Goldbartvogel (Megalaema flavigula)

[187] Als Vertreter der asiatischen Arten habe ich den Goldbartvogel oder Gelbkehlbartvogel (Megalaema flavigula, Bucco flavigulus, haematocephalus, nanus, philippensis, parvus, indicus, luteus, rubrifrons, Lathami und Rafflessi, Xantholaema flavigula und indica, Capito indicus) erwählt, weil wir über seine Lebensweise einigermaßen unterrichtet sind. Die Sippe der Bärtlinge (Megalaema), welche er vertritt, kennzeichnet sich durch kurzen, seitlich ausgebauchten Schnabel, ziemlich spitzige Flügel, in denen die dritte, vierte und fünfte Schwinge die längsten sind, und einen kurzen, fast gerade abgeschnittenen Schwanz.


Goldbartvogel (Megalaema flavigula). 2/3 natürl. Größe.
Goldbartvogel (Megalaema flavigula). 2/3 natürl. Größe.

Das Gefieder des Goldbartvogels ist oberseits düster ölgrün, welche Färbung an den Außensäumen der schwarzen Schwingen ins düster Grünblaue übergeht; Vorder- und Oberkopf sind scharlachroth, Hinterkopf und Kopfseiten schwarz, ein schmaler über und ein breiter Streifen unter dem Auge, Kinn und Kehle schwefelgelb; ein letztere unterseits einfassendes Querband hat tief scharlachrothe, ein dieses unterseits wiederum begrenzendes Band orangegelbe Färbung; die übrige Unterseite ist gelblichweiß, durch breite, tief apfelgrüne Schaftlängsflecke gezeichnet. Nicht selten trifft man eine gelbe Ausartung, welche früher als eigene Art angesehen wurde. Das Auge ist dunkelbraun, der Schnabel schwarz, der Fuß korallenroth. Die Länge beträgt 17, die Breite 29, die Fittiglänge 8,5, die Schwanzlänge 4 Centimeter.

Der Goldbartvogel verbreitet sich, laut Jerdon, über ganz Indien bis Cochinchina, Ceylon, und die Malaiischen Inseln, namentlich Sumatra und die Philippinen, fehlt aber im Himalaya und im Punjab. Er ist häufig überall, wo es Bäume gibt, bewohnt hochstämmige Wälder, Haine, [188] Spaziergänge und Gärten, kommt auch ohne jegliche Scheu unmittelbar bis zu den Häusern heran, läßt sich sogar nicht selten auf diesen selbst nieder. Einige Berichterstatter glauben beobachtet zu haben, daß er wie ein Specht an den Bäumen umherklettere; Jerdon aber versichert, dies nie gesehen zu haben bezweifelt, daß irgend ein Bartvogel überhaupt in dieser Weise sich bewege. Die Stimme ist laut, den Silben »Duk duk« vergleichbar. Der Goldbartvogel läßt diese Laute gewöhnlich vernehmen, wenn er auf der Spitze eines Baumes sitzt, und pflegt bei jedem Laute mit dem Haupte zu nicken, erst nach der einen, dann nach der anderen Seite hin. Stimme und Bewegungen des Hauptes haben ihm den Namen »Kupferschmied« verschafft, und dieser ist bei Europäern wie bei Indiern gang und gäbe. Sundevall bemerkt, daß ein und derselbe Goldbartvogel immer gleichlautend singt, selten aber zwei gefunden werden, welche ihr Lied genau in derselben Weise vortragen, daß deshalb, wenn zwei oder mehrere dieser Vögel nahe bei einander sitzen und gleichzeitig schreien, ein nicht unangenehmes Tonstück entsteht.

Früchte verschiedener Art, zeitweilig vielleicht auch Kerbthiere bilden die Nahrung des Vogels; doch ließ ein gefangener, welchen Blyth beobachtete, thierische Nahrung liegen, wenn ihm Früchte gereicht wurden. Ein Goldbartvogel, welchen ich pflegte, verfuhr gerade umgekehrt und zog Mehlwürmer allen übrigen Leckerbissen vor, ohne jedoch Früchte zu verschmähen. Mein gefangener lebte mit allen seinen Käfiggenossen in bestem Einverständnisse oder richtiger bekümmerte sich nicht im geringsten um dieselben, hielt sich stets von ihnen gesondert auf einem vom ersten Tage an gewählten Platze auf, saß hier oft Stunden lang regungslos still oder ließ dann und wann seine laute, schallende Stimme vernehmen. Zum Boden herab kam er nur dann, wenn der Hunger ihn nöthigte, setzte sich aber auch hier, falls er es konnte, auf einen Zweig oder den Rand des Freßgeschirres und betrat nur ausnahmsweise den Boden selbst, hüpfte jedoch weniger schwerfällig auf ihm umher als man von vorne herein hätte annehmen mögen.

Ueber die Fortpflanzung des Goldbartvogels vermag ich wenig zu sagen. Das Nest wird in Baumlöchern angelegt und ein und dieselbe Höhle wahrscheinlich jahrelang nacheinander benutzt. Das Gelege besteht aus zwei und vielleicht mehr weißen Eiern.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Vierter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Erster Band: Papageien, Leichtschnäbler, Schwirrvögel, Spechte und Raubvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 187-189.
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