König Wên's Tugenden.

[399] Wie fromm und würdig war Thái-Sjîn,

Die uns den König Wên gebar!

Wie sah sie liebend auf Tschēu-Kiang,1

Als sie des Hauses Herrin war!

Und Thái-ssè erbte dieses Ruhmes Zier,

Und hundert Söhne wurden ihr.2


Da er der Ahnen Folge nahm,

Da machte nichts die Geister zürnen,

Da machte nichts den Geistern Gram.

Sein Beispiel war der Gattin Leiter,

Und ging auf seine Brüder weiter,

Bis es auf Häuser und auf Länder kam.3


Friedfertig war er im Palast,

Im Ahnensaal voll heil'ger Scheu.

Auch ungeseh'n, bewacht' er sich,

Auch ohne Zwang, beharrt' er treu.
[400]

Als große Drangsal nicht zu meiden war,

Blieb fehllos seiner Großheit Glanz.

Auch unbelehrt, fand er das Rechte,

Auch ungemahnt, trat er hinein.


Drum hatten die erwachs'nen Männer Tugend,

Die Unerwachs'nen hatten Zucht.

Der Mann vergang'ner Zeit war unverdrossen,4

Und seine Diener preisenswerth.

1

Tschēu Kiāng war König Wên's Großmutter, von welcher als Gemahlin Tàn-fù's III. 1, 3 die Rede war.

2

Hundert soll nur die Vielheit ausdrücken, indeß werden auch die Söhne der Nebenfrauen als die ihrigen gerechnet. Überdem bezeichnet der chinesische Ausdruck »nân« nicht sowol Söhne, als überhaupt »männliche« Nachkommen.

3

Die Häuser sind die Fürstenhäuser des Reichs.

4

Verstehe König Wên.

Quelle:
Schī-kīng. Heidelberg 1880, S. 399-401.
Lizenz: