Karlsruhe. Stuttgart. Baden

1818

[236] Die Erhebung der Grafen von Hochberg zu Markgrafen von Baden war eine Maßregel, an deren Gültigkeit dem Großherzog alles gelegen sein mußte. Nicht nur der Zweck, Land und Regierung dem eigenen Hause zu erhalten, forderte dies, sondern auch das persönliche Ansehen des Fürsten, der eine solche Machthandlung einmal unternommen hatte. Desto mehr fiel es auf, daß bei den nächsten Anlässen gleich mancherlei geschah, was in dem Großherzog die Neigung[236] verriet, die kaum erhobenen Markgrafen wieder etwas hinabzudrücken. Am Neujahrstage machten die badischen Generale und Offiziere dem alten Markgrafen Ludwig herkömmlich ihre Gesamtaufwartung, den neuen Markgrafen durften sie nur jeder einzeln ihre Glückwünsche bringen. Der Prinzessin Amalia Christina war in ihrem besondern Erhebungspatent nicht wie ihren Brüdern ausdrücklich der Titel Hoheit beigelegt worden, doch gab ihn ihr jedermann, und zum 7. Januar, dem Tag ihrer Verlobung mit dem Fürsten von Fürstenberg, kam dieser Titel auch in die für die Zeitungen aufgesetzte Anzeige; doch der Großherzog wurde noch rechtzeitig davon benachrichtigt, und der Minister von Berstett selbst mußte eiligst in die Druckerei gehen, um die »Hoheit« wieder auszustreichen. Zur Verlobungsfeierlichkeit wurden die Gesandten gar nicht eingeladen, wohl aber zu der darauf angesagten Glückwünschungscour; auf den Einspruch aber, welchen der hannöversche Gesandte von Reden mit unnötigem Eifer machte, daß er noch nicht ermächtigt sei, die neuen Titel anzuerkennen, ließ Berstett auch diese Einladung wieder fallen und erklärte sie für einen Irrtum des Hoffuriers. Der Großherzog freute sich, sowohl seinen Verwandten als dem mediatisierten Fürsten bei dieser Gelegenheit einige Demut aufzuerlegen, ja, selbst die eigenen Brüder der Prinzessin hielt er von der Feierlichkeit zurück, indem er gerade zu der für diese bestimmten Stunde sie zu sich beschied und sie in gleichgültigen Gesprächen die Zeit versäumen ließ; nur der jüngste Bruder durfte der Schwester zur Seite sein. Da man dem Grafen Golowkin zutraute, er würde sich über alle Bedenken wegsetzen und zur Cour fahren, so hielt ihn die Markgräfinmutter absichtlich bei der Mittagstafel so lange auf, bis es zu spät war. Durch solche Jämmerlichkeiten, die schnell bemerkt und gierig aufgegriffen wurden, handelte die großherzogliche Familie gegen ihren eigenen Vorteil und wirkte dem Zweck, den sie doch sonst wollte, möglichst entgegen. Der Neid mißgönnte schon, was er eben selbst gegeben hatte, und viel leicht hätte die[237] wachsende Reue den Widerspruch von außen sogar gern benutzt, um das Gewährte zurückzunehmen, wozu manche Höflinge schon eifrigst rieten. Es gehörte die vereinte Kraft Reizensteins und Tettenborns und der ganze Trotz ihrer Standhaftigkeit dazu, um das Werk gegen solch elende Triebfedern und Einflüsterungen und zugleich gegen die Angriffe von außen siegreich zu behaupten. Indes blieb den neuen Markgrafen aus diesen Kleinlichkeiten lange Zeit ein gedrücktes, peinliches Verhältnis, in welchem sie die neue Würde tragen mußten und doch nicht hervorheben durften, immer in ängstlicher Besorgnis, anzustoßen und zu mißfallen. Es ist wahr, ihr Naturell kam ihnen zu Hülfe, und so leisteten sie in dieser traurigen Rolle des sich Unterduckens und Vernichtens das Unglaubliche.

Das ganze Hofleben in Karlsruhe bestand ohnehin fast nur in kleinlichen Eifersuchten und Rücksichten. Die verschiedenen Höfe und ihre vornehme und geringe Dienerschaft taten fast nichts, als einander gegenseitig beobachten, über jede Handlung oder Rede Gericht halten, die vermeinten oder wirklichen Abweichungen von der Regel tadeln, die Lächerlichkeiten hervorheben. Da keine Seite den Stoff dazu fehlen ließ, so lebte man unausgesetzt in kleinem Krieg, der indes, weil er sorglichst im stillen geführt wurde, nicht einmal die Lustigkeit eines offenen Geplänkels haben konnte. Man fand überall Auflaurer, ausgestellte Netze und Fallen, kleine Listen und Tücken, denen allen zu entgehen fast nicht möglich war und freilich kaum auch der Mühe wert; denn was schadete es am Ende, wenn man einigen Abfall in den Händen der Leute ließ, den sie gierig erschnappten und den man selber doch nur zum Wegwerfen bestimmt hatte? Die Fremden nun erst recht brauchten sich gar nicht um dies Wesen zu kümmern, sobald sie nur den Mut hatten, sich darüber wegzusetzen. Aber angenehm konnte die Hofgesellschaft unter diesen Umständen nie werden.

Der Karlstag am 4. Februar wurde glänzend genug gefeiert, wenn man nur auf das Äußere der Festlichkeit sah;[238] doch all der Prunk der Säle, alle die reichen Uniformen, Damenanzüge, Ordensbänder, alle die herkömmlichen Formen der Huldigung und Artigkeit konnten den Eindruck nicht überwinden, daß solch ein kleiner sich zum großen aufblähender Hof, größtenteils aus dem Kehricht des Adels und dem Moder früheren Geltens zusammengebracht, in unserer Zeit doch ein abgeschmacktes Ding sei! Peinlich für alle, für die sogenannten Herrschaften wie für das Gesinde, hat das ganze Wesen längst keine Bedeutung mehr: von Macht, Ehre und Annehmlichkeit ist kaum noch ein Schein vorhanden, und diejenigen Teilnehmer, in denen noch einiger Verstand und Charakter übriggeblieben, sind die entschiedensten Verächter des Bodens, auf dem sie leben und von dem sie doch nicht lassen können. Mit welcher Wut äußerte bei solcher Gelegenheit einst Herr von Blittersdorf gegen mich, daß er als Kammerjunker am Hofe helfen solle, Gedränge zu machen, und wie bitter klagte er ein andermal, daß er ohne Einladung geblieben sei! Niemand sah dies Jämmerliche, Lügenhafte und Gleisnerische des Hofwesens tiefer ein, niemand litt mehr von der Schlechtigkeit solcher Umgebung als die Großherzogin; sie sprach ihren Unwillen und Überdruß oft in geflügelten Worten gegen mich aus und beklagte ihr Los, das sie verurteilt habe, dieser unfruchtbaren Öde nie mehr entfliehen zu können.

Der Fürst von Hardenberg war am Schlusse des vergangenen Jahres in die preußischen Rheinlande gekommen, um diese schwierige, mit dem preußischen Staat schwer in Einklang zu bringende Provinz näher einzusehen und zu ordnen. Die Bewohner standen ihren altpreußischen Staatsgenossen an höherer Bildung nach, aber keineswegs an Kraft und Tätigkeit des gemeinen Lebens; in Freiheitsgewöhnung und Selbstgefühl waren sie ihnen voraus; sie sträubten sich gegen das neue Beamtenwesen, das überall anstieß, sie hielten fest, was aus den Erträgen der Französischen Revolution sich bei ihnen eingebürgert hatte, besonders die Rechtspflege, die man ihnen auch lassen mußte. Zudem war die Mehrzahl[239] katholisch, und die kirchlichen Verhältnisse, welche unter der Kaiserherrschaft sehr kleinlaut gewesen, machten gegen die preußische Regierung die unbequemsten Forderungen geltend. Der Staatskanzler war allerdings der Mann, der hier viel mildern und versöhnen konnte; er machte verschiedene Anordnungen, die ihm Neigung und Vertrauen gewannen, besonders vertröstete er die Rheinländer auf die neuen großen Staatsformen, durch welche ganz Preußen in nicht ferner Zeit eine neue Stufe seiner geschichtlichen Entwickelung betreten werde. Doch das Streben in dieser Richtung war hier schon regsamer als in den alten Landen. Der feurige Görres in Koblenz hatte mit kluger Umsicht bereits eine Adresse an den König zustande gebracht, die, mit Tausenden von Unterschriften versehen, dem Staatskanzler durch eine Abordnung aus allen Ständen öffentlich überreicht werden sollte. Der Fürst erkannte die Mißlichkeit eines solchen Auftrittes recht gut, besaß aber Mut und Freisinn genug, um alle Gefahren, die damit verknüpft sein möchten, persönlich zu bestehen. Die Übergabe der Adresse geschah am 12. Januar auf dem Schloß Engers und wurde durch die Kühnheit und das Talent des Sprechers, der kein anderer als Görres selbst war, und durch die sichere Gewandtheit Hardenbergs, der, obschon überrascht, doch die Probe trefflich bestand, zu einer parlamentarischen Verhandlung ganz eigenster Art. Eine vorlaute Stimme verkommener Anmaßungen war schnell zum Schweigen gebracht, und sogar Görres stand an treffenden Äußerungen und zeitgemäßem Freisinn gegen Hardenberg zurück. Dieser hatte durch sein rühmliches Bestehen dieser heißen Angelegenheit außerordentlich in der Meinung gewonnen, und die Rheinländer bezeigten ihm laut ihren Beifall. Doch Görres war mit dem Erfolg, der sich innerhalb der nächsten Umgebung hielt, nicht zufrieden, sondern warf den ganzen Hergang auf den Schauplatz der allgemeinen Öffentlichkeit. Dies tat er durch die berühmte Schrift, welche als Bericht für die Teilnehmer gegen Mitte Februars im Druck erschien. Hier wurden die[240] gewechselten Reden ausführlich mitgeteilt, deren maßvollen Andrang ein glutvolles Nachwort von Görres gleichsam zum Sturm erhob. Nun erst bekam die Sache ihre volle Bedeutung. Ungeheures Aufsehen machte die Schilderung eines Vorgangs, der als etwas ganz Neues, Unerhörtes in Deutschland überraschen, in Erstaunen setzen mußte. Von Berlin her kamen bald finstre Mißbilligungen, strenge Verwarnungen an die Behörden, dergleichen bedenkliche Dinge nicht mehr zu gestatten; der Staatskanzler selbst mußte Vorwürfe und Mahnungen hinnehmen, gegen die seine hohe Stellung ihn nicht schützte. Der König richtete sogar an die Gemeinde Hatzenport, von der ihm zufällig bekannt wurde, daß sie sich geweigert, an der Adresse teilzunehmen, ein öffentliches Belobigungsschreiben, das der Gemeinde solche Triebfedern ihres Weigerns unterschob, an die sie gar nicht gedacht hatte, und ihr nur eine schlimme Berühmtheit auflud, daß man längere Zeit hindurch einen Menschen politischer Gleichgültigkeit und trägen Stumpfsinns einen »Hatzenporter« nannte. Im ganzen westlichen und südlichen Deutschland erregte die Schrift einen Sturm von Beifall, die mächtigste Aufregung: alle Parteien suchten sie zu ihrem Vorteil auszulegen; denn Görres hatte seinem lichtvollen Freisinn doch örtliche dunkle Schatten beigemischt, die von hierarchischen und aristokratischen Eiferern laut gepriesen wurden. Um den richtigen Eindruck zu verstärken und die helleren Vorstellungen Hardenbergs im Gegensatze der dunkleren von Görres als preußische hervorzuheben – denn wir wollten alles Gute und Kräftige gern dem Wohl und der Ehre des Staates zurechnen –, schrieb ich einen kritischen Aufsatz, der ohne meinen Namen in der »Jenaischen Literaturzeitung« erschien und den mehrere Zeitblätter nachher wiedergaben. Görres war, wie ich später hörte, mit diesem Aufsatz wenig zufrieden, besonders weil ich die Stände als politische Körperschaften nicht gelten ließ; auch der Staatskanzler, welcher wieder nach Berlin zurückgekehrt und ängstlicher geworden war, soll ihn mißbilligt haben; beides war mir damals so gleichgültig,[241] wie es mir jetzt ist; ich hatte nur mir, keinem andern zulieb geschrieben.


Das Frühjahr 1818 war für das südliche und westliche Deutschland eine unruhige Zeit; in den Gemütern und Geistern wallte und gärte es heftig, Hoffnungen und Besorgnisse stießen hart widereinander, die mannigfachsten Fragen begehrten ungestüm Antwort, allerorten fühlte man, daß etwas geschehen, daß etwas getan werden müsse. Die Koblenzer Adresse wirkte gewaltig ein; der Bundestag, welcher als Körperschaft und noch mehr in seinen einzelnen Gliedern von den mannigfachsten Forderungen hin und her gestoßen wurde und in seiner furchtsamen Schwäche ebensoleicht den wildesten Volksstimmen zum Werkzeuge dienen konnte, als er bereit war, den strengsten Hofbefehlen zu gehorchen, wußte durchaus keine feste Haltung zu gewinnen und warf die Verwirrung, in der er sich befand, nur auf die Regierungen zurück, die ihn beschickt hatten; Verfassung war das allgemeine Losungswort, das Volk wollte sein Recht, aber auch die Mediatisierten, die Ritter und Junker verlangten die Herstellung ihrer Vorrechte; die Verteilung und Abgrenzung der Länder war noch nicht schließlich abgemacht, jeder Fürst mißtraute dem Nachbar und noch mehr den großen Höfen, deren Willen und Richtung sich nicht klar aussprach und doch zuletzt alles entscheiden mußte. Aus natürlichem Gefühl suchten in dieser zweifelvollen Bedrängnis die Fürsten ihre nächste Stütze im eigenen Land und Volk; waren diese zufriedengestellt und die öffentliche Meinung gewonnen, so schien auch der mindermächtige Fürst einem sonst übermächtigen noch nicht weichen zu dürfen. Verfassung oder, wie man häufiger sagte, Konstitution wurde daher, wie öffentlich im Volk, so insgeheim auch bei den Höfen, als die große Angelegenheit des Tages besprochen, und in Bayern, Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt war man gleichzeitig in dieser Richtung mit Vorarbeiten beschäftigt, die sogar mit einer Art von Wetteifer[242] betrieben wurden. Doch meinten die Fürsten und ihre Minister und Höflinge mit den Zugeständnissen, welche dem Volke zu machen waren, nicht sowohl diesem eine Wohltat zu erzeigen, als vielmehr sich selber eine Nothülfe zu geben; sie sahen die Berufung von Volksvertretern oder Ständen nur als ein unvermeidliches Übel an, als eine bittere Arzenei, die man einzunehmen immer gern zögert, bis zur äußersten Frist aufschiebt. Man blickte vor allem auf die großen Mächte, deren wahre Meinung indes hinsichtlich der Verfassungsfrage schwer zu erraten war. Österreich und Preußen hatten sich durch die Bundesakte zur Einführung ständischer Verfassung verpflichtet, Preußen schon die Grundzüge derselben durch die berühmte Verordnung vom 22. Mai 1815 öffentlich verkündigt, war auch am Bundestage mit entschiedenen Erklärungen deshalb aufgetreten; allein Österreich bewies in dieser Richtung offenbar keinen Eifer; der Fürst von Metternich hatte mehrmals geäußert, er könne zugeben, daß der Souveränetät der Kleinen Zaum und Gebiß angelegt würden, aber die Großen würden sich solchem Zwange nie unterwerfen; wie weit Preußen in der angegebenen Richtung gehen wolle, wußte niemand mit Sicherheit, und das Belobungsschreiben des Königs an die Gemeinde Hatzenport ließ über dessen persönliche Denkart wenig Zweifel. Die Widersacher alles Verfassungswesens hatten daher leichtes Spiel, wiesen die Fürsten auf das Beispiel der großen Mächte hin, warnten besonders vor Übereilung, und während die öffentliche Stimme stets lauter forderte, brachten sie, soviel sie vermochten, alles wieder ins Zaudern und Stocken.

Wie ein Blitz aus heitrer Luft schlug plötzlich in diese dumpfe Schwüle mit donnerndem Nachhall ein leuchtendes Wort aus Norden. Der Kaiser Alexander hatte den unter seiner polnischen Königskrone vereinigten Polen eine Konstitution versprochen, das war bekannt, auch wußte man, daß er im allgemeinen den freisinnigen Einrichtungen günstig und sein gegebenes Wort ihm heilig war. Ein Reichstag[243] war in Warschau zusammengerufen worden und der Kaiser zu dessen Eröffnung eingetroffen. Dies alles hatte man mit großer Gleichgültigkeit angesehen und selbst in Wien und Berlin von dem ernsten, weitgreifenden Schlage nichts geahndet, der hier aus einer Handlung, die man für unwichtige Förmlichkeit halten wollte, plötzlich hervorbrach. Die Rede, mit welcher Alexander den Reichstag eröffnete, war für die entzückten Polen, für die erstaunten Russen, für die harrenden Deutschen, für die ganze politische Welt die mächtigste Überraschung, die erweckendste Erschütterung. Nirgends aber konnte die Wirkung größer sein als in diesen deutschen Ländern, die in meinem nächsten Gesichtskreis lagen. Durch einen besondern Umstand konnt ich hievon Zeuge sein wie kein anderer. Mittelst außerordentlicher Gelegenheit war die Rede des Kaisers mir aus Warschau früher als sonst jemandem zugekommen; ich zuerst machte sie in Karlsruhe, in Mannheim bekannt, selbst in Frankfurt am Main und in Stuttgart empfingen angesehene Personen durch mich die erste Nachricht von ihr. Auf den Großherzog wirkte sie gewaltig, die Verfassungsfrage für Baden war in seiner Seele sogleich entschieden; die Großherzogin Stephanie bewunderte staunend die neue Erscheinung, die Markgräfinmutter wußte sich gar nicht zu fassen und fragte, was das bedeute, was es für Folgen haben werde. Die Minister konnten ihre Verwunderung, ihren Schreck nicht verbergen; Tettenborn und Reizenstein frohlockten, sie sahen ihre Sache für gewonnen an, und Berstett, der mit ihnen gehen und sich als Verfassungsfreund benehmen mußte, war nur froh, daß auch sein Schützer und Gönner Anstett jetzt gegen diese Richtung, zu der sein Kaiser sich so laut bekannte, nichts einwenden durfte. Die Diplomaten steckten die Köpfe zusammen und machten bedenkliche Gesichter, besonders der französische und der österreichische, und sie hielten es nicht für innere Zustimmung, sondern nur für amtliche Klugheit, daß ich als Preuße die russische Tat so eifrig verkündete und rühmte. Die öffentliche Meinung aber äußerte[244] sich mit unwiderstehlichem Nachdruck, sie schlug jeden leisen Einspruch mit starken Trumpfworten nieder, und des Rühmens und Lobpreisens für den hochherzigen Kaiser war kein Ende. Von allen Orten schallte dieselbe Stimmung zurück, für deren begeisterte Innigkeit in den Zeitungen jeder Ausdruck zu schwach war.

