Einleitung.

Verwandlung.

Die Käfer entwickeln sich aus den von dem geschlechtsreifen u. befruchteten Q gelegten Eiern. Die Entwicklung der Eier in den Eileitern der Q geschieht der Reihe nach; ihre Schale erhärtet erst durch den Zutritt der Luft, meistens schon im Leibe. Ihre Form ist mannigfaltig. Sie werden wenige Tage nach der Begattung in grösseren oder kleineren Mengen, oder einzeln, gelegt an Orten, wo die auskriechende Larve sogleich ihre Nahrung vorfindet. Nach einiger Zeit, oft schon nach wenigen Tagen, entwickelt sich die Larve, indem das Ei vorerst immer durchsichtiger wird u. den Embryo mehr oder weniger in gekrümmter Lage erkennen lässt. Das aus dem Ei hervorkommende Tier wird


Larve


genannt. Diese kann fusslos sein oder 3 Paar deutliche B. haben. Im ersten Falle nennt man sie auch Made, im anderen Falle schlechtweg Larve oder Engerling.

Die Larven haben die mannigfachsten Formen; aber man kann immer an ihnen einen K. u. 12 Ringe unterscheiden. Die nächsten 3 Ringe nach dem K. sind meist etwas kräftiger entwickelt als die anderen u. entsprechen der V.-, M.- u. HBr., u. die ferneren Ringe dem HLeibe des fertigen Insektes. An den ersten 3 Br.-Ringen befinden sich 3 Paar B. (je 1 Paar an jedem Br.-Ringe), bei fusslosen Larven, die meist im Innern von Pflanzen leben, wo sie keine grosse Beweglichkeit zu entwickeln brauchen, pflegen die chitinösen 3 Br.-Ringe wenigstens dorsalwärts sich schildförmig abzuheben. Der K. zeigt Fresswerkzeuge, die denen der fertigen Insekten in der Entwickelung nachstehen, aber ziemlich ähnlich gebaut sind. Mandibeln, Maxillen, die UL. mit der Zunge u. den LTs. können immer unterschieden werden; auch kurze F. sind an den S. vorhanden, die meist den UKf.-Ts. sehr ähnlich werden, endlich 1–6 einfache Augen. Mit Ausnahme der BrSch.-Ringe u. der letzten Segmente haben die HLeibsringe jederseits ein Luftloch (Stigma) zum Atmen. Am Analringe befinden sich oft, und zwar bei den mit Füssen ausgestatteten Larven, besondere Anhänge (Cerci), oder haken-, oder zangenförmige Gebilde, die zum Anhaften oder Stemmen (als Nachschieber) dienen, wenn die Larven in Pflanzenstengeln unter der Rinde oder im Holze von Bäumen u. Sträuchern leben. Die wichtigsten Larvenformen werden auf den Tafeln unserer Fauna oder im Texte bildlich dargestellt.

Mit der Aufnahme der Nahrung wird die Larve nach u. nach grösser. Sie wächst, solange es die Larvenhaut gestattet, dann tritt eine kurze Ruhepause ein. Die alte Haut platzt am Rücken, und die Larve arbeitet sich, mit einer neuen, grösseren, elastischen Haut ausgestattet, aus der alten Larvenhaut heraus u. beginnt wieder zu fressen u. zu wachsen. Solche Häutungen pflegen 3–4 stattzufinden, ehe sich die Larve in eine Nymphe (Puppe) verwandelt.

Das Larvenstadium ist als das wichtigste im Leben des Insekts zu bezeichnen, weil es bloss in diesem Stadium wächst u. den grössten Teil des Lebens in ihm zubringt, oft jahrelang, bevor es zur völligen Entwickelung gelangt [1] (Maikäfer, Hirschkäfer etc.). Manche Käferarten verbringen ihren Larvenzustand als Schmarotzer in Bienen-, Wespen- u. Ameisennestern; viele Arten sind schädlich.

Einige Zeit nach der letzten Häutung verfällt die Larve in einen Ruhezustand, zu dem sie sich oft ein besonderes Gespinst verfertigt. Sie nimmt keine Nahrung mehr zu sich u. verwandelt sich nun in ein fast unbewegliches Wesen, an dem man schon die einzelnen Teile des fertigen Insektes, oft sogar schon das künftige Geschlecht wahrnehmen kann. F.u. Tr. erscheinen in sackartigen Ueberzügen an den Körper angezogen u. die Fl. des Insektes lassen sich deutlich erkennen.


Puppe oder Nymphe

nennen wir dieses Uebergangsstadium zum Imago.

