Vierte Rede

Voranfang

[475] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Osthaine, auf Mutter Migāros Terrasse.

Um diese Zeit aber hielten sich Vāseṭṭho und Bhāradvājo bei den Mönchen auf, da sie dem Orden der Mönche beitreten wollten814.

Nun war der Erhabene eines Abends, nach gelöster Eingezogenheit, von der Terrasse herabgestiegen und im Schatten der Bastei unter freiem Himmel [475] auf und ab gewandelt. Es sah aber Vāseṭṭho den Erhabenen dort auf und ab wandeln, und bei diesem Anblick wandte er sich an Bhāradvājo:

»Da ist, Bruder, Bhāradvājo, der Erhabene jetzt am Abend, nach gelöster Eingezogenheit, von der Terrasse herabgestiegen und wandelt im Schatten der Basteimauer unter freiem Himmel auf und ab. Komm', Bruder Bhāradvājo, wir wollen uns zum Erhabenen hinbegeben: vielleicht mag es uns beschieden sein, von Angesicht des Erhabenen ein Gespräch über die Lehre zu hören.«

»Gern, Bruder«, sagte da Bhāradvājo zustimmend zu Vāseṭṭho. Alsbald nun begaben sich Vāseṭṭho und Bhāradvājo zum Erhabenen hin. Dort angelangt boten sie ehrerbietigen Gruß dar, und mit dem Erhabenen auf und ab wandelnd schritten sie rückwärts nach. Da hat denn der Erhabene sich an Vāseṭṭho gewandt:

»Ihr seid ja, Vāseṭṭher, Priester von Geburt, Priester dem Stamme nach, aus priesterlichem Geschlechte seid ihr von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen: werden euch da wohl, Vāseṭṭher, die Priester nicht zürnen und gram sein?«

»Allerdings, o Herr, zürnen uns die Priester und sind uns gram, geben uns Tadel auf ihre Weise zu verstehn, voll zubemessen, nicht wenig bemessen.«

»Wie denn aber nur, Vāseṭṭher, zürnen euch die Priester und sind euch gram, geben euch Tadel auf ihre Weise zu verstehn, voll zubemessen, nicht wenig bemessen?«

»Die Priester, o Herr, haben da gesagt: ›Der Priester nur ist höchste Kaste, verworfen andere Kaste; der Priester nur ist helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von echter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās. Ihr habt aber die höchste Kaste verleugnet und seid in eine verworfene Kaste eingetreten, und zwar bei diesen kahlgeschorenen Asketen, dem frechen Gesindel, wo einer dem anderen auf den Fersen folgt. Das ist nicht wohlgetan, das ist nicht rechtgeraten, daß ihr die höchste Kaste verleugnet habt und in eine verworfene Kaste eingetreten seid, als wie bei solchen kahlgeschorenen Asketen, einem frechen Gesindel, wo einer dem anderen auf den Fersen folgt815.‹ Auf solche Art, o Herr, zürnen uns die Priester und sind uns gram, geben uns Tadel auf ihre Weise zu verstehn, voll zubemessen, nicht wenig bemessen.«

»Freilich haben da, Vāseṭṭher, die Priester, nicht eingedenk der Vorzeit, also zu euch gesprochen. Es gibt ja doch, Vāseṭṭher, unter den Priestern Priesterfrauen, die fruchtbar sind, schwanger werden, Kinder gebären, aufsäugen; aber jene Priester, obzwar vom Weibe geboren, reden also: ›Der Priester nur ist höchste Kaste, verworfen andere Kaste; der Priester nur ist helle [476] Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von echter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās816.‹ So haben sie nur eben den Brahmā bezichtigt, unwahr gesprochen, schwere Schuld sich geschaffen.

Vier gibt es, Vāseṭṭher, der Kasten: Krieger, Priester, Bürger und Bauern. Als Krieger nun, Vāseṭṭher, bringt auch so mancher Lebendiges um, nimmt Nichtgegebenes, begeht Ausschweifung, sagt Lüge, verleumdet, zankt und schwätzt, er ist gierig, gehässig, falsch gesinnt. Was da nun also, Vāseṭṭher, für Dinge unheilsam sind und als unheilsam gelten, tadelhaft sind und als tadelhaft gelten, nicht zu pflegen sind und als nicht zu pflegen gelten, unzukömmlich Edlen sind und als unzukömmlich Edlen gelten, dunkel sind und Dunkles aufzüchten, von Verständigen verworfen: auch an einem Krieger kann man dergleichen hier finden. Als Priester nun, Vāseṭṭher, als Bürger, als Bauer bringt auch so mancher Lebendiges um, nimmt Nichtgegebenes, begeht Ausschweifung, sagt Lüge, verleumdet, zankt und schwätzt, er ist gierig, gehässig, falsch gesinnt. Was da nun also, Vāseṭṭher, für Dinge unheilsam sind und als unheilsam gelten, tadelhaft sind und als tadelhaft gelten, nicht zu pflegen sind und als nicht zu pflegen gelten, unzukömmlich Edlen sind und als unzukömmlich Edlen gelten, dunkel sind und Dunkles aufzüchten, von Verständigen verworfen: auch an einem Priester, auch an einem Bürger, auch an einem Bauer kann man dergleichen hier finden. – Als Krieger nun, Vāseṭṭher, mag auch so mancher sich hüten Lebendiges umzubringen, Ungegebenes zu nehmen, Ausschweifung zu begehn, er mag keine Lüge sagen, nicht verleumden, zanken und schwätzen, ohne Gier, ohne Haß, recht gesinnt sein. Was da nun also, Vāseṭṭher, für Dinge heilsam sind und als heilsam gelten, untadelhaft sind und als untadelhaft gelten, zu pflegen sind und als zu pflegen gelten, zukömmlich Edlen sind und als zukömmlich Edlen gelten, hell sind und Helles aufzüchten, von Verständigen gepriesen: auch an einem Krieger kann man dergleichen hier finden. Als Priester nun, Vāseṭṭher, als Bürger, als Bauer mag auch so mancher sich hüten Lebendiges umzubringen, Ungegebenes zu nehmen, Ausschweifung zu begehn, er mag keine Lüge sagen, nicht verleumden, zanken und schwätzen, ohne Gier, ohne Haß, recht gesinnt sein. Was da nun also, Vāseṭṭher, für Dinge heilsam sind und als heilsam gelten, untadelhaft sind und als untadelhaft gelten, zu pflegen sind und als zu pflegen gelten, zukömmlich Edlen sind und als zukömmlich Edlen gelten, hell sind und Helles aufzüchten, von Verständigen gepriesen: auch an einem Priester, auch an einem Bürger, auch an einem Bauer kann man dergleichen hier finden.

