Saenger, Max

Saenger, Max
Saenger, Max

[1460] Saenger, Max, in Prag, geb. zu Bayreuth 14. März 1853, studierte seit 1871 in Würzburg und Leipzig, approbiert und prom. 1876 (»Die Mechanik der Broncho- und Pneumorrhagieen bei Tuberculosis pulmonum«), war bis 1878 Assistent am pathol. Institut, sowie an der med. Poliklinik unter E. L. Wagner, wo er auch durch den bekannten Erfinder der »polaren Elektrisation«, der damals an der Poliklinik wirkte, Brenner, Anregung zur Beschäftigung mit Nervenkrankheiten empfing. 1878 bis 81 war S. Assistent an der Klinik von B. S. Credé, habilitierte sich für Geburtsh. und Gynäkol. 1881 mit der Schrift: »Der Kaiserschnitt bei Uterusfibromen nebst vergleichender Methodik der Sectio caesarea und Porro-Operation«, einer Arbeit, welche zusammen mit einer Reihe nachfolgender Publikationen durch Angabe von Verbesserungen der Operationstechnik, besonders der Uterusnaht, deren Geschichte ausführlich gebracht wird, einen Umschwung zu Gunsten der konservativen Methode des Kaiserschnitts gegenüber der Porro-Operation bewirkte und den Weg für eine häufigere Anwendung des Kaiserschnitts bei relativer Indikation zur Vermeidung der Kraniotomie und Embryotomie des lebenden Kindes bahnte. S. warf sich nun auf die moderne, operative Gynäkol., gestützt auf normale und pathol. Anat. als wissenschaftl. Grundlagen. Er übte bereits 1881 die grössten gynäkol. Operationen aus, z.B. komplette, vaginale Totalexstirpation d. Uterus (neben Thiersch als erster in Leipz.), schwierige Coeliotomien bei eitrigen Adnexerkrankungen etc. unter Asepsis und Antisepsis, deren Ausbildung[1460] er sich, unausgesetzt widmete, mit Hülfe eigener Erfindungen und Verbesserungen. Sehr früh befasste er sich mit der jetzt so sehr betonten mechanischen Desinfektion (Sanddesinfektion), die er nie zu üben aufhörte und in der Prager Klinik (mit Schenk) in neue Bahnen lenkte. 1884 bis 87 war S. Operateur der gynäkol. Klinik in besonderer von Credé ihm anvertrauter Stellung. Anfangs in dürftigen Mietswohnungen in der von Leopold übernomm. Privatklinik thätig, konnte er erst 1890 eine allen modernen Anforderungen entsprechend eingerichtete Frauenheilanstalt mit 25 Betten eröffnen, die erste (vom Architekten aus 'm Werth, jetzt in Jauer) nach dem Monnier-Rawitz-System mit Abrundungen der Wanddecken und Kanten ausgiebig durchgeführte Klinik, in der die Fussböden der Operations- und Nebenräume aus unverwüstlichem Xylolith hergestellt waren, mit zwei Laboratorien zu histol. und bakteriol. Arbeiten etc. 1883 gründete S. eine sehr frequentierte gynäkol. Poliklinik, die einzige derartige in Deutschland, welche nur Studenten zugänglich war, wo jedoch, in den Ferien Ärztekurse stattfanden. Ende 1890 wurde S. Prof. e. o., 1897 kgl. sächs. Med.-Rat, 1899 als Prof. ord. und Vorstand der geburtsh.-gynäkol. Klinik nach Prag berufen. S. war 21 Jahre lang Mitglied der Ges. für Geburtshilfe in Leipzig, wiederholt deren Vors. und stellvertretender Vors., gegenwärtig deren[1461] Ehrenmitgl., ausserdem ist S. Mitgl. bzw. Ehrenmitglied zahlreicher anderer gynäkol. und gel. Gesellschaften. Ein vollständiges Verzeichnis von S.'s Publikationen 1877 bis 99 umfasst etwa 132 Nummern. Dieselben beziehen sich auf die verschiedensten Kapitel der Geburtsh. und Gynäkol., Kaiserschnitt, Geschwülste, speziell das Deciduoma, plastische Operationen, Retroversio-flexio uteri, Ätzbehandlung des Uterus, Adnexe, Tubenschwangerschaft, Carcinoma uteri, Hysterectomie, Operationen in der Bauchhöhle, Harnorgane, Asepsis, ausserdem noch Reden, Nekrologe, feuilletonistische Aufsätze und sonstige Arbeiten nicht gyn. Inhalts. Die Titel der wichtigeren Arbeiten von S. sind: »Studien und Erfahrungen über das Pilocarpin in der Geburtshülfe« (A. f. G. XIV) – »Zum anat. Beweis für die Erhaltung der Cervix in der Schwangerschaft« (Ib.) – »Ein letztes Wort zur Cervixfrage. Erwiderung an etc.« (D. m. W. 1882, enthält die authentische Angabe von W. Braune, dass die nach ihm benannte Stelle im gebärenden Uterus niemals anat. und mikroskop. untersucht sei) – »Zur Frage der Nabelschnurstrangulation unter der Geburt« (A. f. G. XIV) – »Zur anat. Kenntniss der angeborenen Bauchcysten etc.« (zus. mit Kopp, Ib. XVI) – »Über Zangen mit Zugapparaten« (Ib. XVII) – »Über Nebenhornschwangerschaft« (Ib. XXIX) – »Die Rückbildung der Muscularis des puerperalen Uterus« (Festschr. f. E. L. Wagner, Leipzig 1888) – »Zur Rehabilitirung des klass. Kaiserschnitts« (A. f. G. XIX) – »Neue Beiträge zur Kaiserschnittfrage« – »Die Tripperansteckung beim weiblichen Geschlecht« (Leipzig 1889) – »Über primäre desmoide Geschwülste der lig. lata« (A. f. G. XVI) – »Über desmoide Geschwülste der Bauchwand und deren Operation etc.« (Ib. XXIV) – »Zwei aussergewöhnliche Fälle von Abortus« (1 Mitteil, über Deciduoma malignum, Cbl. f. G. 1889. Mit dieser, in vielerlei Formen beschriebenen, der Schwangerschaft eigenen Geschwulst wird durch S. eine neue Art von Neoplasmen bekannt gegeben, die klin. und pathol. besondere Eigentümlichkeiten besitzt und allgemein als typisch und sichergestellt gilt) – »Über Deciduoma« (Verh. Gyn. Kong. Bonn 1891) – »Ätiologie und operative Behandlung d. Vulvitis[1462] pruriginosa« (Cbl. f. Gyn. 1894) – »Über Perineorrhaphie durch Spaltung des Septum recto-vaginale und Lappenbildung« (Volkm. Samml.). S. hat sich dem in d. Neuzeit bes. von Lawson Tait betonten Prinzip der Lappenspaltung bei plastischen Operationen am Genitale und besonders am Damm, nachdem er das Verfahren von V. Heiberg, Kopenhagen, kennen gelernt hatte, mit Eifer zugewandt und nach den verschiedensten Richtungen unter wechselnder Technik das Gebiet der Genitalplastik erweitert und vervollkommnet, namentlich für den kompletten Dammriss und die Prolapsoperation. »Über Lappen-Trachelorrhaphie« (Ib. 1891) – »Zur Technik der Prolapsoperat.« (Cbl. f. Gyn. 1898) – »Modifikation der Neugebauer-Lefort'schen Colporrh. med.« (Ib.) – »Über Behandl. d. Retroversio-flexio uteri« (Ib. 1885, nach Aneignung der grundlegenden Schultze'schen Maximen hat sich S. schon frühzeitig der als wichtig erkannten mechanischen und operativen Behandlung der Retroversio-flexio zugewandt, 1886 eine unilaterale Ventrifixur in 2 Fällen und nach Olshausen bei völlig frei beweglichem Uterus 1888 eine Ventrifixur ausgeführt) – »Über vaginale Doppelfixur des Uterus« (Ib. 1896) – »Zur Technik der uterinen Ätzung« (Ib. 1895) – »Zur Ätzbehandlung der chron. Endometritis« (Ib. 1898) – »Über Erweiterung und Austastung des Uterus als Voract der Behandlung« (Ib.) – »Über gonorrh. Erkrankung der Uterusadnexe und deren operative Behandlung« (A. f. G. XIV) – »Über hämorrhag. Tubennekrose« (Cbl. f. Gyn. 1893) – »Neubildungen der Tuben« (zus. mit Barth in A. Martin's Handb. der Adnexerkrankungen I) – »Zur vaginalen Totalexstirpation des carcinomatösen Uterus« (A. f. Gr. XXI) – »Zur Radicaloperation grosser, nicht eingeklemmter Nabelbrüche« (Cbl. f. Gyn. 1890) – »Dränage der Bauchhöhle bei Laparotomieen« (D. m. W. 1891) – »Über Tastung der Harnleiter beim Weibe« (A. f. G. XXVIII) – »Zur Behandl. der Enuresis durch Dehnung der Blasenschliessmusculatur« (Ib. XXXVIII) – »Beitr. zur transperitonealen Nephrectomie« (Festschr. f. Thiersch, D. Z. f. Ch.) – »Zur Chir. der weibl. Harnwege« (Cbl. f. Gyn. 1892) – »Über feuchte und trockene antiseptische Methoden bei Behandlung etc.«[1463] (Festschr. f. d. geburtsh. Ges. v. Hamburg, dargebr. v. d. geburtsh. Ges. zu Leipzig, Einführung der Trockenbehandlung in die vaginale Therapie) – »Asepsis in der Geburtsh. und Gynäk.« (Leipzig 1894 mit Odenthal) – »Aphorismen über mechan. Desinfection und Infectionsprophylaxe« (Antrittsrede, Prag. m. W. 1900). Seit 1889 ist S. Mitherausgeber des A. f. G., 1878 bis 96 war er Mitarb. a. d. Jahresber. über die Fortschr. der Geburtsh. und Gyn.; 1894 begründete er mit A. Martin die »M. f. G. u. G.« und giebt zusammen mit v. Herff die »Encyklop. für Geburtsh. und Gyn.« heraus.

Quelle:
Pagel: Biographisches Lexikon hervorragender Ärzte des neunzehnten Jahrhunderts. Berlin, Wien 1901, Sp. 1460-1464.
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