Während der Puppenruhe geht im Innern des Tieres die grösste Veränderung vor. Der Körper scheidet sich in K., Br. u. HLeib; die bisher einfachen Augen werden durch Facettenaugen ersetzt, der einfache Darm der Larve verlängert sich u. zeigt verschiedene Windungen; es bilden sich die Geschlechtsteile mit ihren Anhängen, es vermehren u. vergrössern sich die Muskeln, Tr. u. FGld. u.s.w. Gewöhnlich dauert dieser Nymphenzustand nicht lange, oft nur wenige Tage, manchmal 4 Wochen; manche Arten überwintern sogar in diesem Ruhezustande. Nur wenige Larven bereiten sich ein festes, aus Erde zusammengefügtes Gehäuse (Geotrupes, Cetonia etc.). Die meisten verpuppen sich an der Stelle, wo sie ihre letzte Nahrung fanden, entweder im Innern dieser Stoffe, oder sie begeben sich zur Verpuppung in die Erde.

Hat sich die Puppe vollkommen ausgebildet, wobei eine grössere Menge Feuchtigkeit verbraucht wird, was an der zunehmenden Verdunkelung u. Versteifung derselben zu ersehen ist, so sucht sie durch heftige Bewegungen des HLeibes die Puppenhülle am oberen Teile der Br. zu sprengen u. indem das Tier F.u.B. aus seinen sackartigen Hüllen zieht, sucht es durch den Riss in der Br.-Gegend die Nymphenhaut zu verlassen. Das frisch geschlüpfte Insekt ist weich u. hell gefärbt u. erhärtet u. verfärbt sich erst allmählich in einigen Tagen. Das aus der Puppe gekrochene Insekt ist das fortpflanzungsfähige


fertige Insekt (die Imago)


u. bildet das Endstadium seiner Verwandlungen. Es wächst in diesem Zustande ebensowenig, wie während der Puppenruhe; das kleine Exemplar bleibt klein u. zwar weil die Larve sich nicht genügend ernähren konnte.

Die geschilderten Verwandlungsvorgänge der Insekten nennen wir eine vollkommene Verwandlung, weil das Larvenstadium der Imago durchaus unähnlich ist u. die Puppe in vollständiger Ruhe verharrt.

Bei der


unvollkommenen Verwandlung


(bei Wanzen, Heuschrecken etc.) ist die Larve bereits in den hauptsächlichen Körperteilen dem fertigen Insekte ähnlich, u. die Puppe (Nymphe) ist kein Ruhezustand des Insektes, weil es auch in diesem Ueber gangstadium bei einigen Ordnungen Nahrung aufnimmt u. sich meistens fortbewegt. Die Lebensdauer des fertigen Insektes ist eine verhältnismässig kurze; wenn es seine Aufgabe, sein Geschlecht fortzupflanzen erfüllt hat, also innerhalb weniger Wochen, stirbt es. Man hat verschiedene grössere Käfer, die zum Begattungsakt nicht zugelassen wurden, in Terrarien 4–7 Jahre langlebend erhalten; nach der Begattung tritt der Tod, besonders beim S rasch ein. Ergebnisse solcher Experimente werden später noch erwähnt. Die Q, denen die Eierablage obliegt, leben aus diesem Grunde in der Regel länger.

[2] Die Imagines, welche erst im Herbste aus der Puppe schlüpfen, haben deshalb eine längere Lebensdauer, weil sie in der Erde, unter Moos, unter dicken Laublagen, unter Rinden, in morschen Bäumen etc., ohne die Begattung eingegangen zu sein, überwintern. Bei zunehmender Kälte erstarren sie u. scheinen leblos zu sein, bis sie durch milde oder warme Frühlingstage aus ihrem Winterschlafe oder winterlichen, lethargischen Starrheit erwachen u. sogleich bestrebt sind, das andere Geschlecht ihrer Art aufzusuchen.

Manche Arten überwintern als Ei, viele als Larven u. vielleicht die meisten im Puppenzustande.


Die Lebensweise der Larven


ist bei den Käfern zum grösseren Teile subterran u. leider deshalb schwer zu beobachten; es erklärt dieser Umstand den häufigen Mangel einer genauen Kenntnis ihrer Naturgeschichte. Andere leben in u. an Pflanzen, Bäumen, andere unter faulenden Vegetabilien oder an animalischen Stoffen etc. Solche, welche auf krautartigen Pflanzen, in Sämereien u. auf Baumlaub leben, sind zumeist auch in ihren Jugendstadien bekannt, darunter hauptsächlich die Chrysomeliden u. die meist starken, dunklen u. gelb gefleckten Coccinellidenlarven, welche sich von den Blattläusen ernähren.

