Die einzelnen Linien

[86] Anfangs eine Sechs bedeutet:

Zurechtbringen des vom Vater Verdorbenen.

Wenn ein Sohn da ist,

bleibt auf dem heimgegangenen Vater kein Makel.

Gefahr. Schließlich Heil.


Das starre Stehenbleiben beim Hergebrachten hat Verderben zur Folge gehabt. Aber das Verderben ist noch nicht tief eingewurzelt, darum kann es noch leicht gebessert werden. Es ist, wie wenn ein Sohn das Verderben, das unter seinem Vater sich eingeschlichen hat, ausgleicht. Da bleibt auf dem Vater kein Makel sitzen. Aber man darf die Gefahr nicht übersehen und die Sache zu leicht nehmen. Nur wenn man sich der mit jeder Reform verbundenen Gefahr bewußt ist, geht schließlich alles gut.
[86]

Neun auf zweitem Platz bedeutet:

Zurechtbringen des von der Mutter Verdorbenen.

Man darf nicht zu beharrlich sein.


Es handelt sich um Fehler, die aus Schwachheit das Verderben veranlaßt haben. Daher das Symbol des von der Mutter Verdorbenen. Da ist beim Ausgleich eine gewisse zarte Rücksicht notwendig. Man darf nicht allzu schroff vorgehen wollen, damit man nicht durch Schroffheit verletzt.


Neun auf drittem Platz bedeutet:

Zurechtbringen des vom Vater Verdorbenen.

Ein wenig wird es Reue geben. Kein großer Makel.


Es ist hier jemand gezeichnet, der beim Zurechtbringen der Fehler der Vergangenheit etwas zu energisch vorgeht. Dadurch werden sicher dann und wann kleinere Unzuträglichkeiten und Verstimmungen entstehen. Aber besser zuviel als zuwenig Energie. Wenn man daher auch manchmal ein wenig zu bereuen hat, so bleibt man doch frei von jedem ernstlichen Makel.


Sechs auf viertem Platz bedeutet:

Dulden des vom Vater Verdorbenen.

Beim Fortmachen sieht man Beschämung.


Es wird hier die Lage gezeigt, daß jemand aus Schwachheit dem Verderben, das aus der Vergangenheit stammt und sich jetzt zu zeigen beginnt, nicht entgegentritt, sondern ihm seinen Lauf läßt. Wenn das so weitergeht, wird Beschämung die Folge sein.


Û Sechs auf fünftem Platz bedeutet:

Zurechtbringen des vom Vater Verdorbenen.

Man findet Lob.


Man sieht sich einem durch die Vernachlässigung früherer Zeiten entstandenen Verderben gegenüber. Man besitzt nicht die Kraft, ihm allein zu steuern. Doch findet man tüchtige Gehilfen, mit deren Unterstützung man zwar nicht einen schöpferischen Neuanfang, aber wenigstens eine gründliche Reform zuwege bringt, was auch des Lobes würdig ist.


Oben eine Neun bedeutet:

Dient nicht Königen und Fürsten.

Steckt sich höhere Ziele.


Nicht jeder Mensch ist verpflichtet, sich in die Weltgeschäfte zu mischen. Es gibt auch solche, die innerlich schon so weit entwickelt sind, daß sie die Berechtigung haben, der Welt ihren[87] Lauf zu lassen, ohne sich ins politische Leben reformierend einzumischen. Aber damit ist nicht gemeint, daß sie tatenlos oder bloß kritisch sich verhalten dürften. Nur die Arbeit an den höheren Zielen der Menschheit in der eigenen Person gibt die Berechtigung zu solcher Zurückgezogenheit. Denn wenn der Weise sich auch dem Tagesgetriebe fernhält, so schafft er doch unvergleichliche Menschheitswerte für die Zukunft1.

Fußnoten

1 In Europa ist die Stellung Goethes nach den Napoleonischen Kriegen ein Beispiel dieses Handelns.


Die einzelnen Linien
Quelle:
I Ging. Köln 141987, S. 86-88.
Lizenz: