Vierte Gruppe (27-29.)

[34] An die Aditja's, namentlich an Varuna.


Als Aditja's (āditjās) d.h. als Söhne der Aditi werden genannt: Varuna (der Allumfasser), Mitra (der Freund), Arjaman (der Busenfreund), Bhaga (der Vertheiler), Dakscha (der Tüchtige), Ança (der Antheil.) Nur an die ersten beiden unter diesen, namentlich an Varuna, selten an Mitra, am häufigsten an beide (mitrāvaruṇā), sind im Rig-Veda eigene Lieder gerichtet; am häufigsten erscheint neben ihnen Arjaman, selten die übrigen. Varuna erscheint in diesen Liedern als der höchste Herrscher, als der König, der das ganze Weltall bis an seine fernsten Gränzen regiert, als der Schöpfer und Erhalter der die ganze Natur ordnet und jedem Wesen seinen Ort und Lauf anweist, als der oberste Gesetzgeber, nach dessen Gesetzen Götter und Menschen sich richten müssen, als der gerechte Richter, der die Bösen züchtigt und den Frommen hilft, der Sünden durch Noth und Krankheit bestraft und wie mit Stricken bindet, der aber auch diese Stricke löst, Gnade übt, Sünden vergibt. Er sitzt auf hohem Throne in seinem tausendthorigen Hause und schaut mit seinem Auge, der Sonne, herab auf alle Thaten der Menschen, die sie vollführt haben, oder noch beabsichtigen; des Nachts sind seine schlummerlosen Späher die Sterne. Dem Frommen öffnet er die Thore seines Hauses, dass er Vater und Mutter wiedersehe. Diese Züge werden auch auf Mitra und Arjaman übertragen, seltner auf die ganze Schar der Aditja's: Wo Mitra allein genannt wird (Lied 293), tritt besonders seine waltende Gnade hervor. Neben den Aditja's, bisweilen auch sogar statt eines derselben, tritt oft ihre Mutter Aditi d.h.[34] die unbegränzte, unendliche hervor, später wird sie auch als Mutter der Götter überhaupt oder als Tochter des Dakscha aufgefasst.

Ausser jenen sechs Aditja's wird in einigen Hymnen der sonst so viel besungene Savitar (der Belebende) als Aditja aufgefasst, ja in spätern Hymnen tritt auch der Sonnengott als achter Aditja auf, und in der spätern Sprache wird er vorzugsweise der Aditja genannt. Auch Indra wird an zwei Stellen (601, 4; 1024, 7) als Aditja bezeichnet.

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1876, [Nachdruck 1990], Teil 1, S. 34-35.
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