Die Kenntnis der ersten Lebensphasen der Käfer ist noch recht lückenhaft, u. Beobachtungen in dieser Hinsicht, die viel Interessantes bieten, sowie Aufzuchten aus dem Ei, bei nachgeahmten Lebensbedingungen, sehr empfehlenswert. Einige Andeutungen zu solchem Vorgange werden später gegeben werden.

Parthenogenetische1 Vermehrung wurde bei den Käferarten noch nicht sicher festgestellt, obgleich bei einigen Arten das S noch nicht sicher aufgefunden werden konnte, oder doch ausserordentlich selten ist. Man hat Parthenogenesis auch bei einigen Xyleborus (Borkenkäfer), die im Holze sich entwickeln, angenommen, weil von vielen Arten derselben die S unbekannt geblieben sind. Es hat sich aber herausgestellt, dass die S dieser Arten nicht nur sehr ausgezeichnet u. von den Q verschieden sind, sondern auch die Brutstätten im Innern des Holzes fast gar nicht verlassen u. in genügender Zahl daselbst stets vorhanden waren. Man hat auch bei anderen Koleopteren, oft von sehr häufigen, gemeinen Arten, sichere S noch nicht gefunden (Otiorrhynchus perdix, Strophosomus coryli etc.), aber sichere Parthenogenesis konnte trotzdem noch nicht nachgewiesen werden, wie bei verschiedenen Aphiden (Blattläusen) u. anderen.


Der äussere Bau der Käfer.

Der Körper der Käfer (Coleoptera) besteht, wie bei den anderen Insekten, aus 3 Hauptteilen: Kopf, Brust u. Hinterleib.


Der Kopf (Caput).

Der vorderste Teil des Insektenleibes ist mit dem BrSch. beweglich verbunden, entweder gerade vorgestreckt, oft mit dem Hsch. durch einen gestielten Hals verbunden, im letzteren Falle ist er sehr beweglich; manchmal ist er in einem Ausschnitt des BrSch. eingesenkt, die Bewegungsfähigkeit deshalb beschränkter. In seltenen Fällen ist der K. vom Hsch. vollständig überdeckt (Cossyphus, Lampyris etc.). Zumeist liegt der K. in der Ebene des Hsch., dann nennen wir ihn vorgestreckt, oft ist er nach vorne u. abwärts geneigt, = hängend, oder, wie bei vielen Bockkäfern (Lamiiden) senkrecht abfallend. Die Verbindung des K. mit dem Hsch. ist oft nur schmal halsartig [3] gestaltet (Anthiciden etc.) u. wird dieser verbindende Teil in den Beschreibungen als Hals bezeichnet. In sehr vielen Fällen ist der K. vorne in einen mehr weniger langen Rüssel ausgezogen.


  • Fg. 1. Kopf von Calosoma sycophanta. (Nach Ganglbauer.)
    Fg. 1. Kopf von Calosoma sycophanta. (Nach Ganglbauer.)

An dem K. befinden sich seitlich die


Augen,


welche verschiedenen unterirdisch lebenden Arten fehlen. Diese sind facettiert, d.h. zusammengesetzt, u. jede Facette bildet gewissermassen ein Auge für sich, das allerdings wegen seiner Unbeweglichkeit nur das Sehen in der Längsachse der Facette gestattet. Deshalb hat aber die Natur für eine grosse (oft ausserordentlich grosse) Zahl von Augenfacetten gesorgt, die meist nicht nur an den Seiten stehen, sondern wegen der runden Wölbung des Auges auch auf die OS. übergreifen u. durch Ausrandungen oder Teilung oft sogar auch auf der US. vorhanden sind, weshalb das Insekt gleichzeitig nach 2–3 Richtungen zu sehen vermag. In selteneren Fällen ist die Teilung des Auges durch Einschiebung der Wangenteile so bedeutend, dass man, wie bei Gyrinus, von 4 Augen sprechen[4] kann: u. zwar 2 oberen u. 2 auf der US. des K. gelegenen. Bei einigen subterranen Arten fehlen sie, oder sie sind unausgebildet, oft nur aus wenigen, pigmentlosen Facetten bestehend.


  • Fg. 2. Unterseite des Kopfes von Creophilus maxillosus. (Nach Jakobson.)
    Fg. 2. Unterseite des Kopfes von Creophilus maxillosus. (Nach Jakobson.)

