Königs Wên's Bestimmung, von König Wù bethätigt.

[391] Erleuchtung Leuchtender hienieden –

Glorreiche Glorie in den Höh'n!

Des Himmels Schluß ist schwer zu trauen,

Und nicht ist's leicht, als König steh'n.

Dem Erben von Jīn's Himmelssitze,1

Ihm ließ er den Besitz des Reichs entgeh'n.


Sjîn war's, die zweitgebor'ne Tschí,

Entstammt von Jīn-Schāng's Fürstenschaar,

Die zur Vermählung kam nach Tschēu,

Daß sie der Hauptstadt Fürstin war;

Wo sie mit König Kí zusammen

In Tugend wandelt' immerdar.

Und als Thái-Sjîn war schwanger worden,2

War's König Wen, den sie gebar.


Und das war dieser König Wên,

Der ehrfurchtsvoll, herzangelegen,

So klar gedient dem Höchsten HErrn,

Daß er empfangen großen Segen.

In seiner Tugend war kein Fehl,

Drum nahm er alle Land' entgegen.
[392]

Des Himmels Obhut für's Hienieden

Hatt' ihm das Amt schon zugedacht;

Für König Wên in frühsten Jahren

Auch die Genossin schon gemacht

Im Norden von des Hiă Gewässern

Und an des Wéi-Stroms Uferseit,3

Als König Wên ging auf die Freit',

War dort des großen Landes Maid.


Dort war des großen Landes Maid,

Gleich einer Himmlischen an Zier.

Als Brauch bestimmt den günst'gen Tag,4

Zog er zum Wéi entgegen ihr.

Er ließ die Brück' aus Schiffen bauen.

War da nicht Herrliches zu schauen?


Vom Himmel war das Amt verlieh'n,

War Wên bestimmt zum Konigsrang

In Tschēu, in seiner Stadt Umfang.

Und sie, die Erbin war von Sīn,

Die Erstgebor'ne, that den Gang,5

Von welcher König Wù entsprang,

Beschützt, geholfen und berufen

Zum Kampfe mit dem großen Schāng.


Der Jīn-Schāng Heeresmacht zum Streite,

Die wie ein Wald versammelt war,

Ward aufgestellt auf Mŭ's Gebreite.6[393]

Wir aber traten freudig dar:

»Der Höchste HErr ist dir zur Seite;

Dein Herz sei jedes Zweifels bar!«


Das Feld von Mŭ lag weit entlang,

Die Sandelwagen blitzten blank,

Der Schimmelspanne Stampfen klang.

Da war der Heeresfürst Scháng-fù

Ein Adler, welcher sich erschwang

Und König Wù zu Hülfe drang.

Stracks warfen sie das große Schāng.

Schlachtmorgen –: Lichtes Überschwang!

1

Der Himmelssitz ist der dem Himmelssohn, dem Kaiser, vom Himmel verliehene Thron. Der Erbe desselben war Tschēù-sin.

2

Thái-Sjīn, die hohe Sjīn, war der Ehrentitel der Fürstin nach der Vermählung.

3

Nördlich vom Hiă und jenseit des Wéi war die Hauptstadt des Vaters von Wên's nachheriger Gemahlin Thái-ssè.

4

Als durch die übliche Schicksalsbefragung der günstige Tag zur Vermählung angesetzt war.

5

Wörtlich: »Sie ging« (hîng), nehmlich zur Vermählung in Wên's Palast.

6

Auf der Heide von Mŭ (Mŭ-jè) fand 1122 v. Chr. die berühmte, in einem einzigen Morgen gewonnene Schlacht statt, welche die Tschēu-Dynastie auf den Thron brachte.

Quelle:
Schī-kīng. Heidelberg 1880, S. 391-394.
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