Eyra (Puma Eyra)

[388] Fast alle südamerikanischen Katzen sind schlank gebaute Thiere; die Eyra (Puma Eyra, Felis Eyra), Gato vermelho der Brasilianer, aber ist so lang gestreckt, daß sie gleichsam als Bindeglied zwischen Katzen und Mardern erscheint. Die Färbung ihres weichen Haares ist ein gleichmäßiges Lichtgelblichroth; nur auf der Oberlippe befindet sich auf jeder Seite ein gelblichweißer Flecken, da, wo die dem Flecken gleichgefärbten Schnurrhaare stehen. Die Körperlänge des Thieres beträgt 53, die des Schwanzes ungefähr 32 Centim. Das Vaterland theilt sie mit dem Yaguarundi.

Die Eyra bethätigt ihr vielversprechendes Aeußere nicht. Man möchte glauben, daß sie alle Eigenschaften der Katzen und Marder in sich vereinige; sie ist jedoch auch nicht gewandter als der Yaguarundi, und nur ihr unersättlicher Blutdurst, ihre Grausamkeit stellen sie, vom Raubthierstandpunkte betrachtet, über jenen und beweisen, daß die Marderähnlichkeit noch anderweitig begründet ist. Auch die Eyra lebt paarweise in einem bestimmten Gebiete und hat so ziemlich dasselbe Betragen wie der Yaguarundi. Azara, ihr Entdecker, versichert, daß keine andere Katze dieses kleine Raubthier hinsichtlich der Schnelligkeit übertreffen könne, mit welcher es einer einmal gefaßten Beute den Garaus zu machen wisse. Rengger hielt Eyras in der Gefangenschaft, ohne sie eigentlich zähmen zu können. Sie waren noch so klein, daß sie kaum auf den Beinen [388] sich halten konnten, und griffen doch bereits Geflügel an, obwohl es ihnen an Kraft fehlte, dasselbe zu überwältigen; ja, einer der kleinen Raubmörder wurde vom Haushahne durch einen Sporenschlag in den Hals getödtet. Der andere mußte wegen seiner unbezähmbaren Raubsucht immer eingesperrt werden, und als er einmal frei kam, würgte er ohne Verzug mehrere junge Enten ab. Diese Raubsucht abgerechnet, war das Thier sehr zahm, spielte in seiner Jugend mit Katzen und Hunden, mit Pomeranzen und Papier und war besonders einem Affen zugethan, wahrscheinlich, weil dieser es von den lästigen Flöhen befreite. Mit zunehmendem Alter wurde die Eyra unfreundlicher gegen andere Thiere, blieb aber zutraulich und sanft gegen Menschen, falls letztere sie nicht bei dem Fressen störten. Uebrigens machte sie keinen Unterschied zwischen ihren Wärtern und fremden Personen, zeigte auch weder Gedächtnis für empfangene Wohlthaten, noch für erlittene Beleidigungen.


Eyra (Felis Eyra). 1/6 natürl. Größe.
Eyra (Felis Eyra). 1/6 natürl. Größe.

Vor wenigen Jahren kamen zwei dieser schönen Katzen lebend nach London. Von ihnen nahm J. Wolf die Abbildung, welche wir hier benutzt haben.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. CCCLXXXVIII388-CCCLXXXIX389.
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