Das war einmal von einem Herrscher frank und frei gesprochen, aus vollem redlichen Herzen, ohne heimlichen Vorbehalt, ohne versteckte, für künftige treulose Auslegung im voraus hingestellte Zweideutigkeit! Daß dieser Herrscher der Kaiser von Rußland war, der unumschränkteste Gebieter des größten Reiches, gereichte ihm nur um so mehr zur Ehre, verbürgte zweifellos die Freiwilligkeit der großen Tat. Das ungeheuerste Aufsehen machte besonders die Stelle, welche den Segen einer freien Verfassung, wie sie jetzt den Polen verliehen wird, auch für das ganze russische Reich verheißt. Dieses gewaltige Wort ist ausgesprochen worden und steht fest als eine geschichtliche Tatsache, fester als alle Denkmale in Stein und Eisen, am festesten aber in den Gemütern der Völker selbst, denen es gilt, wo es tiefe Wurzeln geschlagen hat und von Geschlecht zu Geschlecht neue Keime treibt, bis zu seiner endlichen Erfüllung.

Wenn ich die Rede eines der folgenreichsten Ereignisse nannte, so meinte ich hauptsächlich diese, wenn auch noch so verzögerte und bekämpfte, aber unfehlbare Wirkung, nicht die unmittelbar nächste, wiewohl auch diese von unzuberechnendem Einfluß war. Denn das Beispiel des Kaisers von Rußland brachte alle kleinlichen Bedenken und niedrigen Einwände zum Schweigen, mit welchen die Knechtischgesinnten so gern bereit sind, die Freiheit zu verdächtigen und die Gewaltherrschaft anzupreisen. Das Machtansehen und die gebieterische Würde einer solchen Erklärung mahnten mehr als alle Stimmen der Pflicht und selbst des Gewissens, die gerechten Ansprüche der Völker nicht länger unbeachtet zu lassen, sich der fortschreitenden Entwickelung willig anzuschließen. In Baden war, wie gesagt,[245] die konstitutionelle Frage sogleich entschieden, in Württemberg wurde das Verfassungswerk nachdrücklich gefördert, in Bayern sah man darin selbst für die äußere Staatslage das sicherste Heil und hoffte den Badnern noch zuvorzukommen; in ganz Deutschland fanden die Verfassungsfreunde sich durch den unverhofften Beistand gehoben und verstärkt. Wenn gleichwohl noch einige Zeit verging, ehe aus den damaligen Beschlüssen die Verfassungen tatsächlich hervorgingen, so mag man daraus ermessen, wie viele anderweitige Einflüsse, besonders auch die nach der ersten Betäubung bald wieder regsame Gegenstimme von Wien und Berlin, zu überwinden waren und wie sehr Abneigung und Trägheit das Werk erschwerten.

Die badischen Minister durften jetzt weniger als je die Gebietssache aus den Augen verlieren und strebten, die Gunst des russischen Kaisers auch von der neuen Seite her, die er aufgedeckt hatte, zu gewinnen. Der Rittmeister Hennenhofer wurde mit den eindringlichsten Schreiben nach Warschau geschickt, während Anstett von Frankfurt her die badische Sache in das vorteilhafteste Licht stellte und ich für sie die Gesinnungen in Stuttgart möglichst aufregte, so daß die verschiedensten Einwirkungen in Warschau sich gegenseitig unterstützten. Eine große Schwierigkeit blieb immer die nachteilige Meinung, welche der Kaiser von seinem Schwager, dem Großherzog, einmal gefaßt hatte, der ihm einer kräftigen Verwendung kaum würdig und durch seine Unfähigkeit und Schwäche am meisten geeignet schien, die Kosten einer Ausgleichung zu tragen, für die doch nun einmal Rat geschafft werden mußte. Diese Meinung teilten auch der König und die Königin von Württemberg, und sie unterstützten die Sache Badens ohne volles Vertrauen in den Fürsten, den sie zumeist anging; sie fürchteten immer, er könne plötzlich nachgeben und sie mit ihrer dann fruchtlosen Teilnahme bloßstellen. Das Mißtrauen wurde genährt durch einzelne Maßregeln und Vorgänge, die allerdings den gegebenen Versicherungen nicht immer entsprachen. Die[246] Wahl der Personen, die man gebrauchte, die Äußerungen, welche diese sich erlaubten, waren oft anstößig; diplomatische Häkeleien, die bei dem sonstigen Einverständnis beider Höfe ganz unbedeutend sein mußten, wurden badischerseits mit wichtigem Ernst aufgefaßt, es fehlte nicht viel, so wäre das gute Vernehmen an solchen Erbärmlichkeiten schnell zugrunde gegangen. Hier sah man recht, was es heißt, wenn eine vielverzweigte Handlungsweise nicht aus einem Geiste hervorgeht, nicht aus einem Stück erscheint, wenn die untergeordnete Tätigkeit der höheren nicht entspricht oder gar widerspricht, hier Vernachlässigung, dort Mißverstand waltet, persönliche Zwecke den allgemeinen teilweise aufheben dürfen, wenn die Einheit, die in der höchsten Hand vorausgesetzt wird und sein sollte, von unten her durch gemeinsame Anstrengungen derer, die selbst keine Einheit sind, erst geschaffen oder wenigstens ihr Schein hervorgebracht werden muß! Reizenstein und Tettenborn trugen diese schwere Last und hielten ihre Kräfte redlich vereint, obschon auch sie in ihren Ansichten und Richtungen oft weit auseinandergingen, aber schon Berstett hatte teils nicht die Fähigkeit, teils auch nicht den Willen, immer mit ihnen gleichen Schritt zu halten; nun kamen noch die zahllosen andern Einflüsse hinzu, die durch die höchsten Personen, die Frauen vorzüglich, durch Hof- und Staatsbeamte aller Art, oft auch durch die unbedeutendsten Diener ausgeübt wurden; da mußten kleine Rücksichten, die man als solche doch nie aussprach, beobachtet werden; unbedeutende Nebenzwecke, jemanden zu entfernen oder zu begünstigen, oft beides wieder um anderer willen, drängten sich der Hauptsache vor; die Minister mochten alles noch so richtig ausdenken und vorschlagen, sie waren niemals sicher, daß nicht die ungeeignetsten Personen ernannt, daß nicht Nebenaufträge gegeben würden, bei denen der wesentliche Zweck leiden mußte. So war Tettenborn sehr dagegen, die Sendung nach Warschau einem Menschen wie Hennenhofer zu vertrauen, mit denen weder[247] Nesselrode noch Kapodistrias noch irgend sonst ein Mann von Bedeutung sich ein lassen könne; allein der Großherzog wußte, daß niemand ihm von der Reise so vielen Klatsch zurückbringen würde, an dem er sich ergötzte, während die ernsteren Nachrichten ihn langweilten. Eine besondere Schnurre wirkte dabei noch mit: Hennenhofer war berühmt wegen seiner Kurierreisen, er hatte bisweilen das Unglaubliche möglich gemacht, die größten Strecken in kürzester Frist zurückzulegen, er scheute nicht die halsbrechendste Gefahr, sparte nicht Geld noch Vorspiegelungen, hatte Wein und Branntwein bei sich, nahm, wenn er die Postillone trunken gemacht, die Zügel und fuhr selbst, er blies sein eignes Posthorn und tat und hielt aus, was kein anderer. Man setzte auf diesen Kurierhelden eine Art Ehrgeiz, er sollte wieder Gelegenheit haben, seine Kunst bewundern zu lassen. Der Großherzog wußte genau, wie lange der Kaiser in Warschau bleiben wollte; nun hielt er Hennenhofer so lange zurück, bis es nach aller Berechnung schon unmöglich schien, den Kaiser noch dort zu treffen; dann ließ er ihn los und verzweifelnd über Stock und Stein hinstürmen. Nicht minder hatte Reizenstein wohl eine Sendung nach Wien beantragt, aber nicht, daß der Kammerjunker von Blittersdorf dazu ersehen würde, ein junger Mann noch ohne Ansehen, aber doch den österreichischen Geschäftsleuten von Frankfurt her verhaßt, wo er sich in seiner untergeordneten Stellung durch Schroffheit und Anmaßung bemerklich gemacht hatte; fast sei es besser, meinte Reizenstein, die ganze Sache zu unterlassen; allein, er selbst hatte sie ja vorgeschlagen, und Berstett wünschte jenen zu entfernen, so geschah es denn, zu keinem Nutzen und gewiß zum Schaden!

Die Gesundheit des Großherzogs hatte sich mit dem Frühling etwas gebessert, und die frische Luft in Baden sollte diesen guten Anfang fortsetzen. Er war froh, von Karlsruhe fortzukommen, und fand den neuen Aufenthalt angenehm. Aber auf dem Schlosse zu wohnen war ihm zuwider; ihm gefiel dagegen über die Maßen eine Wohnung, die Tettenborn[248] für sich gemietet hatte und, wenn auch ungern, doch völlig bereit war, sie dem Großherzog abzutreten; doch die fürstliche Laune duldete keinen Augenblick der Ungewißheit, und um jeden Einwand sofort abzuwenden, bot er seine Wohnung auf dem Schlosse dem General zum Ersatz, ein Tausch, der gern angenommen wurde, doch sehr auffiel, und es gab allerlei zu reden, wenn man Tettenborns eigne Wagen und Pferde und die der zahlreichen Besuche, die er empfing und bewirtete, den ganzen Tag mit Gepränge hinauf- und herabfahren sah, während der Großherzog unten in seiner Bürgerwohnung sich scheu zurückhielt und keinen Besuch annehmen wollte. Diese Abgeschiedenheit entsprach dem Zwecke des Aufenthaltes keinesweges und konnte es um so weniger, als die Lebensart doch keine geregelte, sondern von Unmäßigkeiten jeder Art unterbrochen war; jede augenblickliche Erholung, jeder Beginn von Kräftigung wurde sogleich wieder leichtsinnig vergeudet, wozu die Augendiener und Günstlinge die Gelegenheit nie fehlen ließen. Die Schwäche und Hinfälligkeit kehrte daher immer schnell zurück, die Brustbeklemmungen und andere krampfartige Zufälle, die schon gewichen waren, fanden sich wieder ein, Traurigkeit und Mißmut nahmen überhand; die Ärzte befürchteten ein Schwinden des Rückenmarks. Der Großherzog aber bestärkte sich in seinem Glauben an Vergiftung und sprach diesen Argwohn oft in so bedenklichen Andeutungen aus, daß es nicht selten das klügste schien, zu tun, als habe man sie nicht gehört. Mehrmals erklärte er, daß er verloren sei, man habe ihn zu gut bedacht, zu sicher getroffen; seinen Prinzen habe man das Leben nicht gegönnt, ihm auch sei ein nahes Ziel gesteckt; seine Erbschaft solle von fremden Händen geteilt, zerrissen werden. In solcher Stimmung war ihm jede Berührung der schwebenden Unterhandlungen äußerst empfindlich, die einlaufenden Berichte, die nötigen Rücksprachen mit seinen Räten verursachten heftige Krisen, es gab die schlimmsten Aufwallungen, die jedoch nie zu kräftigen Beschlüssen führten, sondern[249] nur zu tieferem Versinken in untätigen Trübsinn. Die nähere Umgebung, besonders die Großherzogin, litt unsäglich von diesem Jammer. Seinen Ministern gestattete er oft mehrere Tage keinen Zutritt. Die einzige Hülfe in solcher Niedergeschlagenheit, der einzige Mensch, der dem Kranken dann noch mit Nachdruck begegnen und ihn auch trösten konnte, war Tettenborn, der, wiewohl von manchen nicht gern gesehen, doch allen unentbehrlich wurde. So kam denn auch in dieser Zeit wirklich zustande, was schon lange in Anregung und von der einen Seite ebenso heftig gewünscht als von der andern gefürchtet war, nämlich daß Tettenborn seinen Abschied aus russischen Diensten nahm und in badische übertrat, als Generallieutenant und Generaladjutant, mit der Zusicherung der Gesandtschaft in Wien, aber in Wahrheit über alle diese Verhältnisse weit hinausgestellt. Er überhob sich dieser Gunst nicht, er benutzte sie für andere, die es ihm nachher schlecht dankten; er bemühte sich in seiner neuen Stellung nur um so eifriger, das nun auch amtlich durchzusetzen, was er bisher schon vertraulich hatte betreiben helfen: den Staat in seinem Vollbestande bei dem regierenden Hause zu erhalten und ihm eine freisinnige Verfassung zu geben. In beiden Beziehungen sah es noch sehr mißlich aus.

Der Kurierheld Hennenhofer hatte die Erwartungen des Großherzogs gerechtfertigt; er war in der absichtlich ihm zu kurz bemessenen Frist, mit großen Anstrengungen und Opfern, wirklich in Warschau noch eben vor der Abreise des Kaisers angekommen und hatte seine Depeschen abgegeben, aber statt einer Antwort brachte er hingeworfene allgemeine Vertröstungen zurück, die zwar gut genug klangen, doch nicht einmal vom Kaiser selbst, sondern nur aus seiner Umgebung herrührten. Die Nachrichten aus Wien lauteten sehr beunruhigend; es hatte sich dort die bayerische Sache gründlich festgesetzt, die badische galt für eine verlorne, verurteilte, der Kaiser Franz hatte unmutig geäußert, es müsse ein Ende damit gemacht werden, dem Fürsten von Metternich[250] war der ganze Handel, der sich unbequem überall vorschob, längst verdrießlich. In betreff der Verfassung waren allerlei Bedenken eingetreten, man riet, sich erst mit den Nachbarn zu bereden, abzuwarten, was diese tun und wie weit sie gehen würden; aus dem diplomatischen Kreise zu Frankfurt kamen Zweifel und Warnungen, auf welche Berstett großes Gewicht legte, in der großherzoglichen Familie selbst wurden Besorgnisse laut. An Höfen finden immer die Ratschläge und Mahnungen, welche zum Warten, zum Aufschieben, zum Verneinen auffordern, ein günstiges Gehör; an diesem Hofe waren sie das ersehnte Manna, von dem man einen Tag weiterlebte.

Tettenborns Vorstellungen, wie wichtig und notwendig es sei, den württembergischen Hof in der schwebenden Krisis zum Freunde zu haben und den Einfluß der Königin auf ihren Bruder, den Kaiser, zu benutzen, bewirkten, daß der Großherzog den Generallieutenant von Schäffer in außerordentlicher Sendung nach Stuttgart abschickte. Dieser sollte das gute Vernehmen, welches in der letzten Zeit etwas gelitten hatte, durch die besten Versicherungen des unbedingten Vertrauens herstellen, konnte aber, als der König, um seine eignen Schritte darnach zu bemessen, nach den näheren Bestimmungen fragte, wie man sich badischerseits zu verhalten gedächte, darüber keine Auskunft geben, weil man ihm dergleichen nicht gesagt hatte, auch eigentlich der Art nichts vorhanden war. Schäffer fand, daß wie in Baden auch in Württemberg dem höheren Willen an einflußreichen Stellen vielfach entgegengewirkt und das enge Einverständnis beider Höfe gar nicht gewünscht wurde. Da er den Boden so schwierig fand und zugleich vielleicht nicht ohne Grund besorgte, es möchte bei seiner längeren Abwesenheit von Karlsruhe dort eine Veränderung zu seinem Nachteil beliebt werden, so beeilte er das Ende seiner Sendung und kam mit dem Anschein guten Erfolgs, aber ohne wirklichen Ertrag zurück.

Daß auch das mächtigste Ansehen oft nicht ausreicht, um die besten Absichten durchzusetzen, und daß diese in der[251] Ausführung wohl gar in ihr Gegenteil umschlagen, sahen wir an einem andern Beispiel. In der trostlosen Armut an Talenten, besonders diplomatisch brauchbaren, hatte Tettenborn – denn der eigentliche Minister des Fachs kümmerte sich um diesen Mangel nicht – längst sein Augenmerk auf meinen Freund Friederich geworfen, der ihm durch mich näher bekannt geworden war. Er stellte dem Großherzog und den Ministern vor, daß es unverantwortlich sei, einen Mann von so guten Kenntnissen und von so gewandter, in beiden Sprachen geübten Feder ungenützt in untergeordneten Geschäften verkommen zu lassen; man müsse ihm eine Stellung geben, in der er stets zur Hand sei, zu schriftlichen Ausarbeitungen sowohl, die bald in ungewöhnlicher Zahl erfordert sein würden, als auch zu persönlichen Besprechungen und Verschickungen, für welche sein feines und taktvolles, aber auch kluges und festes Wesen ihn besonders empfehle. Niemand konnte widersprechen, der Vorschlag fand auch allgemeine Zustimmung, aber es war bemerkbar, daß Friederich wenig Freunde hatte; Berstett liebte den Mann nicht, der ihn übersah und beurteilen konnte, Reizenstein traute dem katholischen Pfälzer nicht, andere hatten andere Beweggründe. Doch wurde in der Sache etwas getan, Friederich sollte befördert werden. Unerwartet erfuhr er, daß er zum Geschäftsträger in der Schweiz ernannt sei. Nicht weniger war Tettenborn überrascht, eine solche Verschickung, die, an sich kaum nötig, für die großen Geschäfte, die vorlagen, nicht von geringstem Nutzen war, hatte er durchaus nicht beabsichtigt. Indes waren alle Schritte schon geschehen, sie rückgängig zu machen erschien überaus schwierig, für Friederich persönlich ergaben sich immer einige Vorteile dabei; genug, es behielt sein Bewenden bei der neuen Bestimmung, die nun als beschlossene doch wieder lange schweben blieb und zur Ungeduld reizte. Tettenborn ließ alles um so eher geschehen, als ihm der Großherzog schon vertraut hatte, daß er ihn nicht lange in Wien lassen, sondern baldigst nach Karlsruhe zurückrufen[252] wolle, um ihm die oberste Staatsleitung zu übertragen. Auf diese nahe Zukunft wurde dann auch Friederich von uns vertröstet, und er trat nach langem Warten seinen Posten in der Schweiz an. Nachher kam zwar alles anders, als man es damals voraussehen konnte, aber für Friederich nicht zum Schaden; der günstige Ruck hatte ihn aus dem Staube der Kanzleien auf die Bahn der eigentlichen Diplomatik gestoßen, in der er dann fortschritt, Gesandter in Wien und endlich am Bundestage wurde.


