Fünftes Brâhmaṇam.

[490] Dieser, etwas dunkle, Abschnitt betrachtet das Brahman (auf die Genealogie ist wohl kein Gewicht zu legen) als Satyam, die Realität, und zwar sowohl als die wahre (metaphysische) wie die unwahre (empirische) Realität, wie an den Silben sa-ti-yam spielend entwickelt wird. (Vgl. Chând. 8,3,5; – ob ti die Unwahrheit bedeutet, weil es in mṛityu und anṛitam steckt, wie der Kommentator will, ist unerheblich und mag dahingestellt bleiben). Brahman als Satyam ist identisch mit der Sonne, und näher mit dem Purusha in ihr, welcher wegen der Strahlen gewöhnlich nicht sichtbar ist und es erst für den Sterbenden wird, den die Strahlen nicht mehr hindern (vgl. Bṛih. 5,15). Dieser Sonnenpurusha (das kosmische Brahman) ist verbunden mit dem Purusha im Auge (dem psychischen Brahman); beide sind das Weltall (bhûr, bhuvaḥ, svar) und daher identisch. Wer dies weiss, überwindet das Übel, wie an den Geheimnamen der beiden Purusha's, ahar (Tag) und aham (Ich), wiederum etymologisierend, gezeigt wird.


1. Diese Welt war zu Anfang Wasser; dieses Wasser liess das Reale hervorgehen, das Reale, [nämlich] das Brahman. Das Brahman [schuf] den Prajâpati, Prajâpati die Götter. Diese Götter verehren das Reale. Dasselbige [Reale, satyam] besteht aus den drei Silben satyam; die eine Silbe ist sa, die andre Silbe ist ti, die dritte Silbe ist yam. Die erste und letzte Silbe sind die Wahrheit (satyam), in der Mitte ist die Unwahrheit1; diese Unwahrheit ist an beiden Seiten von der Wahrheit eingefasst; dadurch wird sie zu einem wahrheitlichen Sein [wird sie von der Wahrheit übermeistert, Ça k.]. Einen solchen [d.h. solches] Wissenden schädigt die Unwahrheit nicht.

2. Dieses Reale ist jene Sonne dort. Und jener Mann [oder Geist, purusha], welcher in der Sonnenscheibe ist, und dieser Mann, welcher im rechten Auge ist, diese beiden fussen aufeinander. Jener fusst durch die Strahlen in diesem, dieser durch die Lebenshauche (prâṇa) in jenem.2 Dieser, wenn er im Begriffe steht, auszuziehen, erblickt jene Sonnenscheibe rein [von Strahlen]; ihm treten jene Strahlen nicht in den Weg.[491]

3. Der Mann, der in jener Sonnenscheibe ist, dessen Haupt ist bhûr (Erde); das eine Haupt ist diese eine Silbe; seine Arme sind bhuvar (Luftraum); die zwei Arme sind diese zwei Silben; seine Beine sind svar (Himmel); die zwei Beine sind diese zwei Silben (suar); sein Geheimname ist ahar (der Tag); der tötet (han) das Böse und entweicht ihm (hâ), wer solches weiss.

4. Der Mann, der im rechten Auge ist, dessen Haupt ist bhûr (Erde); das eine Haupt ist diese eine Silbe; seine Arme sind bhuvar (Luftraum); die zwei Arme sind diese zwei Silben; seine Beine sind svar (Himmel); die zwei Beine sind diese zwei Silben; sein Geheimname ist aham (ich); der tötet das Böse und entweicht ihm, wer solches weiss.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 490-492.
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