β). Das Wollen
§ 233

[386] Die subjektive Idee als das an und für sich Bestimmte und sich selbst gleicher, einfacher Inhalt ist das Gute. Ihr Trieb, sich zu realisieren, hat das umgekehrte Verhältnis gegen die Idee des Wahren und geht darauf, vielmehr die vorgefundene Welt nach seinem Zwecke zu bestimmen. – Dieses Wollen hat einerseits die Gewißheit der Nichtigkeit des vorausgesetzten Objekts, andererseits aber setzt es als Endliches zugleich den Zweck des Guten als nur subjektive Idee und die Selbständigkeit des Objekts voraus.


§ 234

Die Endlichkeit dieser Tätigkeit ist daher der Widerspruch, daß in den selbst widersprechenden Bestimmungen der objektiven Welt der Zweck des Guten ebenso ausgeführt wird als auch nicht, daß er als ein unwesentlicher so sehr als ein wesentlicher, als ein wirklicher und zugleich als nur möglicher gesetzt ist. Dieser Widerspruch stellt sich als der unendliche Progreß der Verwirklichung des Guten vor, das darin nur als ein Sollen fixiert ist. Formell ist aber das Verschwinden dieses Widerspruches darin, daß die Tätigkeit die Subjektivität des Zweckes und damit die Objektivität, den Gegensatz, durch den beide endlich sind, und nicht nur die Einseitigkeit dieser Subjektivität, sondern sie im Allgemeinen aufhebt; eine andere solche Subjektivität, d. i. ein neues Erzeugen des Gegensatzes, ist von der, die eine vorige sein sollte, nicht unterschieden. Diese Rückkehr in sich ist zugleich die Erinnerung des Inhalts in sich, welcher das Gute und die an sich seiende Identität beider Seiten ist, – die Erinnerung an die Voraussetzung des theoretischen Verhaltens (§ 224), daß das Objekt das an ihm Substantielle und Wahre sei.


§ 235

[386] Die Wahrheit des Guten ist damit gesetzt, als die Einheit der theoretischen und praktischen Idee, daß das Gute an und für sich erreicht, – die objektive Welt so an und für sich die Idee ist, wie sie zugleich ewig als Zweck sich setzt und durch Tätigkeit ihre Wirklichkeit hervorbringt. – Dieses aus der[387] Differenz und Endlichkeit des Erkennens zu sich zurückgekommene und durch die Tätigkeit des Begriffs mit ihm identisch gewordene Leben ist die spekulative oder absolute Idee.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 8, Frankfurt a. M. 1979, S. 386-388.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 8: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse 1830. Erster Teil. Die Wissenschaft der Logik. ... Zusätzen (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 9: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse 1830. Zweiter Teil. Die Naturphilosophie. Mit ... Zusätzen (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)
Werke in 20 Bänden mit Registerband: 10: Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse 1830. Dritter Teil. Die Philosophie des ... Zusätzen (suhrkamp taschenbuch wissenschaft)
Gesammelte Werke, Bd.13, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1817).
Philosophische Bibliothek, Bd.33, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1830).