In seltenen Fällen kommen auch Nebenaugen vor; bei einigen Omalinen u. Dermestiden befinden sich 1 oder 2 solche unfacettierte Nebenaugen auf der Mitte der St. Zusammengesetzte, also facettierte Augen, besitzen übrigens nur die ausgebildeten Insekten; alle Käferlarven haben 1–6 einfache Augen an den Seiten des K., wenn, wie gewöhnlich, mehrere vorhanden sind, gruppenweise hinter der Einlenkung der F.

Die STeile des K., welche sich vor den Augen befinden u. die bis zum VR. der OL. reichen, nennt man die Wangen; die Teile, welche sich hinter den Augen befinden, hingegen: Schläfen (Occiput). Oft ist der K. unmittelbar hinter den Augen eingeschnürt u. wird bis zu den Augen in den BrSch. versenkt. In diesem Falle sind ausgebildete Schläfen nicht vorhanden. Der Teil des K., welcher sich von der dorsalen Mitte nach hinten hinzieht, ist der Scheitel (Vertex); zwischen den Augen nach vorne die Stirne (Frons); der vorderste Teil des K. ist meist vor den Augen durch eine Querlinie oder Querdepression abgegrenzt u. heisst: Kopfschild (Clypeus); endlich befindet sich vor dem meist abgestutzten KSch. ein querer, lappenartiger Anhang nach vorne: es ist dies die Oberlippe (Labrum); die hintere Partie des K. auf der US. heisst Kehle (Gula), der vordere davor befindliche gebuchtete R. ist der Kehlausschnitt, u. vor diesem befinden sich die meist freiliegenden Mundteile, über die weiter besonderes gesprochen wird.

An den Seiten des K., oder auch auf der OS. derselben, aber stets vor den Augen, stehen die


Fühler.


Diese vielgestaltigen, leicht beweglichen, für die Systematik sehr wichtigen Tastorgane sind stets vorhanden. Sie sind nicht nur Tastorgane, sondern in ihnen scheint auch der Sitz des Geruchsinnes zu liegen. Sie bestehen aus 2–122, meist aber aus 11 oder (schon weniger häufig) aus 10 Gld. Man spricht von geknieten F., wenn ihr 1. Gld. lang ist (es ist in diesem Falle der Schaft) u. die nächsten Gld. von demselben im Winkel abstehen (Antennae geniculatae), (diese sind dann die Geissel; die vergrösserten Endgld. sind die Keule). Sind die Endgld. vergrössert, so nennt man die F. gekeult (Antennae clavatae). Nach der Form der Keule können sie lose gegliedert, geblättert, gesägt, gekämmt oder geknopft sein etc. Schlanke, dünne, einförmig gebildete F. sind fadenförmig, mit dicken, rundlichen Gld. perlschnurförmig. Sind die Gld. nach einer Seite dreieckig erweitert, so sind sie gesägt, sind diese Fortsätze lang, können sie gekämmt oder gefiedert sein.

Am VR. des K. befindet sich die meist rechteckige oder gerundete, oder ausgerandete


Oberlippe (Labrum),


welche oft aber rudimentär ist, oder vom KSch. (Clypeus) verdeckt werden kann. Die meist sichelförmigen, gegeneinander gebogenen, zum Beissen eingerichteten Organe, welche jederseits am VR. des K. stehen, sind die


Oberkiefer (Mandibeln, Mandibulae).


Diese sind entweder einfach, oder innen gezähnt, mehr weniger kräftig entwickelt, aber immer vorhanden. Beim Hirschkäfer- S (Lucanus cervus) sind sie[5] hypertrophisch zu 2 geweihartigen Verlängerungen entwickelt, welche sie zum Kauen untauglich machen u. es ist deshalb das männliche Insekt gezwungen, vermittelst der pinselförmigen Zunge Baumsäfte als Nahrung aufzusaugen.

Auf der US. des K. befinden sich vorne die Mundteile, wozu die Mandibeln natürlich auch zu zählen sind. Die am meisten in die Augen fallenden, seitlichen Teile sind die


Maxillen (Unterkiefer),


die aus einigen Stücken bestehen, wie verschieden sie auch bei den einzelnen Familien gebildet sein mögen. Der unterste Teil, meist einem Dreiecke nicht unähnlich, ist das Angelglied (Cardo), dann folgt meist ein schmaler Lappen oder lappenähnliches Stück nach innen, welches der Stamm (Stipes) genannt wird u. die Basis der UKf.-Ts.u. der Innenlade der UKf. (Lobus internus) bildet. Nach aussen folgt das meist mächtigste Stück, nämlich die Aussenlade der Unterkiefer, die bei vielen Formen nach aussen beborstet oder behaart, manchmal auch bedornt erscheint. Die am Stamme innen ansitzenden UKf.-Ts. sind aus mehreren länglichen, beweglichen (meist 4) Gld. zusammengesetzt, wovon das Wurzelstück als tastertragendes Stück der UKf. (Squama palpigera) bezeichnet wird, das Endgld. aber in beiden oder in einem Geschlechte ( S) besonders durch eine breitere Verdickung ausgezeichnet erscheinen kann. Bei dem grössten Teile der Adephaga ist die Aussenlade der UKf. am inneren Teile des Stammes angefügt als 2gliederiges Organ, welches durch die Form den LTs. ähnlich wird, so zwar, dass hier 3 Tasterpaare unterschieden werden können. Bei der grossen Abteilung der Polyphaga ist die Aussenlade ganz anders geformt u. niemals tasterförmig entwickelt.


  • Fig. 3. Maxille, Unterkiefer von Calosoma sycophanta. (Nach Ganglbauer.)
    Fig. 3. Maxille, Unterkiefer von Calosoma sycophanta. (Nach Ganglbauer.)

Weiter am HTeile des K., dicht vor dem Gularausschnitte, befindet sich das mehr weniger grosse Kinn (Mentum) von verschiedener Gestalt. Das Kinn kann durch [6] Ausbuchtungen gezähnt sein u. es kann mithin auch von einem M.- oder S.-Zahn des Kinns gesprochen werden. Die Mundpartie vor dem Kinne, in der Mitte gelegen, ist das Labium (Unterlippe). Dieses besteht aus einem basalen MStück, der Zunge (Ligula), daneben ist das ta stertragende Basalstück der UL. (Squama palpigera), worauf die Lippentaster (Palpi labiales) als 2–3gliederiges Organ folgen, welche in der Gliederung den UKf.-Ts. ähnlich, aber gewöhnlich viel kürzer sind. An der Zunge befindet sich häufig jederseits ein zipfelförmiges Gebilde; es sind die Nebenzungen oder Paraglossen.


  • Fg. 4. Labium (Unterlippe) von Calosoma sycophanta. (Nach Ganglbauer.)
    Fg. 4. Labium (Unterlippe) von Calosoma sycophanta. (Nach Ganglbauer.)

Das Kinn, am hinteren Teile der K.-US., welches oft auch als Kinnplatte bezeichnet wird, ist häufig stark erweitert u. bedeckt oft zum Teile, manchmal sogar vollständig die Mundteile. Am hintersten Teile des Kehlausschnittes, gegen die Abschnürung des Halses gelegen, befinden sich 2 Längsnähte (Suturae gulares), welche bei den Rüsselkäfern auf eine einzelne, in der Mitte gelegene reduziert sind u. ein sehr gutes Merkmal für diese grosse Insektenabteilung abgeben.


Der Halsschild3 (Prothorax, Pronotum)


ist der obere grosse dorsale Br.-Halbring, welcher durch einen kurzen, stielartigen Fortsatz der MBr. mit dem von den Fld. bedeckten HLeib artikuliert. Es ist der von oben am meisten ins Auge fallende Teil des Körpers, der in Verbindung mit dem Schildchen steht, u. in Verbindung mit den hornigen Fld. das Eigentümliche eines Käfers vorwiegend darstellt.

Der Halsschild (Thorax) ist von sehr mannigfacher Form u. ist deshalb bei der Artenunterscheidung von wesentlicher Wichtigkeit. Er ist bald an den Seiten gegen die VBr. gekantet oder in einem Stücke verrundet; eine feine abgrenzende RLinie ist meistenteils vorhanden. Die Mitte des Hsch. nennt man die Scheibe (dorsum); man spricht aber auch von dem Dorsum der Fld. – Die Basis des Hsch. schliesst entweder unmittelbar an die Basis der Fld. an, oder die Verbindung ist durch eine halsartige Verlängerung der MBr. bewerkstelligt. Bei den Laufkäfern haben die Seiten 2 längere Borsten, wovon eine in der Mitte, die andere in den HWinkeln steht. Diese sind vorne oft vermehrt, selten fehlen sie ganz. Auf der OS. dieser halsartigen Verlängerung der MBr. ist


das Schildchen


gelegen, oder es steht etwas weiter nach hinten, rückt auf die OFläche der Fld.-Basis, wo es sich in der Mitte zwischen die Naht derselben einschiebt u. nur in selteneren Fällen nicht erkennbar ist.

Auf der US. des Hsch. befindet sich


die Vorderbrust (Antepectus, Prosternum).


