Siebzehnte Vorlesung

[238] [Schlussrede über den eigentlichen Zweck und möglichen Erfolg dieser Vorlesungen.]


Ehrwürdige Versammlung!


Wir haben in den vorhergehenden Reden die gegenwärtige Zeit, als einen nothwendigen Bestandtheil des grossen Weltplans mit unserem Geschlechte im Erdenleben, gedeutet, und ihren verborgenen Sinn aufgeschlossen; wir haben gesucht, die Erscheinungen der Gegenwart aus jenem Begriffe zu verstehen, sie als nothwendige Folgen aus der Vergangenheit abzuleiten, ihre eigenen nächsten Folgen für die Zukunft vorherzusehen, und haben, falls uns dieses gelungen ist. unsere Zeit begriffen. Wir haben in diese Betrachtung uns verloren, ohne unserer selbst zu gedenken. Die Speculation warnt, und mit gutem Grunde, jeden Untersucher vor dieser Selbstvergessenheit.[238] Um in unserem Falle die Richtigkeit dieser Warnung zu zeigen: war etwa unsere Ansicht der gegenwärtigen Zeit selbst nur eine Ansicht von dem Augpuncte dieser Zeit aus, und war während dieser Ansicht unser Auge selbst Product dieser Zeit, so zeugte das Zeitalter eben von sich selbst, welches Zeugniss durchaus verwerflich ist; und wir hätten, weit entfernt den Sinn des Zeitalters zu erforschen, lediglich die Anzahl der Phänomene desselben um ein sehr entbehrliches und zu nichts führendes vermehrt. Ob wir uns nun in diesem Falle befinden oder nicht lässt sich nur dadurch entscheiden, dass wir unser Untersuchen und Denken selbst wiederum denken, welches nicht anders möglich ist, als also: dass wir es zu einem Factum in der Zeit machen, und zwar in derjenigen Zeit, in welche es fiel, in der gegenwärtigen.

So unerlässlich aber es ist, bei jedem geistigen Geschäft an sich selbst zu denken, ebenso schwer ist es auch, dieses zu thun, besonders es laut zu thun, d.h. von sich zu sprechen. Nicht zwar als ob ich es besonders schwer fände, von mir, dieser meiner Person, zu sprechen. In der Einleitungsrede, als ich eine Versammlung erst anzuknüpfen und zu errichten suchte, habe ich mit grosser Leichtigkeit von mir selber gesagt, was meines Wissens niemand mir verdacht hat, und was mich nicht reut; aber jetzt, zum Beschlusse, wüsste ich gar kein, auch nur des Aussprechens würdiges Wort über mich vorzubringen. Von mir ist nicht die Rede, nicht ich habe untersuchen und denken wollen; – wenn darauf überhaupt etwas ankäme, so hätte ich es thun können, ohne irgend einem Menschen etwas davon zu sagen ; – aber es kommt überhaupt der Welt gar nichts darauf an und macht gar keine Begebenheit in der Zeit, was der Einzelne denkt oder nicht denkt; sondern Wir, als eine in den Begriff verlorene, und mit der absoluten Vergessenheit unserer individuellen Personen zur Einheit des Denkens verflossene Gemeine, wie wir die äussere Erscheinung davon oft gegeben haben, und sie in diesem Augenblicke geben, wir haben denken und untersuchen wollen: und dieses Wir, keinesweges mich, meine ich, wenn ich von dem denkenden Rückblick auf uns selber und von der Schwierigkeit[239] rede, denselben laut und sprechend zu vollziehen. Es sucht sich dann so manches zur Sprache zu drängen, was schicklicher jeder bei sich selbst denkt; der Unvorsichtige kann verleitet werden zu berühren, was die zartere Scham vor sich selbst und anderen lieber unberührt lässt, und mit Vorstellungen an die Gemüther zu dringen, welche nicht an sich, sondern dadurch, dass sie in der Voraussetzung ausgesprochen werden, man könne sie sich nicht selbst machen, dem gebildeten Sinne lästig sind. Nachdem ich, meines Wissens, bisher von dieser Art der Beredtsamkeit, welche man nur noch Einem Stande, zu dem ich nicht gehöre, erlaubt, mich frei erhalten, so hoffe ich nicht, gerade zum Schlusse in sie zu verfallen.

Wir wollen, habe ich gesagt, heute über unser bisheriges Denken – unseres, nicht meines, in dem Sinne, den ich angegeben, – wiederum denken; besonders um sicher zu werden, dass es nicht selbst ein Product der in ihrem Einflusse unserem Auge bloss verborgen gebliebenen Gegenwart gewesen. Ich behaupte hierbei: es ist dieses Denken gewiss nicht Product unserer Zeit, wenn es zuvörderst überhaupt nicht Product irgend einer Zeit ist, sondern über alle Zeit hinausliegt; sodann, da es in diesem Falle gar wohl überhaupt leer und nichts bedeutend seyn und in die leere und nichtige Zeit fallen könnte, wenn es Grund und Princip eines lebendigen Lebens in einer neuen Zeit wird.

