Schleinitz, Freiin Alexandra v.

[244] *Schleinitz, Freiin Alexandra v., Meran, Rosenberg, am 5. September 1842 in Merseburg geboren als Tochter des Freiherrn Julius v. Schleinitz, der damals die Stelle eines Regierungsrates bekleidete. Er ward dann nach Berlin ins Ministerium des Innern berufen. Aus den in Berlin verlebten Kinderjahren ist die Revolutionszeit von 1848, insbesondere der denkwürdige Vorgang, wie Prinz und Prinzess von Preussen am Abend des 19. März bei ihren Eltern Zuflucht suchten, ihr lebhaft in Erinnerung geblieben. Als Geheimrat und Geheimrätin v. Schleinitz fuhr das Prinzenpaar nachts zunächst nach Spandau, ihr Vater begleitete sie als »Kammerdiener«. Von dort aus erfolgte dann die weitere Flucht nach England. 1850 erhielt ihr Vater die Stelle eines Regierungspräsidenten in Bromberg. Dort verlebte sie die glücklichsten Kinder- u. Jugendjahre. Im Jahre 1862 ward ihr Vater auf seinen Wunsch in der gleichen Stellung eines Regierungs-Präsidenten nach Trier versetzt, wo er 1864 starb. Nun begann in Gemeinschaft mit ihrer Mutter und Schwester für sie ein Wanderleben, das sich über ganz Deutschland, die Schweiz und Italien erstreckte und über zwölf Jahre gedauert hatte. Die Zeit des grossen Krieges verlebte sie in Bayern. Ihr Patriotismus nahm dann insbesondere an der Kaiserproklamation den allerfreudigsten Anteil. Im Jahre 1859 hatte sie ein an den damaligen Prinzregenten von Preussen gerichtetes Lied gedichtet und komponiert, das ihn als künftigen deutschen Kaiser begrüsst. Während des deutsch-französischen Krieges gab sie patriotische Gedichte heraus: »Eichenblätter« und »Aus grosse Zeit«. In den Jahren von 1867–1873 übte sie auch[244] eine publicistische Thätigkeit aus. Beachtung in politischen Kreisen fand ein von ihr verfasster, in der Augsburger allgemeinen Zeitung anonym erschienener Aufsatz über »Napoleons Wiedereinsetzung«. 1870–71 liess sie sich an der Züricher Universität immatrikulieren und betrieb daselbst in eifrigster Weise insbesondere philosophische Studien. Dort schrieb sie den »Offenen Brief einer Studierenden«, der damals ein gewisses Aufsehen machte und von den Professoren und der Studentenschaft die günstigste Beurteilung erfuhr. Das kleine Schriftchen ward von schweizerischen und deutschen, italienischen, holländischen und amerikanischen Zeitungen eingehend besprochen. 1876 gab sie in Berlin eine kleine Broschüre heraus, um für die Ausführung eines Denkmals für die Königin Luise energisch Propaganda zu machen. 1881 veröffentlichte sie eine Streitschrift gegen den Antisemitismus. 1882 schrieb sie über »Das Bayreuther Weih-Festspiel«. Dieses kleine Buch, eine Studie über Sage, Geschichte und Dichtung, erschien dann im Jahre 1894 in zweiter Auflage unter dem Titel: »Wagners Parsifal«. Seit dem Jahre 1876, ihrem Beginn, hat sie fast allen Festvorstellungen in Bayreuth beigewohnt und ist zum Wagnerschen Hause in nahe Beziehung getreten. 1895 entschloss sie sich zur Herausgabe einer Sammlung lyrischer Gedichte, welche einerseits bis in ihre Jugend, andererseits bis in die Gegenwart reichend, die Geschichte ihres innern Lebens, nie ruhender religiöser Kämpfe und einer letzten Entscheidung enthielten. Diese Entscheidung ist der im Jahre 1893 erfolgte Übertritt zum Katholizismus. Seit fast 20 Jahren lebt sie nun seit dem Hinscheiden ihrer Mutter nurmehr mit einer Schwester in Meran. Ihre Interessen sind mit energischer Sympathie der Frauenbewegung zugewandt. Auch für die Notlage der untern Klassen hat sie ein warmes Herz. Für die armen, der Ausbeutung preisgegebenen Konfektions-Näherinnen und -Schneiderinnen ist sie im vorigen Jahre publizistisch eingetreten.