Diese erscheint immer vorne u. hinten scharf abgesetzt, vorne aber manchmal in einen lappenförmigen Fortsatz erweitert (bei einigen Buprestiden u. Histeriden), der in einigen Fällen selbst die Mundteile bedeckt. In der VBr. sind die Gelenkhöhlen für die VB.; diese sind oft sehr dem HR. genähert, so dass sie denselben etwas übergreifen u. man sagt in diesem Falle, dass die Gelenkhöhlen offen stehen. Nach aussen von den Gelenkhöhlen wird die Br. durch eine Längslinie geschieden; der äussere Teil von dieser Naht (die Episternalnaht) umfasst die Episternen der VBr.; den kleinen Teil der Br., welcher sich hinter den Gelenkhöhlen befindet u. oft bis zur Unkenntlichkeit reduziert erscheint, nennt man die Epimeren der VBr., der oft erhöhte Teil, welcher sich zwischen die VB. einschiebt, ist der Prosternalfortsatz, u. [7] davor in der Mitte zum VR. (seitlich von den Episternalnähten begrenzt) befindet sich die eigentliche Vorderbrust oder das Prosternum.


  • Fg. 5. Unterseite einer männlichen Cicindela campestris. (Nach Ganglbauer.)
    Fg. 5. Unterseite einer männlichen Cicindela campestris. (Nach Ganglbauer.)

Die Mittelbrust (Mesosternum)


folgt unmittelbar nach der VBr. u. bildet gewissermassen die Artikulation zwischen der grösseren V.- u. HBr. Sie ist deshalb meist vertiefter gelegen u. wird in seltenen Fällen von dem Prosternalfortsatze zum grössten Teile bedeckt. An ihrem HR. sind die MB. eingelenkt. An den Seiten der MBr. wird nach vorne ein kleiner Teil durch eine Naht abgegrenzt; es sind dies die Episternen der Mittelbrust; ein zweites ähnliches, mehr nach hinten u. aussen gerichtetes Feld, sind die Epimeren der Mittelbrust.


[8] Die Hinterbrust (Metasternum).


Hinter den MHü. bis zu den gewöhnlich quergestellten HHü. befindet sich der meist grösste Teil der Br., nämlich die HBr. Dieselbe ist meistens von einer feinen Längsfurche durchzogen, mündet vorne als spitziger oder stumpfer Lappen zwischen den MHü., oder zwischen den mittleren Gelenkgruben, wo sich meist die feine Trennungsnaht zwischen der M.- u. HBr. vorfindet. An den Seiten der HBr. befinden sich wieder 2 durch Linien gesonderte Teile, wovon selten einer oder der andere undeutlich ist oder fehlt. Ein kleinerer oberer, der sich gewöhnlich mit seiner Schmalseite an die Gelenkhöhlen der MHü. anlehnt; es sind die Epimeren der Hinterbrust; u. ein schmälerer, längerer, der meistens jederseits neben dem SR. parallel verläuft; es sind die Episternen der Hinterbrust.

Nach der HBr. folgen


die Hinterhüften (Coxae posticae),


welche sich zwischen die HBr. u. die Bauchsternite einschieben u. meist recht verschieden von den 4 vorderen Hü. gestaltet sind. Dieselben bilden meist eine quere, schmale, oft aber breite Platte u. diese hat bei den Adephagen immer 2 lappenförmige Anhänge, an welchen die Schl, vermittels ihres Trochanters artikulieren.


Der Hinterleib (Abdomen)


ist der dritte Hauptteil des Insektenkörpers u. der obere Halbteil derselben befindet sich unterhalb der Fld.; der andere Halbteil auf der US. bildet den Bauch. Der Hlb. besteht aus einer grösseren Anzahl von Halbringen, wovon wenigstens die ersten, bedeckten, häutig sind. Sind die Fld. verkürzt, so sind die von ihnen unbedeckten, freien Teile stets hornig. Die oberen von den Fl. u. Fld. geschützten Decken bilden mit den unteren Bauchsegmenten keinen vollständigen Ring oder Abschnitt, sondern sie stossen an den Seiten in einer gezackten Naht zusammen u. erscheinen daselbst mehr weniger verschoben. Diese Organisation findet sich auch schon bei den Larven vor. Man hat deshalb in neuerer Zeit die Beziehungen von Rückensegmenten oder Bauchringen aufgelassen u. dafür die Namen »Tergit« (Tergite) für die ersteren u. »Sternit« (Sternite) für die Bauchhalbringe eingeführt.

An den geschützten Seiten der Tergite, mit Ausnahme der 2–3 letzten, befinden sich rundliche Oeffnungen, die Luftlöcher oder Stigmen genannt, wodurch die notwendige Luft zu den im Innern gelegenen Atmungsapparaten zugeführt wird. Das letzte, in der Regel stärker entwickelte Tergit ist oft stärker chitinös u. sehr oft frei sichtbar: es ist das Pygidium. An der Spitze des letzteren tritt bei den S einiger Gattungen (Nitiduliden) noch ein kleines, besonderes Aftersegmentchen vor, das den Q fehlt.

Bei Käfern mit verkürzten Fld. werden in den Beschreibungen aus praktischen Gründen nur die Tergite u. Sternite gezählt, welche vor uns unbedeckt, also frei liegen; also nicht so, wie es der anatomische Bau erheischen würde: denn im letzteren Falle müsste man von 8 Sterniten sprechen, während wir nur 6 zählen, da die 2 basalen unterhalb der Hü. gelegen u. von aussen nicht zu sehen sind, oder überhaupt reduziert oder verschmolzen wurden.

Die Sternite auf der Bauchseite sind oft zum Teile verwachsen, oder aber in starrer Verbindung, manchmal sämtlich frei beweglich. Das letzte Sternit ist das Analsternit u. meistens bei den verschiedenen Geschlechtern verschieden gebaut, oftmals beim S (wie bei Malthodes) zu schwer zu beschreibenden Fortsätzen umgebildet. Das 1. Sternit zeigt in einigen Fällen hinter den Hü. eingegrabene Bogenlinien (bei den Scymnus-Arten u. einigen andern Gattungen), die man als Schenkellinien bezeichnet.

[9] Die Trennungslinie der Sternite ist nicht immer ganz gerade, manchmal ist sie gebogen oder gebuchtet. Eine manchmal scharf eingeritzte Linie, die parallel mit den Sternit-R. verläuft, wurde als Abdominalfurche bezeichnet u. solche kommen bei den Carabiden häufig vor. Das 1. Sternit ist manchmal von den HHü. in der Mitte ganz durchsetzt (bei der grossen Abteilung der Adephaga) u. in diesem Falle ist es nur an den Seiten, dicht hinter dem Metasternum (HBr.) erkennbar.


Die Flügeldecken (Elytra).


Dies sind die hornigen Schilder, welche über dem HLlb. gelagert sind u. die häutigen UFl. bedecken. Sie sind eigentlich als 2 umgebildete Fl. zu betrachten u. ihre Skulpturen als das ursprüngliche, aber stark modifizierte Geäder anzusehen.

Die Fld. sind so lang, selten wenig länger, als der HLlb., manchmal sind sie aber mehr weniger verkürzt; die freien Tergite sind in diesem Falle hornig u. beweglich. Bei fehlenden UFl. sind die Fld. an der Naht meistens verwachsen. Die Trennungslinie der beiden Fld. nennt man die Naht (Sutura), neben der Naht befindet sich auf ihrer OS. meistens eine Längslinie; es ist der Nahtstreifen (Stria suturalis); sind viele Streifen auf ihnen vorhanden, so ist der Nahtstreifen stets der erste, an der Naht liegende Längsstreifen.

Der Fld.-R. wölbt sich meistens auf die US. über u. umschliesst die SR. des Hlb. Dieser R. ist oft seitlich von der Schulterecke an der Länge nach kantig begrenzt. Die Längsfläche, welche von dieser Schulterkante u. dem eigentlichen Decken-R. auf der US. eingeschlossen wird, nenne ich die falschen Epipleuren der Fld. (Pseudopleurae4); der äusserste R. der Fld., welcher die Bauchseiten berührt, zeigt häufig noch eine schmale, von einer Linie begrenzte Fläche, welche die eigentlichen Epipleuren bildet u. leicht übersehen wird.

Die Scheibe der Fld. zeigt eine mannigfache Skulptur, welche sich meist auf eine Streifung zurückführen lässt; dieselbe ist, wie ich schon eingangs erwähnte, als der Ueberrest der Nervatur auf den zu hornigen Decken umgestalteten VFl. zu betrachten.


Die Flügel (Alae).


Diese befinden sich, wenn sie entwickelt vorhanden sind, was häufig nicht der Fall ist, unter den hornigen Fld. eingezogen in gefaltetem Zustande u. gelangen beim Fliegen in ausgestrecktem Zustande zur Verwendung. Sie haben ein Geäder (Nervatur), welches auf die Entwickelung (das Alter, Abstammung u. die Verwandtschaft) der Käfer Schlüsse zu machen gestattet u. das zu einer neuen systematischen Zerlegung derselben in 3 später besonders zu erörternden Grundtypen geführt hat. Die Käfer können nach dem Fluge die Fl. falten u. unter die hornigen Decken einziehen; nur bei wenigen Gattungen, Molorchus, Arthrocerus etc., ragen sie auch in der Ruhe ungefaltet über die stark verkürzten Flügeldecken hinweg u. erhalten dadurch ein hymenopterenartiges Aussehen.

