Sédillot, Charles-Emmanuel

[1567] Sédillot, Charles-Emmanuel, bekannter französ. Chir., geb. zu Paris 14. Sept. 1804, einer Familie von Ärzten angehörig, studierte von 1822 an daselbst, trat 1824 in das Val-de-Grâce, um sich der militärärztl. Laufbahn zu widmen, wurde 1825 Chir. sous-aide-major im Instruktions-Hosp. zu Metz, 1827 im Val-de-Grâce, 1829 Doktor, machte 1831 in Polen in der National-Armee den Feldzug mit Auszeichnung mit, wurde 1832 zum Aide-major, 1835 zum Agrégé der Pariser Fakultät und 1836 zum Chir.-major und Prof. der operat. Chir. an der militärärztl. Schule des Val-de-Grâce ernannt. 1836 und 39 bewarb er sich ohne Erfolg um Lehrstühle der klin. und operat. Chir. bei der Pariser med. Fakultät und hatte dabei die These: »Des amputations des membres dans la continuité et la contiguité, ses avantages et ses inconvéniens« (1836) zu verteidigen. 1837 wurde er nach Afrika geschickt, nahm Teil an dem Feldzuge von Constantine und schrieb darüber einen interessanten Bericht. Im folgenden Jahre erschien seine am meisten bekannt gewordene Schrift: »Traité de medécine opératoire, bandages et appareils« (2 voll., Paris 1839 bis 46; 2. éd. 1853 bis 55; 4. éd. mit Legouest, 1870; holländ. Übers. Rotterdam 1841). Nachdem er noch einmal, 1841, um einen Lehrst.[1567] der operat. Chir. in Paris mit der These: »De l'opération de l'empyéme« (1841; 2. éd. 1841) konkurriert hatte, wurde er in demselben Jahre, nach einem glänzenden Konkurse, wobei er die These: »Les kystes envisagés sous le point de vue de pathol. externe et de thérap. chirurgicale« zu schreiben hatte, als Nachfolger von Begin zum Prof. der Chir. und chirurg. Klinik bei der med. Fakultät zu Strassburg und zugleich zum Prof. an der dortigen militärärztl. Schule ernannt. 1850 avancierte er zum Méd. principal 1. Kl. Seine späteren Arbeiten sind in dem sehr ausführlichen Artikel Gurlt's für das ältere Biogr. Lexikon aufgezählt. Seit 1857 war S. Mitglied der Acad. de méd., seit 1872 des Institut. Nach dem Kriege von 1870/71, durch welchen er dem Felde seiner Thätigkeit entzogen worden war, trat S., der Médecin inspecteur des armées und Direktor der reorganisierten militärärztlichen Schule in Strassburg (bis 1869) gewesen und bereits leidend geworden war, indem er den ihm angebotenen chirurg. Lehrstuhl in Nancy ausschlug, in das Privatleben zurück, nahm seinen Aufenthalt in Paris, beschäftigte sich, bei zunehmender Taubheit, die ihm den Verkehr in wissenschaftl. Gesellschaften erschwerte, seit 1870 mit philos. Studien, schrieb noch 2 Schriftchen über das »Relévement de la France« (1874) und »L'évolution en médecine« (1879) und starb 29. Jan. 1883 zu Sainte-Menehould. – S. hat sich in mehrfacher Beziehung um die Chir. verdient gemacht. Von besonderer Bedeutung waren seine Arbeiten über die Luxationen und deren Behandlung, über die Empyem-Operation, die Gastrotomie, die er 2mal, wenn auch ohne Erfolg, ausführte, über verschiedene plastische Operationen, die Urethrotomie, über die Pyämie und das Évidement der Knochen, während er ein Gegner der subperiostalen Resektionen war. Sein Bestreben, die Medizin zu einer exakten Wissensch. zu erheben, muss zwar als lobenswert anerkannt, aber als idealistisch bezeichnet werden und führte ihn dazu, an die Spitze der letzten Ausgabe seiner Médecine opératoire einige sehr selbstbewusste Aphorismen zu stellen, die zu seiner Charakterisierung zu dienen geeignet sind; wir führen von denselben nur die erste an: »Le succés des opérations dépend de[1568] l'habileté du chirurgien. Les revers accusent notre ignorance ou nos fautes, et la perfection est le but de l'art.«

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1567-1569.
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