviel, das Gewicht 20 bis 30 Kilogramm. Der Leib ist plump und stark, hinten bedeutend dicker als vorn, der Rücken gewölbt, der Bauch hängend, der Hals kurz und dick, der Kopf hinten breit, nach vorn verschmälert, plattscheitelig, kurz- und stumpfschnäuzig; die Beine sind kurz und sehr kräftig, die hinteren etwas länger als die vorderen, die Füße fünfzehig und die hinteren bis an die Krallen durch eine breite Schwimmhaut miteinander verbunden. Der Schwanz, welcher sich nicht deutlich vom Rumpfe scheidet, ist an der Wurzel rund, in der Mitte oben und unten platt gedrückt, bis 20 Centim. breit, an der Spitze stumpf abgerundet, an den Rändern fast schneidig, von oben gesehen eirund gestaltet. Die länglich runden, fast unter dem Pelze versteckten Ohren sind klein und kurz, innen und außen behaart und können so an den Kopf angelegt werden, daß sie den Gehörgang beinahe vollständig verschließen. Die kleinen Augen zeichnen sich durch eine Nickhaut aus; ihr Stern steht senkrecht. Die Nasenlöcher sind mit wulstigen Flügeln versehen und können ebenfalls geschlossen werden. Die Mundspalte ist klein, die Oberlippe breit, in der Mitte gefurcht und nach abwärts gespalten. Das Fell besteht aus außerordentlich dichten, flockigen, seidenartigen Wollhaaren und dünnstehenden, langen, starken, steifen und glänzenden Grannen, welche am Kopfe und Unterrücken kurz, an dem übrigen Körper über 5 Centim. lang sind. Auf den Oberlippen sitzen einige Reihen dicker und steifer, nicht eben langer Borsten. Die Färbung der Oberseite ist ein dunkles Kastanienbraun, welches mehr oder weniger ins Grauliche zieht, die der Unterseite heller, das Wollhaar an der Wurzel silbergrau, gegen die Spitze gelblichbraun; die Füße sind dunkler gefärbt als der Körper. Den an der Wurzel im ersten Drittel sehr lang behaarten, im übrigen aber nackten Schwanz bedecken hier kleine, länglichrunde, fast sechseckige, platte Hautgruben, zwischen denen einzelne, kurze, steife, nach rückwärts gerichtete Haare hervortreten. Die Färbung dieser nackten Theile ist ein blasses, schwärzliches Grau mit bläulichem Anfluge. Hinsichtlich der allgemeinen Färbung des Felles kommen Abweichungen vor, indem sie bald mehr in [317] das Schwarze, bald mehr das Graue, zuweilen auch in das Röthlichweiße zieht. Sehr selten findet man auch weiße und gefleckte Biber. Die sehr großen und starken, vorn flachen, glatten, im Querschnitte fast dreischneidigen, an der Seite meiselförmigen Nagezähne ragen weit aus dem Kiefer hervor; die ziemlich übereinstimmend gestalteten Backenzähne haben oben außen drei, innen eine, unten umgekehrt außen eine, innen drei querlaufende Schmelzfalten.


Biber (Castor Fiber). 1/10 natürl. Größe.
Biber (Castor Fiber). 1/10 natürl. Größe.

Der Schädel ist ungewöhnlich kräftig ausgebildet. Alle Knochen sind kräftig und breit und dienen sehr starken Muskeln zum Ansatze. Zehn Wirbel umschließen die Brust, 9 bilden den Lendentheil, 4 das Kreuz und 24 den Schwanz. Die Speicheldrüsen, namentlich die Ohrspeicheldrüse, sind auffallend entwickelt, und auch der lange, eingeschnürte Magen ist sehr drüsenreich. Harnleiter und Geschlechtswerkzeuge münden in den Mastdarm. Bei beiden Geschlechtern finden sich im Untertheile der Bauchhöhle, nahe am After und den Geschlechtstheilen, zwei eigenthümliche, gewöhnlich von einander getrennte, in die Geschlechtstheile mündende Absonderungsdrüsen, die Geil- oder Castorsäcke. Die inneren Wandungen dieser Drüsen sind mit einer Schleimhaut überzogen, welche in schuppenähnliche Säckchen und Falten getheilt ist, sondern das sogenannte Biebergeil oder Gail (Castoreum) ab, eine dunkle rothbraune, gelbbraune oder schwarzbraune, ziemlich weiche, salbenartige Masse von eigenthümlich durchdringendem, starkem, nur wenig [318] Leuten angenehmem Geruche und lange anhaltendem, bitterlichem, balsamischem Geschmacke, welcher in früheren Zeiten als krampfstillendes und beruhigendes Mittel vielfach angewandt wurde, gegenwärtig aber wegen seiner sehr wechselnden Stärke mehr in Vergessenheit kommt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Zweiter Band, Erste Abtheilung: Säugethiere, Dritter Band: Hufthiere, Seesäugethiere. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1883., S. 317-319.
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