Bei vielen Käfern fehlen die Fl. ganz; viele solche Arten haben auch die Fld. verwachsen. Solche flügellose Arten haben gewöhnlich abgerundete, also geschwundene Schulterbeulen. Ist eine ausgesprochene Schulterbeule bei einer Art vorhanden, so kann man sicher sein, auch bei ihr ausgebildete Flugorgane vorzufinden. Andererseits bedingen ganz verrundete Schultern zumeist das Fehlen der häutigen UFl.

Beim Fluge der Käfer werden die Fld. nach den Seiten offen verschoben, nur bei den Cetoniden bleiben die Decken im Fluge geschlossen u. die Fl. werden in diesem Falle nach Beugung des HLeibes vorgestreckt u. zum Fluge entfaltet.


Die 3 Haupttypen der häutigen Flügel bei den Coleopteren.

[10] Typus I. (Adephagentypus).


Wird dadurch charakterisiert, dass sich zwischen den Nerven des Radius u. der Media einige Queradern absondern, die ein oder mehrere Vierecke oder Vielecke einschliessen.


  • Fg. 6. Typus I. (Adephagentypus.)
    Fg. 6. Typus I. (Adephagentypus.)

Typus II. (Staphylinidentypus).


Alle Nerven oder Adern laufen bei diesem nach aussen frei aus, Queradern fehlen, die Costa media ist nicht gegabelt.


  • Fg. 7. Typus II. (Staphylinidentypus.)
    Fg. 7. Typus II. (Staphylinidentypus.)

Typus III. (Cantharidentypus).


Die Costa media 1 u. 2 vereinigen sich zu einer Ader, die dann frei nach aussen verläuft. Die Costa analis ist meist in mehreren Teilen vorhanden u. in der Mitte oft querverbunden.


  • Fg. 8. Typus III. (Cantharidentypus.)
    Fg. 8. Typus III. (Cantharidentypus.)

Hüften, Trochanteren, Schenkel, Schienen, Tarsus, Klauen und Onychien.

[11] Die Hüften (Coxae) sind die mehr oder weniger grossen, meist kugeligen, walzenförmigen, oder konischen Gelenke, welche sich direkt in den Gelenkhöhlen, über welche schon bei dem Br.-Bau gesprochen wurde, befinden u. nach mehreren Richtungen drehende Bewegungen ermöglichen. Neben dem Hüftgelenke an den V.-, seltener auch an den MHü., befindet sich nach aussen, in einer schlitzförmigen Vertiefung der Hüfthöhlen, ein kleiner, meist dreieckiger Anhang, den man den Trochantinus nennt.

An der Hü. befindet sich der Schenkel (Femur), welcher an der Basis einen Anhang besitzt, der unter dem Namen Trochanter bekannt ist u. der zwischen Hü. u. Schl. die Artikulation vermittelt.

An den Schl. lenkt sich die Schiene (Tibia) ein, welche gewöhnlich dünner als der Schl. ist u. an deren Spitze sich der Fuss (Tarsus) befindet, der den Zehen der höher organisierten Tiere entspricht. Die Tr. sind niemals mehr als 5gliederig u. niemals weniger als 2-gliederig. Die ersten 4 Gld. können etwas verbreitert sein, unten haben sie oft eine schwammige oder bürstenartige Sohle, oft aber nur im männlichen Geschlechte; das Endgld. der Tr. ist immer schlank, schaftförmig, u. mündet in eine oder 2 Krallen aus, welche Klauen genannt werden, weshalb auch das Endgld. der Tr. als Klauenglied bezeichnet erscheint.


  • Fg. 9. Onychium von Oryctes.
    Fg. 9. Onychium von Oryctes.

Schl. u. Schn. können verdickt oder einfach sein, sie können Zähne oder Erweiterungen aufweisen, besonders als Geschlechtsauszeichnungen des S.

Eine kleine Verlängerung des Klauengld. zwischen den Klauen, an deren Spitze meist 2 Borstenhaare sich befinden, kommt oft vor u. wird das Onychium genannt.

Quelle:
Edmund Reitter: Fauna Germanica. Die Käfer des deutschen Reiches. Stuttgart: K.G. Lutz, 1908, S. 1-12.
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