Hebra, Ferdinand

Hebra, Ferdinand Ritter von
Hebra, Ferdinand Ritter von

[698] Hebra, Ferdinand Ritter von, der berühmte Wiener Dermatolog, 7. Septemb. 1816 in Brunn geb., machte seine Studien in Graz und Wien, wurde 1841 Doktor, war dann successive Assistent an der[698] Lehrkanzel f. Staatsarzneikunde, Aspirant bezw. Sekundararzt an der Abt. f. Brustkranke unter Skoda und erhielt von ihm die Hautkranken zur speziellen Obhut überwiesen, da diese seine besondere Aufmerksamkeit fesselten. Seitdem datiert H.'s Beschäftigung mit der Dermatologie. Er vertiefte sich in das Studium derselben u. brachte es durch seine emsige praktische, wie litter. Arbeit dahin, dass die Hautkranken in einer selbständigen Abteilung untergebracht wurden, deren Leitung ihm 1845 übertragen wurde. 1848 wurde er Primararzt des Allgem. Krankenhauses, 1849 Prof. e. o., 1869 Prof. ord. d. Dermatologie. H., der 5. August 1880 starb, ist der Reformator der neueren Dermatologie. Er hat das Verdienst, die ältere humoral-patholog. Auffassung wonach der grössere Teil der Hautaffektionen aus dem Blutestammen resp. von gewissen Dyscrasien herrühren solle, beseitigt zu haben. Mit Hülfe des patholog. Experiments und gestützt auf ein umfassendes klin. Material führte er zunächst am Eczem, dann auch an der Scalies und anderen Dermatosen den Nachweis, dass gewisse örtliche Reize parasitäre und ähnliche Einflüsse als ätiologische Faktoren hauptsächlich in Betracht kämen und begründete damit die Anschauung von der mehr oder weniger lokalen Natur der Hautkrankheiten. Im wesentlichen an Rokitiansky's Systematik anknüpfend räumte er mit einer ebenso komplizierten als veralteten, aus der humoralpathol. Anschauung hervorgegangenen Nomenklatur auf und setzte an Stelle derselben eine den geläuterten experimentellen u. pathol.-anat. Ergebnissen entsprechende Terminologie. Ausser zahlreichen kleineren Arbeiten publizierte H. »Versuch einer auf pathlogische Anatomie gegründeten Einteilung der Hautkrankheiten« (1845), worin er in ebenso geschickter wie übersichtlicher Weise ein System der Hautkrankheiten schuf, das mit wenigen Abweichungen Jahrzehnte lang bei den meisten[699] Fachgenossen Geltung behielt. 1856 begann, 1876 vollendete er (im Verein mit Elfinger u. Heitzmann) einen in Wort und Bild klassischen »Atlas der Hautkrankheiten«. 1860 erschien ein 3. Bd. von Virchow's Handb. d. spez. Pathol. u. Therapie. Die Schrift »Acute Exantheme von Hautkrankheiten«, zugleich als Teil I eines später von Kaposi vollendeten Lehrbuchs der Hautkrankheiten. Auch der Lepra wandte H. seine Aufmerksamkeit zu, indem er 1852 zum Spezialstudium der Krankheit nach Norwegen, später nach Paris und London Reisen unternahm. H. war ein anerkannt vorzüglicher Lehrer. Schon die ersten Privatkurse, die er 1842 zu halten begann, hatten lebhaften Anklang selbst bei hervorragenden älteren Ärzten gefunden; seine akad. Vorlesungen fesselten durch ebenso klare, als originelle z.T. humorist. Darstellung und fanden einen Zuhörerkreis aus allen Teilen der Welt, sodass H. das Haupt der neueren Dermatologie geworden ist, ähnlich wie v. Graefe für die Augenheilkunde.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 698-700.
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