‒ An die Judenverfolger. Zur Entgegng. auf das Buch »Israel u. d. Gojim«. 8. (51) Berlin 1881, Stuhr. n 1.–

‒ Aus grosser Zeit. Vaterländische Gedichte. München 1871.

‒ Das Bayreuther Bühnenweihfestspiel. Erläutergn. z. Parsifalsage u. z. Gralmythus. 8. (141) Berlin 1882, Stuhr. n 2.–

‒ Eichenblätter. Sechs Lieder. München 1870.

‒ Lieder eines Suchenden. Ein Cyklus v. Gedichten. 12. (95) Berlin 1895, Borstell & Reimarus. geb. n 2.–

‒ Offener Brief einer Studierenden an die Gegner der »Studentinnen« unter den Studenten u. Berichtigg. dieses Schreibens. 8. (20) Zürich 1872, Orell, Füssli & Co. Verlag. –.30

‒ Pergamentblätter. Erzählende Gedichte. 12. (255) Augsburg 1887, Litt. Inst. v. Dr. M. Huttler. 3.–; geb. n 5.–

‒ Wagners Parsifal. Erläuterungen zur Parsifalsage u. zum Gralmythus. 2. vermehrte Aufl. 8. (172) Märchen. 1894. 2.–

‒ Wagners Tannhäuser u. Sängerkrieg a. d. Wartburg. Sage, Dichtg. u. Geschichte. 8. (235) Meran 1891, F. W. Ellmenreich. 4.50; erm. Pr. 3.–

Quelle:
Pataky, Sophie: Lexikon deutscher Frauen der Feder Bd. 2. Berlin, 1898., S. 244-245.
Lizenz:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Brockhaus-1911: Schleinitz [2] · Schleinitz · Freiin

DamenConvLex-1834: Zay, Maria, Freiin von · Stolterfoth, Karoline Wilhelmine Julie Adelheid, Freiin von · Richthofen, Julie, Freiin von

Meyers-1905: Schleinitz

Pataky-1898: Stenglin, Alexandra, Freiin von · Perin, Josefine Freiin v. · Pechmann, Freiin Auguste von · Reden, Philippine Augusta Amalie Freiin von · Rechenberg, Luise Freiin v. · Potier, Freiin Hermance · Liliencron, Adda Freiin von · Lilien, Anna Freiin von · Montolieu, Isabelle, Freiin v. · Nordenflycht, Hedwig Charlotte Freiin v. · Münchhausen, Marie Luise Eleonore Freiin von · Redwitz-Schmölz, Freiin M. v. · Stackelberg, Freiin Natalie von · Spättgen, Doris, Freiin von · Suttner, Bertha, Freiin v. · Vogelsang, Karoline Freiin von · Trockau, Freiin Auguste Gross von · Riedesel, Friederike Charlotte Luise Freiin von · Reyer, Antonie, Freiin von · Schirndinger v. Schirnding, Carola, Freiin v. · Sell, Freiin Lulu v. · Seckendorff, Stephanie Freiin v. · Gaudy, Alice Freiin v. · Fouqué, Caroline, Freiin de la Motte · Goldstein, Clara Maria Aurora, Freiin v. · Grotthuss, Elise Freiin v. · Gross v. Trockau, Freiin Auguste v. · Falkenstein, Catharina Freiin v. · Blangy-Lebzeltern, Seraphine, Freiin v. · Bibra-Spesshardt, Thekla Freiin v. · Blomberg, Freiin Anna v. · Falke von Lilienstein, Freiin Amalie · Düring-Oetken, Freiin Helene von · Kannacher, Freiin Anna v. · Jobaháza, Maczy Freiin v. · Knorr, Josephine, Freiin v. · Kurzrock, Therese Freiin von · Künsberg, Sophie Freiin von · Hohenhausen, Henriette Friederike Amalie, Freiin v. · Handel, Freiin Victorine von · Grotthuss, Elise Freiin von · Handel-Mazzetti, Freiin Enrica v. · Hohenhausen, Elise Freiin v. · Hohenhausen, Elise Felicitas, Freiin von

Pierer-1857: Schleinitz [2] · Schleinitz [1]