Linhart, Wenzel

[1015] Linhart Wenzel v., zu Würzburg, geb. 6. Juni 1821 zu Seelowitz in Mähren als Sohn eines geschätzten Chirurgen, der später nach Brünn übersiedelte, studierte von 1838 an in Wien, wurde 1844 Dr. med., kam 1845 durch von Wattmann in das k. k. Operations-Institut, wurde 1847 Dr. chir., k. k. Operateur, war 1845 bis 49 Assistent in den Vorlesungen v. Dumreicher's und 1847 bis 49 Sekundärchirurg im Allgem. Krankenhause, auch 1848 Chir. bei den im Notspital im Augarten befindlichen Verwundeten. 1849 wurde L. klin. Assistent v. Dumreicher's und hielt über chirurg. Anat. und operat. Chir. zahlreich besuchte Vorträge und Kurse. Nachdem er sich 1852 an der Wiener Univ. für Chir. habilitiert und 1853 seine Stellung im Spital aufgegeben hatte, folgte er 1856 einem Ruf als Prof. der chir. Klinik nach Würzburg. Hier war es, wo L., neben seiner Thätigkeit als klinischer Lehrer, fleissig auch als Schriftsteller weiter arbeitete, so dass aus der Würzburger Periode seines Lebens gegen 30 einzelne Arbeiten bekannt sind, darunter nur eine selbständige Schrift: »Vorlesungen über Unterleibshernien« (1866); die übrigen Arbeiten sind in der Österr. Zeitsch. für prakt. Heilk., Prager Vierteljahrschr., Wiener m. Pr., in der Würzburger med. Zeitsch., in den Verhandl. der physikal.-med. Gesellsch. zu Würzburg und den Verhandl. der Deutschen Gesellsch. für Chir. veröffentlicht. Während des Krieges von 1866 hatte L. auch bei der Behandlung der Verwundeten sich grosse Verdienste erworben, wurde 1867 zum Hofrat ernannt und erhielt den mit dem persönlichen Adel verbundenen Zivil-Verdienstorden; ebenso zeichnete er sich im deutsch-französischen Kriege 1870 bis 71, den er als bayerischer Generalarzt mitmachte, aus. Schon ziemlich lange vor seinem Tode an[1015] bedeutender Schwerhörigkeit leidend, wurde er vom Zungenkrebs befallen, dem er 22. Okt. 1877 erlag. L. war ein originell angelegter Charakter, wirkte anziehend und belebend auf seine ganze Umgebung und war Hohen wie Niederen ein gleich liebenswürdiger Arzt. Als Operateur besass er eine grosse Geschicklichkeit und durch keine Schwierigkeiten zu erschütternde Kaltblütigkeit; als Lehrer war er in hohem Grade anregend; als Schriftsteller zeichnete er sich durch kurze und bündige Darstellung aus und gehört zu denjenigen deutschen Chirurgen, welche die Chirurgie mit der Anatomie in die innigste Verbindung zu bringen mit Erfolg bestrebt gewesen sind. Das Verzeichnis seiner zahlreichen litterarischen Arbeiten enthält das ältere Biogr. Lexikon.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1015-1016.
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