Um über das erste, ob unser hier vollzogenes Denken über alle Zeit hinausliege, Auskunft zu erhalten, lassen Sie uns sehen: was für ein Denken dasselbe seinem Inhalte nach gewesen, und unter welche Hauptgattung des menschlichen Denkens wir es zu bringen hätten? – Ich antworte: es war ein religiöses Denken; alle unsere Betrachtungen, waren religiöse Betrachtungen und unsere Ansicht und unser eigenes Auge in dieser Ansicht religiös.

Religion besteht zufolge des, in allen unseren bisherigen Reden dunkler oder deutlicher, mittelbarer oder unmittelbarer angeregten und in der letzten Vorlesung von allen Seiten betrachteten Gedankens darin: dass man alles Leben als nothwendige Entwickelung des Einen, ursprünglichen, vollkommen[240] guten und seligen Lebens betrachte und anerkenne. Nun ists fürs erste ganz klar, dass diese Ansicht nicht in der blossen Wahrnehmung und beobachtenden Anschauung des Lebens, oder irgend eines Dinges liege, noch aus ihr zu entspringen vermöge. Durch die sorgfältigste Beobachtung des Daseyenden wird man nie weiter kommen als zu wissen: so und so ist nun eben das Ding; keinesweges aber dazu, diese blosse Erscheinung überhaupt nicht gellen zu lassen, sondern eine höhere Bedeutung derselben anzunehmen. Die religiöse Ansicht kann sich daher nie aus der blossen Beobachtung der Welt erzeugen, indem sie ja vielmehr in der sich uns aufdringenden Maxime besteht: die gesammte Welt und alles Leben in der Zeit gar nicht für das wahre und eigentliche Daseyn gellen zu lassen, sondern noch ein anderes, höheres Daseyn jenseits der Welt anzunehmen. Diese Maxime muss sich rein aus dem Gemüthe, als ein absolut ihm eingepflanzter Grundzug entwickeln, und durch die blosse empirische Wahrnehmung gelangt man nie zu ihr, indem sie eben die empirische Wahrnehmung, als höchsten Entscheidungsgrund alles Gültigen, völlig aufhebt. Es ist klar, dass diese Maxime dem von uns aufgestellten Princip des deutlichen Denkens des Zeitalters widerspricht dass dieses nie zu ihr kommen kann, und dass durch die erste religiöse Ahnung eines höheren, denn die Welt ist, man Über ein solches Zeitalter sich erhebt, und aufhört ein Product desselben zu seyn. Kurz, nicht das blosse Wahrnehmen, sondern das Denken aus sich selber heraus ist das erste Element der Religion. Mit dem bekannten Ausdrucke der Schule: Metaphysik, zu Deutsch: Uebersinnliches, ist das Element der Religion. Vom Anbeginn der Welt an bis auf diesen Tag war die Religion, in welcher Gestalt sie auch erscheinen mochte, Metaphysik; und wer die Metaphysik, lateinisch: alles Apriori, – verachtet und verspottet, der weiss entweder gar nicht, was er will, oder er verachtet und verspottet die Religion.

Ist man nun aus dieser Gefangenheit und Befangenheit in den Erscheinungen erlöset, so ist das zweite, um zur wahren Religion zu gelangen, die Maxime: den Grund der Welt weder in das Ohngefähr zu setzen, welches mit anderen Worten[241] heisst, einen Grund der Welt annehmen, und doch auch nicht annehmen; noch in blinde Nothwendigkeit, welches mit anderen Worten heisst, einen schlechthin unbegreiflichen und in sich todten Grund der Welt und des Lebens in ihr annehmen; noch in eine lebendige, aber böse, menschenfeindliche und eigensinnige Ursache, wie es der Aberglaube seit allen Zeiten in höherem oder niederem Grade gethan hat; sondern in das Eine, absolut gute und ewig gut bleibende göttliche Daseyn. So wie die erste Maxime, das zeitliche Daseyn überhaupt nicht für das wahre gelten zu lassen, sondern jenseits desselben ein höheres anzunehmen, – ebenso muss auch die zweite, dieses höhere als Leben, und als gutes und seliges Leben zu fassen, rein aus dem Gemüthe, als ein absolut in ihm liegender Grundzug kommen. Von aussen kann dem Einzelnen höchstens die Hülfe gereicht werden, dass man ihm diese Ansicht mittheile und ihn auffordere, sie an seinem eigenen Wahrheitssinne zu erproben, welcher, wenn er nur recht befragt wird, und wenn die Masse der schon vorhandenen Irrthümer und Vorurtheile nicht gar zu mächtig ist, ohne Zweifel beistimmen wird. Ein eigentlich logisches Erzwingungsmittel der Einsicht giebt es nicht, – denn selbst die allerplatteste und roheste Denkart des blossen Egoismus ist in sich consequent, und wer hartnäckig darauf besteht, sie nicht zu verlassen, kann nicht dazu genöthigt werden.