Der Kampf mit den kleinen Schwierigkeiten und Hemmnissen, Ränken und Listen, die in dem engern Hofkreise ihr freies Spiel hatten und nach deren Beseitigung dann immer noch die Unschlüssigkeit und das eigensinnige Hinzögern des Großherzogs zu überwinden war, brachte die Männer, denen die tätige Führung der Geschäfte oblag, öfters zur Verzweiflung. Nur Reizenstein, der alterfahrne, aller Mißbräuche dieses Hofs und Staates gewohnte und von ihnen nicht geirrte treue Diener des unter seinen Augen und nicht ohne seine Hülfe großgewordenen Fürstenhauses, war in seiner Standhaftigkeit nicht zu erschüttern. Da er nichts für sich wollte, keinen andern Ehrgeiz hatte, als zum Guten zu wirken, so war ihm alles, was ihn persönlich betraf, kaum beachtenswert. Wollte man seinen Rat, so gab er ihn nach seiner besten Überzeugung und blieb dabei stehen, mochte derselbe gefallen oder mißfallen. Ließ man ihn ungefragt, so wartete er geduldig ab, bis seine Zeit wiederkam, und konnte dann mit größerem Nachdruck seine unveränderte Meinung aufs neue vortragen. Ihm war es für seine Person gleichgültig und er fühlte sich nicht beschämt, wenn einmal acht Tage vergingen, in denen er nicht gerufen, ja, gar nicht vorgelassen wurde, er machte dann um so freier seine Spaziergänge weit ins Land hinaus, die er ohnehin nur ungern den Geschäften opferte. Berstett hingegen, dem es auch wohl widerfuhr, daß der Großherzog ihn längere Zeit gar nicht sehen mochte und jeden Vortrag von ihm anzunehmen immer[253] aufschob, konnte das Gefühl solcher Zurücksetzung nicht ertragen, glaubte sich dem Spotte des Hofes, der Gesandten bloßgestellt, sein ganzes Ansehen zerstört und wußte seines Mißmuts und seiner Zerknirschung nicht Maß noch Ziel.

Inzwischen hatte die bayerische Regierung die gleichen Ansichten gefaßt, und im Vorgefühl, daß die diplomatische Verhandlung für sich allein den gewünschten Erfolg nicht sichern dürfte, ging man mit Eifer ans Werk, die ganze Stellung durch das Gewicht einer Konstitution kräftig zu verstärken. Mit angestrengtem und lange mit Glück verheimlichtem Fleiße war in München eine bayerische Verfassung ausgearbeitet, nach kurzer Beratung unterzeichnet worden und trat um die Mitte des Juni plötzlich überraschend an das Licht des Tages. Allgemein war das Erstaunen, die Verwunderung; von München her hatte man ein solches Vorangehen am wenigsten erwartet, alles war wie geblendet von der neuen Erscheinung, durch die sich Bayern gleichsam an die Spitze von Deutschland stellte; erst jetzt schien ihm wahre Selbständigkeit erworben, neue Macht und Bedeutung verliehen. Triumphierend blickte man in München auf Baden herab, dem man in dieser Sache den Vorsprung glücklich abgewonnen, das man mit dem stärksten Schlage getroffen zu haben glaubte. Wirklich fühlten auch der Großherzog und seine Verwandten und Freunde sich wie betäubt, und die Stimmen der Feigheit und Nachgiebigkeit, die an solchem Hofe nie fehlen, wagten sich dreister hervor und rieten, vom Widerstand abzulassen, die Zukunft Badens der Entscheidung der Diplomatie anheimzustellen und sich darein zu ergeben, daß nur die alten badischen Lande der ohnehin schon nicht mehr ganz echten Dynastie verblieben. Die letztere Bezeichnung, wußte man wohl, schmeichelte mehr als sie verletzte; denn daß die ehemaligen Grafen von Hochberg künftig als vollberechtigte Erben das ganze Land beherrschen sollten, reizte den Stolz und Neid auch derer auf, die sie dazu berufen hatten; besonders[254] war der Markgräfinmutter alles willkommen, was jene Emporgehobenen wieder etwas herabdrückte. Aufs neue stand die badische Sache in gefährlicher Krisis. Allein Tettenborn und Reizenstein, verbunden in diesem Fall mit andern Getreuen, stellten sich mit aller Kraft den Einflüsterungen der Schwäche und des Verrats entgegen, und ihre Entschiedenheit behauptete das Feld. Sie sagten, der Vortritt Bayerns in Gewährung einer Verfassung sei für Baden kein Grund zur Entmutigung, sondern müsse zum Sporn dienen, Bayern nicht nur einzuholen, sondern sogar zu überflügeln; Bayern habe gezeigt, welchen Weg es für den richtigen halte, denselben Weg müsse auch Baden gehen, und zwar nicht nur entschlossen und schnell, sondern auch mit stärkeren Schritten; gewähre die bayerische Verfassung dem Volke bedeutende Rechte, so müsse die badische noch mehr gewähren, und das könne man mit gutem Gewissen; denn die bayerische stehe noch weit hinter dem Maße der Freiheit zurück, das selbst der russische Kaiser für Polen zweckmäßig erachtet habe.

Freilich konnte die bayerische Verfassung in keiner Beziehung als ein Muster gelten. Sie gewährte Rechte genug, aber in einer abgeschmackten Weise; sie ermangelte einfacher Grundzüge, alles war in ihr kleinlich zugeschnitten, kümmerlich bedingt, ängstlich beschränkt; sie gab eine Masse von gesetzlichen Bestimmungen, die nur zu lesen schon peinlich war; keine Begeisterung konnte an ihr haften, keine Hoffnung als die, daß die berufenen Stände selbst ihr bald eine bessere, mit den Ansprüchen des Zeitgeistes übereinstimmendere Gestalt geben würden. Der Jubel in Bayern selbst, wo man die Sache näher ins Auge faßte, war daher auch geringer als außerhalb, wo die große Tatsache, daß Bayern konstitutionell geworden, allein in Betracht kam und wirkte. Selbst dem Könige von Württemberg, der seinem Volke schon eine weit freisinnigere, gediegnere Verfassung darbot und deren Zustandekommen eifrig betrieb, so daß die bayerische gegen sie bald in Schatten stehen[255] mußte, war es doch höchst ungelegen und verdrießlich, daß Bayern ihm zuvorgekommen; er verhehlte seinen Unmut nicht und meinte, man hätte an der Isar wohl warten können, bis am Neckar das Werk fertig geworden, das jetzt durch die nachbarliche Voreiligkeit nur gestört und erschwert werde. Aus gleichem Grunde sah er auch Baden in dieser Hinsicht lieber noch zögern als eilen und wünschte, daß hier, wo man auf seine guten Dienste rechnete, auch seine besondere Lage berücksichtigt würde. Seine Aufgabe war allerdings eine weit schwierigere; denn während Bayern und Baden ohne Hindernis nur zu oktroyieren brauchten, was jedenfalls dankbar anzunehmen war, mußte er mit schon vorhandenen streitfertigen Ständen alles auf dem Wege des Vertrags erlangen. Um von württembergischer Seite nicht auch noch Einflüsse zu erfahren, die von den offnen und heimlichen Gegnern aller Verfassung benutzt werden könnten, sie mit neuen Gründen zu verzögern, so ließ Tettenborn gegen Ende des Juni sich mit einer Sendung nach Stuttgart beauftragen, um alles Nötige mit dem Könige zu besprechen; was denn aber doch nicht verhindern konnte, daß die Gebietssache, für die der König alles zu tun versprach, in den Vordergrund gestellt blieb und die Verfassungsfrage, die der König ungern beeilt sah, fürerst nur in weitere Überlegung genommen wurde.


Mittlerweile hatte der Großherzog, teils auf Anraten der Ärzte, teils aus andern Gründen, die in solchen Fällen oft seltsamer Art waren, sich von Baden nach dem höher im Schwarzwald gelegenen Rippoldsau begeben, wo ein Sauerbrunnen ihn erfrischen sollte. Die Minister besuchten ihn ab und zu, auch Tettenborn nach seiner Rückkehr von Stuttgart. Die Geschäfte gingen nicht nach Wunsch, blieben aber doch nicht ganz liegen. Für die Gesandten wurden neue Anleitungen, für die großen Höfe nachdrückliche Denkschriften ausgearbeitet und auch andere Mittel in Bewegung gesetzt, um die bayerischen Anschläge zu entdecken und[256] ihnen entgegenzuwirken. Baden selbst bot zu beidem manche Gelegenheit. Der Herzog von Leuchtenberg, Eugen Beauharnais, hatte sich eingefunden, um die Kur zu gebrauchen; er bewohnte das schöne Haus des Herrn von Ende und bezeigte sogar Neigung, es zu kaufen. Von jenseits des Rheins und aus der Schweiz kamen viele Franzosen, die dem Stiefsohn ihres gewesenen Kaisers huldigten; es wurde da manches gesprochen und verhandelt, was den Badenern nicht verschwiegen blieb. Man erfuhr zum Beispiel, daß der Kaiser Alexander dem Herzog das Versprechen gegeben haben sollte, dahin zu wirken, daß die Rheinpfalz, wenn sie, der bestehenden Abrede gemäß, an Bayern fiele, ihm als souveränes Fürstentum erteilt würde. Man sah daraus, daß die Gesinnungen des Kaisers in betreff Badens noch gar nicht vorteilhaft standen. Überhaupt war in Baden bei dem sich stets mehrenden Zudrang von Fremden ein lebhafter Verkehr, und es durchkreuzten sich allerlei Betreibungen. Zahlreiche diplomatische Personen von Karlsruhe, Stuttgart, München, Frankfurt und andern Orten benutzten die Heilquellen oder gingen ab und zu. Der berühmte Las Cases, nachdem er St. Helena hatte verlassen müssen, fand sich ein, um seine zerrüttete Gesundheit zu pflegen; wir lernten ihn und seinen Sohn Emanuel bald näher kennen und gewannen sehr das Vertrauen des letztern. Die Familie Tastet aus Straßburg mit ihren liebenswürdigen Töchtern hegte ganz den edlen Freiheitssinn aus der früheren Revolutionszeit, der sich jetzt mit Anhänglichkeit für Bonaparte ziemlich vertrug, da man wider den gemeinschaftlichen Feind, die Ultras der Restauration, sich zu verbünden hatte. Eine Gräfin Lagorce, früher sehr im Vertrauen der Kaiserin Josephine und jetzt noch in dem des Herzogs von Leuchtenberg, machte aus gleichem Grunde gemeinschaftliche Sache mit den Liberalen. Wir legten uns keinen Zwang auf und hatten, wie Tettenborn, Philipsborn und Lindner, vielen und vertraulichen Umgang mit diesen ganz oder halb Geächteten, obschon der französische Gesandte Graf von[257] Montlezun bisweilen schiefe Gesichter deshalb machte. Andererseits sahen wir täglich die Gräfin Festetics aus Ungarn, die Mutter jener durch Schönheit und Frömmigkeit ausgezeichneten Gräfin Julie Zichy, die im Wiener Kongreß die Verehrung des Königs von Preußen auf sich gezogen hatte, mit welchem die Mutter auch jetzt noch freundliche Beziehungen unterhielt. Dagegen mieden wir eine Gräfin von Wald burg-Truchseß, geborne Fürstin von Hohenzollern-Hechingen, die einst Oberhofmeisterin am Hofe des Königs Hieronymus von Westfalen gewesen und jetzt die preußische Gesandtin zu Turin war. Wir kannten sie schon aus früherer Zeit von Teplitz her, wo ihr Wesen uns nicht angezogen hatte; hier aber, wiewohl wir sonst die Anhänglichkeit an Bonaparte, den jetzt Unmächtigen, ganz gut vertrugen, mußte uns von einer preußischen Landsmännin die Art verletzen, wie sie ihre Gesinnung aussprach; den 18. Juni, an welchem die Preußen bei Belle-Alliance siegten, erklärte sie für einen Trauertag, sprach von Napoleon als von dem teuern geliebten Kaiser und anderes dergleichen, worüber der französische Gesandte, dem es zu Ohren kam, bittere Klage bei mir führte. In Berlin wollte man es nicht glauben, schon um es nicht rügen zu müssen, da sie dort wegen ihrer Geburt und ihrer heftigen Tätigkeit ebenso angesehen als gefürchtet war.

Jedes Jahr pflegte der König von Bayern auf einige Wochen nach Baden zu kommen, wo er ein eignes Haus besaß und als ein willkommener Stammgast angesehen wurde. Bei der eingetretenen politischen Spannung und besonders nach den persönlichen Reizungen, die mit den gewechselten Briefen verbunden waren, glaubte man, der König werde für dieses Jahr Baden unbesucht lassen, da es ihm selbst nicht angenehm sein könne, in einem Lande zu sein, wo er für den Augenblick als Feind angesehen wurde und sich vielleicht widrigen Begegnissen aussetzte; noch weniger könne er wünschen, mit seinem Schwager, dem Großherzog, zusammenzutreffen; denn daß dieser nach Rippoldsau gehen[258] würde, war noch nicht bekannt. Aber der König wollte sich keinen Zwang antun und die Gewohnheit, vier Wochen seines Sommers in Baden versorgt zu wissen, nicht aufgeben. Man hörte von München her, daß er zur gewöhnlichen Zeit kommen werde, und in Baden, daß in seinem Hause die nötigen Vorbereitungen getroffen seien. Der Großherzog war empört über diese Nachricht, nannte es eine Frechheit, daß sein Schwager ihm jetzt vor Augen treten wolle, ihn im eignen Lande nicht ruhig atmen lasse; es sei ein Hohn, daß der Räuber, der Anwarter auf den Tod seines Verwandten, mit eignen Augen zusehen komme, wie lange sein Opfer wohl noch leben könne. Auch die großherzogliche Familie fand es sehr ungeschickt und unziemlich, daß der König unter diesen Umständen doch kommen wolle, und die Markgräfinmutter riet in der Stille nachdrücklich davon ab. Allein Max Joseph achtete nicht darauf, sondern kam. Doch hatte der Großherzog, der schon vorher weggezogen war, ihm eine besondere Überraschung hinterlassen. An dem Tage, an welchem der König eintraf, verließen alle badischen Hof- und Staatsdiener, vornehme und geringe, plötzlich den Ort. Diese allgemeine Flucht war Folge eines strengen Befehls, den der Großherzog diesmal, gereizt wie er war, ohne Zögern und mit Lust erteilt und zu welchem vorzüglich Tettenborn geraten hatte, der in jeder kleinsten Kraftäußerung des Großherzogs einen Gewinn sah, der zu weiteren Handlungen stärkte. Nun hätte freilich der König aus dieser im Grunde doch nur wesenlosen Maßregel sich nichts zu machen brauchen und seinen Tag in gewohnten Gängen und Späßen behaglich hinleben können; allein sie war auf seinen Charakter gut berechnet, er fühlte sich furchtbar von ihr getroffen. Die Zahl jener Badener war sehr bedeutend, es fanden sich unter ihnen manche Personen, die der König gern sah, deren Gesellschaft ihn unterhielt. Die plötzliche Leere um ihn her, die sein geringes Gefolge nicht verdecken und der Zudrang lästiger Unbekannten nicht ausfüllen konnte, war ihm entsetzlich; sich so gemieden zu sehen[259] war ihm eine Kränkung, wie er noch keine erlebt hatte, in die er sich gar nicht finden konnte. Wohl gab er sich alle Mühe, sein Unbehagen zu verbergen, lustig und gemütlich zu scheinen, aber es gelang ihm nicht; man sah den Verdruß ihm auf das Gesicht geschrieben und in seinem ganzen Benehmen einen trüben Mißmut, der immer geneigt schien, in bittre Klagen auszubrechen; auch schüttete er diese wirklich in den Busen der Madame Bourbon, einer Modehändlerin aus Straßburg, die er gut kannte, mit hingebendem Vertrauen aus, welches die Freundin zu ehrenvoll fand, als daß sie es nicht eifrigst zur allgemeinen Kenntnis gebracht hätte, was denn für die Lach- und Spottlustigen gute Nahrung gab. Auch die in Karlsruhe ansässigen Gesandten machten ihm zwar ihre Aufwartung, blieben aber nicht in Baden, sondern kehrten nach Karlsruhe zurück; es wurde dies für eine Schicklichkeit gerechnet, die man dem Großherzog schuldig sei. Daß ich allein den Aufenthalt in Baden fortsetzte, fiel ungemein auf und wurde mir bayerischerseits im Anfange hoch angerechnet, bis man merkte, daß es badischerseits gar nicht übelgenommen wurde; selbst in Berlin meinte man, ich hätte aus schuldiger Rücksicht für den Hof, bei dem ich beglaubigt sei, mit diesem zugleich Baden verlassen sollen und der Großherzog könnte sich über mein Benehmen mit Recht beklagen; ich konnte diese Besorgnis mit Lächeln lesen und dem Ministerium verbürgen, von dieser Seite werde keine Beschwerde kommen; ich durfte fürchten, daß mir in Berlin zu viel Eifer für Baden vorgeworfen würde, die entgegengesetzte Rüge konnte mir nur erwünscht sein.

In der großherzoglichen Familie war doch nicht aller Verkehr mit der bayerischen abgebrochen. Die Prinzessin Amélie kam sogar auf längeren Besuch ihrer Schwester, der Königin, nach Baden, und der Herzog von Leuchtenberg hatte eine Zusammenkunft mit der Großherzogin Stephanie in dem kleinen Badeort, die Hub genannt. Die Familienangelegenheiten kamen bei solchen Anlässen wohl zur Sprache, aber nicht die politischen. Der bevorstehende Aachener Kongreß[260] mußte die letztern zur Entscheidung führen, wegen deren Ausfall man noch keine Gewißheit hatte; aber zugleich drohte eine andere Krisis, denn der Zustand des Großherzogs war seit kurzem bedenklich verschlimmert, und sein Tod konnte noch vor den Verhandlungen oder während derselben eintreten; dies würde für Baden in allen Beziehungen ein tief verwirrendes Unglück gewesen sein. Die untergeordneten Mißhelligkeiten und Sonderabsichten schwiegen bei dieser Gefahr eine Weile, und alle Sorgen und Vorschläge hatten nur die Erhaltung des Großherzogs zum Zweck. Die Königin von Bayern wünschte sehnlichst ihren Bruder zu sprechen, der aber unterdessen von Rippoldsau in das entlegenere und noch einsamere Bad Griesbach gezogen war. Der König selbst war betroffen über die Nachrichten, die von dort eingingen und die er so schlimm nie vermutet hatte. Wäre es auf ihn allein angekommen, so hätte er wohl allen Ansprüchen, die Bayern auf badische Lande machte, augenblicklich entsagt; denn er war leicht gerührt und in hohem Grade gutmütig; doch er war längst gewohnt, seinen unmittelbaren Antrieben nur in kleinen Dingen, in politischen aber seinen Ministern zu folgen. Dem Herzog von Leuchtenberg war nur an dem Wohlergehen der Großherzogin Stephanie gelegen, ihretwegen bezeigte er auch für ihren Gemahl lebhafte Teilnahme. Dieselbe Triebfeder wirkte bei den meisten Franzosen ein, die nach Baden kamen, unter welchen Lavalette, Felix Desportes, General Rapp und besonders Bignon zu nennen sind, welcher letztere in früherer Zeit Gesandter Napoleons in Karlsruhe gewesen war und jetzt der badischen Sache durch seine Feder eine gewichtige Unterstützung bot.

