Reichert, Karl Bogislaus

Reichert, Karl Bogislaus
Reichert, Karl Bogislaus

[1357] Reichert, Karl Bogislaus, geb. 20. Dez. 1811 zu Rastenburg, studierte in Königsberg, hauptsächlich unter K. E. v. Baer, sowie an dem med.-chir. Friedrich Wilhelms-Institut zu Berlin, welcher Anstalt er stets eine grosse Pietät bewahrte, promovierte 1836 mit der sehr bemerkenswerten Diss.: »De embryonum arcubus sic dictis branchialibus« und erhielt, auf Verwendung Alexander v. Humboldt's von seinen militär. Verpflichtungen entbunden, nach Henle's Abgang die Prosektur am Berliner anat. Institute unter Joh. Mueller. Bereits 1843 wurde er als[1357] ord. Prof. der menschl. und vergl. Anat. nach Dorpat berufen, von wo aus er in rege Verbindung mit K. E. v. Baer, damals in Petersburg, trat und wo für ihn eine Zeit fruchtbarster Wirksamkeit und regsten Schaffens begann. Er lieferte wie Waldeyer im älteren Lex. hervorhebt, die histol. Jahresberichte in Mueller's Archiv, sowie mehrere grössere monograph. Werke und gab Anregung zu zahlreichen, zum Teil sehr wertvollen Dissertationen, unter denen vor allem das ihm gewidmete Reissner'sche Werk: »De auris internae formatione« (Dorpat 1851) genannt sein möge. 1853 wurde er, an Th. v. Siebold's Stelle, zum Direktor des physiol. Institutes in Breslau ernannt und 1858 als seines Lehrers Joh. Mueller Nachf. nach Berlin berufen, in welcher Stellung er bis zu seinem 21. Dez. 1883 erfolgten Tode verblieb. – R.'s Verdienste liegen vorzugsweise auf dem Gebiete der Entwickelungsgeschichte und Histologie, zu deren eifrigsten und erfolgreichsten Förderern er gezählt werden muss. Als wesentlichste Ergebnisse seiner, von Waldeyer im älteren Lex. zitierten Arbeiten bezeichnet dieser: »Die Einführung der Zellenlehre in die Embryologie mit dem positiven Nachweise (für den Frosch), dass die Furchungskugeln Zellen werden und dass alle späteren Organbestandteile sich von den Furchungszellen ableiten lassen; ferner die Feststellung der Keimblätter und Primitivanlagen bei den Batrachiern[1358] und eine genauere Schilderung derselben beim Hühnchen, namentlich in histol. Beziehung; den Nachweis der Deckschicht bei den Batrachiern, die er aber auch für die Vögel annahm (Umhüllungshaut, Reichert); die genauere Feststellung der Umbildungen der Kiemenbögen, der Entwickelung des Amphibienschädels, die Aufstellung der Bindesubstanzgruppe in der 1845 in Dorpat erschienenen Schrift«. Die menschl. deskript. Anatomie bereicherte er mit einem Werke über das Gehirn und seiner Arbeit über »Die feinere Anatomie der Gehörschneeke« (1864). Auch vergl.-anat. Themata hat R. bearbeitet. Eine ausführlichere Würdigung dieser, sowie der übrigen Leistungen R.'s findet sich im älteren Lex. und rührt von Waldeyer her.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1357-1359.
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