In Summa – wie wir auch schon in der letzten Rede es deutlich ausgesprochen haben: In der religiösen Ansicht wer. den schlechthin alle Erscheinungen in der Zeit eingesehen als nothwendige Entwickelungen des Einen, in sich seligen, göttlichen Grundlebens, mithin jede einzelne als die nothwendige Bedingung eines höheren und vollkommneren Lebens in der Zeit, das aus ihr entspriessen soll. Nun ist, – dieses ist wohl zu bemerken, – diese Eine, ewig sich gleichbleibende Einsicht der Religion in aller Zeit, selber, ihrer Form nach, wiederum verschieden und eine doppelte. Nemlich, es wird entweder bloss im Allgemeinen eingesehen, dass, da alles in der Zeit erscheinende Leben nur Entwickelung des Einen Lebens seyn könne, auch die besondere, nun eben eintretende[242] Erscheinung nothwendig dasselbe sey, – dass sie es sey, sage ich, ohne dass sich verstehen lässt, wie und auf welche Weise sie es sey; und in dieser Gestalt können wir die Religion nennen: blosse Vernunftreligion, – hinausliegend über allen Verstand und allen Begriff, ohne dass dadurch ihrer Klarheit und Gewissheit der geringste Abbruch geschieht – Vernunftreligion nennen wir sie, denn sie ist blosses Vernehmen des Dass, ohne Verstehen des Wie. – Oder, was der zweite Fall wäre, es lässt sich sogar begreifen und verstehen, wie und auf welche Weise die in Untersuchung gezogene Erscheinung Entwicklung eines höheren Lebens sey; das vollkommenere, das daraus hervorgehen soll, lässt sich wirklich angeben, und die vorliegende Erscheinung, als nothwendiger Grund des bestimmten Besseren, im deutlichen Begriffe erhärten. In dieser letzteren Gestalt könnte man die Religion nennen: Verstandesreligion. Durch die Sphären beider ist das ganze Gebiet der Religion umfasst, so dass die Vernunftreligion die beiden äussersten Enden desselben umschliesst, die Verstandesreligion das in der Mitte Liegende einnimmt. Wie jedes menschliche Individuum, als solches, und die besonderen Schicksale desselben auf das Ewige sich beziehen, als das tiefste Ende des Religionsgebietes, lässt sich nicht begreifen; und ebensowenig, wie, dieses ganze gegenwärtige und erste Leben unseres Geschlechts sich zu der unendlichen Reihe künftiger Leben verhalte, und durch sie bestimmt werde, – als das höchste Ende desselben Gebietes; dass sie aber insgesammt gut seyen, und durchaus nothwendig für das vollkommenste Leben, sieht der Religiose klar ein. Was hingegen das erste Erdenleben der Gattung, für sich allein und ohne Beziehung auf andere Leben gedacht, als blosses Gattungs-, keinesweges als individuelles Leben bedeute, als die mittlere Sphäre jenes religiösen Gebiets: lässt sich begreifen, und ist von uns begriffen worden; und aus demselben Grunde lässt sich begreifen, wie jede der nothwendigen Epochen dieses Erdenlebens sich zum Ganzen verhalte, und was sie in demselben beabsichtige. Hier daher liegt der Boden der Verstandesreligion; und diesen hat unsere[243] Untersuchung, – hinstellend die Epoche, in welcher wir leben, als ihren hellsten Punct, – durchmessen.

Die Frage: was unsere ganze Untersuchung eigentlich gewesen? ist beantwortet. Folgendes nemlich haben wir gethan: wir haben uns erhoben in den Aether der Religion auf dem Wege, der für unser Zeitalter der betretenste und der geläufigste ist, auf dem Wege des Verstandes. So gewiss unsere Untersuchung religiös war, schwebte sie, weit entfernt, ein Product unserer Zeitepoche zu seyn, über allen Zeitepochen und aller Zeit; so gewiss sie an das in unserer Zeit herrschende Princip anknüpfte, erhob sie sich recht eigentlich aus unserer Zeit heraus über die Zeit. Die kräftigste Verhinderung des Nachdenkens liegt darin: wenn man an gar nichts mehr Anstoss nimmt, über nichts sich weiter wundert, noch einen Aufschluss begehrt. Was jeden, diesem Zustande noch so Nahen noch immer am leichtesten anregt, weil es auf sein eigenes Wohl und Wehe unmittelbaren Einfluss hat, sind die ihm am nächsten liegenden Zeitbegebenheiten. Welcher Gebildete hat nicht wenigstens beim Anblicke dieser sich zuweilen gewundert, nach einer Bedeutung dieser sonderbaren Erscheinungen gefragt und Aufschluss gewünscht? Ohne auf Kleinigkeiten uns einzulassen, die sehr oft in das Gebiet des absolut Unverständlichen fallen, oder, selbst falls sie verständlich wären, nie zu etwas Grossem fuhren, haben wir die Zeit im Grossen und Ganzen gedeutet; doch also, dass wohl nicht leicht Eins der Mitglieder dieser Versammlung dasjenige ganz übergangen finden dürfte, was ihn am vorzüglichsten interessirt. Wir haben sie gedeutet mit verständig religiösem Sinne, alles begreifend als nothwendig in diesem Ganzen, und als sicher führend zum Edleren und Vollkommneren.

Es ist daher kein Zweifel, dass unsere Untersuchung über alle Zeit hinaus sich erhoben habe. Dies allein aber genügt uns noch nicht. Ist sie kein Product, keine Lieblingsmeinung, keine Einseitigkeit unseres Zeitalters, so ist das recht gut: aber ist sie nicht vielleicht überhaupt Nichts, ein leerer Schimmer und Traum, fallend in die leere Zeit, und für die wahre und[244] wirkliche Zeit gar nicht vorhanden? Wir haben die Principien für die Beantwortung dieser zweiten Frage anzugeben.

In diese leere Zeit fällt etwas, wenn es zum blossen Zeitvertreibe dient, oder, was dem ganz gleich ist, zur blossen Befriedigung einer auf keine ernsthafte Wissbegierde gegründeten Neugierde. Der Zeitvertreib ist ganz eigentlich eine leere Zeit, welche zwischen die durch ernsthafte Beschäftigungen ausgefüllte Zeit in die Mitte gesetzt wird. Als ich diese Reden er. öffnete, nahm ich nichts weiter auf mich, als dass ich Sie wenige Stunden dieses Winters auf eine nicht unschickliche und Ihrer nicht unanständige Weise unterhalten wollte; mehr konnte ich, auf mich allein rechnend, nicht versprechen: und sogar dieses ganz unbedingt zu versprechen wäre gewagt gewesen; denn das Unterhalten setzt von der anderen Seile Unterhaltbarkeit, und eine bestimmte Unterhaltung, einen gewissen Grad und Art von Unterhaltbarkeit voraus. – Hätten Sie nun, insgesammt und alle ohne Ausnahme, mich bei diesem Worte gefasst, so könnten Sie heute insgesammt rühmen, dass Sie diesen Winter über sechszehn bis siebzehn Stunden Langeweile durch ein neues Mittel losgeworden; welches denn immer auch etwas Gutes, Erspriessliches und Gesundes wäre, wogegen ich nichts haben dürfte. Etwas ganz Gewisses aber wäre es auch, dass diese sechszehn bis siebzehn Stunden nicht in Ihre wirkliche, sondern in Ihre leere Zeit gefallen seyen.

In die wahre und wirkliche Zeit fällt etwas, wenn es Princip wird, nothwendiger Grund und Ursache, neuer und vorher nie dagewesener Erscheinungen in der Zeit. Dann erst ist ein lebendiges Leben geworden, das anderes Leben aus sich erzeugt. Das, was durch diese Untersuchungen Princip geworden seyn könnte, wäre die herrschende Tendenz und Gewohnheit, alle Erscheinungen ohne Ausnahme aus dem religiösen Standpuncte anzusehen. Nun ist es unmöglich, dass durch diese unsere, hier in einigen Stunden dieses Winters angestellten Betrachtungen dieses Princip uns erst habe eingepflanzt werden können. Theils lässt es sich überhaupt nicht, wie schon oben erinnert worden, von aussen in den Menschen hineinbringen, sondern es muss ursprünglich in seinem Wesen seyn,[245] und ist es ohne Ausnahme; theils haben wir hier bei weitem nicht alle die Mittel, welche es giebt, um dasselbe zu wecken und anzuregen, anzuwenden vermocht. Das ganze künstliche Verfahren der Schule, das systematische Aufsteigen und Abschneiden jedes Einwandes, die regelmässige Abgrabung der Wurzel des Irrthums in jedem ihrer Aeste, – ferner, das tiefe und langwierige Studium, und die künstliche Entwickelung der Denkkraft, welche beide das erstere voraussetzt, – konnte und durfte hier nicht angebracht werden; eingepflanzt demnach, oder auch nur ursprünglich geweckt und angeregt, konnte hier der religiöse Sinn nicht werden. Es wurde vorausgesetzt, dass er in allen hier mitwaltenden Gemüthern schon ehemals warm und kräftig herausgetreten und sich geäussert, und jetzt nur etwa, durch die übrigen ununterbrochenen Geschäfte und Zerstreuungen des Lebens und seine gewöhnlichen Umgebungen verdeckt, schlummere. Diesen nur entschlummerten, keinesweges erstorbenen, konnten wir ansprechen; gerade wie jeder es mit sich selbst allein ebensogut hätte vollziehen können, wenn er die Zeit und Fertigkeit der Meditation in Angelegenheiten dieser Art gehabt hätte; mir fiel das Geschäft zu, einen Theil meiner Zeit auf Ermessung und Berechnung einer Rede zu wenden, welche jeder eben also an sich hätte halten können, und die er zuletzt auch wirklich an sich halten und sie an seinem eigenen Gefühle versuchen musste, wenn sie überhaupt an ihn gerichtet seyn sollte. Höchstens konnte ich von dem meinigen das hinzuthun, dass ich den Gegensatz zwischen Ihrer damaligen Geistesbildung, als der religiöse Sinn zuerst in Ihnen lebendig wurde, und ihrer dermaligen aufhob und diesen, an sich selber ewig sich gleichbleibenden Sinn von den etwanigen anderweitigen Beschränkungen, die seine erste Entwickelung umgaben, kräftigst abtrennte und ihn in Ihren gegenwärtigen Culturzustand hineinversetzte.

Fürs erste giebt es nun schon zur vorläufigen Beurtheilung der angeregten Frage, ob die hier angestellten Betrachtungen für uns bloss leere Worte und Gedankenspiele waren – höchstens dienlich, um eine müssige Stunde hinzubringen – oder, ob sie etwas in uns selber Lebendes angesprochen, ein gutes[246] Kriterium: wenn es uns nemlich zu Muthe war, als ob hier nur unsere eigenen, von jeher gehegten Ahnungen und Gefühle deutlich ausgesprochen würden, und als ob wir selber uns von jeher die Sache ohngefähr ebenso gedacht hätten, wie sie hier dargestellt worden: so ist sicher etwas in uns Liegendes angesprochen. Dies, sage ich, ist ein nur vorläufiges und selbst nur halb entscheidendes Kriterium. Das letztere deswegen: es kann einer aus voller Seele beistimmen, bei dem doch nur ein flüchtiges wissenschaftliches, oder ästhetisches Wohlgefallen erregt ist, das da wohl in einer consequenteren Ansicht der Welt, oder in begeisterteren Kunstproducten sich zeigen, nie aber einfliessen wird auf die innere Tiefe des Gemüthes. Es kann ein anderer widersprechen, weil er mit wissenschaftlichen Vorurtheilen an die Betrachtung ging; und gerade um so heftiger widersprechen, jemehr das geheime Einverständniss seines eigenen Gemüthes mit demjenigen, was seiner Theorie zufolge Irrthum seyn muss, ihn reizt und peinigt; – der doch im Grunde einstimmt, und bei welchem die Einstimmigkeit allmählig die ganze Denkart und den Charakter ergreifen, und sein Verfahren in Widerspruch setzen wird mit seiner Theorie, – bis endlich diese selbst, da aus dem Herzen ihr keine weitere Nahrung zufliesst, verwelken wird und abfallen wie dürres Laub.

Aber das sichere und völlig entscheidende Kriterium, ob etwas in uns schon Lebendes angesprochen, und so kräftig angesprochen sey, dass es nicht wieder von neuem entschlummern könne, – in welchem Falle das dermalige Erwachen eines neuen, künftigen, immer nicht sicher zu erwartenden Erweckens bedürfte, und nur für dieses von einigem Werthe seyn könnte, ohne dieses aber gleichfalls in die leere Zeit fiele; – das sichere und völlig entscheidende Kriterium dieser Frage, sage ich, ist dies: ob dieses angeregte Leben unaufhörlich sich weiter ausbreite, und Grund und Quell neuen Lebens werde?

Schon in der vorigen Rede ist deutlich dargethan worden, dass die Religion überhaupt sich gar nicht äusserlich darstelle, und den Menschen durchaus nicht treibe, irgend etwas zu thun das er nicht ohne sie ebensowohl gethan hätte, sondern[247] dass sie ihn nur innerlich vollende zu seinem wahrhaften Seyn und Daseyn. Sie ist gar kein Thun, noch Thätiges, – sondern sie ist eine Ansicht; sie ist Licht, und das einige wahre Licht, welches alles Leben und alle Gestaltungen des Lebens in sich trägt, und sie in ihrem innersten Kerne durchdringt. Einmal ausgebrochen, quillt es aus sich selber ewig fort und verbreitet sich ohne Aufhören; und es ist so vergeblich, ihm zu sagen: leuchte, als es vergeblich wäre, dies der irdischen Sonne zu sagen. wenn sie am Himmel steht. Es thut dies ohne alles unser Gebot; und leuchtet es nicht, so ist es eben nicht angebrochen. Wie es anbricht, so verschwinden die Finsternisse und die Traumgestalten und Gespenster, welche im Schoosse derselben sich erzeugten, von selbst. Es ist vergeblich, den Finsternissen zu sagen: werdet Licht! Sie können kein Licht aus sich hervorgehen lassen, denn sie haben keines in sich. Ebenso vergebens ist es, dem in Vergänglichkeit verlorenen Menschen zu sagen: erhebe dein Auge zum Ewigen! Er hat für das Ewige kein Auge; das Auge, das er hat, ist selbst vergänglich, und ist die Vergänglichkeit, und gebiert Vergänglichkeit aus sich heraus. Lasset aber das Licht erst ausbrechen, so wird die Finsterniss sichtbar, und weicht und zieht sich zurück, wie Schatten über die Flur. Die Finsterniss ist die Gedankenlosigkeit, die Frivolität, der Leichtsinn der Menschen. Wo das Licht der Religion aufgegangen ist, hat man den Menschen vor diesen nicht weiter zu warnen, noch er mit ihnen zu kämpfen; sie sind zerflossen, und man kennt nicht mehr ihre Stätte. Sind sie noch da, so ist das Licht der Religion sicher noch nicht aufgegangen, und alles Warnen und Vermahnen ist verloren.

Demnach, – das aufgestellte Kriterium zuvörderst negativ angewendet, – wird die Beantwortung der Frage, ob diese Betrachtungen in die leere oder wahre Zeit gefallen, davon abhängen, ob die Gedankenlosigkeit, die Frivolität, der Leichtsinn aus unserem Leben verschwinden, und immer mehr verschwinden werden.

Die reine Gedankenlosigkeit, d.h. das stumme und blinde Hinfliesse mit dem Strome der Erscheinungen ohne auch nur[248] den Gedanken einer Einheit in ihm und eines Grundes davon zu denken, ist thierisch, und erhält dadurch wieder eine gewisse Naturgemässheit, die man gelten lassen muss. Selten ist der Mensch so glücklich, dass sie ihm zu Theil werde. Jene Frage nach der Einheit stellt sich ein und fordert ihre Beantwortung. Wer sich der dadurch aufgegebenen Forschung nicht unterwerfen mag, dem bleibt nichts übrig, als sich gegen jenen Andrang zu verstocken, die absolute Gedankenlosigkeit, die ihm, als natürlichen Zustand, seine Natur versagte, mit Freiheit zu seiner Maxime zu machen, und in sie die rechte, wahre Weisheit zu setzen. An vornehmen Benennungen, als da sind: wahrer, gesunder Menschenverstand, Skepticismus, Kampf gegen Schwärmerei und Aberglauben, wird es nicht gebrechen. Nach ihnen ist das Thier der geborene Weise und Philosoph; dem Menschen aber ist die Narrheit zu Theil geworden, welche darin besteht, dass man einen Grund der Erscheinungen sucht. Diese Narrheit, nach einem Grunde zu fragen, unterdrückt der Weise soviel er vermag, und macht so durch Kunst sich wieder zum Thiere. Lässt sich nun etwa durch diese Maxime und alle die ihr beigelegten vornehmen Namen jener Trieb, sicheren Boden zu finden, noch nicht unterdrücken, so sucht man durch andere Mittel ihn zum Schweigen zu bringen. Man versucht, sich selbst mit jenem Streben aufzuziehen und lächerlich zu machen, indem man überhaupt es lächerlich zu machen sucht; um an sich selbst Rache dafür zu nehmen, dass man sich doch einmal überraschen und ergreifen liess, auch, damit ja die anderen einer solchen Schwachheit uns nicht für fähig halten. Man flieht keine Gesellschaft ärger, als die seiner selbst, und um nie mit sich selbst allein zu seyn, sucht man alle Theile des Lebens, die uns von den, uns ohnedies von uns selbst entfernenden Geschäften übrigbleiben, in ein Spiel zu verwandeln. – Dieser Zustand ist nicht natürlich. Kinder mögen von Natur gern spielen, weil ihre Kräfte ernsthafteren Geschäften noch nicht gewachsen sind: wenn aber Erwachsene nichts mögen, als spielen, so geschieht es nicht um des Spieles willen, sondern weil sie über dem Spiele etwas anderes vergessen wollen. Oder es kömmt dir ein ernster Gedanke in den Weg[249] den du nicht magst: so lass ihn liegen und setze deinen angefangenen Weg fort! Das aber thust du nicht, sondern du wendest dich gegen ihn und bietest alle Gewalt deines Witzes auf, um ihn in ein lächerliches Licht zu setzen. Warum giebst du dir denn die Mühe? Du musst doch den Gedanken in seiner ersten ernsthaften Gestalt gar nicht ertragen können, da du nicht eher Ruhe hast, bis du ihn in eine andere, dir gefälligere Form gebracht. Leichtsinn und Frivolität – und zwar, je höher sie steigen, desto mehr – sind untrügliche Kennzeichen, dass im Innern des Herzens etwas ist, das nagt, und welchem man gern entfliehen möchte; und sie sind gerade dadurch unverwerfliche Beweise, dass die edlere Natur in diesen noch nicht ganz ausgestorben. Wer es vermag, einen tiefen Blick in solche Gemüther zu werfen, dem geht der schmerzlichste Jammer auf über ihren Zustand und über die unaufhörliche Lüge, in der sie sich befinden; indem sie alle glauben machen wollen, dass sie höchst glücklich und vergnügt seyen, und von ihnen wieder die Bestätigung erwarten, indess sie bei sich selbst niemals Glauben finden; – zugleich mit einem wehmüthigen Lächeln über ihr Bestreben, schlimmer zu scheinen, als sie wirklich sind.

Sind diese Phänomene uns gänzlich verschwunden, scheuen wir nicht mehr den Ernst und das Nachdenken, sondern fangen nun schon an, es über alles zu lieben: so sind unsere Betrachtungen nicht in die leere, sondern in die wirkliche Zeit gefallen.

Hat das Licht der Religion sich in uns entzündet, so vertreibt es nicht nur die Finsternisse, sondern es ist auch für sich selber und als solches da, indem es ausserdem die Finsternisse nicht vertreiben könnte; verbreitet sich, bis es unsere ganze Welt umfasst, und wird so Quelle eines neuen Lebens. – Im Beginn dieser Reden haben wir alles Grosse und Edle im Menschen darauf zurückgeführt, dass er seine Person in der Gattung verliere und an die Sache dieser Gattung sein Leben setze, für sie arbeite, entbehre, dulde und, sich opfernd, sterbe. Immer waren es Thaten, immer, was heraustreten konnte in der äusseren Erscheinung, worauf wir sahen. Dabei[250] mussten wir anknüpfen mit dem Zeitalter. Jetzt, beim Durchgehen durch diese Ansicht veredelt, wie ich voraussetze, sagen wir nicht mehr also. Das einzige wahrhaft Edle im Menschen, die höchste Form der in sich selbst klar gewordenen Idee ist die Religion; aber die Religion ist gar kein Aeusserliches, und erscheint nie in irgend einer Aeusserung, sondern sie vollendet bloss innerlich den Menschen. Sie ist Licht und Wahrheit im Geiste. Das richtige Handeln findet sich dann von selber, denn die Wahrheit kann nicht anders handeln, als nach der Wahrheit; aber dieses richtige Handeln ist kein Opfer mehr, noch ein Dulden und Entbehren, sondern es ist selber die Ausübung und Ausströmung der höchsten inneren Seligkeit. Wer mit Widerwillen und im Streite mit seiner inneren Finsterniss dennoch nach der Wahrheit handelt, den bewundere man, und preise seinen Heldenmuth; wem es innerlich klar geworden, der ist unserer Bewunderung und Verwunderung entwachsen: es ist in seinem Wesen gar kein Anstoss weiter, noch Unbegreifliches, sondern alles ist die eine, aus sich selbst fortfliessende klare Quelle.

Folgendermaassen drückten wir uns damals aus: wie, wenn der Odem des Frühlings die Lüfte belebt, das starre Eis, wovon noch kurz vorher jedes Atom fest in sich selber sich verschloss, und kalt jedes Nachbaratom von sich abhielt, sich nun nicht länger hält, sondern zusammenströmt in eine einige, sich durchdringende und erquickende laue Fluth; also verfliesset durch den Liebeshauch der Geisterwelt, und ist durch ihn ewig verflossen, das Ganze der Geisterwelt. Heute setzen wir hinzu: und dieser Hauch der Geisterwelt, das sie schaffende und bindende Element, ist das Licht; dieses das ursprüngliche; die Wärme, falls sie nicht wieder verfliegen, sondern einige Dauer in sich tragen soll, ist bloss die erste Aeusserung des Lichtes. In der Finsterniss der irdischen Ansicht stehen alle Gegenstände getrennt da; jeder einzelne in sich selber zusammengehalten durch die dunkle und kalte Materie, die in ihm sich hinzieht; aber es giebt in dieser Finsterniss kein Ganzes. Das Licht der Religion beginne! – und alles geht auf und tritt heraus nebeneinander, gegenseitig sich haltend und ordnend, und[251] insgesammt schwimmend in dem Einen fortgehenden und umfassenden Lichtstrahle.

Dieses Licht ist sanft, stillerquickend und wohlthätig dem Auge. In der Dämmerung der irdischen Ansicht werden gefürchtet die verworren beleuchteten Gestalten, und werden darum gehasst. In der Beleuchtung der Religion ist alles gefällig, und strahlet Frieden aus und Ruhe. In ihr ist die Misgestalt verschwunden, und alles schwimmt in rosenfarbenem Aether. Nicht, dass man an einen hohen Willen des Schicksals, der nun einmal nicht zu ändern ist, sich ergebe; für die Religion giebt es kein Schicksal, sondern eitel Weisheit und Güte, in die man sich nicht nothgedrungen ergiebt, sondern die man mit unendlicher Liebe umfasst. – In diesen hier angestellten Betrachtungen sollte diese freundliche und gefällige Ansicht zunächst über unser Zeitalter und über das ganze Erdenleben unserer Gattung verbreitet werden. Je inniger diese Milde uns ergriffen hat, je tiefer sie eingedrungen ist in alle unsere Ansichten: mit einem Worte, jemehr Frieden Mit aller Welt und Freude an jeglichem Daseyn für uns gewonnen ist, desto sicherer können wir sagen, dass die hier angestellten Betrachtungen nicht in die leere, sondern in die wirkliche Zeit gefallen.

Dieses Licht verbreitet sich aus sich selber und erweitert seine Sphäre, bis es zuletzt unsere ganze Welt durchdringt. Wie, wenn das irdische Licht in einem Puncte beginnt, die Schatten zurückweichen, die Grenzen des Tages und der Nacht sich scheiden, und zwar die Finsterniss selbst sichtbar wird, noch aber nicht die in sie gehüllten Gegenstände: ebenso verhält es sich mit dem Lichte der Religion. In Einer Sphäre, in der Ansicht unseres Erdenlebens, sollte dieses Licht hier uns aufgeben. Ist es uns nur wirklich da aufgegangen, so wissen wir schon fest und sicher, dass auch jenseits dieser Sphäre nur Weisheit herrsche und Gute, weil überhaupt nichts anderes zur Herrschaft kommen kann aber wir verstehen noch nicht, wie sie da herrsche, und was es sey, das sie dort beabsichtige. In Rücksicht des Dass durchdrungen von felsenfester Ueberzeugung und Einsicht, bleibt jenseits dieser Sphäre in Rücksicht[252] des Wie uns doch nur der Glaube übrig. Unsere Sphäre ist beleuchtet durch in sich selber verständliches und klares Licht: die Gegend jenseits ist allerdings auch schon umfasst vom Lichte, noch aber ruht Dunkel auf den übersinnlichen Gegenständen, die sie enthält. Aber das verständliche und in sich selbst klare Licht bleibt nicht eingeschlossen in seine ersten Grenzen, sondern wie es nur in sich selber heller wird, ergreift es zugleich die nächsten Umgebungen, und von ihnen aus abermals die nächsten; die Sphäre der Verstandesreligion erweitert sich, und nimmt einen Theil der Sphäre des Glaubens nach dem andern in sich auf. Werden wir daher immer verständiger werden in dem Einen, das des Verstehens werth ist, in den Planen der göttlichen Weisheit und Güte: so ist dies ein sicherer Beweis, dass die hier angestellten Untersuchungen nicht in die leere Zeit gefallen sind, sondern in die wirkliche.

Mit einem Worte: allein unser künftiges Wachsthum an innerem Frieden und Seligkeit, sowie an innerem Verständnisse, kann den Beweis geben, dass die Lehre, welche hier gedacht worden, wahr sey, und dass sie an uns wirklich gekommen und ein Leben in uns gewonnen habe.

Sie sehen, Ehrwürdige Versammlung, dass dieser Beweis nicht äusserlich erscheint; dass keiner für den anderen, sondern nur jeder für sich, aus seiner eigenen Seele heraus, antworten kann, und am besten thut, wenn er auch nur lediglich in seine eigene Seele hin einantwortet. Sie sehen, dass in keinem Falle heute oder morgen die aufgeworfenen Fragen sich beantworten lassen, sondern dass die Beantwortung auf eine sehr unbestimmte Zeit hinaus sich verschiebt. Sie sehen, dass wir heute, am Beschlusse unserer Arbeit stehend, durchaus nicht wissen können, ob wir Etwas oder Nichts gethan haben; und dass wir auch hierüber an das blosse Bewusstseyn unserer redlichen Absicht, falls wir dieses zu fassen vermögen, und aus der Region des Verstandes in die des Glaubens und der Hoffnung verwiesen werden.

Und gesetzt, wir könnten diese Fragen beantworten, und könnten sie unserem Wunsche gemäss beantworten: was ist diese Versammlung auch nur gegen diese volkreiche Stadt; und[253] was ist diese Stadt gegen das gesammte Reich der Cultur? Ein Tropfen Wasser vielleicht in einem mächtigen Strome. Würde nicht der vom neuen Lebenselemente durchdrungene Tropfen – falls er nemlich wirklich durchdrungen ist, – mit dem Strome sich mischen und in ihm verschwinden, so dass gar bald im Ganzen keine Spur des ihm ertheilten Elementes übrigbliebe? – Auch hier bleibt uns nichts, als die Hoffnung, dass, falls Wahrheit war, was hier gedacht wurde, und falls sie in einer gerade unser Zeitalter ansprechenden Gestalt erschien, dieselbe Wahrheit, in derselben Gestalt, ohne alles unser Wissen auch wohl anderwärts durch andere Organe das Zeitalter ansprechen werde; so dass mehrere Tropfen in dem grossen Strome von demselben Lebenselemente durchdrungen würden und allmählig zusammenflössen, und auf diese Weise nach und nach dem Ganzen ihr Element ertheilten.

Dieses lassen Sie uns hoffen, und mit dieser freudigen Hoffnung im Blicke, E. V., lassen Sie uns scheiden!

Quelle:
Johann Gottlieb Fichtes sämmtliche Werke. Band 7, Berlin 1845/1846, S. 238-254.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters
Philosophische Bibliothek Band 247: Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der Weg ins Freie. Roman

Der Weg ins Freie. Roman

Schnitzlers erster Roman galt seinen Zeitgenossen als skandalöse Indiskretion über das Wiener Gesellschaftsleben. Die Geschichte des Baron Georg von Wergenthin und der aus kleinbürgerlichem Milieu stammenden Anna Rosner zeichnet ein differenziertes, beziehungsreich gespiegeltes Bild der Belle Époque. Der Weg ins Freie ist einerseits Georgs zielloser Wunsch nach Freiheit von Verantwortung gegenüber Anna und andererseits die Frage des gesellschaftlichen Aufbruchs in das 20. Jahrhundert.

286 Seiten, 12.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon