Über den Yoga

[172] Er bringe seinen Körper in eine ebene Lage, an drei Stellen (Brust, Hals und Kopf) ihn herausstraffend, konzentriere die Sinne in seinem Inneren mit dem Verstande und wird mittels des Brahmanachens kundig über alle Furcht einflößenden Ströme hinwegsetzen.

Er hemme seine Atemzüge, reguliere seine Bewegungen und, wenn der Atem geschwunden ist, hauche er durch die Nase aus. Wie einen Wagen, der von schlechten Rossen gezogen wird, lenke er kundig und aufmerksam sein Manas.

Auf einem ebenen, sauberen, von Kiesel, Feuer, Sand freien Platze, der durch (liebliche) Laute und Teiche den Geist[172] einlädt, das Auge aber nicht belästigt, an einer höhlenreichen, dem Winde nicht ausgesetzten Stelle soll er sich dem Yoga hingeben.

Nebel, Rauch, Sonne, Feuer, Wind, Leuchtkäfer, Blitze, Bergkristall und Mond sind Erscheinungen, die vorangehen und bei dem Yoga die Offenbarung in bezug auf das Brahman bewirken.

Wenn in dem Körper, der aus Erde, Wasser, Feuer, Wind und Äther besteht, in fünffacher Weise die Anzeichen des Yoga eingetreten sind, dann quält den, der einen Leib aus Yogafeuer erlangt hat, weder Krankheit noch Alter noch Tod.

Leichtigkeit, Freiheit von Krankheit und Begehrlichkeit, Lichtheit der Farbe und Wohlklang der Sprache, schöner Geruch und Geringfügigkeit der Exkremente, das deutet die erste Stufe des Yoga an.

Wie ein Stück (Gold oder Silber), das mit Erde bedeckt war, hell strahlt, wenn es gut gereinigt ist, so wird eine in einem Körper befindliche Seele, wenn sie ihre wahre Natur erkannt hat, isoliert, ihres Zieles teilhaftig und von Kummer frei.

Wenn einer, dem Yoga hingegeben, mit der wahren Natur seiner Seele wie mit einem Licht das wahre Wesen des Brahman schaut, dann erkennt er den, der von Ewigkeit besteht, fest und frei von allen Eigenschaften1 ist, und wird von allen Fesseln befreit.


(II, 8ff)

1

tattva eigentlich ›Prinzipien‹ (Garbe, Sânkhya 137; 2195).

Quelle:
Upanishaden. Altindische Weisheit aus Brâhmanas und Upanishaden. Düsseldorf/Köln 1958, S. 172-173.
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