Nachdem der König von Bayern seine Kur etwas früher als gewöhnlich beendigt und Baden verlassen hatte, kamen aus Karlsruhe und andern Orten viele der Geflohenen wieder zurück; auch die Markgräfinmutter, bei der die Königin noch kurze Zeit verweilte, bezog dort ihre Sommerwohnung. Sie besuchte ihren Sohn in Griesbach und kam tief erschüttert[261] zurück. Ehe sie Baden ganz verließ, durfte auch die Königin von Bayern dort ihren Bruder noch wiedersehen.

Kurz vorher war unerwartet Tettenborn von Griesbach angelangt und machte mir geheime Eröffnungen von größter Wichtigkeit. Der Großherzog befand sich wirklich im kläglichsten Zustande; seine Krankheitszufälle waren heftiger geworden, eine völlige Erschlaffung ließ das Schlimmste fürchten. Seine Leibärzte zuckten die Achseln, der russische Leibarzt von Rehmann hielt ihn für verloren, die Umgebung war trostlos. Es waren Vorschläge zu einer Reise nach dem Süden, zu einer Brunnenkur in Pyrmont gemacht worden; sie blieben alle schwebend, weder bejaht noch verneint. Dem Kranken durfte man nicht sagen, wie schlecht es um ihn stand; aber daß er nicht lange leben könne, daß er Gift bekommen habe, wiederholte er selbst öfters unter jammervollen Ausrufungen. Er schleppte seine Tage hin, mochte nicht ins Freie, kaum aus einem Zimmer ins andere. Seine Untätigkeit war qualvoll, die Geschäfte ruhten ganz und gar. Er beharrte noch mit Nachdruck in seiner Verneinung, wollte in keine Gebietsabtretung, in keine, wenn auch erst nach seinem Ableben auszuführende Teilung seines Landes willigen, aber tun wollte er durchaus nichts. Er mochte gutheißen, was man ihm vorschlug, seine zur Ausführung erforderlichen Befehle, seine Namensunterschrift waren oft nur mit den schwierigsten Künsten zu erlangen. Gleichwohl durfte keine Zeit verloren werden; der Kongreß von Aachen stand nahe bevor, und das Schicksal Badens mußte zur Entscheidung kommen. In dieser Not hatten Reizenstein und Tettenborn, denen Berstett und die andern Minister zustimmten, mit der Großherzogin Stephanie nach ernstlicher Überlegung beschlossen, mit vereinigten Kräften auf den Großherzog und für ihn zu wirken, da er fast als gemütskrank anzusehen war. Die Fürsorge sollte in doppelter Richtung tätig sein: zuerst für ihn persönlich, es mußte alles aufgeboten und versucht werden, um, sofern solche noch möglich, seine Heilung zu erwirken, wenigstens der schnellen[262] Verschlimmerung Einhalt zu tun. Dann waren für das Land kräftige Maßregeln zu nehmen, die man von dem Leidenden, bei welchem das Zureden der einzelnen nichts ausrichtete, durch vereintes Bestürmen ertrotzen mußte. Vor allem sollte die Verfassung schleunig ausgearbeitet und verkündet werden; denn dies galt als das Unerläßlichste und Heilsamste, nichts schien das bedrohte Land fester zusammenzuhalten und gegen Eingriffe von außen schützen zu können; sodann mußten die diplomatischen Arbeiten, die sich jetzt häuften und oft wochenlang unverantwortlich liegenblieben, nicht die geringste Verzögerung mehr erfahren. Diese beiden Dinge hoffte man durchzusetzen. Zweifelhafter jedoch erschien der Erfolg, ihn persönlich aus dem jetzigen Zustande zu reißen. Hiezu bedurfte es kluger List und besonderer Anstalten, zu denen ich behülflich sein sollte. Es stand fest, daß die bisherigen Ärzte des Großherzogs weder mit seiner Krankheit noch mit ihm selbst mehr fertig wurden; er hatte kein Vertrauen, sie kein Ansehen mehr. Ein fremder Arzt von großem Namen mußte berufen werden, der dem Kranken mit gebietendem Ernst gegenüberstünde. Doch gerade dies war nicht leicht zu erlangen. Nie würde der Großherzog dazu seine Einwilligung gegeben, nie den gerufenen Arzt vorgelassen haben. Daher wurde beschlossen, die Sache ohne sein Wissen auszuführen und den Leibarzt des Königs von Preußen, den berühmten Hufeland, herbeizurufen. Derselbe sollte als Reisender wie zufällig in Baden eintreffen, ich mit ihm über den Großherzog sprechen und plötzlich den Gedanken fassen: dieser Mann könne dem Kranken Hülfe bringen, und dann selbst nach Griesbach eilen, um darauf zu dringen, daß ein so glücklicher Zufall nicht unbenutzt bliebe. In dieses persönliche Geheimnis waren außer der Großherzogin und Tettenborn nur noch die Markgräfinmutter eingeweiht, die unter großer Aufregung und vielen Tränen ihre eifrigste Mitwirkung zusagte. Das Schreiben an Hufeland wurde schnell aufgesetzt und abgeschickt, ich begleitete dasselbe mit dem nötigen Bericht.[263]

Die Verfassungsarbeiten kamen nun auch in Gang. Ein Ausschuß wurde beauftragt, in welchem Reizenstein, Tettenborn, Berstett, der Staatsrat von Sensburg, besonders aber Nebenius, tätig waren; es wurden aber auch noch andere Personen gehört, wenigstens waren sie nicht abzuweisen. Berstett wußte in diesen Sachen nicht viel, er stimmte nach Belieben bald mit dem einen, bald mit dem andern. Ein Gegner aller Verfassung war Sensburg, er bestritt heftig jeden freisinnigen Antrag und drang auf möglichste Beschränkung, wobei er gewiß zu sein schien, daß der Großherzog und das ganze regierende Haus ihm innerlich beistimmten. Tettenborn war durchaus für die weitesten Gewährungen und machte hauptsächlich den Grund geltend, daß Baden die öffentliche Meinung für sich gewinnen und besonders mehr tun müsse als Bayern getan. Reizenstein war hiemit einverstanden, jedoch aus Gewöhnung, in kleinen und engen Staatsverhältnissen zu wirken, hatte er doch allerlei Bedenken, die hin und wieder das schon Gewährte wieder verengten. Ihm schloß Nebenius sich an, der, obwohl jünger und freisinniger, doch auf ihn das meiste Vertrauen setzte und in ihm nicht nur den erfahrenen, rechtschaffenen, sondern auch den altbadischen Staatsmann verehrte, während die übrigen mehr oder minder Neulinge waren und dem Land und Hause nicht so fest angehörig schienen. Auf Nebenius ruhte das ganze Gewicht des Werkes; er führte die Feder, ordnete den Ausdruck der oft sehr verworrenen Meinungen, stellte die Ergebnisse zusammen und redigierte zuletzt die Verfassungsurkunde selbst. Sie hatte Mängel und Auswüchse, gab indes im Durchschnitt das Maß des damals Möglichen. Der Vorschlag, statt zweier Kammern nur eine Versammlung zu bilden, stieß auf unbesiegbaren Widerspruch. Ebenso war eine größere Beschränkung der standes-und grundherrlichen Rechte, die den Landmann schwer drückten, nicht durchzusetzen.

Ich durfte mir sagen, bei dieser Verfassungsangelegenheit nach Kräften mitgewirkt zu haben. Durch Tettenborn[264] war ich in ihr gleichsam vertreten, und auch außerdem hatte ich manchen Beitrag zu dem Werke durch gelegentliche, an gutem Ort gemachte Äußerungen geliefert. Aber mir war beschieden, ungenannt und still auch für die württembergische Verfassung heilsam tätig zu sein. Der König hatte den besten Willen, zeigte die freisinnigste Nachgiebigkeit, allein die Sachen waren schlimm verfahren und ließen kein Gedeihen absehen. Die mediatisierten Fürsten und Grafen, verstärkt durch den ritterlichen Adel, und die Altwürttemberger, welche an dem urkundlichen alten Recht eigensinnig festhielten, standen der Regierung in vereintem Widerspruch entgegen. Die Verbindung war unnatürlich, denn die Vornehmen und die schlichten Bürger wollten sehr Verschiedenes: was jene erstrebten, möglichste Rückkehr in die frühere Stellung, konnte diesen nichts helfen; was diese forderten, das alte Recht, konnten jene nicht gebrauchen. Ich kannte die Parteien, war mit einzelnen Gliedern in naher Beziehung, ich sah, daß auf diesem Wege nicht zum Ziel zu gelangen war. Ich riet daher dem Könige, für seine guten Absichten neue Stützpunkte zu nehmen. Die Altwürttemberger waren beschränkt und störrisch in ihren politischen Begriffen, verlangten die für das zusammengesetzte Königreich nicht mehr anwendbaren Satzungen des kleinen Herzogtums, sie hatten sich im heftigen Streit gegen die Regierung ganz verbittert, eine Aussöhnung schien kaum möglich. Aber sie waren die ehrlichsten, rechtschaffensten Männer, sie hatten das urkundliche Recht für sich, sie hegten keine Nebenabsichten, sie waren der Kern des Landes. Mit ihnen sollte der König sich einlassen, durch ihre Hülfe sein Werk ausführen. Der König sah die Richtigkeit meines Rates sogleich ein und folgte ihm ganz. Zwar fühlten Wangenheim, Cotta und andere, die bisher auf seiten der Regierung gegen jene gestritten und manche Unbill erduldet hatten, sich von der neuen Wendung schmerzlich berührt, und mir tat es leid, ihnen, die ich meine Freunde nennen durfte, dies zuzufügen, aber sie dachten zu edel und vaterländisch, um nicht gern[265] dem Gemeinbesten des Landes jedes persönliche Opfer zu bringen. Mit den Führern der Volkspartei war eine Annäherung gleich gefunden, das leiseste Entgegenkommen gewann sie leicht; was konnte damals ein deutscher Fürst, der es redlich meinte, nicht alles mit dem stets vertrauenvollen, stets willigen Volk anfangen! Der falsche Zusammenhang der Altwürttemberger mit dem Adel wurde gelöst, die Verhandlungen lenkten in eine bessere Bahn ein und gewannen heitrere Aussichten. Zwar erfolgte der Abschluß erst lange nachher, denn noch viele Schwierigkeiten blieben zu überwinden, noch mancher Eigensinn machte sich geltend, und die Geduld des Königs hatte noch manche Probe zu bestehen; allein der gewählte Weg wurde nicht mehr verlassen und bewährte sich durchgängig als der rechte, der zuletzt das ersehnte Ziel glücklich erreichte.


In Berlin ging mittlerweile eine Veränderung vor, die für die politischen Angelegenheiten überhaupt, insbesondere für die preußische Diplomatie, von äußerster Wichtigkeit war. Der Staatskanzler hatte seit dem Kriege die auswärtigen Verhandlungen selbst geleitet, das einzelne der Geschäfte jedoch meist dem Geheimen Rat von Jordan überlassen. Dieser, nach Amt und Fähigkeit allerdings untergeordnet, bekam durch seine Stellung etwas von dem Ansehen eines Ministers und machte dasselbe in manchen Fällen geltend, was sowohl nach innen als auch nach außen öfteren Anlaß zu Verdrießlichkeiten gab. Dem Könige war dergleichen sehr unangenehm, und da die höhere Hof- und Staatswelt, mit wenigen Ausnahmen, ohnehin gegen Hardenberg feindlich und im stillen tätig war, ihn zu stürzen oder doch zu beengen, so fehlte es nicht an Bemerkungen, wie sehr der Staatskanzler überladen sei, daß sein Alter Erleichterung bedürfe, daß Jordan weder den Rang noch das Benehmen habe, um für sämtliche Gesandte die erste Behörde vorzustellen, daß die Würde der Krone vielmehr erfordre, einen wirklichen Minister der Auswärtigen Angelegenheiten zu[266] haben. Dem Könige leuchtete das völlig ein; die Schwierigkeit war nur, dies ohne Kränkung und selbst mit Zustimmung Hardenbergs ins Werk zu setzen. Durch die öffentliche Meinung war Wilhelm von Humboldt längst für diesen Platz bezeichnet, aber dem Könige nicht angenehm, der Hofpartei verhaßt, war er überdies mit Hardenberg etwas zerfallen, und der Vorschlag wäre jetzt eine Beleidigung für diesen gewesen. Von ihm konnte daher die Rede nicht sein. Zwar gab es Liebhaber genug, der ehemalige Staatsminister von Brockhausen, der Finanzminister Graf von Bülow, sogar der alte Haugwitz wurde genannt, aber keiner hatte Gunst genug, Eifersucht und Mißtrauen traten jedem in den Weg; lieber als einen Einheimischen wollte man einen Fremden auf jenem wichtigen und glänzenden Posten sehen. Der dänische Gesandte Graf Christian von Bernstorff kam in Vorschlag, fand sogleich allseitige Genehmigung, und man begann mit ihm zu unterhandeln. Hardenberg empfing die erste Nachricht von dem Vorhaben im Auftrage des Königs durch den Fürsten von Wittgenstein. Er war überrascht, schwieg einen Augenblick, sagte dann aber fest und bestimmt, die Sache selber sei vollkommen zweckmäßig, die getroffene Wahl vortrefflich, sie habe seinen vollen Beifall. Gegen Bernstorffs Charakter und Fähigkeit war in der Tat nichts einzuwenden; er war eine edle würdige Gestalt, sein Benehmen vornehm, sein Geist gebildet, er besaß große Geschäftserfahrung, mannigfache Kenntnisse. Aber mehr als alles andere empfahl ihn der Ruf, daß er ein vollkommener Aristokrat und nebenher ein gläubiger Christ sei; man rühmte die auserlesene Gesellschaft, die er bei sich sah, die Anmut, mit der seine schöne Frau dem Hause vorstand. Wie schmeichelhaft auch der Antrag sein mochte, wie versprechend für die Zukunft, so scheute er doch anfangs, die große Last, die damit verbunden war, auf sich zu nehmen sowie den Neid und Haß, die sich unfehlbar an ihn heften würden. Allein man drängte ihn zum Entschluß, man machte in Kopenhagen Eröffnungen, die diesen schon als gefaßt vorstellten,[267] und sein dänischer Abschied war fast eher als sein preußischer Eintritt entschieden. Daß die Sache ohne Beispiel, daß es eine Schande für den Staat war, seinen ersten Minister aus den fremden Diplomaten zu wählen, einen Mann, der, bei allen sonstigen Vorzügen, doch den Nachteil hatte, kein Preuße zu sein, und der, um es zu werden, nun plötzlich Bewußtsein, Sinn, Eifer und Zuneigung völlig umwandeln sollte, kam nicht in Betracht.

Bisher war vielerlei versucht worden, um die Gesandtschaft Tettenborns nach Wien zu hintertreiben. Zwar wünschten manche Personen sehnlichst, ihn vom Großherzog zu entfernen, und auch sein Freund Berstett konnte diesen Wunsch nicht ganz unterdrücken; denn das Ansehen Tettenborns, der ihn doch hauptsächlich gefördert und gehalten, wurde ihm lästig, sobald er einen Augenblick glaubte, dessen entbehren zu können. Allein manchen Gegnern schien seine Entfernung von Karlsruhe durch jenen glänzenden und wichtigen Posten doch zu teuer erkauft. Man sparte keine Ränke, seiner Annahme in Wien Schwierigkeiten zu erwecken, wozu die bayerischen Einflüsse sich trefflich benutzen ließen. Es wurde vorgestellt, daß es mißlich und kaum üblich sei, jemanden als Gesandten dahin zu schicken, wo er früher in Diensten gestanden, daß Tettenborn diese verlassen, um in die damals feindlichen russischen überzugehen, und wenn auch bald nachher Rußland und Österreich sich befreundet hätten, so bliebe doch dem letztern gerechter Grund, einem Offizier zu grollen, der so vorauseilend dem eignen Kopfe gefolgt. Am stärksten aber machte man die Übelstände geltend, die in seiner Verheiratung liegen sollten; seine Gattin habe vorher eine frühere Ehe durch Scheidung lösen und, um diese möglich zu machen, den katholischen Glauben mit dem protestantischen wechseln müssen; besonders das letztere mußte den Augen des Kaisers und der Kaiserin ein unverzeihliches Vergehen dünken. Dergleichen Einflüsterungen blieben in der Tat nicht ohne Wirkung, besonders bei der Kaiserin, die als Prinzessin von Bayern schon in München[268] an jenen Vorgängen ein Ärgernis genommen hatte. Der Kaiser zögerte, sich zu erklären, und es wurde schon zweifelhaft, ob die Sendung stattfinden könnte. Doch hatte Tettenborn in Wien einen zu guten Namen und zu günstige Verbindungen, als daß man ihm den Schimpf einer Abweisung hätte antun mögen; besonders war der Fürst von Metternich, der immer den Kriegsmann in ihm hochgeschätzt und ihm in Geschäften ein nie getäuschtes Vertrauen geschenkt hatte, sein eifriger Fürsprecher; die Annahme erfolgte in schmeichelhafter Weise, und zugleich wurde Tettenborn zu einer Zusammenkunft auf den Johannisberg eingeladen, wo der Fürst nächstens eintreffen wollte.

