Der Tod

[82] Da geriet Yâjnavalkya in Furcht: »Der König ist klug, von jeglichem Schluß hat er mich abgedrängt.«

»Wenn einer abmagert (so fuhr er dennoch fort), so magert er durch Alter oder Krankheit ab. Wie eine Mangofrucht,[82] eine Feige oder Beere sich vom Stiel löst, so löst der im Körper eingeschlossene Âtman sich von den Gliedern und kehrt nach Ordnung und Ursprung wieder zum Atem (Prâna) zurück.

Wie ein Lastwagen, schwer beladen, knarrend dahinzieht, so zieht dieser im Körper eingeschlossene Âtman mit dem erkennenden Selbst beladen unter Knarren dahin.

Wie einem heranziehenden König die Vornehmen, die Agnaten, die Hofbeamten und Ortsvorsteher mit Speise, Trank und Wohnung aufwarten und sagen: ›Da kommt er, da kommt er‹, ebenso warten dem, der so weiß, alle Wesen auf und sagen: ›Da kommt das Brahman, da kommt das Brahman.‹

Wie bei einem abreisenden König die Vornehmen, Agnaten, Hofbeamten und Ortsvorsteher sich einfinden, so sammeln sich um den, der so weiß, alle Hauche da, wo er den letzten Atemzug tut.«


(IV, 3)


»Wenn der an den Körper gebannte Âtman schwach wird und in Verwirrung zu fallen scheint, da finden sich bei ihm die Hauche ein. Er nimmt die Glutteilchen an sich und begibt sich hinab in das Herz.

Wenn der Purusha, der im Auge wohnt1, sich abwendet, dann hört der (Âtman) auf, die Erscheinungen zu erkennen. Er vereinigt sich, und man sagt: ›Er sieht nicht‹; er vereinigt sich (mit dem Brahman), und man sagt: ›Er riecht nicht‹; er vereinigt sich, und man sagt: ›Er schmeckt nicht‹; er vereinigt sich, und man sagt: ›Er spricht nicht‹; er vereinigt sich, und man sagt: ›Er hört nicht‹; er vereinigt sich, und man sagt: ›Er denkt nicht‹; er vereinigt sich, und man sagt: ›Er fühlt nicht‹; er vereinigt sich, und man sagt: ›Er erkennt nicht.‹

Die Spitze des Herzens erglänzt. Bei diesem Glanz zieht der Âtman hinaus, sei es aus dem Auge oder dem Kopfe oder den anderen Körperteilen. Dem Hinausziehenden folgt[83] der Hauch. Dem hinterher hinausziehenden Hauch folgen alle (anderen) Hauche, folgt das Bewußtsein. Er, der Kenner, ist mit Erkenntnis ausgestattet. An ihn halten sich Wissen und Werk und die Kenntnis des Vergangenen.

Wie eine Raupe an die Spitze eines Halmes gelangt, sich zusammenzieht, so zieht dieser Purusha nach Vernichtung des Körpers und Auslöschen seines Wissens sich zusammen.«

1

Siehe S. 58 mit Anm. 49 und S. 75 mit Anm. 55.

Quelle:
Upanishaden. Altindische Weisheit aus Brâhmanas und Upanishaden. Düsseldorf/Köln 1958, S. 82-84.
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