Besser, Leopold Aug.

[160] Besser, Leopold Aug., geb. 11. Mai 1820 zu Altenberg in Sachsen, studierte in Leipzig, wurde hier wegen burschenschaftlicher Verbindung relegiert und promovierte später in Jena 10. Juli 1845, um sich dann ein Jahr als Schüler Skoda's weiter auszubilden. Nach einer Thätigkeit als praktischer Arzt von 1847 bis 55 privatisierte B. in Berlin bis 1859 und wurde dann Anstaltsarzt des gr. Friedr. Wilh. Waisenhauses bis 1863. Nach dreijähriger Thätigkeit in Siegburg gründete er 1866 das Asyl Pützchen bei Bonn, das er 1890 an Cl. Gudden abtrat. In seinen Schriften: »Benutzung der ersten Lebenstage des Säuglings« (Göttingen 1853. 4 Auflagen) – »Die Aerzte in der Konkurrenz« (Ib. 1855) – »Werden und Wachsen unserer Kinder« (Frankfurt, 2 Auflagen) – »Zur Histogenese der nervösen[160] Elementarteile in den Centralorganen des neugeborenen Menschen« (Virchow's Archiv XXXVI) – »Haben wir die seelischen Phänomene beim Neugeborenen für Reflexvorgänge zu erklären?« (Arch. f. Psychiatrie und Nervenkr. VIII.) und »Was ist Empfindung?« (Bonn 1881) – vertritt B. mit Konsequenz die Auffassung, dass alles, was beim Menschen als psychische Erscheinung aprioristisch angenommen, resp. so benannt wird, erst nach der Geburt sich im menschlichen Organismus allmählich entwickelt. Die Beobachtung des neugeborenen Menschen führe genügend darauf hin, alle Voraussetzungen angeborener seelischer Fähigkeiten aufzugeben. 1899 erschien »Die menschliche Sittlichkeit als soziales Ergebnis der monistischen Weltanschauung« (Bonn) mit dem Nachweis, dass, was man das Vermögen nennt, »sich etwas vorzustellen«, auf der Sprachfähigkeit des Menschen beruht, dass die Laut- und Wortbildung aber lediglich eine Thätigkeit der mechanisch fungierenden körperlichen Organe ist, die ihre Auslösungen von den zwei Gebieten der sogen, physiologischen und physikalischen Reize erhalten. Die Gesetzmässigkeit der einwirkenden Reize endlich fordert nach B. den Schluss auch auf eine Gesetzmässigkeit im Ablauf der Auslösungen. Mit dieser Kongruenz des Geschehens begründet B. den naturwissenschaftlichen Monismus. Eine grosse Anzahl ethisch-sozialer Aufsätze in der »Deutschen Allg. Univ.-Ztg.«, herausgegeben von K. Küster, sowie etwa 8 selbständig erschienene Monographien ähnlichen Inhalts (von 1853 bis 95) rühren ebenfalls noch von B. her.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 160-161.
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