Drittes Brâhmaṇam.

6,3,1-13: Rührtrankzeremonie (Fortsetzung zu 6,1,1-6) = Chând. 5,2,4-9. 3.

[508] 1. Wenn nun einer wünscht: »ich möchte Grosses erlangen«, so soll er in der Zeit, wo die Sonne nordwärts zieht, an einem reinen Tage der lichten Monatshälfte, nachdem er zwölf Tage lang das Gelübde der Upasad-Feier gehalten hat, in einer Schale oder einem Becher aus Feigenholz allerlei Kräuter und Früchte, – diese zusammenbringen, rund herum fegen und sprengen, das Feuer anlegen, [mit Darbhagras] streuen, die Opferbutter zubereiten, wie es Brauch ist, und dieselbe unter einem männlichen Sternbilde [in dem der Mond steht], nachdem er den Rührtrank herangebracht hat, ins Feuer giessen [mit den Worten]:


»Soviel in dir, o Wesenkenner, Götter sind,

Die eines Menschen Wünsche kreuzend schädigen,

An diese spende ich ihr Teil, damit sie mich,

Gesättiget, mit allen Wünschen sättigen.


Svâhâ (Heil)!«


»Und dich, die quer herein sich drängt

Und spricht: ›ich bin die Teilende‹,

Dir opfre ich der Butter Guss,

Dass du mir seist die Heilende.


Svâhâ!«


2. »Dem edelsten Svâhâ! Dem besten Svâhâ!« so spricht er, spendet [von der Butter] ins Feuer und lässt die [im Löffel zurückbleibende] Neige in den Rührtrank tropfen. »Dem Prâṇa Svâhâ!«10[509]

»Der reichsten Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen. »Der Rede Svâhâ!«

»Dem Standorte Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen. »Dem Auge Svâhâ!«

»Der Erlangung Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen. »Dem Ohre Svâhâ!«

»Dem Stützpunkte Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen. »Dem Manas Svâhâ!«

»Der Fortpflanzung Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen. »Dem Samen Svâhâ!«

In dieser Weise spendet er ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

3. »Dem Feuer Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

»Dem Soma Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

»Der Erde Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

»Dem Luftraum Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

»Dem Himmel Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

»Erde, Luftraum und Himmel Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

»Dem Brahmanenstande Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

»Dem Kriegerstande Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.[510]

»Dem Vergangenen Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

»Dem Zukünftigen Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

»Dem All Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

»Dem Ganzen Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

»Dem Prajâpati Svâhâ!« so spricht er, spendet ins Feuer und lässt die Neige in den Rührtrank tropfen.

4. Dann fasst er ihn an mit den Worten: »Du bist das Wogende [der Odem], du bist das Flammende [das Feuer], du bist das Volle [Brahman], du bist das Gefestete [das Firmament], du bist das Allsammelnde [die Welt], du bist das Bejauchzte, du bist das zu Bejauchzende [vom Udgâtar durch den Laut hi zu Anfang und im Fortgange des Opfers, oben S. 66], du bist das Besungene, du bist das zu Besingende [vom Udgâtar], du bist das Gerufene und das Gegengerufene [vom Adhvaryu und Âgnîdhra, oben S. 220], du bist der Lichtglanz im Feuchten [der Wolke], du bist durchdringend, du bist bezwingend, du bist die Nahrung, du bist das Licht, du bist der Tod, du bist die Allverschlingung.«

5. Dann erhebt er ihn mit den Worten: »âmaṅsi âmaṅhi te mahi [etwa: ›du denkst, so denke deiner Kraft!‹]; ja er ist König, Herr, Gebieter, und er, der Herr und König, soll mich zum Gebieter machen.«

6. Dann trinkt er ihn unter den Worten:


»›Lasst an das liebenswerte Licht‹ –

Die Winde triefen Süssigkeit,

Die Ströme für den frommen Mann,

Ihr Kräuter seid uns süssereich!


Der Erde Svâhâ!


– ›des Sonnengottes denken uns‹ –

Süss sei uns Nacht und Morgenrot,

Voll Süssigkeit der Erde Reich,

Süss sei der Vater Himmel uns!


Dem Luftraum Svâhâ!
[511]

– ›er möge fördern unsern Geist!‹ –

Der Baum sei uns voll Süssigkeit,

Voll Süssigkeit die Sonne uns,

Und süssereich die Kühe auch!


Dem Himmel Svâhâ!«


Hierauf wiederholt er die ganze Sonnenstrophe und die sämtlichen Verse von der Süssigkeit und spricht:


»Möge ich zu diesem Weltall werden!«

»Erde, Luftraum, Himmel Svâhâ!«


Damit trinkt er den Rest, wäscht sich die Hände und setzt sich hinter dem Feuer nieder mit dem Angesichte gegen Osten. Wenn es Morgen geworden ist, verehrt er die Sonne und spricht: »Der Himmelsräume einige Lotosblume bist du; der Menschen einige Lotosblume möge ich sein!« – Dann geht er denselben Weg zurück, setzt sich wieder hinter das Feuer und sagt die Liste [der Lehrer] her [wahrscheinlich die folgende].


7. Diesen, fürwahr, [den Rührtrank und seine Ausführung] erklärte Uddâlaka, der Sohn des Aruṇa, dem Yâjñavalkya Vâjasaneya, seinem Schüler, und sprach: »Selbst wenn man ihn auf einen dürren Baumstamm gösse, so würden seine Äste wachsen und seine Blätter spriessen.«

8. Diesen, fürwahr, erklärte Yâjñavalkya Vâjasaneya dem Madhuka Pai gya, seinem Schüler, und sprach: »Selbst wenn man ihn auf einen dürren Baumstamm gösse, so würden seine Äste wachsen und seine Blätter spriessen.«

9. Diesen, fürwahr, erklärte Madhuka Pai gya dem Cûla Bhâgavitti, seinem Schüler, und sprach: »Selbst wenn man ihn auf einen dürren Baumstamm gösse, so würden seine Äste wachsen und seine Blätter spriessen.«

10. Diesen, fürwahr, erklärte Cûla Bhâgavitti dem Jânaki Âyasthûṇa, seinem Schüler, und sprach: »Selbst wenn man ihn auf einen dürren Baumstamm gösse, so würden seine Äste wachsen und seine Blätter spriessen.«

11. Diesen, fürwahr, erklärte Jânaki Âyasthûṇa dem Satyakâma, Sohne der Jabâlâ, seinem Schüler, und sprach:[512] »Selbst wenn man ihn auf einen dürren Baumstamm gösse, so würden seine Äste wachsen und seine Blätter spriessen.«

12. Diesen, fürwahr, erklärte Satyakâma, der Sohn der Jabâlâ, seinen Schülern und sprach: »Selbst wenn man ihn auf einen dürren Baumstamm gösse, so würden seine Äste wachsen und seine Blätter spriessen.« –

Diesen soll man keinem mitteilen, ausser seinem Sohne oder seinem Schüler!


13. Vierfach wird das Feigenholz [bei dieser Zeremonie verwendet]: aus Feigenholz ist der Löffel, aus Feigenholz der Becher, aus Feigenholz der Brennstoff und aus Feigenholz die beiden Rührstäbchen.

Zehn sind der zahmwachsenden Getreidearten [die ausser den wildwachsenden in den Rührtrank kommen?]: Reis und Gerste, Sesam und Bohnen, Hirse und Fench, Weizen, Linsen, Erbsen und Wicken. Diese werden zerstampft und mit saurer Milch, Honig und Butter benetzt, [wobei] etwas zerlassene Butter ins Feuer gegossen wird.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 508-513.
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