Bei diesen vier Kasten nun, Vāseṭṭher, die also von beiden Seiten durcheinandergemischt [477] bestehn817, mit dunklen und hellen Dingen, von Verständigen so verworfen als auch von Verständigen gepriesen, was dabei die Priester derart aussagen: ›Der Priester nur ist höchste Kaste, verworfen andere Kaste; der Priester nur ist helle Kaste, dunkel andere Kaste; die Priester nur können rein werden, nicht Unpriester; die Priester sind Brahmās Söhne, von echter Abstammung, aus dem Munde geboren, in Brahmā gezeugt, in Brahmā gebildet, Erben Brahmās‹: das geben ihnen Verständige nicht zu; und warum nicht? Ist eben, Vāseṭṭher, unter diesen vier Kasten einer als Mönch heilig geworden, ein Wahnversieger, Endiger, hat er das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntnis erlöst, so wird er ihre Spitze geheißen, und zwar mit Recht, nicht mit Unrecht818. Denn das Recht, Vāseṭṭher, steht hier dem Menschen zuhäupten, bei Lebzeiten schon und darüber hinaus. Darum soll man es eben, Vāseṭṭher, je nach dem Umstand beurteilen, wie das Recht hier dem Menschen zuhäupten steht, bei Lebzeiten schon und darüber hinaus.

So weiß, zum Beispiel, Vāseṭṭher, König Pasenadi von Kosalo: ›Der Asket Gotamo ist aus dem Geschlechte der Sakyer fortgezogen.‹ Die Sakyer aber, Vāseṭṭher, leisten dem König Pasenadi von Kosalo unmittelbar Heeresfolge819. Nun bringen, Vāseṭṭher, die Sakyer dem König Pasenadi von Kosalo Huldigung dar, entbieten Gruß, warten auf, bezeugen Achtung und Ergebenheit. Was da, Vāseṭṭher, die Sakyer vor dem König erweisen, das erweist der König vor dem Vollendeten, bringt Huldigung dar, entbietet Gruß, wartet auf, bezeugt Achtung und Ergebenheit. ›Ist denn nicht‹, sagt er, ›der Asket Gotamo wohlgeboren? Unwohlgeboren bin ich. Mächtig ist der Asket Gotamo: ohnmächtig bin ich. Heiter sieht der Asket Gotamo aus: finster seh' ich aus. Viel Gewalt hat der Asket Gotamo: ich habe wenig Gewalt.‹ Und indem er an ihm eben die Lehre werthält, die Lehre hochschätzt, die Lehre achtet, die Lehre ehrt, die Lehre feiert, erweist also König Pasenadi von Kosalo vor dem Erhabenen Huldigung, entbietet Gruß, wartet auf, bezeugt Achtung und Ergebenheit820. Da soll man nun so, Vāseṭṭher, je nach dem Umstand beurteilen, wie das Recht hier dem Menschen zuhäupten steht, bei Lebzeiten schon und darüber hinaus.

Ihr seid ja, Vāseṭṭher, nach verschiedener Geburt, mit verschiedenen Namen, von verschiedenen Stämmen, aus verschiedenen Geschlechtern von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen. ›Wer seid ihr?‹, wenn man euch so fragt, so bekennt ihr euch: ›Asketen des Sakyersohnes sind wir821.‹ Bei wem aber etwa, Vāseṭṭher, Vertrauen zum Vollendeten Boden finden, Wurzel schlagen, standhalten mag, kräftig, nicht mehr entzogen werden kann, von keinem Asketen und keinem Priester, von keinem Gott und keinem Teufel und keinem Brahmā noch von irgendwem in der Welt, der darf wohl von [478] sich sagen: ›Vom Erhabenen bin ich der Sohn, von echter Abstammung, aus dem Munde geboren, in der Lehre gezeugt, in der Lehre gebildet, Erbe der Lehre‹; und warum darf er das? Es ist ja, Vāseṭṭher, bezeichnend für den Vollendeten ›leibhafte Lehre‹ zu sagen, ›heilig leibhaftig‹ zu sagen, ›verkörperte Lehre‹ zu sagen, ›heilig verkörpert‹, zu sagen822. –


Es kommt wohl, Vāseṭṭher, eine Zeit vor, wo sich da hin und wieder, im Verlaufe langer Wandlungen, diese Welt zusammenballt. Wann die Welt sich zusammenballt, ballen sich die Wesen zumeist als Leuchtende zusammen. Die sind dann geistförmig, genießen Wonne, kreisen selbstleuchtend im Raume, bestehn in Schönheit, lange Wandlungen dauern sie durch823.

Es kommt wohl, Vāseṭṭher, eine Zeit vor, wo sich da hin und wieder, im Verlaufe langer Wandlungen, diese Welt auseinanderballt. Wann die Welt sich auseinanderballt, gelangen die Wesen zumeist, dem Reigen der Leuchtenden entschwunden, hienieden zu Dasein. Sie sind noch geistförmig, genießen Wonne, kreisen selbstleuchtend im Raume, bestehn in Schönheit, lange Wandlungen dauern sie durch.

Einzig Wasser geworden aber ist es, Vāseṭṭher, zu jener Zeit, tiefdunkel, tiefdunkle Finsternis824; es gibt keinen Mond und keine Sonne, es gibt keine Sterne und Planeten, es gibt weder Nacht noch Tag, es gibt keine Monate und Wochen, es gibt keine Wenden und Jahre, es gibt weder Weib noch Mann: die Wesen sind nur eben als Wesen aufzuweisen. Da hat denn, Vāseṭṭher, vor den Wesen dort irgend einmal, im Verlaufe langer Wandlungen, ein Streifen saftiger Erde im Wasser sich erhoben. Gleichwie etwa bei kochender Milch, wenn sie zu versieden beginnt, oben ein Streifen zurückbleibt: ebenso auch ist er zum Vorschein gekommen. Der ist farbig gewesen, duftig gewesen, saftig gewesen. Gleichwie etwa geschlagener Rahm oder geschlagene Butter, so war seine Farbe; gleichwie etwa süßer Honig, ohne Waben, so war sein Geschmack.

Alsbald nun, Vāseṭṭher, hat eines der Wesen, lüstern geworden, ›Sieh' da, was mag das nur sein?‹, die saftige Erde fingernd gekostet. So von der saftigen Erde aufkostend empfand es Behagen, Durst aber war ihm entstanden. Andere aber noch, Vāseṭṭher, der Wesen sind im Hinblick auf dieses Wesen nachgefolgt und haben die saftige Erde fingernd gekostet. So von der saftigen Erde aufkostend empfanden sie Behagen, Durst aber war ihnen entstanden825. Da haben nun, Vāseṭṭher, die Wesen dort die saftige Erde bissenweise behandelnd zu genießen begonnen. Sowie aber dann, Vāseṭṭher, die Wesen dort die saftige Erde bissenweise behandelnd zu genießen begannen, war auch schon der ihnen selbst eigene Glanz verschwunden. Als der ihnen selbst eigene Glanz verschwunden war, ist Mond und Sonne zum Vorschein [479] gekommen. Als Mond und Sonne zum Vorschein gekommen waren, sind Sterne und Planeten aufgegangen. Als Sterne und Planeten aufgegangen waren, ist Nacht und Tag erschienen. Als Nacht und Tag erschienen war, sind Monate und Wochen gekommen. Als Monate und Wochen gekommen waren, sind Wenden und Jahre geworden. Insoweit aber war dann, Vāseṭṭher, diese Welt wiederum auseinandergeballt.

Da sind denn, Vāseṭṭher, die Wesen dort, die saftige Erde genießend, davon gespeist, davon ernährt826, lange Zeiten hindurch bestanden. Je mehr und mehr nun, Vāseṭṭher, die Wesen dort, die saftige Erde genießend, davon gespeist, davon ernährt, lange Zeiten hindurch bestanden, desto mehr und mehr sind jene Wesen immer gröber geworden an Körperart, und ihre Schönheit ist in Unschönheit übergegangen. So waren jetzt manche Wesen schön anzuschauen, manche Wesen unschön anzuschauen. Da haben nun die schön anzuschauenden Wesen den unschönen gegenüber sich gebrüstet: ›Wir sind schöner als diese, die sind nicht so schön wie wir!‹ Weil sie sich ihrer Schönheit gebrüstet hatten, dünkelhaft und eitel geworden waren, ist ihnen die saftige Erde verschwunden. Als die saftige Erde verschwunden war, sind sie herbeigestürzt und haben miteinander geschluchzt: ›O wie köstlich, o wie köstlich!‹ Daher kommt es, daß auch heute noch die Menschen, wenn sie etwas recht Gutes erlangt haben, dabei sagen: ›O wie köstlich, o wie köstlich827!‹ Sie folgen dabei eben dem einstigen, voranfänglichen Wortgebrauch, aber den Sinn davon verstehn sie nicht mehr.

Nachdem nun, Vāseṭṭher, jenen Wesen die saftige Erde verschwunden war, ist die Erdbodensprosse zum Vorschein gekommen. Gleichwie etwa ein Pilz aufgeht, ist sie aufgegangen. Die ist farbig gewesen, duftig gewesen, saftig gewesen. Gleichwie etwa geschlagener Rahm oder geschlagene Butter, so war die Farbe; gleichwie etwa süßer Honig, ohne Waben, so war der Geschmack. Da haben denn, Vāseṭṭher, die Wesen dort von der Erdbodensprosse zu genießen begonnen. Bei diesem Genusse, davon gespeist, davon ernährt, sind sie lange Zeiten hindurch bestanden. Je mehr und mehr nun, Vāseṭṭher, die Wesen dort, von der Erdbodensprosse genießend, davon gespeist, davon ernährt, lange Zeiten hindurch bestanden, desto mehr und mehr sind jene Wesen immer noch gröber geworden an Körperart, und ihre Schönheit ist in Unschönheit übergegangen. So waren wieder manche Wesen schön anzuschauen, manche Wesen unschön anzuschauen. Da haben nun die schön anzuschauenden Wesen den unschönen gegenüber sich gebrüstet: ›Wir sind schöner als diese, die sind nicht so schön wie wir!‹ Weil sie sich ihrer Schönheit gebrüstet hatten, dünkelhaft und eitel geworden waren, ist ihnen die Erdbodensprosse verschwunden. Als die Erdbodensprosse verschwunden war, ist die Rankenbeere zum Vorschein gekommen. Gleichwie etwa eine[480] Krausbeerenstaude aufgeht, ist sie aufgegangen828. Die ist farbig gewesen, duftig gewesen, saftig gewesen. Gleichwie etwa geschlagener Rahm oder geschlagene Butter, so war die Farbe; gleichwie etwa süßer Honig, ohne Waben, so war der Geschmack. Da haben denn, Vāseṭṭher, die Wesen dort von der Rankenbeere zu genießen begonnen. Bei diesem Genusse, davon gespeist, davon ernährt, sind sie lange Zeiten hindurch bestanden. Je mehr und mehr nun, Vāseṭṭher, die Wesen dort, von der Rankenbeere genießend, davon gespeist, davon ernährt, lange Zeiten hindurch bestanden, desto mehr und mehr sind jene Wesen immer noch gröber geworden an Körperart, und ihre Schönheit ist in Unschönheit übergegangen. So waren wieder manche Wesen schön anzuschauen, manche Wesen unschön anzuschauen. Da haben nun die schön anzuschauenden Wesen den unschönen gegenüber sich gebrüstet: ›Wir sind schöner als diese, die sind nicht so schön wie wir!‹ Weil sie sich ihrer Schönheit gebrüstet hatten, dünkelhaft und eitel geworden waren, ist ihnen die Rankenbeere verschwunden. Als die Rankenbeere verschwunden war, sind sie herbeigestürzt und haben miteinander geschluchzt: ›Dahin, ach dahin, es ist aus mit der Rankenbeere!‹ Daher kommt es, daß auch heute noch die Menschen, wenn sie etwas schmerzlich berührt hat, dabei sagen: ›Dahin, ach dahin, es ist aus829!‹ Sie folgen dabei eben dem einstigen, voranfänglichen Wortgebrauch, aber den Sinn davon verstehn sie nicht mehr.

Nachdem nun, Vāseṭṭher, jenen Wesen die Rankenbeere verschwunden war, ist ungepflügt reifender Reis zum Vorschein gekommen, unbestäubt, unbehülst, weiß, wohlriechend, vollkörnig. Was sie davon am Abend zum Abendmahl eingenommen hatten, das war am Morgen wieder reif emporgewachsen: was sie davon am Morgen zum Morgenmahl eingenommen hatten, das war am Abend wieder reif emporgewachsen, und es war keine Abnahme zu merken. Da haben denn, Vāseṭṭher, die Wesen dort den ungepflügt reifenden Reis genossen, davon gespeist, davon ernährt sind sie lange Zeiten hindurch bestanden. Je mehr und mehr nun, Vāseṭṭher, die Wesen dort, den ungepflügt reifenden Reis genießend, davon gespeist, davon ernährt, lange Zeiten hindurch bestanden, desto mehr und mehr sind jene Wesen immer noch gröber geworden an Körperart, und ihre Schönheit ist in Unschönheit übergegangen. Am Weibe ist da das Geschlecht des Weibes offenbar geworden, am Manne das Geschlecht des Mannes. Das Weib hat nun unziemlich nach dem Manne hingeblickt, und der Mann nach dem Weibe. Wie sie einander unziemlich angeblickt haben, ist der Anreiz entstanden, und brennende Sucht hat den Körper ergriffen. Aus brennender Sucht haben sie der Paarung gepflegt. Wenn aber welche, Vāseṭṭher, von den Wesen dort, zur damaligen Zeit, der Paarung Pflegende gesehn haben, so haben manche sie mit Erde beworfen, manche sie mit Asche beworfen, manche sie mit Mist beworfen: [481] ›Pfui der Hundlinge, pfui der Hundlinge, wie kann nur ein Wesen mit einem anderen Wesen sich so betragen!‹ Daher kommt es, daß auch heute noch die Menschen da und dort in den Landen, wenn die Braut heimgeführt wird, bald mit Erde bewerfen, bald mit Asche bewerfen, bald mit Mist bewerfen830. Sie folgen dabei eben dem einstigen, voranfänglichen Brauch und Begriff, aber den Sinn davon verstehn sie nicht mehr. Als unrecht gegolten hat es ja, Vāseṭṭher, zur damaligen Zeit, was heute als recht gilt. Denn wenn dort, Vāseṭṭher, zur damaligen Zeit, von den Wesen welche der Paarung gepflegt hatten, so durften sie einen Monat oder zwei Monate lang kein Dorf- oder Stadtgebiet betreten. Da nun, Vāseṭṭher, die Wesen dort bei diesem unwürdigen Geschäft in ihrer Schande betroffen worden sind, haben sie dann Häuser zu bauen begonnen, um eben dieses unwürdige Treiben zu verheimlichen.

Da ist denn, Vāseṭṭher, einem der Wesen aus träger Bequemlichkeit der Gedanke gekommen: ›Ach warum nur mühe ich mich ab den Reis zu holen, am Abend für das Abendmahl, am Morgen für das Morgenmahl: wie, wenn ich nun den Reis nur einmal holen ginge, für den Abend und Morgen zusammen?‹ So hat dann, Vāseṭṭher, jenes Wesen nur einmal den Reis geholt, für den Abend und Morgen zusammen. Alsbald nun, Vāseṭṭher, hat ein anderes der Wesen zu jenem dorthin sich begeben und hat also gesprochen: ›Komm', liebes Wesen, wir wollen Reis essen gehn.‹ – ›Schon gut, liebes Wesen: ich habe den Reis zugleich mir geholt, für den Abend und Morgen zusammen.‹ Darauf hat nun, Vāseṭṭher, das Wesen da, im Hinblick auf jenes andere nachfolgend, den Reis zugleich für zwei Tage geholt: ›Auch so, mein' ich wohl, wird es gut sein.‹ Wieder nun, Vāseṭṭher, ist eines der Wesen zu diesem dann herangeschritten und hat also gesprochen: ›Komm', liebes Wesen, wir wollen Reis essen gehn.‹ – ›Schon recht, liebes Wesen: ich habe mir den Reis für zwei Tage auf einmal genommen.‹ Da hat denn, Vāseṭṭher, jenes Wesen, im Hinblick auf das andere nachfolgend, den Reis zugleich für vier Tage geholt: ›Auch so, mein' ich wohl, kann's gut sein831.‹ Und wiederum, Vāseṭṭher, ist eines der Wesen dann zu diesem herangetreten und hat also gesprochen: ›Komm', liebes Wesen, wir wollen Reis essen gehn.‹ – ›Nicht nötig, mein Lieber: ich habe mir schon den Reis auf vier Tage hinaus genommen.‹ Da hat nun, Vāseṭṭher, das Wesen dort, im Hinblick auf jenes andere nachfolgend, den Reis zugleich für acht Tage geholt: ›Auch so, denk' ich wohl, wird's recht sein.‹ Sobald nun, Vāseṭṭher, die Wesen dort den Reis in Vorrat aufgespeichert zu genießen begannen, war auch schon das Korn bestäubt geworden, behülst geworden, der Schnitt nicht wieder aufgediehn, eine Abnahme war zu merken, spärlich und spärlicher standen die Ähren.

Da sind nun, Vāseṭṭher, die Wesen dort zusammengekommen und haben geklagt: ›Schlimm, fürwahr, sind die Dinge, die bei den Wesen offenbar wurden![482] Wir sind, ach, ehedem geistförmig gewesen, haben Wonne genossen, sind selbstleuchtend im Raume gekreist: in Schönheit bestanden wir, lange Wandlungen dauerten wir durch. Wie wir da waren, hat einst einmal, im Laufe langer Wandlungen, ein Streifen saftiger Erde im Wasser sich vor uns erhoben. Der ist farbig gewesen, duftig gewesen, saftig gewesen. Da haben wir denn dort die saftige Erde bissenweise behandelnd zu genießen begonnen: sowie wir aber die saftige Erde bissenweise behandelnd zu genießen begannen, war unser eigener Glanz verschwunden. Als unser eigener Glanz verschwunden war, ist Mond und Sonne erschienen, als Mond und Sonne erschienen waren, sind Sterne und Planeten aufgegangen, als Sterne und Planeten aufgegangen waren, ist Nacht und Tag geworden, als Nacht und Tag geworden war, sind Monate und Wochen gekommen, als Monate und Wochen gekommen waren, sind Wenden und Jahre hervorgekehrt. Und wir sind im Genusse der saftigen Erde, davon gespeist, davon ernährt, lange Zeiten hindurch bestanden. Weil aber dann eben schlimme, unheilsame Dinge unter uns offenbar wurden, ist die saftige Erde verschwunden. Als die saftige Erde verschwunden war, ist die Erdbodensprosse zum Vorschein gekommen. Die ist farbig gewesen, duftig gewesen, saftig gewesen. Da haben wir nun dort von der Erdbodensprosse zu genießen begonnen. Davon genießend, davon gespeist, davon ernährt sind wir lange Zeiten hindurch bestanden. Doch weil wieder böse, unheilsame Dinge unter uns offenbar wurden, ist die Erdbodensprosse verschwunden. Als die Erdbodensprosse verschwunden war, ist die Rankenbeere zum Vorschein gekommen. Die ist farbig gewesen, duftig gewesen, saftig gewesen. So haben wir dann von der Rankenbeere zu genießen begonnen. Davon genießend, davon gespeist, davon ernährt sind wir lange Zeiten hindurch bestanden. Weil nun wieder böse, unheilsame Dinge unter uns offenbar wurden, ist die Rankenbeere verschwunden. Als die Rankenbeere verschwunden war, ist ungepflügt reifender Reis zum Vorschein gekommen, unbestäubt, unbehülst, weiß, wohlriechend, vollkörnig. Was wir davon am Abend zum Abendmahl eingenommen hatten, das war am Morgen wieder reif emporgewachsen: was wir davon am Morgen zum Morgenmahl eingenommen hatten, das war am Abend wieder reif emporgewachsen, und es war keine Abnahme zu merken. Da haben wir nun den ungepflügt reifenden Reis genossen, davon gespeist, davon ernährt sind wir lange Zeit hindurch bestanden. Weil nun aber wiederum böse, unheilsame Dinge unter uns offenbar wurden, ist jetzt das Korn bestäubt geworden, behülst geworden, der Schnitt nicht wieder aufgediehn, eine Abnahme ist zu merken, spärlich und spärlicher stehn die Ähren. Wie, wenn wir nun die Reisfelder verteilen und abgrenzen würden?‹ Da haben denn, Vāseṭṭher, die Wesen dort die Reisfelder verteilt und abgegrenzt.

[483] Alsbald nun, Vāseṭṭher, hat eines der Wesen, lüstern geworden, sein Teil wohlverwahrend, das Teil eines anderen ohne Erlaubnis sich angeeignet und genossen. Dabei ist es ertappt worden, und man hat ihm gesagt: ›Schlimm, fürwahr, liebes Wesen, handelst du, daß du gar wohl dein eigen Teil verwahrt hast und das Teil eines anderen ohne Erlaubnis dir aneignen und genießen magst: lasse doch, liebes Wesen, so etwas nicht wieder vorkommen.‹ – ›Gewiß nicht, ihr Lieben‹, sagte da, Vāseṭṭher, das Wesen dort zu den anderen. Aber ein zweites Mal, Vāseṭṭher, und ein drittes Mal hat jenes Wesen, sein Teil wohlverwahrend, das Teil eines anderen ohne Erlaubnis sich angeeignet und genossen, wurde wieder ertappt, und man hat ihm wiederum also zugesprochen, während manche mit Fäusten schlugen, manche mit Steinen warfen, manche mit Stöcken prügelten. Seit damals hat nunmehr, Vāseṭṭher, der Diebstahl sich gezeigt, der Hader sich gezeigt, die Lüge sich gezeigt, Schlag und Widerschlag sich gezeigt.

Da sind denn, Vāseṭṭher, die Wesen zusammengekommen und haben geklagt: ›Schlimm, fürwahr, sind bei den Wesen die Dinge geraten, daß man jetzt sogar den Diebstahl kennenlernt, den Hader kennenlernt, die Lüge kennenlernt, Schlag und Widerschlag kennenlernt! Wie, wenn wir nun ein Wesen gemeinsam erwählen würden, das für uns einen allgemein Strafbaren zu strafen hätte, einen allgemein Verweisbaren zu verweisen hätte, einen allgemein Verbannbaren zu verbannen hätte: wir aber würden ihm von der Reisernte ein Teil zukommen lassen.‹ Alsbald nun, Vāseṭṭher, haben sich die Wesen dort zu einem von ihnen hinbegeben, der da schöner, ansehnlicher, anmutiger, mächtiger anzuschauen war, und haben also zu ihm gesprochen: ›Komm', o Wesen, einen allgemein Strafbaren strafe du, einen allgemein Verweisbaren verweise du, einen allgemein Verbannbaren verbanne du: wir aber wollen dir von der Reisernte ein Teil zukommen lassen.‹ – ›Gut, ihr Lieben‹, sagte da, Vāseṭṭher, jenes Wesen, den anderen Wesen zustimmend832. Und ein allgemein Strafbarer wurde von ihm gestraft, ein allgemein Verweisbarer verwiesen, ein allgemein Verbannbarer verbannt. Sie aber ließen ihm von der Reisernte ein Teil zukommen.

›Von der großen Menge erwählt‹ ist dann, Vāseṭṭher, ›Der große Erwählte, Der große Erwählte‹ als Wort eben zuerst in Brauch gekommen; ›Der Felder Oberherr‹ ist dann, Vāseṭṭher, ›Der Feldherr, Der Feldherr‹ als Wort eben zuzweit in Brauch gekommen; ›Nach Recht andere fördernd‹ ist dann, Vāseṭṭher, ›Der Fürst, Der Fürst‹ als Wort eben zudritt in Brauch gekommen. So nun, Vāseṭṭher, war derart für solch ein Herrschertum nach dem einstigen, voranfänglichen Brauche der Begriff aufgekommen, dort eben unter den Wesen, die nicht je von besonderer Art, einander nur gleich waren, nicht ungleich waren, und zwar mit Recht, nicht mit Unrecht. Denn das Recht, [484] Vāseṭṭher, steht hier dem Menschen zuhäupten, bei Lebzeiten schon und darüber hinaus.

Da haben aber nun, Vāseṭṭher, einige von den Wesen dort sich gesagt: ›Schlimm, fürwahr, sind jetzt die Dinge bei den Wesen geworden, daß man ja nunmehr den Diebstahl kennenlernt, den Hader kennenlernt, die Lüge kennenlernt, Schlag und Widerschlag kennenlernt, Verbannung kennenlernt! Wie, wenn wir nun die schlimmen, unheilsamen Dinge ausprusten würden?‹ Und sie haben die schlimmen, unheilsamen Dinge ausgeprustet. ›Die schlimmen, unheilsamen Dinge prusten sie aus‹, sagte man, Vāseṭṭher: so ist ›Priester, Priester‹ als Wort eben zuerst in Brauch gekommen833. Sie haben nun tief im Walde sich Hütten aus Laub errichtet und dort ein beschauliches Dasein geführt. Wenn die Kohlen am Herde verglühn, der Rauch sich verzogen hat, in der Küche nicht mehr gerührt wird, am Abend, da sind sie um das Abendmahl nach den Dörfern, Märkten und Städten hinabgestiegen, die Reste der Mahlzeit einzusammeln834. Hatten sie die Atzung erhalten, so kehrten sie gleich wieder nach dem Walde zurück und lebten beschaulich in den Hütten aus Laub. Das haben nun die Leute bemerkt und alsbald gesagt: ›Da sind ja Wesen, die tief im Walde leben, sich Hütten aus Laub errichtet haben und darin ein beschauliches Dasein führen. Wenn die Kohlen am Herde verglühn, der Rauch sich verzogen hat, in der Küche nicht mehr gerührt wird, am Abend, da kommen sie dann um das Abendmahl in die Dörfer, Märkte und Städte herab, die Reste der Mahlzeit einzusammeln. Haben sie die Atzung erhalten, so kehren sie gleich wieder nach dem Walde zurück, in ihre Hütten aus Laub, und leben da beschaulichen Geistes.‹ ›Beschaulichen Geistes‹, sagte man, Vāseṭṭher: so ist ›Geistlicher, Geistlicher‹ als Wort eben zuzweit in Brauch gekommen. Nun aber gab es, Vāseṭṭher, manche unter ebendiesen Wesen, die dort im Walde, in den Hütten aus Laub, eine Schauung zu gewinnen nicht imstande waren: die haben sich in der Nähe eines Dorfes oder in der Nähe einer Burg angesiedelt und mit dem Verfassen von Schriften beschäftigt. Als die Leute dies sahn, haben sie gesagt: ›Diese Wesen vermögen ja wohl nicht im Walde, in den Hütten aus Laub, einer Schauung zu obliegen; da sind sie denn in die Nähe eines Dorfes oder in die Nähe einer Burg herabgezogen und mit dem Verfassen von Schriften beschäftigt: die sind jetzt gar fleißig.‹ ›Die sind jetzt gar fleißig‹, sagte man, Vāseṭṭher: so ist ›Fleißige, Fleißige‹ als Wort eben zudritt in Brauch gekommen. Als minderwertig gegolten hat es ja, Vāseṭṭher, zur damaligen Zeit, was heute als höchstwertig gilt835. So nun, Vāseṭṭher, war derart für solch ein Priestertum nach dem einstigen, voranfänglichen Brauche der Begriff aufgekommen, dort eben unter den Wesen, die nicht je von besonderer Art, einander nur gleich waren, nicht ungleich waren, und zwar mit Recht, nicht mit Unrecht. Denn das Recht, [485] Vāseṭṭher, steht hier dem Menschen zuhäupten, bei Lebzeiten schon und darüber hinaus.

Unter jenen Wesen aber nun, Vāseṭṭher, haben sich manche eine Gattin erwählt, und es hat ein jeder je einen bürgerlichen Beruf sich bereitet. ›Sie haben sich eine Gattin erwählt, und es hat ein jeder je einen bürgerlichen Beruf sich bereitet‹, sagte man, Vāseṭṭher: so ist ›Bürger, Bürger‹ als Wort eben in Brauch gekommen. So nun, Vāseṭṭher, war derart für solch ein Bürgertum nach dem einstigen, voranfänglichen Brauche der Begriff aufgekommen, dort eben unter den Wesen, die nicht je von besonderer Art, einander nur gleich waren, nicht ungleich waren, und zwar mit Recht, nicht mit Unrecht. Denn das Recht, Vāseṭṭher, steht hier dem Menschen zuhäupten, bei Lebzeiten schon und darüber hinaus.

Was da nunmehr, Vāseṭṭher, von jenen Wesen die übrigen waren, die sind Jäger und Hauer geworden. ›Jäger, Hauer, Feldbebauer‹, sagte man, Vāseṭṭher: so ist ›Bauer, Bauer‹, als Wort eben in Brauch gekommen. So nun, Vāseṭṭher, war derart für solch ein Bauerntum nach dem einstigen, voranfänglichen Brauche der Begriff aufgekommen, dort eben unter den Wesen, die nicht je von besonderer Art, einander nur gleich waren, nicht ungleich waren, und zwar mit Recht, nicht mit Unrecht. Denn das Recht, Vāseṭṭher, steht hier dem Menschen zuhäupten, bei Lebzeiten schon und darüber hinaus.

Es ist dann, Vāseṭṭher, eine Zeit gekommen, wo da ein Krieger, mit seinem Stande unzufrieden, von Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn mochte: ›Ein Asket will ich werden‹; wo auch ein Priester, Vāseṭṭher836, wo auch ein Bürger, wo auch ein Bauer, Vāseṭṭher, mit seinem Stande unzufrieden, von Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn mochte: ›Ein Asket will ich werden.‹ In diesen vier Kreisen, Vāseṭṭher, ist der Begriff des Asketentums aufgekommen, dort eben unter den Wesen, die nicht je von besonderer Art, einander nur gleich waren, nicht ungleich waren, und zwar mit Recht, nicht mit Unrecht. Denn das Recht, Vāseṭṭher, steht hier dem Menschen zuhäupten, bei Lebzeiten schon und darüber hinaus.

Ein Krieger freilich, Vāseṭṭher, der in Werken übel gewandelt, in Worten übel gewandelt, in Gedanken übel gewandelt ist, Verkehrtes geachtet, Verkehrtes getrieben hat, der wird infolge seines verkehrten Treibens, bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, auf den Abweg geraten, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Ein Priester freilich, Vāseṭṭher, ein Bürger, ein Bauer, ein Asket freilich, Vāseṭṭher, der in Werken übel gewandelt, in Worten übel gewandelt, in Gedanken übel gewandelt ist, Verkehrtes geachtet, Verkehrtes getrieben hat, der wird infolge seines verkehrten Treibens, bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, auf den Abweg geraten, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt.

[486] Ein Krieger freilich, Vāseṭṭher, der in Werken günstig gewandelt, in Worten günstig gewandelt, in Gedanken günstig gewandelt ist, Rechtes geachtet, Rechtes getrieben hat, der wird infolge seines rechten Treibens, bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, auf gute Fährte geraten, in selige Welt. Ein Priester freilich, Vāseṭṭher, ein Bürger, ein Bauer, ein Asket freilich, Vāseṭṭher, der in Werken günstig gewandelt, in Worten günstig gewandelt, in Gedanken günstig gewandelt ist, Rechtes geachtet, Rechtes getrieben hat, der wird infolge seines rechten Treibens, bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, auf gute Fährte geraten, in selige Welt.

Ein Krieger freilich, Vāseṭṭher, der in Werken beiderlei getan, in Worten beiderlei gesprochen, in Gedanken beiderlei gedacht hat, gemischte Dinge geachtet, gemischte Dinge getrieben hat, der wird infolge seines gemischten Treibens, bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, Wohl und Weh zu erfahren haben. Ein Priester freilich, Vāseṭṭher, ein Bürger, ein Bauer, ein Asket freilich, Vāseṭṭher, der in Werken beiderlei getan, in Worten beiderlei gesprochen, in Gedanken beiderlei gedacht hat, gemischte Dinge geachtet, gemischte Dinge getrieben hat, der wird infolge seines gemischten Treibens, bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, Wohl und Weh zu erfahren haben837.

Ein Krieger freilich, Vāseṭṭher, der sich in Werken gewahrt, in Worten gewahrt, in Gedanken gewahrt hat, der kann, indem er die sieben zum Wachwerden tauglichen Dinge allmählich entwickelt, bei Lebzeiten schon zur Erlöschung gelangen. Ein Priester freilich, Vāseṭṭher, ein Bürger, ein Bauer, ein Asket freilich, Vāseṭṭher, der sich in Werken gewahrt, in Worten gewahrt, in Gedanken gewahrt hat, der kann, indem er die sieben zum Wachwerden tauglichen Dinge allmählich entwickelt, bei Lebzeiten schon zur Erlöschung gelangen838.

Ist eben, Vāseṭṭher, unter diesen vier Kasten einer als Mönch heilig geworden, ein Wahnversieger, Endiger, hat er das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntnis erlöst, so wird er ihre Spitze geheißen, und zwar mit Recht, nicht mit Unrecht. Denn das Recht, Vāseṭṭher, steht hier dem Menschen zuhäupten, bei Lebzeiten schon und darüber hinaus.

Auch Brahmā hat da, Vāseṭṭher, Der ewige Jüngling, den Spruch gesagt:


›Der Krieger ist der höchste Herr

Von allen, die von Adel sind;

Der wissend, wandelnd ist bewährt

Ist höchster Herr bei Gott und Mensch.‹


Das aber ist da, Vāseṭṭher, ein Spruch, den Brahmā, Der ewige Jüngling, [487] recht gesungen, nicht unrecht gesungen, recht gesprochen, nicht unrecht gesprochen hat, der sinnig ist, nicht unsinnig, dem ich zugestimmt habe. Auch ich, Vāseṭṭher, sage das:


Der Krieger ist der höchste Herr

Von allen, die von Adel sind;

Der wissend, wandelnd ist bewährt

Ist höchster Herr bei Gott und Mensch.«


Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich Vāseṭṭho und Bhāradvājo über das Wort des Erhabenen839.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 2, Zürich/Wien 31957, S. 475-488.
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