Nun war in Baden das Ansehen Tettenborns für längere Zeit neu befestigt, und er beschloß, dasselbe mit allem Eifer zum Nutzen des Landes und des Großherzogs tätig zu verwenden. Das erste und wichtigste war die Verfassung, ohne diese Grundlage fehlte jeder feste Boden; als Richtschnur und Schranke war sie dem schwankenden, bald zurückhaltenden, bald übergreifenden Wesen des Großherzogs so nötig als heilsam; die Hochberge sahen in ihr die Bekräftigung ihres neuen Standes; selbst für die Gebietsfrage mußten die Minister sie zu Hülfe nehmen, denn nicht nur in der öffentlichen Meinung, sondern auch bei dem Kaiser von Rußland galt damals keine größere Empfehlung als das Eingehen in freisinnige Staatsformen. Die Beratungen waren ziemlich vorgerückt; es kam nur darauf an, rasch alles zum Abschluß zu bringen und zu veröffentlichen. Neue Schwierigkeiten und Stockungen, die man sich kaum erklären konnte und wegen deren man später die Markgräfinmutter in Verdacht hatte, mußten überwältigt werden. Ich war bemüht gewesen, durch eine nachdrückliche Denkschrift, von welcher Tettenborn angemessenen Gebrauch machte, auf den Großherzog einzuwirken und ihn zum Entschluß zu bringen. Eine Depesche von Berlin, in welcher der zeitige Vorstand des noch verwaisten Ministeriums, wohl ohne bewußte Absicht und mehr, um doch etwas zu sagen, die bedeutende Mahnung[269] aussprach, Baden habe vor allem seine Verfassung zu fördern, ließ sich vortrefflich benutzen und wirkte weit über ihren Sinn hinaus; denn wenn auch Hardenberg den festen Vorsatz hatte, Preußen zu einem Verfassungsstaat zu erheben, und ihm viele der würdigsten und edelsten hohen Staatsbeamten beistimmten, so war doch die mächtige Hofpartei diesem Vorhaben entschieden feindlich, und jene Mahnung konnte nur einer untergeordneten Feder entschlüpft sein; der Graf von Lottum, damals noch entfernt von seiner nachherigen einflußreichen Stellung, konnte später selbst nicht begreifen, wie er so etwas habe unterschreiben können! Uns aber war es sehr willkommen, dergleichen aufweisen zu dürfen; wo die Regierung keinen bestimmten oder gar zwiespaltigen Willen hatte, mußte es wohl erlaubt sein, nach eigner Überzeugung ihr den bessern unterzulegen und zu verwenden, ihr selbst zu Heil und Ehren! Hiemit verband sich aufs günstigste die Nachricht, daß der König von Preußen bei seiner Anwesenheit in St. Petersburg dem Kaiser die badische Sache warm empfohlen habe; man fand sich von Preußen beschützt und angetrieben, man konnte nicht anders als ihm Folge leisten.

Am 18. August kamen Tettenborn und Berstett aus Griesbach zu mir nach Baden; ein untergeordnetes, doch dringendes Geschäft gab dazu den Vorwand, und die ganze Lage der Dinge, besonders aber die Verfassung und was etwa noch in dem Entwurfe vor der Unterzeichnung zu ändern sein möchte, wurde nochmals gründlich durchgesprochen. Vieles war nicht nach meinem Sinn; zum Besten der Sache und auch besonders des Großherzogs hätte ich manche Änderung vorschlagen mögen; allein ich fühlte, daß neue Vorschläge und Bedenken hier leicht das Ganze gefährden könnten. Mit allen Mängeln, die sie in mei nen Augen hatte, war sie doch immer die freisinnigste aller deutschen Verfassungen, die an Lebenskeimen reichste, die an Triebkraft stärkste. Wiewohl abgesagter Gegner aller Pairs- und Adelskammern, durfte ich sogar als Aushülfe für den Augenblick[270] zweckmäßig finden, daß die Standesherren und Junker hier in eine erste Kammer gleichsam eingeschlossen wurden, damit sie nicht in der zweiten, der eigentlichen Volksvertretung, schädlich würden. Dieselben Gründe fand ich dreißig Jahre später, als der Vereinigte Landtag in Preußen berufen werden sollte, noch in voller Gültigkeit, und der sogenannte Herrenstand, ein kläglicher Versuch einer kläglichen Pairie, wenn er einmal nicht ganz wegfallen durfte, wäre wenigstens von den gewählten Abgeordneten streng abzusondern gewesen. Doch diese allgemeinen Gegenstände sowie der Inhalt und die Kritik der badischen Verfassung finden andern Ortes ihre geeignete Stelle, hier kann das Angedeutete genügen, um einen Begriff zu geben, wie heiß und mühevoll es war, aus so vielen Rücksichten und Widersprüchen sich ins Freie hinauszuarbeiten. Die beiden Herren kehrten am folgenden Tage nach Griesbach zurück, durchdrungen von der Notwendigkeit, daß jetzt der Zeitpunkt gekommen sei, wo das letzte Werk sich entscheiden müsse. Ihre vereinten Vorstellungen hatten endlich Erfolg: der Großherzog unterschrieb am 22. August die Verfassungsurkunde und befahl ihre Verkündigung durch das Staats- und Regierungsblatt.

Für die gesellige Unterhaltung gleicherweise wie für die politische Tätigkeit lieferten auch die Erzeugnisse der Presse einen unversiegbaren und mehrenteils geistbelebten Stoff. Die Betrachtungen der Frau von Staël über die Französische Revolution waren im Druck erschienen, und Freund und Feind beeiferten sich, das Buch zu lesen; ein allgemein bekannter literarischer Name gewährt den Vorteil, daß eine große weitverbreitete Menge, und in ihr auch solche Personen, die durch die Sache allein nicht angezogen würden, gleichzeitig dasselbe Buch lesen muß und dadurch der Inhalt wahrhaft zur Sprache kommt. Das genannte Werk der Frau von Staël stellt die Französische Revolution aus dem scharf begrenzten Standpunkt einer Tochter Neckers dar und wimmelt von falschen Auffassungen, grundlosen[271] Annahmen, irrigen Verknüpfungen, wie Bailleul, der seine prüfenden Untersuchungen dem Werk auf dem Fuße heftweise folgen ließ, gründlich gezeigt hat; für ihn und ihm Gleichgesinnte oder auch nur Gleichkundige war das Buch eine ungerechte Anklage, die er mit Unwillen widerlegte; für die große Mehrzahl aber, besonders der vornehmen Leser in ganz Europa, blieb es noch immer eine Verteidigung der Revolution, und der Ruhm der Verfasserin, die geistvolle Behandlung, die beredte eindringliche Sprache trugen einen mächtigen Inhalt von Ansichten und Tatsachen in Gegenden, wo sonst dergleichen kaum hinkam und nun Wurzel faßte. Die Wirkung war ungeheuer und in manchen merkwürdigen Zeichen sichtbar. Wir freilich waren nicht befriedigt durch den Inhalt und durch die schwungvolle Darstellung nicht verführt; die bald nachfolgenden Hefte Bailleuls brachten uns daher erquickende Labung, und ich veranlaßte Lindnern, das ganze Buch, eines der besten, die über die Französische Revolution geschrieben worden, ins Deutsche zu übersetzen.

Nicht minder als solche Bücher, nur in kürzeren, aber durch Wiederholung eindringlichen Schwingungen, arbeiteten die Tagesblätter, besonders die französischen. Das Lesen des »Constitutionnel« oder des »Journal des débats« war die würzige Zugabe des Morgenkaffees; die Parteigesinnung wurde dadurch genährt, gestärkt, in gewissem Sinn doch auch wieder gemildert; denn von der höheren geistigen Auffassung, dem guten Ton, der geschmackvollen, stets gemessenen und durchbildeten Sprache, die in diesen Blättern vorherrschten, blieb immer etwas in der Seele des Lesers zurück und wirkte wenigstens ästhetisch vorteilhaft. Noch mehr war dies von dem Wochenblatte, der »Minerve française«, zu sagen, zu deren Herausgabe Benjamin Constant mit mehreren gleichgesinnten und ungesehenen Freunden sich verbunden hatte. Selten ist eine Zeitschrift mit solchem Reichtum von Talent in solch dauernder Übereinstimmung und Gleichmäßigkeit geführt worden. Sie war der Sprach- und[272] Hörsaal der freisinnigen Konstitutionellen, die in ganz Frankreich eine überwiegende Mehrheit bildeten und in den Kammern als Minderheit unter tapfern Kämpfen immer mehr Boden gewann. Wie gespannt war alles, wie erfreut, wenn der bestimmte Wochentag regelmäßig aus Straßburg das neueste Heft der »Minerve« brachte und die Lage der Dinge in Frankreich, die mehr oder minder auch für Deutschland bestimmend wirkte, mit scharfer Klarheit entwickelte. Man würde jetzt kaum glauben, wie groß diese Teilnahme war und wie weit sie sich erstreckte. Der »Conservateur«, im entgegengesetzten Sinne von Chateaubriand herausgegeben, konnte niemals zu gleichem Ansehen gelangen, und die eigne Partei war meist mit ihm unzufrieden; das hervorragende Talent des Herausgebers wurde von den Mitarbeitern schlecht unterstützt, und seine glänzenden Phrasen allein konnten der schlechten Sache der verstockten Ultras, die er schon halb mißbilligte, auf dem literarischen Gebiete nicht aufhelfen.

Bignons besondere Schrift über Streitigkeiten zwischen Bayern und Baden, die im August zur gelegenen Zeit erschien, wurde mit Begier gelesen und machte an Höfen und bei Diplomaten guten Eindruck; aber im allgemeinen sah man es nicht gern, daß wieder ein Franzose sich in deutsche Händel mischte; der König von Württemberg fühlte sich durch einige Äußerungen verletzt und wollte solchen Mitkämpfer gar nicht anerkennen. Daß der französische Hof aber der Abfassung der Schrift nicht fremd gewesen und seinen Schutz dem Großherzog gegen geheime Zugeständnisse versprochen habe, war eine Fabel, der ich mit Grund widersprechen konnte.

Von deutschen Zeitungen kam hauptsächlich die »Allgemeine Zeitung« in Betracht; sie war, obschon in Bayern erscheinend, doch in der badischen Sache nicht bayerisch, sondern der Eigentümer Cotta begünstigte, nach seiner Überzeugung und nach württembergischem Sinne, soviel als möglich die Gegenseite. Der »Hamburger Korrespondent«[273] und der ebendaselbst erscheinende »Deutsche Beobachter«, das »Oppositionsblatt« und der »Patriot« in Weimar, die »Rheinischen Blätter« in Wiesbaden, die »Mainzer Zeitung« und die Aarauer wirkten mehr oder weniger für Baden. In allen diesen Blättern schifften von mir ausgerüstete und bald leicht, bald schwer befrachtete Fahrzeuge mit, doch ohne ihre Flagge aufzuziehen. Ich wiederholte unermüdet das Taugliche für Baden, aber auch alles der Preßfreiheit, dem Verfassungswesen, der Freiheit in jedem Sinn irgendwie Förderliche. Für die »Jenaer Literaturzeitung« schrieb ich eine freisinnige Rezension der Adresseschrift von Görres, für Ludens »Nemesis« eine scharfe Denkschrift gegen Adelskammern, um neben dem bösen Beispiel, das in Baden nicht abzuwenden gewesen, doch die echten Grundsätze nicht vergessen zu lassen; derselben Zeitschrift gab ich einen Aufsatz, der den Regierungen abriet, die katholische Kirche mit Grundbesitz auszustatten.


Die Verkündigung der Verfassung erfolgte am 29. August, ohne alle Feierlichkeit, einfach durch Abdruck im Staats- und Regierungsblatt. Sie erregte im ganzen Lande die lauteste Freude, die dankbarste Anerkennung; auch im übrigen Deutschland und nach Belgien und Frankreich hinein äußerte die öffentliche Meinung ihre kräftigste Zustimmung. Die Kritik hatte wohl manches und mit gutem Grund auszustellen, aber man übersah mangelhaftes Einzelnes, um sich an das vortreffliche Ganze zu halten. Im allgemeinen, das mußte man gestehen, hatte Baden Reicheres und Besseres empfangen als irgendein anderes deutsches Land; besonders war es gegen Bayern weit vorangeschritten. Alle öffentlichen Blätter jubelten, die Stimmen im Volke gaben sich in begeisterten Äußerungen kund, vom Bodensee bis an den Main, segneten den Großherzog als den Geber der Verfassung mit dem heißesten Dankgebete; in Mannheim und Freiburg, den bisher wenigst badisch gesinnten Städten, waren die Herzen plötzlich wie umgewandelt und dem Landesfürsten[274] aufrichtigst zugewendet. Freilich gab es auch Leute genug, die den Kopf ungläubig schüttelten, und noch andere, die mit Widerwillen und Haß auf diese Verleihung sahen; an den Höfen überhaupt, in der gesamten Aristokratie, hatte die Freiheit niemals zahlreiche Freunde; jedes dem Volke gewährte Recht mußte die Vorrechte gefährden, die der Selbstsucht über alles gingen; die Hoffart empörte sich, daß der Geringe da mitgelten sollte, wo der Vornehme bisher alles war. In Darmstadt, in Nassau und anderen Ländern fühlte man die Notwendigkeit, nun gleichfalls mit Verfassungen herauszurücken; in Bayern sank in der Vergleichung mit der fremden beträchtlich der Wert der eignen. Selbst der König von Württemberg sah, wie schon bemerkt, die Sache nicht mit ganz günstigen Augen und fand sie in manchem Betreff bedenklich. In Wien und Berlin nahm man die Sache nicht so schwer; man glaubte, den mittleren Staaten sei dergleichen ganz angemessen, man hielt sich für zu groß, als daß man davon beunruhigt werden dürfte. Die Freisinnigen aber wußten auch dort, daß die Grundsätze hiebei mehr gelten als Macht und Größe und jene für alle wirken. Der Fürst von Hardenberg, noch am Rhein verweilend, empfing die badische Verfassung mit größter Befriedigung; aus seiner Umgebung schrieben die Geheimräte Eichhorn und Koreff mir die freudigsten Glückwünsche.

Hufeland hatte die Aufforderung, nach Baden zu kommen, in Berlin vorgefunden, als er eben vom Rhein, wo er ganz in unserer Nähe gewesen, heimgekehrt war. Den weiten Weg nochmals zurücklegen zu sollen war ihm verdrießlich, auch fühlte er sich unwohl, und indem er dies und seine Amtsgeschäfte vorschützte, lehnte er zuerst den Antrag ab. Doch nachdem er dem Könige das empfangene Schreiben mitgeteilt hatte, fand dieser, daß man den armen Großherzog nicht ohne Hülfe lassen dürfe; er erlaubte nicht nur, sondern befahl sogar, daß Hufeland ohne Verzug die Reise anträte. Am 6. September kam dieser in Baden an und meldete sich gleich bei mir. Ich fand in ihm das Muster[275] eines Leibarztes, der unter sorgfältiger Wahrung der wissenschaftlichen Würde vor allem zu wissen wünschte, was man eigentlich von ihm verlangte, und sich vollkommen bereit erwies, seinen ärztlichen Ausspruch nach den obwaltenden Rücksichten zu fassen, versteht sich, ohne die geringste Verletzung derjenigen Einsichten und Überzeugungen, die allein den Arzt pflichtmäßig zu leiten haben; er wußte nur zu gut, welch weiten Spielraum in den meisten Fällen die letztern den erstern lassen. Übrigens erkannte man sogleich in ihm den Mann von vieljähriger Erfahrung, von angenehmer Geistesbildung und herzlicher Gutmütigkeit; einiges Wohlgefallen an seinem Ruhme war ihm gern zu verzeihen; stärker trat dies in seiner Frau hervor, die, noch nicht lange mit ihm verbunden, nicht so wie er der Hofluft schon gewohnt war. Ich machte ihn mit allen näheren Umständen und besonders auch mit den Persönlichkeiten bekannt; er sollte zuerst die Markgräfinmutter sehen, die von Karlsruhe deshalb wieder eintraf; denn nachdem ihr der ganze Zusammenhang war vertraut worden, hatte sie sich nicht nur einverstanden erklärt, sondern sie wünschte sogar, daß der Gedanke, Hufelands angeblich zufällige Anwesenheit in Baden für den Großherzog zu benutzen, als der ursprünglich ihre angesehen würde. Die Sache wurde denn auch in diesem Sinne vorgestellt, und ich reiste mit einem Schreiben von ihr an den Großherzog ungesäumt nach Griesbach. Den herrlichen Weg in dieses versteckte Tal, dessen Sauerbrunnen ich vor Jahren zuerst im »Simplicissimus« erwähnt gefunden, ohne zu denken, ihn jemals sehen zu sollen, verdeckte mir zum Teil die Nacht, in die meine Fahrt fiel, zum Teil die ernste Beschäftigung mit meiner Aufgabe.

In der Morgenfrühe traf ich ein; noch drang die steigende Sonne nicht in das tiefeingeschnittene enge Tal; der Tau hing noch auf Gras und Sträuchern, und ein gewisser Schauer, die Wirkung feuchtkalter Luft, ließ alsbald empfinden, daß dieser Aufenthalt dem kranken Großherzog nicht[276] zuträglich sein könne. Damit dieser nicht gleich meine Anwesenheit erführe, war ich aus Vorsicht am Eingange des Ortes abgestiegen und hatte nur durch geheime Botschaft die Großherzogin benachrichtigt. Sobald sie unter einem schicklichen Vorwande sich losmachen konnte, erschien sie, und wir hielten zuerst in einem Saale des einsamen Wirtshauses, dann, als die Luft wärmer geworden, auf einem abgelegenen Spaziergang eine lange Unterredung, in der zunächst alles verabredet wurde, was der Augenblick erforderte, dann aber noch vieles andere zur Sprache kam. Zum rückhaltlosen Vertrauen in der einen Sache genötigt und durch diese selbst immer weiter geführt, schenkte sie es mir völlig; das Bedürfnis, ihr bekümmertes Herz auszuschütten, war so lange unbefriedigt geblieben! Ein wahres Jammerbild entfaltete sich vor den Augen und beklemmte mir das Herz. Die Zustände in Griesbach waren die trostlosesten von der Welt, in ihnen die Lage der liebenswürdigen Fürstin die allertrostloseste. Den kranken Großherzog durfte sie fast nie verlassen; er saß tagelang niedergeschlagen und gelangweilt in der dumpfen Stube der bäuerlichen Wohnung und kam nicht über die Schwelle derselben. Fremde Gesichter wollte er durchaus nicht sehen, und fremde hießen ihm schon solche, die ihm nicht täglich gewohnte waren. Seine Umgebung war so knapp als möglich, der Örtlichkeit und noch mehr seinem Sinne gemäß. War er nicht lieber allein, durften seine Leute ihn unterhalten, so waren es meist rohe Geschichten und Bemerkungen, die ihm ein trauriges Lächeln abgewannen, und die Großherzogin, die einzige anwesende Frau, hatte die peinlichste Gesellschaft zu ertragen und mußte noch dankbar sein, daß wenigstens der Versuch gemacht wurde, den Kranken zu unterhalten; dieser selbst bedauerte sie oft, gerührt von ihrer Sorgfalt und Pflege, jedoch geändert wurde nichts. Dabei war der Kranke durchaus unlenksam, tat, was ihm schädlich war, unterließ, was ihm helfen konnte; bisweilen ließ er sich überzeugen, daß er seine Lebensart ändern[277] müsse, und man glaubte gewonnen Spiel zu haben, aber plötzlich verlor sich alles wieder in ein starres Nein. Die notwendigsten Befehle, ohne die nicht nur die Staatsverwaltung, nein, oft das tägliche Leben nicht bestehen konnte, waren oft bis zum dringendsten Augenblick nicht zu erlangen, und noch weniger durfte jemand sie statt seiner geben. Dabei wußte sie von heimlichen Gegnern, von Auflaurern und Berichterstattern, durfte niemandem ganz trauen, hatte vorsichtig jedes Wort, jede Miene zu bewachen, um nicht Anlaß zu Mißverständnissen und Ränken zu geben, die sich stets bereit hielten. Wenn Tettenborn, wenn Reizenstein kamen, so war dies jedesmal ein Aufatmen für die Großherzogin; sie fand sich dann doch wieder auf einem mehr sichern, ihr mehr gemäßen Boden, obwohl sie auch meistens wieder an der Qual teilzunehmen hatte, welche diese Männer in ihrer Geschäftsbetreibung mit dem Großherzog litten; eine zu offene Teilnahme würde aber nur wieder dessen Eifersucht geweckt und die Flüssigmachung seines Willens noch mehr gehindert haben. Daß dieses Leben, in solcher Weise, an diesem Ort und unter diesen Einflüssen kein Gedeihen bringen, nicht ohne die schädlichsten Wirkungen lange fortdauern könne, war klar einzusehen und fügte zu der traurigsten Gegenwart nur noch die Aussicht in die trübste Zukunft. Die Klagen der edlen Fürstin waren nicht eigentlich Beschwerden, sie klangen fast wie Entschuldigungen, ihr eigenes Leid erschien dabei gleichsam nur im Widerschein; mit unschuldiger Natürlichkeit sagte sie, was die Sache gebot, und wenn bisweilen die Tränen ihr in die Augen traten, so scheuchte ein liebliches Lächeln sie schnell wieder fort. Sie mußte mit mir, die Sache gebot es, auch über die Familienverhältnisse mit voller Offenheit sprechen, über die Markgräfinmutter, den Markgrafen Ludwig, die zu Markgrafen erhobenen Grafen von Hochberg; sie konnte zu diesen allen kein Herz haben, die Prinzessin Amélie war die einzige, die ihre Neigung gewonnen hatte, aber selbst diese wurde durch die Rücksicht auf die Mutter zurückgehalten,[278] ihrer Schwägerin ganz Freundin zu sein. Was aber der Großherzogin noch besonders die Brust erleichterte, war, daß sie gegen mich ihre französischen Sympathien nicht zu verleugnen brauchte, sondern verstanden und gebilligt fand; sie wußte, daß ich den Kaiser Napoleon nicht liebte – über den auch sie ja herbe Klage hatte –, daß ich aber den verfolgten Bonapartisten nach Kräften beistand, daß ich die Franzosen überhaupt schätzte, ihre Sprache, ihre Literatur.

Ob ich den Großherzog sprechen würde, war noch sehr zweifelhaft; der Versuch mußte aber sogleich gemacht werden. Ein Bote rief die Großherzogin ab, der Kranke verlange ungeduldig, hieß es, daß sie käme. Sie wollte zur Entschuldigung ihrer langen Abwesenheit ihm eröffnen, daß sie mich gesprochen habe und was im Werke sei; sie wünschte nur, daß niemand ihr zuvorgekommen sein möchte, weil in diesem Fall alles schon verdorben sein könnte. – Ich wartete unterdessen in nicht geringer Spannung den Erfolg ab, während nach und nach einige der Hofleute, die den Großherzog hatten hierher begleiten dürfen, sich einfanden, mich zu begrüßen und zu hören, was ich Neues brächte. Sie empfingen natürlich nur spärliche Auskunft, gaben aber bereitwillig ihren Klagen über den verwünschten Aufenthalt freien Lauf, wo sie aus Langerweile sterben müßten. Alle schilderten ihren Zustand als einen verzweiflungsvollen, den Ort als höchst ungesund und ihnen allen nachteilig wie dem Großherzog selbst, dessen Krankheit sie nicht so schlimm glaubten. Nur der Oberstallmeister von Geusau, mit dem ich längere Zeit allein blieb, machte ein bedenkliches Gesicht und meinte, der Herr würde wohl nicht wieder aufkommen, er habe die Brustwassersucht, und alle Digitalis werde ihm so wenig helfen als dem Großvater, der auch an dieser Krankheit, freilich dieser im höchsten Alter, gestorben sei. Ich konnte bemerken, daß die Hofleute sämtlich den Großherzog gern von Griesbach fort haben wollten, daß sie ihn aber nicht ebenso willig aus dem Lande lassen würden; und obschon in seiner jetzigen[279] Stimmung alle Gunst meist eine nutzlose und vergebliche war – nur ein paar Beispiele gab es von außerordentlichen Geschenken und Verleihungen –, so wollte man doch den Zugang zu dieser vielleicht noch wieder fließenden Quelle möglichst abschließen. Der eigene Vorteil stellte sich ohne Hehl als die erste Rücksicht auf, der alle andern sich unterordnen müßten, ja man setzte sie ebenso bei mir voraus und gab mir zu verstehen, es sei doch recht töricht von mir, wenn ich eine Reise nach dem südlichen Frankreich begünstigte, denn ich würde in Karlsruhe ihn sehr zu vermissen haben. Oder gedächte ich etwa gar mitzureisen? Das wäre ein kühnes Unternehmen, dem doch mancherlei Bedenken entgegenständen. Geusau, der wissen mochte, daß der Großherzog mir in der Fülle seiner Dankbarkeit als ungewöhnliche Auszeichnung das Großkreuz des Zähringer Löwenordens zugedacht hatte, glaubte sogar, ich sei nur deshalb unter gutem Vorwand nach Griesbach gekommen, um diese Angelegenheit zum Schluß zu bringen! Ich hatte ihm nämlich nicht verhehlt, daß Hufelands Anwesenheit in Baden mich hiehergesprengt habe, von der Berufung desselben konnte er nichts ahnden.

Ein Lakai, der mich zum Großherzog einlud, machte diesen Unterhaltungen ein Ende. Gegen alle Erwartung war die Nachricht von meiner Ankunft nicht nur ohne Befremden, sondern sogar mit Vergnügen aufgenommen worden; der Großherzog sagte, ich sei einer von denen, die es mit ihm gut meinten, und er wollte mich unmittelbar sprechen. Die wenigen Schritte waren bald getan. Ich mußte aber doch noch eine gute Weile warten; denn die Großherzogin kam heraus und sagte mir, wie leicht alles bisher gegangen, aber nun empfinde der Großherzog doch wieder einige Verlegenheit und Scheu, für die er sich Frist gewinne, indem er sich erst anziehen wolle; sie fürchte noch immer, der kleinste Zwischenfall, irgendein Gedanke sogar, könne noch alles, wenigstens für diesen Tag, vereiteln. Aber nein, die Türe ging auf, und wir wurden hereingerufen. Der Großherzog[280] war sorglich angezogen und hatte sich erhoben, es war sichtbar, daß er nicht ganz unkräftig erscheinen wollte; aber es war kein Kennerblick nötig, um hinter dieser kleinen Anstrengung die kläglichste Hinfälligkeit zu erkennen. Zuvörderst hatte ich alles schmeichelhafte Lob anzuhören, das meiner aufrichtigen Zuneigung, meinem tätigen Eifer gezollt wurde, denn das Märchen, daß Hufeland zufällig in Baden eingetroffen sei und dies den Gedanken erweckt habe, der Großherzog möchte ihn zu Rate ziehen, durfte noch nicht aufgegeben werden. Nach und nach wurde dann meinen anteilvollen Fragen der ganze Krankheitszustand aufgedeckt, der in dem Ringen eines ursprünglich kraftvollen und noch jugendlichen Körpers mit leiblicher Schwäche und eines der Anlage nach vortrefflichen Verstandes mit geistiger Versunkenheit die kläglichsten Gegensätze zeigte. Die Symptome der Vergiftung, an welche der Großherzog fest glaubte, ließen sich auch anders deuten, aber immer waren sie von schlimmster Art. Doch redeten wir ihm Mut ein, Vertrauen auf die neue Hülfe, die sich unverhofft darbiete, und in großer Rührung und mit Tränen willigte er ein, den fremden Arzt zu sehen, und gab mir die Hand darauf, daß er dessen Rat auch wirklich befolgen werde. Zweifelhaft und ängstlich fragte er, ob wir denn auch gewiß seien, daß Hufeland werde kommen wollen, wofür ich mich denn unbedenklich verbürgen konnte. Die Großherzogin sprach und benahm sich musterhaft, wie eine liebevolle Freundin, wie eine einsichtsvolle Pflegerin, reich an Kraft und Trost für den Kranken, obschon beide für sie selbst oft gänzlich fehlen wollten. Auch rühmte er gegen mich die Selbstverleugnung der edlen Gattin mit herzlichen Lobsprüchen und sagte die rührenden Worte, er wünschte nur, länger zu leben und wieder gesund zu werden, um ihr alles, was sie an ihm getan, zu vergelten!

Daß auch die politischen Bedrängnisse zur Sprache kamen, ergab sich aus den Umständen von selbst. Der Großherzog klagte bitter über die Feindschaft des bayerischen Hauses gegen das seinige; damit jenes sich vergrößere, solle dieses[281] untergehen; wo sei darin Gerechtigkeit? Wie könnten die Stifter der Heiligen Allianz dergleichen nur dulden, geschweige denn gutheißen oder gar ausführen? Man habe auf seinen frühen Tod gerechnet, der werde leider nur zu gewiß erfolgen, aber nicht so früh, das wünsche und hoffe er, als daß nicht vorher der ungeschmälerte Bestand des Landes und die Erbfolge der Hochberge in das Ganze durch den Spruch der großen Mächte bekräftigt und gesichert werden könnte. Nachgeben, beteuerte er, werde er in keinem Fall; früher habe er sich wohl mit solchen Gedanken getragen, weil er schon alles aufgegeben, jeden Widerstand unmöglich geglaubt habe; doch jetzt sei er andern Sinnes, Tettenborn habe ihm die Augen geöffnet; man könne ihm Gewalt antun, ihn berauben, er müsse es geschehen lassen, wenn auch nicht ohne die Abwehr wenigstens zu versuchen; aber einwilligen werde er nie! Den König von Bayern glaubte er nicht so schlimm, derselbe schäme sich doch, zeige Verlegenheit und Mißbehagen, wenn man der schmählichen Sache gegen ihn erwähne, aber der Kronprinz sei voll gehässigen Eifers, ihm seien alle Mittel recht, und Mannheim und Heidelberg zu bekommen, sei bei ihm ein feststehender Wahn; er rufe immer aus, die Pfalz sei seine Wiege, die müsse er wieder haben! Des Großherzogs Rede, auch wenn der Sinn kräftig war, klang immer wie aus tiefer Betrübnis und Mattigkeit hervor; hier zum erstenmal erheiterte sich sein Gesicht zu einem Anflug von Lächeln, indem er hinzusetzte: »Hat man je gehört, daß ein vernünftiger großer Mensch gerade nach seiner Wiege so heftig verlangt habe?« Die Großherzogin erzählte aus früherer Zeit, wie der Kronprinz am Hofe Napoleons zuerst erschienen und durch seine Sonderbarkeit aufgefallen sei, der Kaiser ihn kalt und mißtrauisch behandelt, die jüngere Welt ihn zum Ziel des Spottes gewählt und ihn vielfältig geneckt und gefoppt habe; von daher komme sein Haß gegen alle Franzosen und unglücklicherweise auch gegen den Großherzog, der als damaliger Erbprinz unter jenen Jüngern gewesen sei und an[282] ihren Scherzen teilgenommen habe. Noch manches wurde über den Charakter des Kronprinzen gesagt, was keine vorteilhafte Meinung zeigte.

Ich wurde nach einem fast allzulangen Verweilen entlassen und hatte bis zur Mittagstafel ein paar Stunden frei, die ich teils mit Schreiben, teils mit Spazierengehen und im Gespräch mit badischen Hofleuten zubrachte. Auch die Großherzogin sah ich noch einen Augenblick, wo sie mir flüchtig zurief, daß alles gut ginge. Bei der Tafel war es still und trübselig; einige plumpe Scherzreden, die versucht wurden, schlugen wenigstens diesmal nicht an, alles andere Gespräch stockte gleich wieder; der Großherzog beobachtete nur, was die Tischgenossen für Gesichter machten und welches etwa ihre Gedanken wären über ihn, über mich und über die schon bekannt gewordene Absicht, einen neuen Arzt zu Rate zu ziehen. Seine eignen Ärzte schienen nichts dagegen einzuwenden, aber auch nichts davon zu hoffen. Vielleicht waren sie schon völlig von der Unrettbarkeit des Kranken überzeugt und gönnten dem berühmten Mitbruder gern, anstatt ihrer die undankbare Mühe des abermaligen Beweises zu übernehmen, wie zuletzt alle ärztliche Kunst sich unvermögend bekennen müsse. Daß der Großherzog in ihrer Gegenwart auch jetzt, wie es oft erzählt worden war, im Essen und Trinken manche Übertretung beging und zum Beispiel, als mir Champagner gereicht wurde, auch für sich dessen forderte, der ihm durchaus untersagt war, fiel mir weniger auf als die Gleichgültigkeit, mit der sie es geschehen ließen. Auch dies machte mir den Eindruck von einem Kranken, der, als völlig aufgegeben, sich alles erlauben durfte. Nach dem Essen hatte ich noch ein herzliches Abschiedsgespräch mit dem Großherzog, ein längeres, sehr vertrauliches mit der Großherzogin, worin nochmals alle wesentlichen Punkte unserer Verabredung erörtert und befestigt, mir wegen der hiebei in Betracht kommenden Personen die wichtigsten Aufschlüsse und Warnungen erteilt und schließlich die besten Wünsche mit auf den Weg gegeben[283] wurden. Unmittelbar darauf trat ich die Rückfahrt an und traf am nächsten Morgen frühzeitig in Baden ein.

Mein erster Gang war zu Hufeland, den ich noch an der Seite seiner Gattin im Bette fand, aber sogleich aufstörte, denn es war keine Zeit zu verlieren, da man nicht sicher war, daß die wandelbare Laune des Großherzogs nicht andern Sinnes wurde und durch eine nachgesandte Stafette alles wieder abbestellte. Nur soviel Frist gab ich ihm, als nötig war, um noch einen Besuch bei der Markgräfinmutter zu machen, und bestellte, um sicher zu sein, selber die Postpferde. Dagegen konnt ich es nicht über ihn gewinnen, daß er seine Frau auf die paar Tage zurückließe; er behauptete, ihrer nicht entbehren zu können, ihre Pflege und Sorgfalt würde er jeden Augenblick vermissen; auch bestand sie selber eifrigst auf ihrem Mitfahren, sie versprach sich von der nahen Berührung mit dem Hofe manches Angenehme, sie meinte, der Großherzogin könne die Frau des Arztes, auf den sie alle ihre Hoffnungen gestellt, nur willkommen sein. Von Hufelands Frau war aber in Griesbach nicht die Rede gewesen, auf sie war nicht gerechnet, an jedem neuen Umstand konnte die ganze Sache scheitern; denn wenn den Großherzog sein Eigensinn faßte, so nahm er eine Kleinigkeit, die man nicht vorher mit ihm besprochen, zum Vorwand, um sich als hintergangen darzustellen und die größten Hauptsachen umzustoßen. Es lief auch dieser Umstand glücklich ab, allein die Sorge war darum nicht minder peinlich. Die Frau Markgräfin fragte mich noch am nämlichen Tage, warum ich denn zugegeben, daß Hufeland die Frau mitgenommen. Und die Großherzogin sagte mir später, sie habe einen Schrecken gehabt, neben dem erwarteten noch einen unerwarteten Gast anlangen zu sehen, den sie nicht nur bei dem Großherzog habe vertreten, sondern auch noch habe unterhalten und zufriedenstellen müssen. Hufelands dringenden Wunsch, daß auch ich nach Griesbach zurückkehren und persönlich ihn dort einführen möchte, schlug ich entschieden ab, da ich in Baden nicht so lange fehlen[284] und auch meine Beteiligung nicht zu auffallend machen wollte.

In Griesbach geriet alles zum Besten. Der Großherzog war über Erwarten willig und fügsam, ließ den ersehnten und zugleich gefürchteten Arzt gleich vor und unterwarf sich dessen ausführlichem genauen Verhör mit einer Geduld, die ganz ungewöhnlich war. Der ehrwürdig und anspruchslos aussehende, sanftmütig und doch bestimmt redende Arzt gewann sein ganzes Zutrauen, und die Urteile, Vorschriften und Ratschläge desselben fanden offnen Eingang. Der Kranke war von neuer Hoffnung belebt, von neuem Mut erfüllt. In der Tat erklärte Hufeland ihm selbst wie auch der Großherzogin und der andern Umgebung, daß die Krankheit zwar tief eingewurzelt und durch fortgesetzte nicht entsprechende Lebensart immer noch verschlimmert worden, daß sie aber noch zu überwinden sei und der Großherzog wieder ganz gesund werden könne; allein keine Zeit sei zu verlieren, er müsse unverzüglich Griesbach und binnen acht oder vierzehn Tagen das Land verlassen, um in Montpellier oder sonst im südlichen Frankreich das milde und doch kräftigende Klima zu genießen und dort unserem Winter und allen seinen Einflüssen völlig zu entgehen. An sonstigen Vorschriften und Warnungen ließ er es nicht fehlen und faßte sie in einem kurzen Aufsatz zusammen. Die andern Ärzte, mit denen er sich besprach und denen er großes Lob erteilte, stimmten ihm in allem bei. Der Großherzog dankte mit Tränen seinem Retter, gelobte, alles genau zu befolgen und auf der Stelle die nötigen Befehle zu geben, damit seiner baldigen Abreise kein Hindernis entgegenstände. Mit diesem empfangenen Versprechen, unter Zusage seines schriftlichen Rates auch aus der Ferne, reich belohnt und mit vielen Segenswünschen reiste Hufeland nach zweitägigem Aufenthalt wieder ab und kam nach Baden zurück, wo er der Markgräfinmutter und mir ganz dieselbe Hoffnung aussprach, unter denselben schon erwähnten Bedingungen. Er war von Mitleid für den armen Fürsten durchdrungen[285] und meinte es herzlich gut mit ihm, besonders aber bewunderte er die Großherzogin, von deren Liebenswürdigkeit auch seine Gattin ganz bezaubert war; sie erzählte, welch große Ehre ihr widerfahren war, welch ausgezeichnetes Vertrauen sie genossen hatte; der Großherzog selbst habe sie liebgewonnen und sie dringend ersucht, ihren Mann doch zu längerem Verweilen zu bereden. Hufeland hatte jedoch keine Zeit übrig und eilte auch von Baden gleich wieder nach Berlin zurück.

Bei seiner Abreise blieb ein glänzender Hoffnungsschimmer zurück, der einige Zeit noch in voller Stärke dauerte, nach vierzehn Tagen aber schon merklich erblaßte; denn wenn die Krankheit noch zu überwinden war, so stand dies von dem Kranken mehr als je zu bezweifeln. Nach den Anstrengungen des Gemüts und des Benehmens, zu denen solch aufregende Besuche, wie die unsern für ihn gewesen, den Anlaß gegeben hatten, verfiel er schnell wieder in die alte Unschlüssigkeit und Betrübnis. Gleich anfangs hatten einige seiner Nächsten, als sie die neuen Anordnungen vernommen, ungläubig den Kopf geschüttelt und gemeint, daraus werde nimmermehr etwas; sie ließen merken, daß nicht nur der Großherzog es nicht entschieden genug wollen werde, sondern daß auch andere es geradezu nicht wollten, weil es nicht mit ihren Zwecken oder Vorteilen übereinstimme. In diese verworrenen, oft ganz untergeordneten Geheimnisse einzudringen und die einzelnen Fäden zu verfolgen war so widerwärtig als vergeblich; man mußte dem Geschick anheimgeben, ob und wie diese Verstrickungen sich von selbst lösen oder zerreißen sollten.


Auf der Favorite sah es in der Tat höchst betrübt aus. Der Großherzog litt noch an der Überfahrt von Griesbach, die ihn übermäßig angestrengt hatte. Von der Reise nach Montpellier war nicht mehr die Rede; seine Schwachheit war bisweilen so groß, daß man seinen Tod ganz nahe glaubte. Von Geschäften durfte man kaum noch mit ihm[286] sprechen, sie mußten einen scharfen Stachel in sich tragen, um ihn zur geringsten Aufmerksamkeit zu reizen. Leider fehlte es an solchen Reizmitteln nicht. Die Freude, welche das ganze Land und selbst die Nachbarländer über das Geschenk der Verfassung bezeigten, die Adressen, Danksagungen, Festlichkeiten konnten ihm keinen großen Anteil erwecken, da der Gegenstand selbst ihm nicht sonderlich wert war und er sich kaum ein Verdienst dabei wußte; bald auch erlosch diese Freudigkeit in der Trauer und Besorgnis, welche der nicht mehr zu verhehlende Zustand des Großherzogs überall verbreitete. Vor ihm selber blieben die nachteiligen Gerüchte nicht verborgen; er sah, wie alles auf seinen nahen Tod wartete, vielleicht hoffte. In Baden hatten bayerische Diplomaten sich festgesetzt, deren Fäden nach allen Richtungen ausgespannt und sogar in der Favorite angeknüpft waren; sie suchten jeden Umstand zu erforschen, und es hieß, sie hätten ansehnliche Belohnungen versprochen, um schnell und zuerst die Nachricht vom Ableben des Großherzogs zu erhalten. Einer derselben betrieb die Sache so grob, daß die Badener Einwohner ihm aufsässig wurden und er eiligst abreisen mußte. Sein Nachfolger war nicht vorsichtiger und bemühte sich, einen badischen Rittmeister zu gewinnen, den er gut eingeweiht und oft auf der Favorite wußte, der aber in seiner Treue nicht wankte und aus bescheidener Klugheit die Sache verschwieg. Die Bayern sagten, der Großherzog müsse in den nächsten Tagen sterben; der Kronprinz hatte sogar, wie Reizenstein mir erzählte, den bestimmten Tag dafür angesetzt. Der Fürst von Wrede wollte gleich, sowie die Nachricht einliefe, bayerische Truppen in die Pfalz einrücken lassen; Geheimrat Friederich berichtete aus der Schweiz, daß ein bayerischer Staatsrat, der ihn als gebornen Pfälzer gern schon als halben Bayern ansehen wollte, ihm dasselbe vertraut habe. Dazu kamen Nachrichten aus Speyer und Würzburg, daß an beiden Orten in der Stille schon Anstalten zu Truppenbewegungen gemacht würden. Der Großherzog war in diesen[287] Tagen so elend, daß wirklich sein Tod plötzlich erfolgen konnte. Was dann geschähe, wenn Bayern, bevor noch der Kongreß gesprochen hätte, einen Handstreich vollführte und sich in den Besitz der Pfalz setzte, dann mit dem alten Ungestüm seine Forderungen und Klagen erneuerte, Baden in der Verwirrung erst wieder zur neuen Regierung sich finden müßte, das war leicht abzusehen. Die Verurteilung Badens stand in Aussicht, die Beschränkung der Erbfolge, die Abreißung der schönsten Provinzen. In dieser Not traten nicht die Minister amtlich als solche, sondern die erprobten Getreuen, Minister und andere, zu außerordentlicher Beratung zusammen und erwogen die drohende Gefahr, die Mittel der Abwehr. Ich lebte in beständigem Wechsel des Aufenthalts zwischen Karlsruhe, Baden und der Favorite, ich sah beinahe täglich Reizenstein, Berstett, Tettenborn, falls er nicht selber unterwegs war, öfters die Großherzogin, den Großherzog selten, weil er sich ungern sehen ließ. Bevor man einen Entschluß faßte, fragte man mich aufs Gewissen, ob ich noch der festen Meinung sei, daß man sich auf den König von Württemberg verlassen könne, daß er Baden keinenfalls im Stich lassen werde. Ich glaubte dies verbürgen zu können. Hierauf beschloß man dann einstimmig, was Tettenborn im voraus für solchen Fall angeraten hatte, die badischen Truppen auf den Kriegsfuß zu stellen und Gewalt mit Gewalt abzuwehren. Der Großherzog unterzeichnete den Befehl zur Einberufung der Beurlaubten. Bei Mannheim sollten 12000 Mann, bei Freiburg 6000 schleunigst zusammengezogen werden; war es nötig, so konnten binnen drei Wochen 30000 Mann kriegsfertig dastehen. Ich aber gab sogleich dem Könige von Württemberg von dem Kraftentschluß Nachricht und forderte ihn auf, diesen durch gleiche Maßregeln zu unterstützen; er tat es auf der Stelle und erteilte dem badischen Gesandten General von Harrant in Stuttgart die bündigsten Zusicherungen; in München aber ließ er durch seinen Gesandten eine nachdrückliche Note abgeben, die nach den Absichten fragte, welche die Bayern[288] auf die Besetzung der Pfalz etwa hegten, und die Erklärung hinzufügte, daß er einen Eingriff dieser Art nicht dulden, die Überschreitung der badischen Grenzen durch bayerische Truppen als einen Bruch des Deutschen Bundes betrachten, seinen Gesandten von München abrufen und seine Truppen mit den badischen vereinigen würde. Zugleich wurden auch württembergische Rüstungen anbefohlen. Dieses tapfere Auftreten Badens und Württembergs machte gewaltigen Eindruck, alles fühlte sich erfrischt von Mut und Kraft. Die beurlaubten Badener eilten freudetrunken zu den Fahnen; es meldeten sich Freiwillige zum Kriegsdienst, französische und schweizerische Offiziere wollten sich anschließen. War Baden durch dringende Not zum Äußersten bereit, so hatte Württemberg die glänzendere Triebfeder der großmütigen Hülfeleistung, der uneigennützigen Teilnahme für den bedrohten Nachbar. Hier zeigte sich nun recht der Vorteil des Mutes, der Entschlossenheit. Bayern war doppelt so stark als Württemberg und Baden zusammen, aber so überrascht war man in München durch das plötzliche Herausfordern, so verschüchtert durch den Zusammenschlag von Wort und Tat, daß man der eigenen Kühnheit, mit der man noch eben selber hatte auftreten wollen, gänzlich vergaß, dem Könige von Württemberg zufriedenstellende Erklärungen gab und völlig ableugnete, militärische Maßregeln gegen Baden überhaupt im Sinne gehabt zu haben. Nach dieser vereinten, auch in Aachen starken Eindruck machenden Kraftäußerung konnten Württemberg und Baden ihre Truppenrüstungen wieder einstellen; Baden jedoch behielt, ungeachtet des bedeutenden, bei seinen zerrütteten Finanzen doppelt schweren Geldopfers, einen Teil der schon eingerückten Mannschaften aus Vorsicht bei den Fahnen. Der Zustand peinlicher Krisis und gedrückter Erwartung schien gar nicht enden zu wollen; von den Beratungen in Aachen war wenig zu hören, sie betrafen fürerst nur Frankreich, der badischen Sache geschah noch keine Erwähnung. Der Großherzog schleppte sein erlöschendes Leben von Tag zu Tag[289] hin, bisweilen schien er sich etwas zu erholen, sank aber bald nur um so tiefer wieder zusammen. Die Großherzogin Stephanie wich kaum noch von seiner Seite, er wollte keine andere Pflege als die ihre; sie mußte die Augenblicke erspähen, in denen sie die dringendste Rücksprache mit den Ministern zu nehmen hatte, um übereinstimmend mit ihnen auf den Kranken zu wirken und die unerläßlichsten Geschäfte einigermaßen im Gange zu erhalten. Daß man das Befinden des Großherzogs für besser ausgab, als es war, daß man von seiner noch möglichen Genesung, von seinem noch längeren Leben sprach, war eine für notwendig erachtete Täuschung, die um so leichter durchzuführen war, als der Großherzog schon geraume Zeit in völliger Abgeschlossenheit verharrte. Im allgemeinen wußte man wohl, daß es übel aussah, aber in betreff der näheren Umstände, besonders des Grades der Schwäche, wurden auch die eifrigsten Horcher stets wieder irre.

Auf der Favorite herrschte die gedrückteste Langeweile und die peinlichste Ungeduld; vor Augen hatte man nur trostlosen Jammer, die Phantasie vermochte auch in der Ferne nur trübe Bilder aufzufassen. Die Minister sahen sich einander an und wußten nicht, was sie tun, was sie unterlassen sollten. Sie suchten eine Stütze an dem nächsten Regierungsnachfolger, dem Markgrafen Ludwig, sie wünschten seine Zustimmung, seine Ermächtigung zu manchen Handlungen, für die jetzt keine Autorität vorhanden war; allein dieser lehnte mit gewohnter Vorsicht alles ab, was ihn irgendwie verantwortlich machen konnte; auch wollte er sich mit diesen Ministern nicht zu sehr einlassen, um nicht, wenn er den Thron bestiege, an die gebunden zu sein, da er für solchen Fall schon ganz andere Männer im Sinn hatte. Die Untätigkeit wurde unerträglich; nichts unterbrach sie, von außen kam keine Nachricht, Woche verging auf Woche, und von Aachen erschallte kein Wort. Doch war die Hauptsache, die Räumung Frankreichs, schon abgemacht, und die badische Angelegenheit mußte nun zur Sprache kommen.[290] Viele neue Schreiben lagen angefertigt, wiederholte Vorstellungen an die Mächte, dringende Mahnungen an die versammelten Staatsmänner, Bitten, Versprechungen; man wußte nicht, ob man sie absenden sollte, es gab Gründe dafür und Gründe dagegen. Endlich kam der Beschluß zustande, die ganze Ladung durch einen Kurier – den schon bekannten Hennenhofer – nach Aachen überbringen und auf dem dürren Kongreßboden aussäen zu lassen; möglich, daß manches Samenkorn aufginge! Und es war manch fruchtbares darunter, das auf guten Boden fiel! Tettenborn hatte an Metternich geschrieben und besonders nachdrücklich an Gentz, von dieser Seite kamen die Sachen in Trieb. Auf den Kaiser Alexander hatte die Königin von Württemberg günstig eingewirkt; allein er wollte durchaus abwarten, daß in der Gebietssache der erste Schritt von dem dabei nächstbeteiligten Österreich geschähe. Da diese Anregung nun wirklich durch den Fürsten von Metternich erfolgte, so stimmte von allen Seiten alles bei, und es geschah der wichtige Schritt, daß der Kongreß einen badischen Bevollmächtigten berief, mit dem das Nähere zu verhandeln wäre. Ein badischer Bevollmächtigter berufen, ohne daß ein bayerischer zugelassen wurde, das schien eine ungeheure Bevorzugung der einen Seite, eine ebensolche Zurücksetzung der andern; indes legten die Bayern es besser für sich aus: sie meinten, von ihnen werde nichts gefordert, sie hätten nur zu empfangen, die Badener, welche zu leisten hätten, seien berufen, um ihr Urteil zu hören, und das würden sie still hinnehmen müssen. Bayern hatte nicht versäumt, auch alle Mittel aufzubieten, um seinen Ansprüchen den Sieg zu verschaffen, und war voll guter Hoffnung und Zuversicht; die Sprache Österreichs ließ nicht vermuten, daß sein Sinn geändert sei, und beider Vorteil schien innig verwebt. Auch Berstett, der als Minister der Auswärtigen Angelegenheiten schicklicherweise selbst nach Aachen gehen mußte, hatte kein großes Vertrauen zu dem Stande der Dinge und fühlte sich besonders in betreff der Österreicher unsicher, mit[291] denen er nicht, wie Tettenborn, in freundlichem Vernehmen geblieben war.

Der Kaiser Alexander, guten Herzens wie er war, hatte an die Kaiserin geschrieben, er höre, die Königin von Bayern sei aus politischen Gründen abgehalten, ihren sterbenden Bruder vor seinem Ende noch zu sehen; er müsse es mißbilligen, die politische Schicklichkeit so weit auszudehnen; es sei nicht nur zulässig, sondern sogar erforderlich, daß die Königin komme, und die Kaiserin möchte diese seine Meinung nach München schreiben. Dies geschah, und bald nachher kam die Königin nach Bruchsal, wo sie mehrere Tage verweilte, immer auf die Anzeige wartend, wann es dem Großherzog genehm sein würde, ihren Besuch zu empfangen. Unterdessen fanden sich zur Begrüßung der Kaiserin auch die hessendarmstädtischen Herrschaften in Bruchsal ein, dann die Königin von Württemberg, später auch der König. Alles dies ging ohne Prunk und in der Stille vor; die Öde von Bruchsal wurde kaum etwas belebter, Karlsruhe blieb davon ganz unberührt.

Der Großherzog war inzwischen von der Favorite, deren freie Lage gegen Wind und Feuchtigkeit in der rauhen Jahreszeit nicht genug geschützt war, nach Rastatt übergesiedelt, wo das Schloß bequeme Räume darbot. Hier, im Anfang Novembers, empfing er endlich den Abschiedsbesuch seiner Schwester, die unmittelbar darauf nach München zurückkehrte. Er hatte geglaubt, sich insoweit besser zu befinden, um nicht den ganzen Jammer seines Zustandes zeigen zu müssen; aber seine Absicht schlug fehl, die Gemütsbewegung, die der Besuch ihm verursachte, ergriff ihn so heftig, daß er in die größte Schwäche versank und, als er die Königin weinen sah, nun gerührt ihre Hand ergriff und seinen Tränen freien Lauf ließ. Doch das eben war ihm wieder verdrießlich, er liebte diese Schwester eigentlich am wenigsten und wollte sich von ihr nicht rühren lassen. Die Großherzogin erzählte mir später, es sei für sie, die alles dies wußte, die peinlichste Lage von der Welt gewesen, besonders[292] da die Königin gegen sie mitten in der Rührung doch eine Art stolzer Kälte behielt, die den Eindruck von jener zum Teil wieder vernichtete.

Während es im Krankenzimmer so traurig herging, fand im Vorzimmer ein Gespräch statt, das jenes düstre Bild noch schauerlicher beleuchtete. Die Gräfin von Taxis, Schlüsseldame der Königin, wartete daselbst auf deren Rückkehr und unterhielt sich unter dessen mit einigen badischen Hofleuten. Sie kam auch auf die Vergiftungsgerüchte, die im Lande verbreitet wären, und wollte wissen, was man davon hielte. Die andern schwiegen mit verlegenen Blicken, der Baron von Ende jedoch sagte dreist heraus, die Gerüchte seien allgemein und nur zu gegründet; denn es sei unzweifelhaft, daß der Großherzog vergiftet sei. Die Gräfin fragte erschrocken, wen man so böser Tat denn beschuldige. »Das denkt jeder«, war die Antwort, »aber keiner sagt es.« – »Sie werden doch nicht glauben, daß –?« versetzte sie, ihre Phrase nicht vollendend. – Als wenn kein Zweifel sein könne, was sie meine, rief Ende sogleich: »O ja, wir alle glauben es!« – Da sagte nach kurzem Besinnen die Gräfin mit Unwillen: »Für den König und die Königin leg ich die Hand ins Feuer! Die übrigen – gehen mich nichts an.« Worte, die furchtbar gedeutet werden konnten, wenn sie auch vielleicht nur leichtsinnig gesprochen waren.

Das Leben in Karlsruhe war in dieser Zeit gedrückt und einförmig, die Einheimischen hielten sich erwartungsvoll zurück, unter den Diplomaten war wenig Einigkeit. Der württembergische Gesandte Graf von Mülinen schwatzte in den Tag hinein, oft dem Sinne seines Hofes ganz entgegen; er sehnte sich auf seinen neuen Posten nach Paris. In der Struveschen Familie war nur Kinderfülle und häusliche Sorgsamkeit. Der Graf Montlezun lebte als Hagestolz und Duckmäuser und hatte nur Augen für das, was die bourbonischen Ultras und die Bonapartisten anging. Wahrhaft gesellig war nur das Redensche Haus; doch gab es auch hier Störungen, sowohl durch die oft herben Mißlaunen der Frau,[293] als durch die allzu lebhaften politischen Ausbrüche des alten Herrn, der besonders jetzt den badischen Sachen scharf entgegenstand, gegen die Verfassung, gegen die in der Gebietssache genommenen Maßregeln, gegen die Personen der Minister heftig loszog. Für mich besonders war es oft ebenso schwer, bei seinen Ausfällen zu schweigen, als darauf zu antworten. Rahel, deren heiterer Geist und rasche Leichtigkeit stets von dem besten Willen geleitet waren, zerbrach jene äußern Schalen leicht und drang zu dem guten Kerne durch, der in den Eltern wie in den Töchtern ihr stets das freundlichste Vernehmen sicherte. Bei ruhigem Besinnen mußte man doch bisweilen finden, daß ein solcher Umgang neben seinem Genuß auch nicht wenige Arbeit hatte.

Berstetts erste Nachrichten aus Aachen lauteten sehr dürftig und gar nicht befriedigend. Er hatte überall, außer bei seinem Gönner Anstett, eine kalte Aufnahme gefunden. Die meisten Schwierigkeiten kamen jetzt, gegen seine Erwartung, von der russischen Seite. Die Vorschläge, die ihm von daher entgegengebracht wurden, bedingten eine beträchtliche Landabtretung an Bayern und eine sehr große Geldentschädigung. Er hörte bald, daß diese ungünstigen Bestimmungen von dem Kaiser Alexander selbst angegeben seien, in dessen Gedanken eine große Veränderung vorgegangen schien. Man hatte ihm oder er sich selbst in den Kopf gesetzt, hier sei vor allem die Heiligkeit der Verträge zu beachten, die Verträge beständen einmal und müßten ausgeführt werden. Daß diese Verträge nur über Baden und gegen Baden geschlossen worden, daß Baden keine Verpflichtung gegenüber von Bayern hatte, war dem eigenwilligen und noch dazu harthörigen Selbstbeherrscher gegen seine vorgefaßte Meinung nicht leicht beizubringen; weder der Graf von Nesselrode noch der Graf Kapodistrias wollten dieser undankbaren Aufgabe sich ohne Not unterziehen, Herrn von Anstett fehlte sogar die Gelegenheit dazu. Berstett ging in seiner Verzweiflung zu Hardenberg und Bernstorff, zu Metternich und Wessenberg und besonders zu Gentz, sie[294] alle bezeigten guten Willen; die Österreicher sagten, der russische Kaiser glaube ihnen durch dies sogenannte Festhalten an den Verträgen einen Gefallen zu tun, darin irre er, aber es zieme nicht ihnen, diese Täuschung ihm zu benehmen.

Berstett wußte, daß er sich als Minister nicht halten konnte, wenn er von Aachen unverrichteterdinge wiederkehrte. Nesselrode und Anstett zuckten die Achseln. Nur Gentz widmete der Sache fortwährend seinen ganzen Eifer. Auf seinen Rat erbat Berstett beim Kaiser Alexander sich besonderes Gehör. Der Kaiser hörte ihn mild und freundlich an, blieb indes dabei, die Verträge seien heilig, sie müßten vollzogen werden. Da schilderte Berstett die Lage des Großherzogs mit den düstersten Farben, seinen wahrscheinlich nahen Tod, wie eine ungünstige Entscheidung ihm seine letzten Lebenstage verbittern müsse, wie schrecklich für den treuen Diener, der ihm diese Botschaft vielleicht an sein Sterbebette zu bringen habe! Sich mehr und mehr erhitzend, rief er endlich mit Verzweiflung, er wolle dieser Diener nicht sein, lieber wünsche er sich den Tod, und indem er bald sich, bald seinen armen Herrn bejammerte, fing er bitterlich zu weinen an. Der Kaiser, dem so etwas noch nicht begegnet war, erschrocken und verlegen, suchte ihn zu beruhigen, lobte seinen treuen Eifer, gab ihm tröstende Versicherungen, ermahnte ihn, die Sachen nicht so düster anzusehen, es sei noch alles zu gegenseitiger Zufriedenheit abzumachen. Allein je mehr der Kaiser ihm zuredete, desto stärker und lauter weinte Berstett und brachte durch sein sich steigerndes Weinen den Kaiser in solche Not, daß er endlich ausrief: »Nun wohl, Ihr sollt alles behalten, dem Großherzog wird keine Gewalt geschehen; Ihr könnt ihm melden, daß ich alles anerkenne, die Erbfolgefähigkeit der Hochberge, die Verfassung, die Unteilbarkeit des Landes! Ist das genug? Seid Ihr zufrieden? Nun aber beruhigt Euch und gönnt auch mir Erholung!« Darauf warf sich Berstett ihm zu Füßen, küßte ihm die Hände und floß über in Dankbarkeit und Bewunderung. Nun wurde dieser Entscheid des[295] Kaisers den Österreichern und den Preußen mitgeteilt und durch deren guten Willen schnell zu einer diplomatischen Übereinkunft formuliert, die, mit den gehörigen Unterschriften versehen, gegen neue Änderungen ziemlich gesichert war.

Als diese glückliche Wendung zuerst durch eine Depesche Berstetts gemeldet wurde, wollte man solchen Erfolg kaum glauben. Bald aber kam Berstett selber von Aachen zurück und brachte die ausführliche Bestätigung. Seine Beredsamkeit dem Kaiser gegenüber erschien im glänzendsten Lichte; das Weinen ließ er unerwähnt, er hatte nur in der ersten Freude vor Gentz kein Geheimnis daraus gemacht, so wie der Kaiser sich nicht versagte, dem Fürsten von Metternich den abenteuerlichen Vorgang zu erzählen; für diesen aber war es ein Fest, das neue diplomatische Hülfsmittel anzupreisen und zu empfehlen!

Der eigentliche Abschluß der badischen Gebietssache war indes noch nicht erfolgt, sondern zur genauern Erörterung und Ausarbeitung, immer jedoch nach der schon festgesetzten Grundlage, an eine Kommission gewiesen, die für dieses und einige verwandte Geschäfte in Frankfurt am Main angeordnet wurde. Ganz glatt und scharf sollte gleichwohl nicht abgeschnitten werden, einige Haken mußten daran sein, die Diplomatie hätte sich sonst geschämt, ihr Handwerk so schlecht ausgeübt zu haben. Wie es gleich anfangs geheißen hatte, ohne einige Gebietsabtretung durfte die Sache nicht ablaufen; es mußte der Schein gerettet werden, daß die früheren Verträge, auf die man sich so lange berufen, doch im Recht gewesen und noch immer in gewissem Grade erfüllt worden. Freilich wurde die Abtretung des Main- und Tauberkreises, die zuerst verlangt war, auf einen bloßen Ländertausch, und dieser auf zwei geringe Gegenstände, die abgesonderten Landinseln Steinfeld und Geroldseck, und auf eine Geldzahlung von zwei Millionen Gulden herabgedungen; allein die Verhandlungen darüber wurden in aller Form und Wichtigkeit gepflogen und das schließliche Ergebnis erst nach längerer Zeit herbeigeführt.[296]

Berstett fand für seine herrlichen Nachrichten überall offnes Ohr und lauten Beifall; man bewunderte den Verstand, die Festigkeit, die Klugheit und Gewandtheit des Mannes, dem so Großes gelungen war. Die ihn am meisten haßten und ihn während seiner Abwesenheit zu stürzen gesucht, waren am meisten jetzt beeifert, ihm zu schmeicheln. Reizenstein und Tettenborn begrüßten ihn herzlich und gönnten ihm einen Sieg, von dem ihnen ihr Bewußtsein den besten Teil zusprach, und sie lächelten großmütig, als er auch gegen sie das Ansehen sich zu geben versuchte, als habe er allein alles getan. Er glaubte nun selbst ein großer Staatsmann und zu noch weit höheren Dingen berufen zu sein. Nur bei dem Großherzog, auf dessen Beifall, Staunen und Belohnung er am stärksten gerechnet hatte, sah er seine Mühen und Erfolge fast gänzlich unbeachtet. Dieser war nach der letzten Aufwallung, in welcher seine Empfindlichkeit und sein Unwillen die letzten Kräfte verbraucht zu haben schienen, in völlige Ermattung gesunken, nahm an nichts mehr teil, zeigte sich gleichgültig gegen alles und ließ oft glauben, daß er den Tag nicht überleben werde. Berstett war ihm von Natur nicht angenehm, und die Nachrichten, die er mitbrachte, hatten für den Sterbenden schon keinen Wert mehr. In der Tat war wenige Tage vorher in einer Beratung von acht Ärzten das Urteil über den Kranken einstimmig gesprochen worden und dieser als ein Sterbender anzusehen. Berstett wußte nun, daß er sich vor allem die Geneigtheit des Markgrafen Ludwig zu erwerben habe.

Die kurzen Tage des Dezember schleppten sich traurig hin, und das Stocken alles Lebens in den engen, noch überdies getrennten Kreisen von Hof und Stadt drückte schwer auf uns; wir sahen trüb in die Zukunft, die auch unter günstigen Umständen in langer Zeit auf diesem Boden nichts hoffen ließ, was uns Genuß und Freude böte. Da kam unerwartet abends aus Rastatt von Tettenborn die geheime Nachricht an mich, der Großherzog liege im Sterben; am andern Morgen, den 8. Dezember, die zweite, er sei nach[297] langen, aber bewußtlosen Todeskämpfen gegen 9 Uhr entschlafen. Ich gewann noch eben soviel Zeit, um das Ereignis dem Fürsten von Hardenberg, dem Grafen von Goltz in Frankfurt und Herrn von Küster in Stuttgart zu berichten; kaum waren meine Schreiben abgefertigt, so wurden die Tore geschlossen, aller Verkehr auf mehrere Stunden gehemmt und während dieser Zeit, wie in solchen Fällen gewöhnlich, vor allem die Truppen versammelt und für den neuen Herrscher in Eid und Pflicht genommen. Sie schwuren dem Markgraf Ludwig, Oheim des Verstorbenen, als nunmehrigem Großherzog.

Diese so lange Zeit unsichere, bestrittene, immer aufs neue bezweifelte Thronfolge in das gesamte Großherzogtum war also nun geschehen, ohne Widerspruch und Schwierigkeit. Der neue Großherzog, obschon er es längst hatte kommen sehen, darauf angewiesen war durch seine angeborenen Rechte, es heiß gewünscht hatte, war doch so betäubt und verstört über das Erlangte, daß er sich zuerst gar nicht darein finden konnte, es gar nicht glauben wollte, daß er der Herr sei und befehlen könne. Der Abstand seiner bisherigen gedrückten und peinlichen Stellung von seiner jetzigen gebietenden war zu groß, der Übergang zu rasch. Alle, vor denen er sich so lange gebeugt hatte, die Markgräfinmutter, die Großherzogin Stephanie, die Minister und Hofleute, standen nun unter ihm, waren zum Teil von ihm abhängig. Er bat bei den ersten Anordnungen, die zu machen er genötigt war, gleichsam um Verzeihung, daß er sich so viel herausnehme, er hoffte, man werde ihn mit Rat und Tat unterstützen, erklärte sich dessen bedürftig. Die Höflinge täuschten sich aber nicht, sie sahen diese Demut als eine Schwäche der ersten Überwältigung an, die bald spurlos verschwinden werde; sie wußten, daß gerade dieser Fürst mit größter Eifersucht seine spät erlangte Gewalt werde üben und genießen wollen.

Der Verstorbene hatte sein Lebensalter nur auf zweiunddreißig und ein halbes Jahr gebracht; sein Nachfolger stand im sechsundfünfzigsten, er hatte demnach wenige Zeit zu[298] verlieren, und von allen Seiten half man ihm seine Sachen beschleunigen, so daß er in kürzester Zeit in seinen neuen Verhältnissen ganz einheimisch und behaglich war. Seine Rolle war ihm wenigstens durch seinen Vorgänger nicht erschwert; dieser hatte die Liebe seiner Untertanen, insofern er ihr angestammter Fürst war, durch seine Jugend und seine Schicksale ihre Teilnahme, durch sei nen traurigen Ausgang ihr Mitleid erweckt; man kannte sein gutes Herz, seine menschliche Billigkeit, die selten oder nie persönliche Härte aufkommen ließ; aber man kannte auch seine Schwächen, seine Fahrlässigkeit und Trägheit, die den Staat in die größte Zerrüttung und an den Rand des Abgrundes gebracht hatten. Als regierender Fürst war er unter die schlechtesten zu rechnen, unter die zu ihrem Beruf Unfähigsten. Mit nur leidlicher Ordnung, nur einiger Tätigkeit, für welche die glücklicherweise schon verkündete Verfassung genugsamen Antrieb und heilsames Maß darbot, konnte der neue Fürst überaus wohlfeil die Zuneigung des hart geprüften und doch so leicht befriedigten Volks, den Ruhm einer trefflichen Regierung erlangen.


Zwei Tage nach dem Tode des Großherzogs Karl traf Gentz auf der Rückreise von Aachen bei uns ein. Es war ihm unangenehm, in diese Tage des Übergangs und der Trauer geraten zu sein, wo so viel von Krankheit und Sterben die Rede war und das düstre Schwarz überall hervortrat. Er haßte alle solche Vorstellungen und besonders jetzt, wo er in der Fülle des Glückes, der Ehren und des Lebensgenusses schwelgte. Seine glänzenden Erfolge und reichen Gewinste besonders vor den Augen Rahels auszubreiten war ihm das größte Bedürfnis, die süßeste Befriedigung. Er saß zwei ganze Abende mit uns tief in die Nacht hinein in vertraulichem Gespräch und erzählte das Wichtigste wie das Kleinste von allgemeinen und persönlichen Angelegenheiten. In betreff der letztern freute ihn über alles der gute Zustand seiner gewöhnlich trotz alles reichen Zuströmens ganz erschöpften[299] Finanzen. Es ist wohl der Mühe wert, einen Blick auf die Schätze zu werfen, welche der Kongreß von Aachen diesem Staatsmann eingebracht. Als Führer des Protokolls hatte er außer zweien großen Orden und mehreren reich mit Diamanten besetzten Dosen von Rußland, Frankreich und Preußen von jedem 800 Dukaten, von England 700 Pfund Sterling zum Geschenk erhalten, ferner für eine Denkschrift zugunsten der Mediatisierten durch den Fürsten Wilhelm von Bentheim 1000 Dukaten, für dergleichen Verwendung in betreff der Juden durch Rothschild ebenfalls 1000 Dukaten, noch durch Rothschild als angeblichen Gewinn von Staatspapieren 800 Dukaten, von Baden als außerordentliches Geschenk 6000 Gulden – man hatte ihm die Wahl gelassen zwischen dem Großkreuz des Zähringer Ordens und Geld – und noch andere Gewinne von zufälligen Geschäften, ungerechnet seine gewöhnlichen und außerordentlichen Zuflüsse von Österreich selbst, aus den Fürstentümern Moldau und Walachei. Mehr als 1800 Dukaten hatte er in Aachen bar ausgegeben, größtenteils für Ankäufe, die er in seinem vollgestopften Wagen mühsam mitschleppte. Ich würde diese Summen nicht aus dem Gedächtnis angeben können, sie stehen aber in seinen Tagebüchern aufgeschrieben, die ich später einsehen konnte und wo doch noch manches ausgelassen worden; in den am Schlusse des Aufenthalts niedergeschriebenen Worten bemerkt er noch ausdrücklich: »Außerdem waren diese zwei Monate, obgleich voll Mühe und Arbeit, doch unstreitig die interessantesten, befriedigendsten und ruhmvollsten meines Lebens.« – Wichtiger waren die politischen Mitteilungen. Er gestand, daß nicht Österreich und Metternich, nicht England, geschweige denn Preußen, sondern der Kaiser Alexander und Kapodistrias auf dem Kongresse die Leitung geführt, daß namentlich Kapodistrias ein entscheidendes Übergewicht genommen und sich bei dem Kaiser in höchste Gunst gesetzt habe; der schlaue Grieche hatte sich der Schwächen Alexanders geschickt bemächtigt, die religiöse Richtung desselben aufgefaßt, ihr gehuldigt und[300] sie gefördert, so daß der Kaiser glaubte, nie von jemandem besser verstanden, sicherer zu Ruhm und Heil geleitet worden zu sein als von Kapodistrias. Dies alles war nicht zum Vorteil des Freisinns, auch konnte man den Umschwung, der in den Ansichten des Kaisers seit seiner Warschauer Rede vorgegangen war, schon in vielen bedeutenden Zügen wahrnehmen. Eines der Zeugnisse war die nachher berühmt gewordene Denkschrift von Stourdza gegen die deutschen Universitäten, von der später die Rede sein wird. Von dieser Veränderung ließen sich wichtige Folgen erwarten, hoffen, wie Gentz meinte, wenn er auch nicht gerade diese Gestalt des Religiösen, gemischt aus griechisch-orthodoxen und protestantisch-mystischen Elementen, für die wünschenswerteste hielt. Mit unsern preußischen Verhältnissen war Gentz durchaus vertraut, die Personen ihm von alter Zeit her genau bekannt. Über Bernstorffs Ernennung war er hocherfreut; er nannte dessen Denkart vortrefflich und meinte, auch wir würden von ihm nur Gutes zu erwarten haben. Lebhaft schilderte er uns das Auftreten Wilhelm von Humboldts, der von London zum Kongreß gekommen war und seit der Ernennung des Grafen von Bernstorff zum Minister der Auswärtigen Angelegenheiten gegen diesen und den Staatskanzler in entschiedenem Widerspruche stand. Ohne jede Heftigkeit, in freundlichem Umgang, äußerte er Urteile und Meinungen, welche jenen tiefe Wunden, erschütternde Schläge gaben und sie für die Zukunft nicht wenig besorgt machten. Hardenberg gestand, es müsse alles geschehen, um einen solchen Gegner zu versöhnen, wenigstens zu beruhigen, und Bernstorff sagte zu Gentz, hätte er gewußt, welchem Nebenbuhler er das Ministerium entziehe, so würde er solches nie angenommen haben. In seiner Zurücksetzung behauptete Humboldt über seine Gegner die Überlegenheit des Geistes, der Selbständigkeit; sie fürchteten ihn, nicht er sie. »Ich habe ihn wahrhaft bewundert«, sagte Gentz, »so fest war seine Haltung! Nur ganz zuletzt sah ich ihn etwas aus den Fugen, als Bernstorff ganz unerwartet den Andreasorden[301] und den Schwarzen Adlerorden zugleich erhielt, Auszeichnungen, die sonst nur nach vielen Jahren dem entschiedensten Verdienst verliehen werden, hier aber gleich im Beginn der Laufbahn zum voraus erteilt wurden; das war ihm zu stark, da brach etwas in seinem Innern, ich sah ihn sich verfärben und erst nach einiger Zeit seine gewöhnliche Fassung wiedergewinnen.«

Über den Gang der Dinge im allgemeinen schien Gentz jetzt keine großen Besorgnisse zu haben; wenn es in Frankreich ruhig bliebe, meinte er, so sei auch Deutschland gesichert, wo die Freiheitsbestrebungen, die er nicht unbedingt verwerfen wollte, leicht in gehörigen Schranken zu erhalten wären; die Hauptsache sei nur, daß man sich der guten Köpfe zu versichern suche, zu denen er allerdings Lindner und Ludwig Wieland zählte, dann aber auch Ludwig Börne, welchen er aufs äußerste rühmte, besonders dessen Theaterkritiken, die nur denen von Lessing zu vergleichen wären.

»Und seine politische Richtung?« fragte Rahel.

»Ganz radikal!« rief Gentz, »wie können Sie es anders von einem gedrückten, überall ausgeschlossenen, geistvollen und mutigen Juden erwarten!«

»Und hoffen Sie den zu gewinnen?« fragte Rahel weiter.

»Vielleicht«, versetzte Gentz, »aber schwer wird's halten; mir indes«, fügte er selbstgefällig hinzu, »will er sehr wohl.«

Quelle:
Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten des eigenen Lebens. Berlin 1971, S. 236-302.
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